Der Kabinettausschuss Klimaschutz der Bundesregierung ("Klimakabinett") will die Klimaschutzziele 2030 mit einem breiten Maßnahmenbündel erreichen. Das vorgeschlagene Klimaschutzprogramm 2030 basiert auf vier Elementen zur konkreten CO2-Emissionsminderung:
Das erste Element sind Förderprogramme und Anreize zur CO2-Einsparung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass CO2-Minderung insgesamt praktisch realisierbar sowie wirtschaftlich, sozialverträglich und finanzierbar ist. Im Sinne einer Anschubfinanzierung werden alle Förderprogramme bis max. 2030 terminiert.
Das zweite Element besteht in der Bepreisung von CO2, mit der volkswirtschaftlich effizient Innovationen und CO2-Emissionsvermeidung angereizt werden. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung werden in Klimaschutzfördermaßnahmen reinvestiert oder, und das ist das dritte Element, in Form einer Entlastung den Bürgern zurückgegeben.
Das vierte Element besteht in regulatorischen Maßnahmen, die spätestens 2030 verstärkt greifen.
CO2-Bepreisung soll Strom verbilligen
Der Klimaschutzplan 2030 sieht vor, ab 2021 eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme (Non-ETS-Sektor) einführen. Das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) erfasst die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe (insbesondere Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin, Diesel). Dabei umfasst das System im Sektor Wärme die Emissionen der Wärmeerzeugung des Gebäudesektors und der Energie- und Industrieanlagen außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS). Im Verkehrssektor umfasst das System ebenfalls Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe, jedoch nicht den Luftverkehr, der dem EU-ETS unterliegt.
Zunächst soll ein Festpreissystem eingeführt werden, bei dem Zertifikate auf der vorgelagerten Handelsebene an die Unternehmen, die die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, verkauft werden. Teilnehmer am nEHS sind die Inverkehrbringer oder Lieferanten der Brenn- und Kraftstoffe. Dadurch soll ein verlässlicher Preispfad entstehen, der es Bürgern und Wirtschaft ermöglicht, sich auf die Entwicklung einzustellen.
- Im Jahr 2021 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 10 Euro/ t CO2 ausgegeben.
- Im Jahr 2022 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 20 Euro/t CO2 ausgegeben.
- Im Jahr 2023 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 25 Euro/t CO2 ausgegeben.
- Im Jahr 2024 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 30 Euro/t CO2 ausgegeben.
- Im Jahr 2025 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 35 Euro/t CO2 ausgegeben.
Werden in einem Jahr mehr Zertifikate ausgegeben, als es den Emissionszuweisungen für Deutschland entspricht, müssen aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten solche zugekauft werden.
Ab 2026 wird eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die von Jahr zu Jahr geringer wird. Diese ergibt sich aus den im Klimaschutzplan 2050 und den EU-Vorgaben festgelegten Emissionsbudgets für die deutschen Non-ETS-Sektoren. Analog zum Verfahren im europäischen ETS-System müssen die betroffenen Unternehmen ihre CO2-Emissionen durch Zertifikate abdecken, die sie im Rahmen von Auktionen oder auf einem Sekundärmarkt erwerben. Der Zertifikatepreis soll sich grundsätzlich am Markt bilden, außer wenn der Höchstpreis überschritten oder der Mindestpreis unterschritten wird. Im Jahr 2026 erfolgt die Auktionierung der Zertifikate in einem Korridor zwischen einem Mindestpreis von 35 Euro/t CO2 und einem Höchstpreis von 60 Euro/t CO2.
Alle zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung kommen Klimaschutzfördermaßnahmen zu Gute oder werden als Entlastung den Bürgern zurückgegeben.
Anmerkung der Redaktion: Der Vorschlag entspricht damit einer CO2-Besteuerung mit steigendem Steuersatz von 2021 bis 2025 und ab 2026 einem CO2-Emissionshandel.
Zeitgleich mit dem Einstieg in die CO2-Bepreisung sollen Bürger und Wirtschaft beim Strompreis entlastet werden, indem die EEG-Umlage sowie ggf. andere staatlich induzierte Preisbestandteile (Netzentgelte, Umlagen und Abgaben) schrittweise aus den Bepreisungseinnahmen bezahlt werden. Der Zahlungsanspruch gemäß EEG für die erneuerbaren Energien bleibt davon unberührt.
Der Vorschlag des Klimakabinetts sieht vor, ab 2021 die EEG-Umlage um 0,25 Ct/kWh zu senken. Entlang des CO2-Bepreisungspfads soll die Entlastung 2022 0,5 Ct/kWh und 2023 0,625 Ct/kWh betragen. Durch die EEG-Umlage werden besonders Familien und kleine mittelständische Unternehmen entlastet. Steigen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, soll der Strompreis entlang des Bepreisungspfads weiter gesenkt werden.
