Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger fordern vom Bund die rasche Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung. Ein gemeinsames Schreiben ging am 29. April 2019 an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die steuerliche Förderung auf Bundesebene soll „attraktiv, technologieoffen, niederschwellig und einfach umsetzbar“ sein.
In den letzten Jahren gab es bereits rund zehn Anläufe, einen Steuerbonus für Gebäudesanierer einzuführen, doch alle verliefen trotz überzeugender Begründungen im Sande. Pinkwart und Aiwanger argumentieren mit Steuermehreinnahmen aufgrund zu erwartender Auftragszuwächse bei Handwerks- und Bauindustriefirmen, einem großer Hebel zur Minderung von Treibhausgasemissionen durch die energetische Sanierung des zu 62 % vor der 1. Wärmeschutzverordnung 1978 errichteten Gebäudebestands, einer unzureichenden Sanierungsquote von unter 1 % in Vollsanierungsäquivalenten, einem Anteil von rund 40 % des Energieverbrauchs in Deutschland im Gebäudesektor, positiven Impulsen für das Handwerk und die lokale Wirtschaft und einem Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele im Gebäudesektor – „gerade in Zeiten, in denen eine Konjunkturabkühlung droht, wäre die steuerliche Förderung ein positives Zeichen für Handwerk und Bauindustrie“, so die Minister.
Eckpunkte für eine steuerliche Förderung
Bei einer gemeinsamen Kabinettsitzung am 12. März 2019 in München haben die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und die Staatsregierung von Bayern die zentralen Eckpunkte einer steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung vereinbart:
- Technologieoffene und progressionsunabhängige steuerliche Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden als Abzug von der zu zahlenden Einkommensteuer.
- Förderung von Maßnahmen nach den Standards der Gebäudesanierungsprogramme des Bundes in Höhe von 20 % der förderfähigen Kosten mit Abzugsfähigkeit über drei Jahre.
- Wird mit den Maßnahmen mindestens der energetische Standard eines Niedrigstenergiegebäudes nach dem Gebäudeenergiegesetz erreicht, erhöht sich die Förderung auf 30 % – als Anreiz für umfassende Sanierungen mit hoher Klimaschutzwirkung.
- Deckelung der anrechenbaren Investitionskosten bei 50.000 Euro pro Förderfall.
- Laufzeit der Förderung über zehn Jahre – um Planungssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.
- Absinken des Fördersatzes um jeweils 1 Prozentpunkt pro Jahr, beginnend drei Jahre nach Einführung – als Anreiz für eine zügige Inanspruchnahme.
- Einfaches Anrechnen durch Einreichung der Leistungs- und Zahlungsnachweise mit der Steuererklärung beim Finanzamt.
- Abwicklung über das bewährte Qualitätssicherungssystem der Bundesförderprogramme – um technisch und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen umzusetzen und spätere Bauschäden zu vermeiden.
- Für dieselben Maßnahmen ist eine Kumulierbarkeit mit anderen Förderungen (Förderprogramme, EEG-Umlage, steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen etc.) auszuschließen.
Das vorgeschlagene Modell werde nach Expertenschätzung zu Steuermehreinnahmen (Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Lohnsteuer sowie Sozialabgaben) führen und sich gesamtwirtschaftlich positiv auswirken. Allerdings fordern die beiden Länder zusätzliche Mittel: „Der Bund hat im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 finanzielle Mittel für die Umsetzung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung vorgesehen. Diese Mittel sind nicht ausreichend und könnten durch einen Teil der freiwerdenden KfW-Mittel aufgestockt werden.“
Stimmen aus der Branche
Günther Mertz, Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz Berlin: „Die Verbände der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) begrüßen die Initiative des Freistaats Bayern und des Landes Nordrhein-Westfalen zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Die steuerliche Förderung ist das wirkungsvollste Instrument, um die Sanierungsquote im Gebäudebestand deutlich zu erhöhen und die nationalen und europäischen Klimaschutzziele in diesem Bereich zu erreichen. Jetzt ist die Bundesregierung aufgefordert, sich an ihren eigenen Koalitionsvertrag zu halten und endlich zu handeln.“
Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Wir brauchen endlich eine steuerliche Abschreibung für energetische Gebäudesanierungen, um das gewaltige CO2-Einsparpotenzial im Wärmemarkt zu heben. Die Bundesländer waren in den vergangenen Jahren hier der entscheidende Bremsklotz. Deshalb ist es gut, dass NRW und Bayern jetzt einen Vorschlag vorlegen. Die Bundesregierung sollte den Vorschlag jetzt sehr ernsthaft prüfen und schnell im Sinne energieeffizienter Gebäude handeln. Um die Klimaziele im Wärmemarkt zu schaffen, brauchen wir dringend eine Modernisierungsoffensive. Die jetzige Sanierungsrate im Gebäudebestand ist mit 0,8 % beklagenswert niedrig.“ ■