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BWP-Praxisforum

Ringraumverfüllung bleibt Schwachstelle

Kompakt informieren

  • Eine risikoarme Ringraumverfüllung von Erdwärmesonden ist nur unter Berücksichtigung komplexer Abhängigkeiten möglich und stellt hohe Anforderungen an den Geräteführer.
  • Besonders kritisch sind Sonden, die nicht dauerhaft frostsicher betrieben werden. Auch bei der Verwendung von frostbeständigem Verfüllmaterial ist es möglich, dass sich typische Probleme auf das umliegende Gebirge verschieben.
  • Die Qualitätssicherung am Bohrloch hat sich noch nicht durchgesetzt. Die Mehrheit der Bauherren ärgert sich über die zusätzlichen Kosten, außer-halb von Baden-Württemberg werden die hier vorgeschriebenen Überwachungssysteme kaum freiwillig eingesetzt.

Die aktuellen Rahmenbedingungen der Wärmepumpenbranche sind paradox: Die Effizienz der Geräte wird immer besser, dennoch stagniert die Absatzmenge von Heizungswärmepumpen mit einem auffallenden Rückgang bei erdgekoppelten Systemen Abb. 2.

So lag der Absatz erdgekoppelter Wärmepumpen nach einer Statistik des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) im Jahr 2015 bei rund 17 000 Geräten, ein erneuter Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 8,1 %. Hauptursachen sind aus Sicht des BWP die Entwicklung der Strompreise, mangelndes Wissen über die Vorteile der Wärmepumpen-Technologie, Verunsicherungen durch Schadensfälle mit Erdwärmesonden (EWS) sowie die daraus resultierenden aufwendigeren Genehmigungsverfahren. Aufgrund der Schadenshäufung ist die öffentliche Förderung erdgekoppelter Wärmepumpen zudem mit besonders hohen Auflagen an die Qualitätssicherung am Bohrloch verknüpft.

Eher unterschätzt wurden und werden von den Protagonisten der Wärmepumpe mit Erdwärmesonden die offenen Fragen hinsichtlich langzeitstabiler Verfüllmaterialien, Verfüllvorgang und dessen Protokollierung, Dokumentation der EWS-Bohrung und der EWS-Verfüllung, Interpretation und Kommentierung der Protokolle durch die Bohrfirma sowie der Weitergabe der Daten an die zuständigen Behörden. Für den Bauherrn stellt sich nach der Häufung von Schäden durch Erdwärmesonden-Bohrungen zusätzlich die Frage der Risikoabwägung bzw. der Haftung und einer möglichen Wertminderung seiner Immobilie beim Verkauf oder beim Beleihen.

Komplexe Anforderungen

Wie stark das Gesamtsystem Wärmepumpenanlage / Erdwärmesonden von der Qualität der Ringraumverfüllung abhängig ist, verdeutlichten die Referenten Bernd Wilke und Walter Erben von der Schwenk Zement KG, Ulm. Auszüge aus ihrem Vortrag „Fachgerechte Ringraumverfüllung“:

  • Ad-hoc-Beurteilung der chemisch angreifenden Umgebung des Bohrlochs (Wasser, Boden, Gase) durch das Bohrunternehmen, um einen geeigneten Verfüllbaustoff auszuwählen
  • Baustoff darf keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser haben (DVGW-Arbeitsblatt W 347 beachten); chromatreduzierte Zemente verwenden (Grundwasserschutz)
  • Anmachwasser ist wesentlicher Bestandteil des Verfüllbaustoffs und muss den Anforderungen von DIN EN 1008 (Trinkwasser) entsprechen
  • Wasserdichtigkeit der Ringraumverfüllung sollte mindestens den Forderungen der Leitlinie Qualitätssicherung Erdwärmesonden (LQS EWS <a href="http://www.bit.ly/LQS_EWS" target="_blank">www.bit.ly/LQS_EWS</a> ) entsprechen
  • Prüfung der Sedimentation der angemischten Suspension im Messzylinder vor der Verpressung und Messung der Auslaufzeit im Marsh-Trichter Abb. 3, um die „Marsh-Zahl“ (Maß für die Viskosität) zu ermitteln
  • Messung des spezifischen Gewichts der angemischten Suspension als Nachweis des korrekten Mischungsverhältnisses
  • Drucktest der Sondenrohre noch während der Frischsuspensionsphase, damit Dehnungen der Sondenrohre kompensiert werden können
  • Begrenzung der Hydrationswärme auf unter 50 °C

