Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee will für Neubau und Grundsanierung eine teilweise Nutzung erneuerbarer Energien vorschreiben. Zuspruch erhält er dafür vom Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips. Beide sind sich nach einer Pressmitteilung des Bundesbauministeriums einig, „dass nur erneuerbare Energien und Energieeinsparung die Mieter langfristig vor unzumutbaren Mietsteigerungen schützen können“. Deshalb unterstütze Rips Tiefensees Absicht für eine verbindliche, anteilige Nutzungspflicht erneuerbarer Energien.
Keine Abkopplung, sondern zeitliche Verzögerung
Zitat aus der Pressemitteilung: „Damit sollen Heiz- und Warmwasserkosten von der Explosion der Öl- und Gaspreise abgekoppelt werden. [...] Der Einsatz erneuerbarer Energien wird durch dieses Gesetz einen enormen Auftrieb erhalten. Die Hauseigentümer haben die Wahl, welche Art erneuerbarer Energien sie einsetzen wollen. Niemand wird überfordert. Damit werden sich Lösungen durchsetzen, die die Wärmeenergieversorgung der Gebäude weitgehend unabhängig von den fossilen Energieträgern Öl und Gas machen.“ Mit einem geplanten Nutzungsanteil von etwa 15%, der in der Praxis noch durch technisch bedingte Verluste auf Seiten der konventionellen Wärmeerzeugung gegenläufig zu berücksichtigen ist, ergibt sich im Portemonnaie der Verbraucher allerdings keine Abkopplung. Es tritt nur eine zeitliche Verzögerung von weniger als drei Jahren auf, bis die variablen Energiekosten wieder mit einem vergleichbaren, ausschließlich konventionell beheizten Gebäude gleichziehen.
Modernisierungskosten reduzieren die Einsparung
Tiefensee hob hervor, dass die Förderung erneuerbarer Energien im Gebäudebereich durch das Marktanreiz- und das CO2-Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung weiterläuft und damit die Belastung der Mieter gering(er) ausfallen werde. Die Umlage der Kosten für diese Energiemaßnahmen werde wie bisher auf viele Jahre verteilt, so dass die Belastung für die Mieter ausrechenbar und erträglich sei. Das Mietrecht müsse dazu nicht geändert werden. Die Modernisierungskosten würden „durch die Einsparungen wegen der höheren Energieeffizienz gemindert“. Anders ausgedrückt: Die geringeren Energiekosten werden also teilweise durch steigende Kaltmieten kompensiert. Allerdings unterliegt dieser Anteil nicht den Preissteigerungsfaktoren von Energie (2007-09: Energiepreise im Höhenflug), so dass bei bestimmten Maßnahmen, insbesondere nach mehreren Jahren, ein Kostenvorteil möglich ist.
Hoher Maßstab für „Grundlegende Änderung“
Der Hauseigentümer kann nach den Plänen Tiefensees, die nach seinen Aussagen mit dem Umweltministerium abgestimmt sind, wählen, ob er Solarkollektoren, feste Biomasse oder Wärmepumpen mit Geothermie einsetzt. Bei einer Nutzfläche von beispielsweise 100 m² seien 4 m² Solarkollektoren einzusetzen oder die Deckung des Wärmebedarfs überwiegend aus anderen erneuerbaren Energien zu erbringen. Eine grundlegende Sanierung liegt laut Bauministerium vor, wenn neben dem Austausch eines Heizkessels oder der Umstellung einer Heizung auf einen anderen fossilen Energieträger die Gebäudefassade oder das Dach überwiegend erneuert wird. Der Hauseigentümer könne seiner Verpflichtung auch dadurch nachkommen, dass er die Energiequalität des Gebäudes um 15% besser ausgestaltet, als es die Energieeinsparverordnung vorschreibt.
Ungeliebter Vorschlag
In den betroffenen Branchen stößt der Tiefensee-Vorschlag auf wenig Gegenliebe: Die Hauseigentümer haben über ihre Verbände bereits heftigen Widerstand gegen jegliche Baupflicht angekündigt und die Mieter sind, zumindest nach einer aktuellen Umfrage Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (Alle sind für Klimaschutz, aber keiner will zahlen), kaum bereit, sich an den Modernisierungskosten zu beteiligen. Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) lehnt eine Baupflicht wegen der befürchteten Modernisierungszurückhaltung generell ab und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) sieht in dem Tiefensee-Vorschlag eine Blockade wirksamer Gesetze zum Heizen mit Erneuerbaren Energien. Durch den Einbau zahlreicher Ausnahmetatbestände versuche Tiefensee in den laufenden Ressortverhandlungen den von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel vorgelegten Entwurf eines EEWärmeGesetz gezielt zu untergraben. Bis zur Verabschiedung eines Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes wird es also noch ein zähes Ringen bei der Ausgestaltung geben. ToR
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