Der Anbieter von technischen Dienstleistungen inner- und außerhalb Europas, Royal Imtech N.V., Gouda, (IM-AE) ist durch den Finanzierungsmangel seines größten Kunden in Polen sowie mögliche Unregelmäßigkeiten bei Projekten von Imtech in Polen erheblich geschädigt worden. Der Vorstand von Imtech erwartet, dass mindestens 100 Mio. Euro an bereits angefallenen Kosten abgeschrieben werden. Nach dem Bekanntwerden ist der Aktienkurs von Imtech am 4. Februar 2013 um über 48 % eingebrochen.
Da sich die genaue Höhe der Abschreibung momentan nicht genau bestimmen lässt, konnte der Jahresabschluss von Imtech für das Jahr 2012 (noch) nicht erstellt werden. Die für den 5. Februar 2013 geplante Vorlage des Jahresabschlusses 2012 sowie die für den 3. April 2013 angesetzte Jahreshauptversammlung wurden bis auf weiteres verschoben. Es wird erwartet, dass für 2012 keine Dividende ausgeschüttet wird.
Imtech wird Kreditauflagen nicht einhalten können
Infolge der erwarteten Abschreibung wird Imtech nach eigenen Angaben bei Erstellung seines Jahresabschlusses 2012 die bisher vereinbarten Kennzahlen mit kreditgebenden Banken sowie Kreditauflagen nicht einhalten können – Kennzahlen von maximal 3,0 für die durchschnittliche Nettoverschuldung/EBITDA und mindestens 4,0 für die Zinsabdeckung. Infolgedessen führt Imtech derzeit Gespräche mit seinen Kreditgebern und hat die Rabobank als Finanzberater hinzugezogen. Zahlungsverpflichtungen gegenüber Dritten sowie gegenüber Nachunternehmern werden laut einer Mitteilung des Unternehmens eingehalten.
Projekte mit einem Wert von 757 Mio. Euro betroffen
Die Abschreibung von mindestens 100 Mio. Euro bezieht sich auf drei Projekte für die „Abenteuerwelt Warschau“ und ein ebenfalls in Warschau angesiedeltes Biokraftwerks-Projekt zur Energieerzeugung. Diese Projekte haben einen Wert von insgesamt 757 Mio. Euro. Imtech hat festgestellt, dass die Vorauszahlungen für die vier polnischen Projekte nicht den mit dem Kunden getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Verfügbarkeit der Zahlungen an Imtech entsprechen. Dies liegt daran, dass der Kunde seine Finanzierung nicht abgesichert hat. Für das Projekt Erlebnispark „Adventure World Warschau“ hatte Imtech im Juli 2012 mit 680 Mio. Euro den größten Auftrag in der Unternehmensgeschichte vermeldet: Er beinhaltet das komplette Projektmanagement, sämtliche technische Installationen und alle baulichen Maßnahmen einschließlich der Betreuung von Unterauftragnehmern.
Lokale Geschäftsführung in Polen suspendiert
Nach einer anfänglichen Untersuchung und teilweise auf der Grundlage der von KPMG durchgeführten Jahresprüfung hat sich der Vorstand zur Durchführung einer Ermittlung der Umstände entschlossen, unter denen die betroffenen Projekte akzeptiert und durchgeführt wurden. Unregelmäßigkeiten bei diesen oder anderen Imtech-Projekten in Polen können nicht ausgeschlossen werden. Solange die Ergebnisse dieser Untersuchung noch ausstehen, wurde die lokale Geschäftsführung in Polen suspendiert.
Der Vorstand hat außerdem festgelegt, dass ein Schuldversprechen sowie die gepfändeten Konten im Zusammenhang mit dem Projekt „Abenteuerwelt Warschau“ – in Höhe von ca. 200 Mio. Euro – die im Halbjahresabschluss 2012 als liquide Mittel ausgewiesen wurden, nach IFRS unter kurzfristige Finanzanlagen umzugliedern sind. Der Großteil dieses Betrags wurde als Vorauszahlung unter unfertige Leistungen für die vier betroffenen Projekte verbucht. Diese Vorauszahlung war erheblich höher als die angefallenen Kosten. Wie oben erwähnt, sind die Vorauszahlungen aber bisher für Imtech nicht zugänglich. Die Auswirkungen hiervon sind in der erwarteten Abschreibung von mindestens 100 Mio. Euro enthalten. ■
