Die europäische Industrieinitiative EU ProSun hat angekündigt, gegen die erzielte Einigung im Handelsstreit über subventionierte und gedumpte Solarmodule aus China (Mitteilung der EU-Kommission) vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu klagen. Milan Nitzschke, Präsident von EU ProSun: „Eine Einigung wie sie jetzt zwischen der EU-Kommission und China erzielt worden ist, verstößt in jeder Hinsicht gegen geltendes EU-Recht. Den Schaden hat die Solarindustrie, die bereits 10.000 Arbeitsplätze alleine in Deutschland durch chinesisches Dumping verloren hat, und der nun droht, weitere Firmen in Europa zu verlieren.“
Statt Zöllen Mindesteinfuhrpreises und Einfuhrquoten
Die EU-Kommission hatte im laufenden Antidumpingverfahren festgestellt, dass die Schädigung durch chinesisches Dumping akut lebensbedrohend für die europäische Solarindustrie ist. Chinesische Hersteller bieten ihre Produkte staatlich subventioniert zu Preisen unter den eigenen Herstellungskosten an und drängen damit die Konkurrenz aus dem Markt. Daher hatte die Kommission Antidumpingzölle von im Schnitt 47 % verhängt (Bericht von TGA Fachplaner). Der vermeintliche Kompromiss zwischen China und der EU soll nun vorsehen, dass diese Zölle zugunsten eines Mindesteinfuhrpreises und Einfuhrquoten ausgesetzt werden.
„Absatzgarantie und Freibrief für Dumpingpreise“
An eine solche Regelung stellt das EU-Recht jedoch strenge Anforderungen. So sieht die europäische Antidumping-Richtlinie 1225/2009 explizit vor, dass ein Aussetzen von Antidumpingzöllen nur zulässig ist, wenn durch Mindestimportpreise die Schädigung der europäischen Industrie durch Dumping verhindert wird. Ein Mindestpreis zwischen 55 und 57 Eurocent, wie er jetzt in Rede steht, würde aber exakt auf der Höhe des aktuellen Dumpingpreises für chinesische Module liegen, so EU ProSun. Gleichzeitig soll eine zollfreie Importmenge festgelegt werden, die rund 70 % EU-Marktanteil beträgt. Nitzschke: „Das ist quasi eine Absatzgarantie für China und ein Freibrief, weiter zu Dumpingpreisen zu verkaufen. Ein klarer Verstoß gegen das europäische Handelsrecht.“
Nicht die Interessen der europäischen Industrie vertreten
Dem Kompromiss zugrunde liegen Wochen andauernder Verhandlungen, die von der Generaldirektion Handel (DG Trade) mit dem Chinesischen Handelsministerium geführt wurden. „Bei diesen Verhandlungen hat die EU-Kommission entgegen ihrem Auftrag offensichtlich nicht die Interessen der europäischen Industrie vertreten, sondern lediglich ein schnelles Ende des Verfahrens herbeiführen wollen. Dabei ist die EU von China über die gesamten Verhandlungen hinweg erpresst und vorgeführt worden.“ Die Verstöße gegen das EU-Recht lassen sich laut EU ProSun dabei inzwischen auf einer langen Liste aufführen. Schon die von Juni bis August geltende Einräumung niedrigerer Zölle für chinesische Produkte würde gegen die Antidumpingrichtlinie verstoßen.
„Für den Industriestandort Europa wäre das verheerend“
Europäische Industrieunternehmen haben daher bereits gegen diese Maßnahme in Luxemburg eine Klage eingereicht. Jetzt steht die Erweiterung dieser Klage an. Nitzschke: „Wir kämpfen für unser Recht und für den Erhalt der Hightech-Industrie Photovoltaik in Europa. Dabei geht es uns nicht darum, Verhandlungen zu blockieren. Aber der bisher größte Handelskonflikt der EU muss auf Basis von geltendem Recht gelöst werden. Wenn die EU-Kommission europäisches Recht jetzt selber bricht, beschädigt sie das gesamte Handelsschutzinstrumentarium der EU und setzt damit die gesamte europäische Industrie möglichen Handelsrechtsverletzungen durch ausländische Hersteller aus. Der Schaden, den die Handelskommission unter ihrem Generaldirektor anrichtet, geht weit über die Solarindustrie hinaus. Von der Stahlerzeugung bis zur Automobilindustrie kann niemand mehr sicher sein, gegen Dumping und illegale Subventionen aus Drittstaaten geschützt zu werden. Für den Industriestandort Europa wäre das verheerend.“ ■