Die Modernisierung und Erweiterung bestehender (haus-)technischer Anlagen hat ihre Tücken: Häufig stellt sich heraus, dass TGA-Zeichnungen nicht mehr vorhanden sind oder die Originalpläne längst nicht der Realität entsprechen und zunächst aktualisiert werden müssen. Obwohl für eine präzise Planung, Dokumentation und wirtschaftliche Nutzung unverzichtbar, ist bei Eigentümern oder Betreibern die Bereitschaft, viel Zeit und Geld in eine exakte Bestandserfassung zu investieren, eher gering. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass sich das 3D-Laserscanning nicht nur als Dienstleistung, sondern in größeren planenden Unternehmen zunehmend als wirtschaftliches Arbeitsmittel und Alternative zu anderen Aufmaßverfahren etabliert.
Für jeden Zweck das richtige Werkzeug
Für jede Aufmaß-Aufgabe gibt es das passende Werkzeug. Neben dem konventionellen Handaufmaß mit Zollstock, Maßband, Papier und Bleistift werden mehrere digitale Aufmaßverfahren eingesetzt. Da alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben, werden sie in bestimmten Bereichen (Grundriss-, Fassaden-, Detailaufmaß, 2D, 3D etc.), häufig auch parallel verwendet: Mobile Erfassungssysteme wurden besonders für das manuelle Grundrissaufmaß entwickelt. Dabei werden die mit konventionellen Messwerkzeugen oder dem Laser-Entfernungsmesser erfassten Daten vor Ort in den Pocket-PC oder das Notebook eingegeben und parallel auch gleich auf Plausibilität überprüft.
Aus den gemessenen Wandlängen und den Raumdiagonalen erstellt das Programm maßstäbliche Raumpolygone, die über Referenzpunkte zu Geschossen zusammengefügt werden können. Die so entstandene Grundriss-„Binnenkontur“ kann anschließend an ein CAD-System zur Weiterbearbeitung übergeben werden. Mithilfe eines Tachymeters (Kombination aus Laserdistanz- und Winkelmessgerät) werden bei der Tachymetrie dreidimensionale Koordinaten von markanten Objektpunkten erfasst. Aus den Messdaten lassen sich noch vor Ort mit dem Notebook und entsprechender Software Objektgeometrien dreidimensional generieren, woraus wiederum 2D-Grundriß-, Schnitt- oder Aufmaßskizzen erstellt werden können.
Fotobasierende Systeme dienen der zwei- oder dreidimensionalen Erfassung von Objekten auf der Basis von Fotos. Für das Aufmaß räumlich extrem komplexer Objekte, wie es (haus-)technische Anlagen mit ihren zahlreichen Rohrleitungen und Kanälen sind, kommen aus wirtschaftlicher Sicht lediglich zwei Verfahren infrage.
Fotogrammetrie
Die Nahbereichs-Fotogrammetrie (kurz: Fotogrammetrie) und das 3D-Laserscanning. Bei der fotogrammetrischen Auswertung werden (Digital-)Fotos nicht, wie bei der digitalen Bildentzerrung, einfach perspektivisch entzerrt. Nach einer sogenannten Bildorientierung mithilfe von Passpunkten, die zuvor am Objekt per Tachymeter eingemessen wurden, wird das Objekt stattdessen anhand mehrerer Fotografien dreidimensional konstruiert. Dazu muss jeder für eine Auswertung relevante Bildpunkt (Objektkante oder -ecke) in zwei oder mehreren Fotos per Mausklick identifiziert werden. Das Objekt wird mit einem im Programm integrierten 3D-Editor quasi im Hintergrund dreidimensional „nachgebaut“. Der Vorteil der Fotogrammetrie gegenüber dem 3D-Laserscanning liegt im geringeren Hardware-Aufwand (nur Digitalkamera und Tachymeter erforderlich). Da sich die Fotogrammetrie und das Laserscanning ergänzen, werden sie teilweise auch parallel eingesetzt.
3D-Laserscanner
Zum technisch modernsten Aufmaßverfahren zählt das 3D-Laserscanning, das man vereinfacht auch als „motorgesteuertes Tachymetrie-Aufmaß“ bezeichnen könnte: Ein in der Raummitte aufgestellter, vertikal in einem Winkel von bis zu etwa 320° messender Laserscanner rotiert schrittweise horizontal um die eigene Achse und speichert während einer 360-Grad-Umdrehung alle geometrischen Umgebungsdaten, die aufgrund der zuvor festgelegten Winkelschritte erfasst werden.
