„Die aktuell breit geführte Debatte zur F-Gase-Verordnung führt zu großer Verunsicherung bei Planern und Anlagenbauern der Kälte-/Klimabranche. Die angespannte Situation und die Emotionalität der Berichterstattung führen jedoch dazu, dass Fakten im Eifer des Gefechts falsch interpretiert oder unbegründete Ängste erzeugt werden.
Nachfolgend geht Daikin auf kritische Aussagen des [oben genannten] Artikels ein:
1. ‚F-Gase-Phase-down: Bei Wärmepumpen droht Kältemittelknappheit‘
Diese Gefahr droht nur, wenn der Markt sehr langsam auf die Gegebenheiten reagiert. Grundsätzlich sind die Bedarfe gesichert (siehe 3.). Lieferengpässe, die bei Herstellern aufgetreten sind oder auftreten, zeigen, dass zu spät auf die F-Gase-Verordnung reagiert wurde. Die Mengen, die für Wärmepumpen benötigt werden, liegen deutlich unter den Mengen des Kälte- oder Klimasektors.
2. ‚Den Herstellern von Hauswärmepumpen steht womöglich nicht genügend Kältemittel für die angestrebte Jahresproduktion zur Verfügung.‘
Den Herstellern steht nicht genügend Kältemittel für ein „Business as usual“-Szenario zur Verfügung. Der Markt muss sich weiterentwickeln. Es müssen Geräte entwickelt werden, bei denen alternative Kältemittel zum Einsatz kommen. Auch hier zeigt sich, dass der eine oder andere Hersteller diese Entwicklung nicht rechtzeitig vorangetrieben hat.
3. ‚Durch die Senkung des Durchschnitts-GWP in der EU gemäß dem F-Gase-Phase-down-Szenario […] wird dem Markt ab 2018 ein Großteil der teilfluorierten Kältemittel ‚entzogen‘, ab 2021 auch das Kältemittel R134a und das als Ersatzkältemittel für R410A gehandelte R-32. Dann stehen für neue kältetechnische Anlagen und Geräte fast nur noch halogenfreie Kältemittel zur Verfügung, wie Propan, Kohlendioxid, Ammoniak oder Ammoniak-Dimethylether-Gemische.‘
Dem Markt stehen auch über 2021 hinaus fast alle Kältemittel zur Verfügung.
- Die F-Gase-Verordnung schreibt eine schrittweise Reduktion von F-Gasen vor. Das bedeutet aber kein komplettes Verbot von teilfluorierten Kältemitteln für die Branche. Es ist kein Verbot von R410A, R32 oder R134a für Kälte- und Klimaanlagen geplant – auch nicht über 2030 hinaus.
- Damit die Reduzierung der Gesamtmenge in der Europäischen Union auch tatsächlich erfolgt, wurden den Herstellern und Importeuren von Kältemitteln in 2015 erstmalig F-Gase-Quoten zugewiesen. Diese regeln, wie viel CO2-Äquivalente in Form von Kältemittelmenge jeder Hersteller in Umlauf bringen darf. Kältemittel mit hohem GWP wirken sich daher stärker auf die langfristige Verfügbarkeit aus als Kältemittel mit geringem GWP. Bis 2030 erfolgt eine schrittweise Reduktion der Obergrenze auf ein Fünftel bezogen auf die Menge im Basisjahr 2015. Zum 1. Januar 2018 trat der erste große Reduktionschritt auf 63 % in Kraft.
- Beispiel: Der Verkauf einer Anlage mit R-410A belastet die Quote vier Mal so stark wie der Verkauf einer Anlage mit R-32.