Von erheblicher Relevanz sei es, ob die Sonde dauerhaft frostsicher betrieben wird bzw. betrieben werden kann. Bei Verfüllmaterialien ohne Frostwiderstand könne es zu Gefügeschädigungen und / oder zu einer höheren Wasserdurchlässigkeit und damit zu einem Festigkeitsverlust der Ringraumverfüllung kommen. Zu beachten sei auch, dass sich bei Einsatz von frostbeständigem Verfüllmaterial in Anlagen mit Soletemperaturen unter – 3 °C das Festigkeitsproblem auf das umliegende Gebirge verschieben kann, das häufig nicht frostbeständig ist.

Bei den Verfüllbaustoffen gehe der Trend, so die Referenten, eindeutig zu magnetisch dotierten Materialien, da damit eine vergleichsweise einfache und direkte Detektion des Verfüllmaterials durch eine Sondierung über die Erdwärmesonden mittels Magnetik-LOG-Verfahren möglich ist. Eine solche Messkurve sei quasi ein unverwechselbarer „Fingerabdruck“ des jeweiligen Sondenrohrs.

Mischvorgang ist entscheidend

Von den Bohrfirmen eher unterschätzt wird laut Erben der Themenkomplex Mischtechnik / Mischverfahren, da der Mischvorgang die Qualität des Verpressvorgangs entscheidend mitbestimmt. Die Erfahrungen von Schwenk Zement:

  • Chargen-Mischern sollte der Vorzug gegeben werden; Durchlaufmischer sind eher ungeeignet
  • die richtige Mischzeit ist entscheidend für die Qualität der Suspension
  • zu lange Mischzeiten führen zu zähen Suspensionen und damit zu unvollständigen Verfüllungen
  • Hochgeschwindigkeitsverpressungen führen zu Turbulenzen im Ringspalt und ggf. zur Entmischung der Suspension
  • bei magnetisch dotierten Verfüllmaterialien muss darauf geachtet werden, dass die Magnetpartikel gleichmäßig in der Suspension verteilt sind und nicht absinken

Wie komplex der eigentliche Verpressvorgang einer EWS geworden ist, zeigt die Übersicht, welche Informationen im Rahmen der Verpressung durch den Bohrführer dokumentiert werden müssen:

  • Mischertyp
  • Mischzeit
  • Fassungsvermögen (Chargengröße)
  • Verfüllgeschwindigkeit (Pumpenleistung in l/min) und Verfüllmenge
  • Bestimmung Wasser-/Bindemittelwert
  • Messung der Suspensionsdichte vor der Verfüllung, regelmäßig während der Verfüllung und am Bohrlochaustritt zum Ende der Verfüllung
  • Messung der Marsh-Zahl (zur Bestimmung der Viskosität der Suspension und Sedimentation)
  • Anzahl der in der Bohrung verbliebenen Verfüllschläuche mit Tiefenangabe

Darüber hinaus ist der Bohrführer in Baden-Württemberg laut LQS EWS verpflichtet, den Suspensionsspiegel und das Volumen des eingebrachten Baustoffs über Zeit und Tiefe kontinuierlich zu messen, elektronisch aufzuzeichnen und graphisch darzustellen Abb. 5.

„Keine 100%ige Qualitätssicherung“

Seit März 2015 sind in Baden-Württemberg Systeme zur automatischen Abdichtungsüberwachung und das damit verbundene Messprozedere verbindlich vorgeschrieben (Anlage 5, LQS EWS, Stand März 2015).

Inga Nietz, Landratsamt Lörrach, zieht nach rund einem Jahr Erfahrung mit den Verfahren Michalik und Cem-Tracker eine positive Bilanz. Beide Verfahren seien bei der Qualitätssicherung des Verpressvorgangs hilfreich. Nicht überzeugen konnte, so Nietz, das digitale Überwachungssystem DBO-3. Trotz der Fortschritte dürfe aber nicht vergessen werden, dass mit den drei Verfahren keine 100%ige Qualitätssicherung möglich ist. Nietz appellierte an die Bohrfirmen, den Unteren Wasserbehörden (UWB) eine möglichst ausführliche Dokumen-tation des Verpressvorgangs zeitnah einzureichen. Sonst sei eine Plausibilisierung des Verpressvorgangs durch die UWB nur schwer möglich.

