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Baden-Württemberg

“Tiefenbegrenzung wird bald aufgehoben“

Sechs Wochen nach dem Verbot stockwerksübergreifender Bohrungen (Bericht von TGA Fachplaner) bei der oberflächennahen Geothermie, hat Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller am 29. September 2011 angekündigt, das Verbot bald wieder aufzuheben. Das teilte er im Umweltausschuss des Landtags mit. Nach der Aufhebung sei es grundsätzlich wieder möglich, bei Erdwärmesonden-Bohrungen tiefer als nur bis zum ersten Grundwasserleiter zu bohren.

Den Termin hat die Branche nun selbst in der Hand. Der Minister erinnerte die Branche an ihr Versprechen, ein umfassendes Schulungskonzept für Bohrgeräteführer und Sachverständige zu erstellen und an die Einrichtung einer Notfallhotline für Bohrunternehmen, wo diese bei Problemen auf der Bohrstelle schnell Beratung und Hilfe bekommen. Wenn beides geschehen sei, stehe der Aufhebung der Tiefenbegrenzung nichts mehr im Weg. Die Geothermie-Unternehmen hätten es jetzt in der Hand, durch die strenge Einhaltung der festgelegten Qualitätsstandards eine breite Nutzung der Geothermie auch in Zukunft zu ermöglichen.

Untersteller hat Bedingungen diktiert


Vorangegangen waren intensive Verhandlungen mit der Geothermie-Branche und der Versicherungswirtschaft, in denen es unter anderem um einen ausreichenden Versicherungsschutz der Bohrfirmen ging, insbesondere für den Fall, dass Schäden an umliegenden Häusern in Folge einer Bohrung auftreten und die Schuldfrage zunächst nicht eindeutig zu klären ist. Das Umweltministerium hatte einen verschuldensunabhängigen Versicherungsschutz zur Bedingung für die Aufhebung der Tiefenbegrenzung gemacht. Untersteller: „Nur die Unternehmen, die einen solchen Versicherungsschutz mit einer Deckungssumme von mindestens 1 Mio. Euro nachweisen können, werden künftig die Freigabe für eine stockwerksübergreifende Bohrung erhalten. Wir wollen dafür sorgen, dass unbeteiligte Dritte möglichst schnell entschädigt werden und nicht erst nach einem langen Rechtsstreit.“ Bohrunternehmen müssen zudem über eine Haftpflichtversicherung in Höhe von mindestens 5 Mio. Euro Deckungssumme verfügen. Eine entsprechendes Qualitätspaket hat inzwischen der der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) seinen Mitgliedern verordnet (Bericht von TGA Fachplaner).

Zusätzlich: Verbindliche Leitlinien


Neben dem umfassenderen Versicherungsschutz verlangt das Umweltministerium künftig von der Branche auch die Einhaltung höherer Qualitätsstandards als bisher. Bei den letzten Schadensfällen in Leonberg sei es zu gravierenden Nachlässigkeiten seitens des Bohrunternehmens gekommen, die sich so nicht wiederholen dürften, erklärte Umweltminister Untersteller. Das Ministerium habe deshalb Leitlinien zur Qualitätssicherung Erdwärmesonden erarbeitet, die kommende Woche an die unteren Wasserbehörden (Landratsämter, Stadtkreise) verschickt werden. „Die Leitlinien sind verbindlich“, betonte der Umweltminister, „und deren Einhaltung wird genau überwacht.“

Anforderungen an das Bohrunternehmen


In den Leitlinien werden unter anderem die fachlichen und formalen Anforderungen an die Bohrunternehmen und das Bohrpersonal definiert. Wer zum Beispiel als Bohrgeräteführer arbeiten will, muss neben einer Fachausbildung eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der oberflächennahen Geothermie nachweisen sowie die Teilnahme an Fort- oder Weiterbildungen. Auch Vorgaben zum Bohrverfahren und zur Ausrüstung auf der Bohrstelle stehen in den Leitlinien. Ebenso werden Anforderungen an die Baustoffe formuliert.

Externe und unabhängige Überwachung


Besonderen Wert legt das Umweltministerium auf die einwandfreie Abdichtung des Bohrlochs bei stockwerksübergreifenden Arbeiten. Die Verbindung zweier Grundwasserleiter durch eine mangelhafte Abdichtung sei die Ursache von Schäden wie in Leonberg. Bei künftigen Bohrungen muss zum einen eine externe und unabhängige Kontrolle stattfinden, außerdem ist der Abdichtungsvorgang exakt und dem vorhandenen geologischen Untergrund gemäß durchzuführen. Dazu ist die Abdichtung künftig lückenlos automatisch zu überwachen und zu dokumentieren. Untersteller: „Damit entschärfen wir ein entscheidendes Risiko bei Bohrungen über mehrere Grundwasserleiter hinweg. Insbesondere die externe und unabhängige Überwachung wird bei Bohrungen in schwierigem geologischen und hydrogeologischen Untergrund zu einem höheren und verlässlicheren Qualitätsniveau führen“, zeigte sich Untersteller überzeugt. ■