Um den Phase-down zu unterstützen, werden für gewisse Anwendungen Kältemittel oberhalb bestimmter GWP Grenzwerte verboten:
4. Die zitierte Grafik des Umweltbundesamts in Verbindung mit der Erklärung im Text:
- Die Grafik in Verbindung mit der Erklärung suggeriert, dass alle Kältemittel über dem rechnerischen Mittelwert nicht mehr zukunftsfähig sind. Der Durschnitts-GWP kann jedoch auch eingehalten werden, wenn ein Teil der Geräte weiterhin mit Kältemittel mit höherem GWP ausgestattet wird und ein anderer Teil mit Kältemitteln unterhalb des Durchschnitts-GWP.
- Zudem liegt der Berechnung des Durchschnitts-GWP die Annahme zugrunde, dass die gleichen metrischen Tonnen im Markt verwendet werden und lässt damit Füllmengenreduzierungen komplett außer Acht, die sich z.B. beim Wechsel von R-410A auf R-32 ergeben. Dies wurde bei der Infoveranstaltung in Dessau auch erwähnt, bei der Grafik wurde der Mechanismus jedoch [vom Umweltbundesamt] nicht berücksichtigt.
- Auch wird die Menge an HFO Kältemitteln (R-1234ze), die als Ersatz für R-134a im Bereich der Kaltwassersätze eingesetzt werden, nicht bei der Berechnung berücksichtigt, obwohl die HFOs nicht dem Phase-Down unterliegen.
5. ‚Planer, Anlagenbauer und Installateure befinden sich durch die überraschende Zuspitzung des F-Gase-Phase-down in einem Dilemma:‘
Diese ‚Zuspitzung‘ ist nicht überraschend, denn die Inhalte und die Auswirkungen der F-Gase-Verordnung werden seit Jahren kommuniziert und diskutiert. Die Verordnung selbst wurde bereits im Jahr 2014 beschlossen. Eine Aufklärung im Markt hat nicht stattgefunden, bzw. wurde nicht angenommen.
Darstellungen dieser Art entsprechen nicht der Realität und schüren unbegründete Panik unter den Marktteilnehmern. Auch in Zukunft haben verschiedenste Kältemittel am Markt ihren Platz und je nach Anwendungsfall ihre Berechtigung.
Der Anwendungsfall bestimmt die Kältemittelwahl
Je nachdem welcher Anlagentyp – ob Kälteanlage, Klimagerät, Kaltwassersatz etc. – installiert werden soll, sind unterschiedliche Kältemitteleigenschaften gefragt. Bei der Auswahl des geeigneten Kältemittels muss deshalb individuell entschieden und Investitions-, Installations- sowie Betriebskosten der jeweiligen Anlagen kritisch hinterfragt und bewertet werden. Denn das richtige Zusammenspiel zwischen Kältemittel und Systemdesign ist entscheidend für die Gesamteffizienz der Anlage. Für die Kältemittelauswahl ist die gesamte Klima- und Wärmepumpenleistung im Lebenszyklus der Produkte entscheidend. Daher wird auch Daikin weiterhin auf unterschiedliche Kältemittel setzen und jeweils das Kältemittel einsetzen, das die Aspekte Sicherheit, Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz im jeweiligen Anwendungsbereich am besten erfüllt.
Die europäische Interessensvertretung der Klimatechnik- und Wärmepumpen-Industrie „European Partnership for Energy and the Environment” (EPEE) zeigt auf, dass der Phase-down mittels umfangreicher Umstellungen in drei Bereichen umsetzbar ist:
- Reduktion der Emissionen neuer Geräte durch die Verwendung von Kältemitteln mit niedrigem GWP und geringerer Füllmengen.
- Reduktion des Einsatzes von Kältemitteln mit hohem GWP für Service und Wartung von bestehenden HLK-Anlagen.
- Verstärkte Wiederaufbereitung und Wiederverwendung von Kältemitteln.
Es ist ein Zusammenspiel der Akteure nötig und die Bereitschaft der Anwender rasch auf verfügbare niedrig-GWP-Alternativen umzusteigen.“
Ende der Stellungnahme.