Mit einer Umdrehung wird in wenigen Sekunden bis Minuten eine räumliche „Punktwolke“ mit mehreren Millionen 3D-Messpunkten generiert, je nach gewählter Auflösungsstufe. Optional liefert eine integrierte, kalibrierte Digitalkamera Farb- bzw. Texturinformationen. Da der Scanner nicht durch massive Bauteile hindurchsehen kann, machen durch Objektvorsprünge oder -einschnitte entstehende tote Winkel sowie komplexe Objektgeometrien, wie bei technischen Anlagen, eine mehrfache Aufstellung an unterschiedlichen Standpunkten erforderlich.
Die Messdaten werden anschließend im Büro mit einer speziellen Software ausgewertet und die Ergebnisse direkt oder per DXF/DWG-Schnittstelle an ein CAD-Programm übergeben. Während bei der Tachymetrie der Anwender bestimmt, welche Objektpunkte aufgemessen werden, werden beim Laserscanning möglichst viele Punkte maschinell erfasst. Das beschleunigt zwar die Datenerfassung vor Ort, steigert jedoch auch den Umfang der erfassten Daten beträchtlich. Anstelle weniger, repräsentativer Punkte, werden Millionen beliebiger Punkte registriert. Wie bei fotobasierenden Systemen wird die arbeitsintensivere Auswertung ins Büro verlagert.
Die Qualität und Schnelligkeit der Auswertung wird in erster Linie von der Erfahrung des Anwenders bestimmt. Er muss aus Millionen von Punkten wenige objektrelevante Punkte derart selektieren, dass hinterher brauchbare 3D-Modelle, Grundrisse, Schnitte und Ansichten entstehen. Zwar lassen sich im Vergleich zur konventionellen Tachymetrie etwa ein Drittel der Kosten einsparen. Doch diese Rechnung geht nur auf, wenn sowohl die Aufnahme vor Ort als auch die Auswertungsphase im Büro routiniert und rationell abläuft.
Vor Ort erfassen – im Büro auswerten
Aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Präzision sind 3D-Laserscanner vielfältig einsetzbar. Von der Dokumentation und Verwaltung von Gebäuden und Anlagen, die im Laufe der Zeit verändert und erweitert worden sind, über die „As-Built-Dokumentation“ realisierter Anlagen, um die Übereinstimmung mit bzw. Abweichung gegenüber der Planung zu überprüfen oder um die Montage- und Ausführungsqualität zu kontrollieren – bis hin zur 3D-Visualisierung ganzer Produktions-, Fabrik- und Industrieanlagen reicht die Palette der Einsatzmöglichkeiten.
Wurden 3D-Laserscanner in der Anfangszeit Ende der 1990er-Jahre vor allem für die Dokumentation und Bestandssicherung bauhistorisch bedeutsamer Objekte genutzt, so werden sie zunehmend auch planungsbegleitend eingesetzt. Eine detaillierte, auch den kleinsten Verformungen gerecht werdende geometrische Bestandsaufnahme wäre mit konventionellen Methoden heute unter Kostengesichtspunkten nicht mehr realisierbar. Dies gilt insbesondere für komplexe Objekte mit einer hohen Detaildichte. Der Präzision des Scanners entgeht auch nicht das kleinste Detail. Gängige Modelle erfassen ein 360 × 320°-Panorama mit einer Auflösung von 50.000 und mehr Pixel in wenigen Sekunden oder Minuten bis auf den Millimeter genau.
Da die Datenerfassung relativ schnell erfolgt, lässt sich die Verweildauer vor Ort minimieren, was viele Vorteile hat (Wetterexposition, Kontamination, Straßenverkehr, laufender Betrieb, Unfallgefahr etc.). Zudem ist im Gegensatz zu fotobasierenden Systemen bei Innenaufnahmen keine Ausleuchtung erforderlich, was Aufmaße tageszeit- und lichtunabhängig macht (Installations-Zwischengeschosse, Schächte, Tunnels etc.). Entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung können aus den 3D-Daten sowohl für die weitere Planung erforderliche 2D-Zeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Detailpläne), als auch alle möglichen Visualisierungen generiert werden.
Kaufen oder beauftragen?
Während die Einstiegskosten „einfacher“ Aufmaßwerkzeuge wie mobile Erfassungs- oder Fotoaufmaß-Programme bei rund 500 Euro beginnen und Tachymeter-Systeme bei rund 10.000 Euro liegen, bewegen sich 3D-Laserscanner in einer ganz anderen Preisklasse: Zwischen 70.000 und 160.000 Euro kosten einschlägige Systeme für die terrestrische Vermessung. Hinzu kommen die Kosten für die Auswertungs-Software. Da erhebt sich schnell die Frage: Kaufen oder lieber einen Dienstleister beauftragen? Zahlreiche Ingenieur- und Vermessungsbüros haben sich auf das Aufmaß mit Laserscannern spezialisiert und offerieren entsprechende Dienstleistungen (siehe auch Kasten-Text). Bereits bei kleineren Projekten kann eine Laserscanning-Dienstleistung wirtschaftlicher sein als jedes andere Verfahren. Die Kosten richten sich nach der Größe und Komplexität des Objekts, nach einer eventuell notwendigen Kombination verschiedener Aufmaßverfahren und natürlich nach dem gewünschten Ergebnis (siehe auch Praxis-Interview).
