Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt davor, die Energiewende unter dem Deckmantel angeblicher Kostenersparnisse und wegen Verzögerungen beim Bau neuer Hochspannungs-Übertragungsleitungen künstlich auszubremsen. Vielmehr sei das künftige Stromübertragungsnetz so auszugestalten, dass der dynamische Zubau von Strom aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen ohne Unterbrechung weitergehen könne. Dabei stehe ein ganzes Bündel technischer Maßnahmen zur Verfügung, die geeignet seien, den Netzum- und -ausbau auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen. Die mit dem Netzentwicklungsplan Strom 2012 bisher vorgelegte Ausbauplanung kranke daran, dass technische Alternativen und absehbare Entwicklungen kaum geprüft werden.
2 % Abregelung spart 30 % Netzkapazität
Eine zentrale Möglichkeit zur Vermeidung von Netzüberlastungen könnte die Abregelung der Einspeisespitzen von Windkraftwerken sein, die nur wenige Stunden im Jahr auftreten. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass mit einer Abregelung der Onshore- Windenergieanlagen in Höhe von nur 2 % der in ihnen erzeugten Jahresarbeit mehr als 30 % der Netzkapazität eingespart werden können“, erläuterte der Energieforscher Soroush Nakhaie von der TU Clausthal anlässlich der Vorstellung eine Stellungnahme der DUH zum Netzentwicklungsplan. Statt die Erzeugungsspitzen abzuregeln, könnten sie perspektivisch möglicherwiese auch sinnvoll genutzt werden, etwa zur „Betankung“ von Elektroautos oder in Elektrowärmepumpen.
Zubau über die Fläche Deutschlands harmonisieren
Als weitere Möglichkeiten zur Minderung des Netzausbaubedarfs und zur Schaffung von „mehr Platz für Erneuerbare im Netz“ fordert die DUH die Zurückdrängung von konventionellen Kraftwerken, die heute noch zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit laufen müssen, dabei aber aufgrund ihrer technischen Inflexibilität hohe Mindestleistungen kontinuierlich ins Netz einspeisen (Must-Run-Units). Außerdem könne durch Modifikationen der Vergütungsmodalitäten im Erneuerbare-Energien-Gesetz ein harmonischerer Zubau von Wind- und Sonnenenergie über ganz Deutschland erreicht werden. Der Bau neuer konventioneller Gaskraftwerke, die in Süddeutschland ohnehin zum Ausgleich abgeschalteter Kernkraftwerke gezielt angereizt werden müssen, würde ebenfalls den notwendigen Stromtransport von Nord nach Süd reduzieren.
„Verlangsamung der Energiewende macht sie teurer“
Mit Blick auf den Energiegipfel, zu dem sich Bund und Länder am 2. November 2012 verabredet haben, warnte der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz, vor Entscheidungen zur Verlangsamung der Energiewende, wie sie neuerdings auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ins Spiel bringe. Rosenkranz: „Es ist ein fundamentaler Irrtum, zu glauben, die Energiewende werde kostengünstiger, wenn wir sie langsamer vollziehen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Je länger wir das alte und das neue Energiesystem parallel betreiben, umso teurer wird es für die Gesellschaft, für nachfolgende Generationen und für die Umwelt.“ Rosenkranz erinnerte daran, dass es darum gehe, die Katastrophenrisiken der Kernenergie und die Klimaschäden der fossilen Energien einzudämmen. „Manche, die sich heute zu Wort melden, haben Fukushima und die für zigtausende Menschen auf der Welt schon jetzt tödlichen Folgen der Erderwärmung offenbar schon wieder vergessen.“ ■
TGA-Kommentar: Energiewende: Nicht auf jede Kilowattstunde schielen!