Ein in Europa einzigartiges Plus-Energiehaus ist jetzt in Holzminden entstanden. Die im Passivhaus-Standard errichtete Kindertagesstätte wird mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe temperiert, eine noch zu errichtende Photovoltaik-Anlage könnte dann die Jahresenergiebilanz ins Plus bringen. Das Gebäude ist in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Gebäudetechnik an der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim / Holzminden / Göttingen entwickelt worden und dient in der Ausbildung mindestens zehn Jahre auch als topaktuelles Studienobjekt für den Bachelor-Studiengang Gebäudetechnik: Über die EU-Gebäuderichtlinie wird im Neubau ein entsprechender Niedrigstenergiehaus-Standard für öffentliche Gebäude ab 2019 und für alle anderen Gebäude ab 2021 EU-weit Pflicht. In den Mitgliedstaaten muss der Rahmen dafür in Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 9. Juli 2012 umgesetzt werden. In Deutschland erfolgt dies im Wesentlichen in der EnEV 2012.
Passivhaus und Nutzung erneuerbarer Energien
In dem Holzmindener Kita-Gebäudes wurde der Energiebedarf weitgehend minimiert, dazu tragen eine kompakte Gebäudeform, eine große Wärmespeicherkapazität, eine sehr starke Wärmedämmung, „Energiegewinnfenster“, eine luftdichte und wärmebrückenfreie Gebäudehülle sowie Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bei. Diese Ausstattung gehört zum höchsten Standard und wurde aber schon häufiger realisiert. Die Datenbank www.passivhausprojekte.de listet in Europa 13 Kita-Neubauten. Das Besondere am Holzmindener Neubau ist die Kombination von Passivhaus-Standard und der Energieversorgung. Wird die Wärmepumpe mit regenerativem Strom betrieben, sind für die Beheizung keine fossilen Energieträger erforderlich. Durch die Wärmeübergabe mit einer Fußbodenheizung entsteht zudem die Möglichkeit, im Sommer Wärmelasten mit geringem Energieaufwand aus den Räumen abzuführen. Dazu wird das Erdreich als Wärmesenke genutzt, für den Kühlbetrieb ist nur der Hilfsenergiebedarf für die Sole- und die Umwälzpumpe(n) erforderlich.
Energie-Plus braucht noch politischen Segen
Eine Photovoltaik-Anlage zur regenerativen Stromerzeugung wäre ein weiterer Baustein zum Erreichen des Plus-Energie-Niveaus. Die für den Betrieb der Kita erforderliche Strommenge könnte teilweise vom eigenen Dach bezogen werden. Die Diskussion über diese Anlage ist in den politischen Gremien der Stadt jedoch noch nicht abgeschlossen. Die HAWK-Studierenden könnten dann den Gesamt-Energieertrag der Photovoltaik-Anlage und den davon im Hause direkt genutzten Anteil messen und Optimierungsstrategien testen. Denn die Studierenden werden mit einem aus dem Kreis der Beiratsfirmen finanziell unterstützten Gebäudeleitsystem ein Lastmanagement für stromverbrauchende Geräte in der Kita betreiben, mit dem der Eigenverbrauch aus einer gebäudeeigenen Stromerzeugungsanlage optimiert werden kann. Bei diesem Modell fungiert das öffentliche Stromnetz als Speicher. Eine Kita fällt da nichts ins Gewicht. Werden aber zunehmend solche Lösungen realisiert, sind weitreichende Maßnahmen im Stromnetz erforderlich. Eine weitere Option zur Erhöhung des Eigennutzungsanteils, die auch für die Holzmindener Kita diskutiert wird, ist die Integration eines Batteriespeichers.
Im Rahmen des internationalen „Tag des Passivhauses“ (vom 11. Bis 13. November 2011) kann die Kita am 13. November 2011 von 14.00 bis 17.00 Uhr besichtigt werden. ■