Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Riskante Sparsamkeit bei Energieforschung

Im internationalen Vergleich schneiden Deutschland und Europa bei der Energieforschung schlecht ab. Während Japan für die Energieforschung pro Kopf der Bevölkerung über 30 US-$ ausgibt und die USA 10 $, sind es in Deutschland nur 6,2 $. Mit jährlich 3,9 Mrd. US-Dollar investiert Japan 7,6-mal so viel Geld in die Energieforschung wie Deutschland, die USA investieren absolut fast sechsmal so viel wie die Bundesrepublik.

Schmales Budget und kein Gesamtkonzept
Auch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt liegen in Deutschland die Ausgaben für Energieforschung mit einem Anteil von 0,18% hinter den USA (0,24%) und Japan (0,84%). Wie die VDE -Studie „Energieforschung 2020“ (für VDE-Mitglieder kostenfrei, sonst 150 Euro) feststellt, werden in der EU vom gesamten Forschungs- und Entwicklungsetat nur 3% für Energiefragen ausgegeben, in Deutschland sind es 8%. Die energietechnische Forschung in Deutschland befasst sich heute in vielen Bereichen nur noch mit kurzfristigen Themen und verfolgt kein Gesamtkonzept, so ein weiteres Ergebnis der Studie.

Aufwendungen gegenläufig zu Problemen
Während der letzten Jahrzehnte hatte die energietechnische Forschung in Deutschland einen starken Rückgang zu verzeichnen, konstatieren die Autoren. Die Aufwendungen entwickelten sich gegenläufig zu den immer drängender werdenden Problemen wie Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Importabhängigkeit. Statt die Energieforschung zu forcieren, sind Hochschulinstitute aufgelöst und Professorenstellen gestrichen worden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die in der Vergangenheit viele energietechnische Forschungsprojekte förderte, hat Mittel abgezogen und widmet sich jetzt vorzugsweise anderen Themen, etwa der Kommunikations- und Datentechnik oder der Biologie.

Spitzenplatz für deutsche Industrie in Gefahr
Auch die Versorgungsindustrie hat Forschungsmittel reduziert und den zeitlichen Horizont der Arbeiten verkürzt. Noch nimmt die deutsche industrielle Energietechnologie im internationalen Vergleich nach einer Umfrage unter den 1250 VDE-Mitgliedsunternehmen einen Spitzenplatz ein. „Mit den derzeitigen Mitteln für die Energieforschung können wir weder den Spitzenplatz der deutschen Industrie in der Energietechnik halten, noch die Sicherheit der Energieversorgung langfristig gewährleisten“, so Prof. Wolfgang Schröppel, Vorsitzender der Energietechnischen Gesellschaft im VDE und Mitglied im VDE-Präsidium, in Berlin.

Schmales Budget und kein Gesamtkonzept
Stark ist die Bundesrepublik in der Forschung bei Fusionskraftwerken. „Zurzeit werden die deutschen Aktivitäten in der Fusionsforschung als weltweit führend betrachtet“, bestätigt Prof. Alexander M. Bradshaw. Der Experte für Fusionsforschung hält das Ziel für realistisch, bis spätestens 2050 ein kommerzielles, wettbewerbsfähiges Fusionskraftwerk zu bauen. Ein Demonstrationsreaktor sei bis 2025 möglich.

Mehr Geld für Forschung gefordert
Energiepolitik, Energietechnologie und Energieforschung sind laut Schröppel strategische Hebel für die Wirtschaftspolitik und die Prosperität Deutschlands und Europas. Die im Koalitionsvertrag für die Energieforschung ursprünglich vorgesehenen Mittel von jährlich circa 400 Mio. Euro bewertet der VDE als unzureichend. Zwar sei die Mittelausstattung in der Energieforschung durch die Bundesregierung für die Periode 2007 bis 2009 deutlich erhöht worden. Gleichwohl erreiche sie bei weitem nicht das Niveau vergleichbarer Länder. „Erforderlich ist eine kontinuierliche Erhöhung der Forschungsmittel des Bundes in den nächsten fünf Jahren auf rund 1 Mrd. Euro/a“, fordert Schröppel.

Zuständigkeiten müssen gebündelt werden
Grundlage für die Vergabe und den Einsatz der Gelder muss laut VDE ein konsistentes, langfristig angelegtes energiepolitisches Gesamtkonzept sein. Dass es ein solches Konzept bisher nicht gibt, führt der VDE auch auf die Zersplitterung der Zuständigkeiten zurück. In Deutschland ist die bundespolitische Verantwortung für Energieforschung auf vier Ministerien verteilt. Von einer einheitlichen und strategisch ausgerichteten Energiepolitik und Energieforschung könne unter diesen Umständen bisher keine Rede sein. Die Bündelung der Zuständigkeiten wäre nach Ansicht des VDE ein großer Schritt in diese Richtung.

Mehr Geld für Forschung gefordert
In seiner Studie „Energieforschung 2020“ formuliert der Verband Eckpunkte für ein Gesamtkonzept zur nachhaltigen, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung. Dazu gehören:

  • Qualitative und in Grundzügen quantitative Festlegung des Energiemix für die kommenden zwei bis drei Jahrzehnte
  • Festlegung von Grenzwerten für die Importabhängigkeit bei Energieträgern
  • Quantitative Festlegung von Energiesparzielen und Festlegung von Kennwerten für die Energieeffizienz
  • Fixierung eines Forschungsrahmenprogramms für das nächste Jahrzehnt
  • Abstimmung dieses Rahmenprogramms mit der EU
  • Zuverlässige und langfristige Bereitstellung der Finanzmittel

Neue Skizze mit alten Konzepten
In der Skizze für ein langfristiges Forschungsprogramm legen die Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE die Schwerpunkte auf einen „ausgewogenen“ Energie-Mix, auf die Nutzung eigener Ressourcen und auf die Steigerung der Energieeffizienz. Auch in die bisher nicht geförderte Forschung zum CO2-freien Kohlekraftwerk sollten nach ihrer Meinung Gelder fließen. Nicht ausgeklammert werden darf nach Überzeugung des VDE die Entwicklung intelligenter Technik zur Steuerung der Versorgungssysteme. Der VDE sieht die Versorgungssicherheit wegen Überlastung der Netze durch Stromtransport aus erneuerbaren Energien von Nord nach Süd gefährdet, wenn nicht heute ausreichend in die Netze investiert wird.

Mehr Geld für Forschung gefordert
Die Vergabe von Forschungsgeldern sollte wo immer möglich nach dem Wettbewerbsprinzip an die besten Forschungseinrichtungen vergeben werden. In diesem Zusammenhang spricht sich der Verband für eine "Exzellenzinitiative Energieforschung 2020" aus. Neben der materiellen Ausstattung müssen zusätzliche Anstrengungen zur Nachwuchsgewinnung sowie zur Nachwuchsförderung und Ingenieurausbildung unternommen werden. Dabei sollten speziell die Studiengänge für Energietechnik an den Hochschulen gestärkt werden. ToR

Ich möchte das kommentieren