Auch Eva de Haas, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, betont, dass die Pflicht zur Überwachung und Dokumentation des Verpressvorgangs nach LQS EWS für alle Beteiligten Vorteile bringt. In geologisch schwierigen Gebieten sei jedoch die „Ansprache“ durch Sachverständige weiterhin unerlässlich.

Wichtig sei es, mögliche Grundwasserflüsse zu erkennen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen bereits bei der Einrichtung der Bohrstelle zu treffen. Ein typischer Schwachpunkt sei eine offene Bohrung mit Grundwasserfluss, die nicht sofort abgedichtet wird und – noch schlimmer – übers Wochenende unverpresst offensteht. Eine genaue Dokumentation mit Interpretation und Kommentierung durch die Bohrfirma und Plausibilisierung durch einen Sachverständigen entlaste die Bohrfirma gegenüber Bauherren und Behörden. De Haas: „Je mehr und je besser Erdwärmesonden dokumentiert werden, desto genauer kann man die Bohrungen auch noch nach Jahren nachverfolgen, zum Beispiel bei Gebäudeschäden in der Nachbarschaft.“

Kritischer sieht Dr. Rainer Klein, Boden & Grund GmbH, Amtzell, den Einsatz digitaler Überwachungssysteme. „Leider sind viele Messungen nicht nachvollziehbar“, berichtet Klein. Typische Probleme seien die Kalibrierung des Systems und das Auffinden des Suspensionsspiegels. Auch stelle die Komplexität der Bedienung bei gleichzeitiger Verpressung hohe Anforderungen an den Geräteführer. Ohne zweiten Mann sei das kaum zu schaffen.

Erschwerend komme hinzu, dass vielen Geräteführern die innere Einstellung zur Messtechnik fehle. Zweifellos hätte sich seit der Verschärfung der LQS EWS die Qualität der Verfüllung verbessert, aber dies schlage sich nicht ausreichend in den Messprotokollen nieder. Bezeichnend ist die Aussage von Klein: „Außerhalb von Baden-Württemberg setzt kaum ein Bohrunternehmen die hier vorgeschriebenen Überwachungssysteme freiwillig ein.“

Die nicht repräsentative Umfrage des BWP bei Bohrunternehmen bestätigt die offensichtliche Zurückhaltung der Akteure. Nur etwa 30 % der befragten Bohrunternehmen beurteilen die Qualität der Ringraumverfüllung durch den Einsatz von Überwachungssystemen als „deutlich verbessert“, rund 60 % als „geringfügig verbessert“ oder „nicht verbessert“. Mehr als die Hälfte der befragten Bauherren ärgern sich über die zusätzlichen Kosten oder ignorieren die technischen Details der Messungen.

Mit rund 20 000 Euro pro Gerät werden die Anschaffungskosten von vielen Bohrfirmen als zu hoch bewertet. Auf Aussagen zur Qualität bestimmter Fabrikate soll hier nicht näher eingegangen werden, zu jung ist die Entwicklung. Allgemein wird die Geräterobustheit bemängelt. Bemerkenswert ist, dass ein Fabrikat, das in Deutschland eher unbeliebt ist, in der Schweiz als Marktführer gilt.

Fazit

Die Ringraumverfüllung von Erdwärmesonden ist trotz verschärfter LQS EWS immer noch mit vielen Unwägbarkeiten behaftet. Neben der Dimensionierung der Erdwärmesonden dürften der Verpressvorgang und die verwendeten Materialien die größten Schwachpunkte einer Wärmepumpenanlage auf der Basis von EWS sein.

TGA-Planer und Heizungsfachfirmen tun gut daran, den qualitativen Nachweis einer EWS-Verpressung mit Nachdruck vom Bohrunternehmen einzufordern, auch um sich vor Regressforderungen seitens des Bauherrn durch unmittelbare oder spätere Leistungs- und Effizienzeinbußen einer erdgekoppelten Wärmepumpe zu schützen.

Man muss sich aber auch die Frage stellen, ob sich in geologisch schwierigen Regionen für kleine EWS-Anlagen der hohe Aufwand im Hinblick auf das zweifelsohne vorhandene Risiko überhaupt noch lohnt. 