Anmerkung der TGA-Redaktion
„Panik unter Marktteilnehmern zu schüren“ gehört nicht zu den Absichten von Artikeln, die TGA Fachplaner veröffentlicht, wohl aber die Sensibilisierung der Marktteilnehmer. In jüngster Zeit haben sich Marktteilnehmer eben nicht so verhalten, wie es für eine geordnete Umsetzung des verordneten F-Gase-Phase-downs erforderlich wäre. Dies betrifft auch die Planer von Kälteanlagen siehe auch: UBA: Harsche Kritik an Planern von Kälteanlagen - F-Gase-Phase-down falsch eingeschätzt.
Setzt sich dies fort, besteht durchaus die Gefahr, dass oben kritisierte Aussagen den F-Gase-Phase-down als ungewollten Effekte begleiten. Beispielsweise erwartet die „Bonner Stimme“ in einer gemeinsamen Pressemitteilung von BIV, VDKF und ZVKKW zum Erfahrungsaustausch beim Umweltbundesamt in Dessau am 02. Februar 2018: „Langfristig wird es sicher möglich sein, den Einsatz von natürlichen und Low-GWP Kältemitteln zu 100 % durchzusetzen, für das laufende Kalenderjahr wird sich aber eine gravierende Steigerung der durch Kältemittelmangel (nicht in einer Anlage, sondern für eine ganze Branche!) hervorgerufenen Problematik ergeben.“
Ob die Zuspitzung – die ja der Anlass für die Veranstaltung beim Umweltbundesamt war – überraschend ist oder absehbar war, liegt wohl auch am Betrachter. Die Branchenverbände BIV, BTGA, BDH, BWP, EPEE, FGK, VDKF und ZVKKW erklären jedenfalls in ihrer am 2. Februar 2018 dem Umweltbundesamt übergebenen Verbändeposition zum F-Gas-Phase-down: „Marktentwicklung seit 2017: Die Entwicklungen in den letzten Monaten waren in ihrer Rasanz und in ihrem Ausmaß so nicht absehbar und haben daher viele Unternehmen überrollt. […] Weitaus gravierender ist jedoch, dass es zu zeitweisen Versorgungsengpässen gekommen ist. Dies betrifft nicht nur Hoch-GWP-Kältemittel wie R404A oder R507, sondern es steht z.B. auch R134a nicht immer in ausreichender Menge zur Verfügung. […] Von dieser plötzlichen Entwicklung sind insbesondere kleinere und mittlere Servicebetriebe betroffen, die mit teils gravierenden Beschaffungsproblemen konfrontiert werden.“
Was aber unterm Strich wichtig ist: Dass die F-Gase-Verordnung keine Verbote für R134a und R32 enthält, ist sachlich richtig. Zu betonen ist allerdings, dass beim F-Gase-Phase-down innerhalb der Europäischen Union alle noch zugelassenen HFKW-Kältemittel um die definierte Gesamtmenge in Tonnen CO2-Äquivalent konkurrieren. Einzelnen EU-Mitgliedsstaaten oder Anwendungen verfügen über kein eigenes Mengenkontingent. Engpässe wirken sich damit automatisch in allen Bereichen aus. In der Konsequenz auch auf die Verfügbarkeit von HFKW-Kältemitteln mit einem sehr kleinen GWP, wenn die definierte Gesamtmenge an CO2-Äquivalenten erreicht oder voraussichtlich erreicht wird.
Das in der F-Gase-Verordnung hinterlegte (und von den einschlägigen Verbänden und der Industrie favorisierte) Quoten-System mit nur wenigen Verboten erfordert deshalb Reaktionen von quasi allen direkt und indirekt Betroffenen. Alle Aussagen in der Daikin-Stellungnahme, die konkretes Handeln der Marktteilnehmer einfordern oder Versäumnisse anprangern, sind deshalb richtig, wichtig und sollten als Anlass zu einem Umdenken bzw. Umsteuern genommen werden. Welche der kritisierten Darstellungen künftig nicht der Realität entsprechen, wird sich genau daran messen lassen. JV ■