Marian Behaneck, Jockgrim
Laserscanning in der Praxis
TGA: Was sind die Vorteile von 3D-Laserscanning im Hinblick auf TGA-Projekte?
Bottek: Das von uns seit 2002 eingesetzte 3D-Laserscanning und die Verknüpfung von Vermessung, Bestandsaufnahme und Modellierung bietet erhebliche Geschwindigkeitsvorteile bei der Aufnahme und Auswertung. Hinzu kommt die Genauigkeit der Erfassung, die im Millimeterbereich liegt. Durch die kurze Verweildauer vor Ort werden größere Störungen der Produktion und des Betriebes von Anlagen vermieden.
TGA: Welche Systeme setzen Sie ein?
Bottek: Wir haben zwei terrestrische 3D-Laserscanner im Einsatz, den HDS4500 und HDS6000 von Leica. Als Scanner- und Auswertesoftware, die optimal aufeinander abgestimmt ist, verwenden wir Programme von Zoller+Fröhlich und Leica. Für die CAD-Bearbeitung nutzen wir MicroStation in Kombination mit Aufsatzprogrammen wie z.B. Tricad.
TGA: Setzen Sie auch kombinierte Verfahren ein – etwa zusätzlich die Nahbereichs-Photogrammetrie?
Bottek: Die Kombination von Messverfahren ist projektabhängig und je nach Anforderung an die Genauigkeit und den Detaillierungsgrad möglich. Für die meisten Aufgaben genügt das Laserscanning-Verfahren jedoch völlig.
TGA: Inwieweit lässt sich die Auswertung automatisieren?
Bottek: Es gibt leider noch keine Software, mit der man auf Knopfdruck ein CAD-Modell inklusive aller Sachinformationen erstellen kann. Es ist immer noch Erfahrung und Fachwissen nötig. Die Software wird jedoch ständig verbessert, sodass sich Bearbeitungszeiten verkürzen. Entscheidend ist, ob intelligente 3D-Modelle oder „nur“ einfache Volumenmodelle (sogenannte Störkantenmodelle) erzeugt werden sollen. Für die Generierung einfacher Störkantenmodelle gibt es bereits Software.
TGA: Was erhält ein TGA-Planer, der Sie mit einer Dienstleistung beauftragt?
Bottek: Die Palette reicht von Originalscans zum Messen direkt nach der Bestandserfassung, über farbige Scandaten für eine bessere Übersicht, bis hin zu georeferenzierten Scandaten. Ferner können wir die Daten so aufbereiten, dass man sie als Online-Kommunikationswerkzeug unter den Projektbeteiligten nutzen kann: für die Koordinatenabfrage, fürs Messen, Markieren, Beschriften, Drucken etc. Ferner liefern wir Gesamtpunktwolken vom Aufnahmeort, etwa als Grundlage für eigene Planungsleitungen. In Kooperation mit unserem Partner amcad liefern wir bei Bedarf auch 3D-TGA-Daten. Weitere Leistungen sind Soll-Ist-Vergleiche, Kollisionsprüfungen und so weiter.
TGA: …und mit welchen Kosten muss man rechnen?
Bottek: Der Umfang der Einzelleistungen ist projektabhängig. Die Kosten sind daher nur auf konkrete Anfrage über ein Honorarangebot quantifizierbar.
Weitere Infos (Auswahl)
http://video.google.de/ Suchwort: Laser Scanning
https://www.architektur-vermessung.de/ Aufmaß-Portal
http://www.wikipedia.de Suchwort: Laserscanning
Luhmann, Thomas (Hrsg.); Müller, Christina (Hrsg.): Photogrammetrie – Laserscanning – Optische 3D-Messtechnik, Beiträge der Oldenburger 3D-Tage 2009, Wichmann-Verlag, ISBN 978-3-87907-478-5
Produkte und Anbieter (Auswahl)
Callidus http://www.callidus.de
Faro Photon LaserScanner etc. http://www.faro.com
Leica ScanStation 2 etc. http://www.leica-geosystems.de
Optech ILRIS 3D https://geo-konzept.de/
Riegl LMS-Z390i, Riegl VZ-400 http://www.riegl.com
Trimble GX 3D-Scanner https://www.trimble.com/en
Z+F Imager 5006 http://www.zf-laser.com
Dienstleister
http://www.3d-laserscanning.com
https://www.hoefer-bechtel.de/
http://www.unison-engineering.de
https://www.riemenschneider.net/
Siehe auch Mitgliederlisten auf http://www.vdv-online.de oder http://www.bdvi.de