Steuerbonus für Gebäudesanierung und Förderprogramme
Im Gebäudesektor soll eine steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen den Markt beleben. Die steuerliche Förderung selbstgenutzten Eigentums soll ab 2020 in Ergänzung zur existierenden Förderkulisse eingeführt werden. Durch einen Abzug von der Steuerschuld sollen Gebäudebesitzer aller Einkommensklassen gleichermaßen von der Maßnahme profitieren. Gefördert werden alternativ zur Inanspruchnahme sonstiger Förderprogramme auch Einzelmaßnahmen, die auch von der KfW als förderwürdig eingestuft sind. Hierzu zählen Einzelmaßnahmen wie der Heizungstausch, der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Dächern und Außenwänden. Wer solche Maßnahmen durchführt, darf dann seine Steuerschuld – verteilt über 3 Jahre – um 20 % der Kosten mindern. Wer weiterhin die bisherige Förderung nutzen möchte (СO2-Gebäudesanierungsprogramm, Marktanreizprogramm – neu BEG), bekommt dort zukünftig ebenfalls eine um 10 % erhöhte Förderung für Einzelmaßnahmen.
Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
Mit der neu konzipierten Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)sollen die bestehenden investiven Förderprogramme im Gebäudebereich zu einem einzigen, umfassenden und modernisierten Förderangebot gebündelt und inhaltlich optimiert werden (Anmerkung der Redaktion: das war schon seit längerem angekündigt). Die Mittelausstattung des Programms soll erhöht werden, denn für umfassende Sanierungen werden die bisherigen Fördersätze für das Erreichen der unterschiedlichen Effizienzhausstufen im Bereich Wohngebäude um 10%-Punkte erhöht. Weiter heißt es in dem Eckpunktepapier: „Die Gebäudeeffizienstrategie der Bundesregierung wird bei der nächsten Überarbeitung noch konsequenter auf das Ziel der CO2-Reduktion (klimaneutraler Gebäudebestand im Jahr 2050) ausgerichtet.“
Vorgesehen ist auch: Zu bestimmten Anlässen (z.B. Eigentümerwechsel bei Wohngebäuden) werden Energieberatungen obligatorisch. Die Kosten sollen über die bestehenden Förderprogramme gedeckt werden.
Erneuerung von Heizkesseln
Offensichtlich ist auch vorgesehen, den Austausch alter Wärmeerzeuger, insbesondere Öl-Heizkessel, zu fördern. Allerdings ist hier das Eckpunktepapier etwas unklar geblieben, sodass wir es hier nur als Zitat wiedergeben können:
„Um die Austauschrate von Öl-Heizungen zu erhöhen, wird eine ‚Austauschprämie‘ mit einem Förderanteil von 40 % für ein neues, effizienteres Heizsystem in die BEG integriert werden.
Ziel des neuen Förderkonzepts ist es, für alle derzeit mit Heizöl und andere ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betriebenen Heizungen einen attraktiven Anreiz zur Umstellung auf erneuerbare Wärme, oder, wo dies nicht möglich ist, auf effiziente hybride Gasheizungen, die anteilig EE einbinden, zu geben. Es lohnt sich damit, in den kommenden Jahren beispielsweise von alten Öl- und Gas-Heizungen auf klimafreundlichere Anlagen oder direkt auf erneuerbare Wärme umzusteigen. Die Bundesregierung wird zudem eine gesetzliche Regelung vorlegen, wonach in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist, der Einbau von Öl-Heizungen ab 2026 nicht mehr gestattet ist. Im Neubau und Bestand sind Hybridlösungen auch künftig möglich. Damit sich mehr Haushalte die Modernisierung der Heizungsanlage leisten können, wird zudem in der Gebäudeförderung ein Fördertatbestand integriert, der über einen längeren Amortisationszeitraum eine kontinuierlich geringe Kostenrate vorsieht; z.B. durch Unterstützung von Contractingangeboten/Leasing.“
Zum Gebäudeenergiegesetz macht das Eckpunktepapier keine Angaben, allerdings deutet es an, dass es an dass es zunächst keine Verschärfungen der energetischen Anforderungen für Gebäude geben wird: „Die nächste Überprüfung der geltenden energetischen Standards erfolgt entsprechend der europarechtlichen Vorgaben im Jahr 2023. Die energetischen Standards von Wohn- und Nichtwohngebäuden werden dann umgehend weiterentwickelt. Dabei werden das geltende Wirtschaftlichkeitsgebot und der Grundsatz der Technologieoffenheit gewahrt.“
Der derzeit bestehende Deckel von 52 GW für die Förderung des Ausbaus von PV-Anlagen soll aufgehoben werden.
Insgesamt umfasst das Papier 66 Maßnahmen. PDF-Download auf www.bundesregierung.de.
Stimmen aus der Branche
Erste Stimmen aus der Branche sind sehr negativ ausgefallen. Ein Erreichen sei mit den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht denkbar, die CO2-Bepreisung in der Höhe ein Witz und ohne Lenkungswirkung (die Schadenkosten durch CO2-Emissionen werden mit einer Höhe von 180 Euro/t angegeben) bzw. ein klimapolitischer Totalausfall, die Maßnahmen insgesamt seien ein fluglahmen Flickenteppich, mutlos und teilweise inkonsistent und vor allem unnötig teuer. ■