Das deutsche Stromsystem kann mit viermal so viele Solarstromanlagen wie derzeit zurechtkommen. Dafür gehören die Anlagen allerdings um Batteriespeicher ergänzt, die das Stromnetz entlasten. Speicher könnten zudem den zusätzlichen Bau von Hochspannungsleitungen überflüssig machen.
Da die Preise sowohl von Solarstromanlagen als auch von Akkusystemen weiter stark fallen werden, sollten sich Energiepolitik und Energiewirtschaft auf ein Szenario mit hohen Mengen von Solarstrom-Batteriespeichersystemen vorbereiten, rät Agora Energiewende in einem aktuellen Hintergrundpapier. Das erfordere auch ein Umdenken bei Versorgern und in der Energiepolitik.
Die Kosten eines Batteriezyklus inklusive Ladung und Entladung liegt derzeit bei etwa 20 Ct/kWh. Addiert die Solarstromgestehungskosten von etwa 10 Ct/kWh kostet der Strom aus der Batterie derzeit etwa 30 Ct/kWh, heißt es in der Studie. „Als untere Grenze der weiteren Entwicklung erwartet Tesla momentan Speicherkosten von 5 Ct/kWh.“ Kombiniert man diese mit dann zu erwartenden Gestehungskosten von ebenfalls 5 Ct/kWh, liegen die Kosten für dezentral gespeicherten Strom bei nur noch 10 Ct/kWh. „Hinzu kommt die Option, dass Batterien in Elektromobilen quasi „umsonst“ für die Stromversorgung zur Verfügung stehen könnten, weil ihre Anschaffung über die Zahlungsbereitschaft für E-Mobilität bereits finanziert wurde.“
Batterien mit 40 GW Leistung
In dem Papier wurde für Deutschland eine Solarstromleistung von 150 Gigawatt unterstellt, kombiniert mit Batteriespeichern, die über 40 GW Leistung und 120 Gigawattstunden Kapazität verfügen. „Szenarien mit 150 oder 200 GW Photovoltaik in Deutschland, die bis vor kurzem noch von vielen für vollkommen unrealistisch gehalten wurden, sind technisch und ökonomisch möglich“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
Das bedeute einen Wandel des Geschäfts für Energieversorger. Der Verkauf von Strom soll demnach nicht mehr im Vordergrund stehen, erklärt Graichen. Sondern es müssten andere Produkte beworben werden, die Kunden helfen, selbst Solarstrom herzustellen und zu speichern. Das könne beispielsweise durch Energiedienstleistungen, den Verkauf von Stromspeichern, deren Wartung oder das Management von kombinierten Solarstromanlagen mit Speichern als Teil eines größeren Pools geschehen.
Die Energiepolitik müsse nun die Rahmenbedingungen so setzt, dass die neue Technik und das Gesamtstromsystem gut miteinander verzahnt werden, betont Graichen. Er ergänzt eine weitere spannende Botschaft: „Zum anderen sollte untersucht werden, inwieweit der Siegeszug von Solarstromspeichern den Bau von weiteren Hochspannungsleitungen über den aktuellen Netzentwicklungsplan hinaus, das heißt nach 2025, überflüssig machen kann.“ (N. Petersen)
Das Hintergrundpapier „Was wäre, wenn … ein flächendeckender Rollout von Solar-Speicher-Systemen stattfände?“ ist bei Agora Energiewende verfügbar.