EWS-Qualitätsprobleme auch im “reifen“ Wärmepumpenland Schweiz

Mehr als 30 % aller in der Schweiz installierten Hauswärmepumpen erschließen ihre Wärme über Erdwärmesonden (EWS). Doch auch im „reifen“ Wärmepumpenland Schweiz gibt es offenbar noch Optimierungsbedarf bei der Qualitätssicherung der Hinterfüllung von EWS, wie Jörg Wellstein in der Fachzeitschrift HK-Gebäudetechnik, Heft 2/2016 berichtet. Demnach weisen 15 % der Bohrstellen bei angekündigten Kontrollen im Rahmen des Gütesiegels der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) Mängel an der Hinterfüllung auf, bei nicht angekündigten Kontrollen sogar 38 %. Nach wie vor fehle es an einer flächendeckenden Kontrolle bei Einbau, Hinterfüllung und Tests von EWS, so die für die Überwachung zuständige FWS-Fachkommission. Allerdings würden die Probleme rund ums Bohrloch erst ab einer Tiefe von etwa 250 m deutlich zunehmen. Schäden wie in Deutschland seien aufgrund der günstigeren geologischen Verhältnisse (Molasse) in der Schweiz eher selten. Die bereits vor langer Zeit eingeführten Kontrollen in Form von Baubegleitung und Ausführungsüberwachung seien allerdings mit einem großen Aufwand und hohen Kosten verbunden, so der Bericht. Derzeit beobachte man eine Stagnation bei den EWS-Installationen im Neubaubereich (derzeit 1,6 Mio. lfm/a) und eine leichte Abnahme bei Sanierungsprojekten (rund 0,9 Mio. lfm/a).

Wichtig sei, die Entwicklung von Verfahren und Geräten zur Qualitätssicherung von EWS weiter voranzutreiben. Dazu gehören der Thermal Response Test (TRT), das Durchfahren des Bohrlochs mit einer radioaktiven Strahlungsquelle (Gamma-Ray-Log, Gamma-Gamma-Log), um Hohlräume im noch nicht verfüllten Bohrloch aufzuspüren, sowie mechanisch-voluminöse Methoden während des Verpressvorgangs (Messung von Injektionsdruck, Suspensionsdurchfluss und Suspensionsdichte). Folgende Geräte werden in der Schweiz eingesetzt (bei allen genannten Messmethoden ist Voraussetzung, dass magnetisch dotiertes Hinterfüllmaterial eingesetzt wird):

  • Digital Borehole Observation (DBO-3) / Sotronix (<a href="http://www.dietrich-erdwaerme.de" target="_blank">www.dietrich-erdwaerme.de</a> und <a href="http://www.sotronix.de" target="_blank">www.sotronix.de</a>)
  • Hinterfüllungsmessgerät HMG-K oder HMG-S (<a href="http://www.geowatt.ch" target="_blank">www.geowatt.ch</a>)
  • HDG EWS Datenlogger DT Memo (<a href="http://www.hdg-gmbh.com" target="_blank">www.hdg-gmbh.com</a>)

Für Ernüchterung sorgen in der Schweiz die Erkenntnisse aus den deutschen Forschungsprojekten der Projektpartner Eifer, KIT und Solites, wonach es auch bei sorgfältiger Hinterfüllung von EWS zu Fehlstellen kommen kann, trotz der zumindest in Baden-Württemberg per LQS EWS vorgeschriebenen Messverfahren beim Verfüllvorgang. Dennoch scheinen in der Schweiz Qualitätssicherungsmaßnahmen wie die SIA-Norm 384/6 und das Gütesiegel Erdwärmesonden der Fachvereinigung Wärmepumpe Schweiz besser zu greifen als die entsprechenden Normen, Richtlinien und Leitfäden in Deutschland. Letztendlich habe es die Bohrfirma in der Hand, ob vor Ort nach Qualitätsnormen gearbeitet wird oder nicht, so der Autor des Artikels. Offensichtlich ist die Bereitschaft für eine qualitativ hochwertige EWS-Verpressung in der Schweiz deutlich höher als in Deutschland. So sind bei der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS, www.fws.ch) 28 nach FWS zertifizierte Bohrunternehmen registriert, in Deutschland sind es gerade mal sechs Bohrunternehmen, die am Erdwärme-Audit des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) teilnehmen und sich nach den DVGW-Arbeitsblättern W 120-1 oder -2 zertifizieren ließen. Wolfgang Schmid

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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