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CEB-Fachtagung Stromspeicherung in Gebäuden

Qualitätsprobleme durch Wildwuchs

Kompakt informieren

  • Dezentrale Stromspeicher haben weltweit eine Schlüsselfunktion für einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien bei der Stromnutzung.
  • Trotz fallender Preise ist ihre Wirtschaftlichkeit noch nicht erreicht und die Lebensdauer vieler Batterien ist für eine Amortisation zu kurz. Experten sehen zudem noch Entwicklungsbedarf bei Li-Ion-Batterien bezüglich vorbeugender Maßnahmen zur Brandverhütung.
  • Viele Werbeaussagen der Stromspeicher-Anbieter bewerten Experten als unhaltbar.
  • Die Installation von Stromspeichern wird zwar öffentlich subventioniert, die aktuellen rechtlichen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen sind jedoch nicht darauf ausgerichtet, dass Stromspeicher kurzfristig konkurrenzfähig werden.

„Starker Auftritt der Energiespeicher-Branche“ meldet die ees Europe 2015, nach eigenen Angaben Europas größte Fachmesse für Batterien und Energiespeichersysteme, die parallel zur Intersolar Anfang Juni 2015 in München stattfand. 158 Aussteller zeigten dort Technologien, Produkte und Dienstleistungen rund um die Speicherung erneuerbarer Energien. Bis zum Jahr 2030 wird mit einem Speicherleistungsbedarf von rund 150 GW gerechnet. Diese ist notwendig, um den Anteil an erneuerbaren Energien auf dann 45 % zu steigern.

Aktuell sollen in Deutschland bereits 20 000 Photovoltaik(PV)-Batteriespeicher installiert sein. Die Mehrheit davon sind Lithium-Ionen(Li-Ion)-Batterien, gefolgt von Bleibatterien, so die Presseverlautbarung der ees. Und weiter: Im Trend liegen Plug & Play-fähige Lösungen, die die Montage oder das Nachrüsten von Batteriespeichern vereinfachen sollen. Erste Hersteller bieten bereits All-in-one-Lösungen an, bei denen Batterien und die Leistungselektronik in einem System kombiniert sind. So weit die aktuellen Marketing-Meldungen rund um eine Branche, die schneller wächst als Normen, Richtlinien und Sicherheitsstandards mithalten können.

„Hersteller sparen an der Sicherheit“

Drei Wochen früher auf der Fachtagung „Stromspeicherung in Gebäuden“, veranstaltet im Rahmen der CEB (Clean Energy Building), 8. Fachmesse und Kongress für Energieeffiziente Gebäude und dezentrale Energieerzeugung, hört sich die aktuelle Situation bei der Entwicklung von PV-Stromspeichern etwas nüchterner an. Die Wirtschaftlichkeit von Speichern sei trotz fallender Preise noch nicht erreicht, zumal die Lebensdauer der Batterien und die Systemperformance noch zu wünschen übrig lassen. Auch bei den vorbeugenden Maßnahmen zur Brandverhütung bestehe noch Entwicklungsbedarf.

„Die Speicherhersteller sparen an der Sicherheit, um durch niedrigere Preise ihre Wettbewerbssituation zu verbessern“, sagte ein Mitarbeiter des TÜV. Ein anderer Referent: Viele Aussagen der Hersteller zur Lebenszeit von Zellen sind reines Marketing, da noch gar nicht genügend Erfahrungen und Praxistests zur Standzeit von Batteriesystemen vorliegen. Unstrittig ist, dass der Speichermarkt an Dynamik gewinnen wird, da ohne Energiepuffer die Energiewende kaum möglich ist. Dabei geht es nicht nur um eine Erhöhung der Eigenstromnutzung im Privathaus, sondern auch um die Bereitstellung von Systemdienstleistungen für die Netzbetreiber.

Strombedarf regional und zeitlich glätten

Wie viele Stromtrassen braucht die Energiewende? Können Stromspeicher die ungeliebten Stromtrassen ersetzen? Miriam Hegner vom Bundesverband Energiespeicher, Berlin, (www.bves.de) sieht keinen Interessenskonflikt zwischen Netzausbau und dezentralen Stromspeichern. „Beide werden gebraucht, um den zeitlichen Strombedarf zu glätten. Dabei werden sowohl Leistungsspeicher zur Bereitstellung von Regelleistung als auch Energiespeicher als verschiebbare Last benötigt.“ Der Ausbau an Speicherkapazität sei wichtig, da durch die Erweiterung von Stromkapazitäten bei Windkraft- und PV-Anlagen das Netz die zunehmende Menge fluktuierender Stromangebote nicht mehr aufnehmen könne.

Wichtig sei ein gesunder Mix aus unterschiedlichen Speichertechnologien, um eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Für Wärmepumpen- und KWK-Anlagen seien eher dezentrale thermische Speicher geeignet, für Gebäude mit PV-Anlagen dagegen dezentrale Batteriespeicher. Überschüsse aus Windkraft-Anlagen könnten dagegen in dezentralen Großspeichern gepuffert werden. Die wichtigste Aufgabe beim aktuellen Stand des – Zitat – „noch nicht perfekten Netzausbaus“ sei die Bereitstellung von Systemdienstleistungen, wie Peak-Shaving, Bereitstellung von Regelenergie, Erhöhung des Eigenstromverbrauchs sowie Umwandlung von Strom in Wärme oder Kälte.

Hegner mutig: „Alle Arten von Speichern sind marktreif und benötigen keine Subventionen für die Markteinführung, jedoch muss der Gesetzgeber für klare rechtliche und ordnungspolitische Rahmenbedingungen sorgen, damit Speicher konkurrenzfähig werden.“ Als aktuelle Hindernisse für Speichertechnologien sieht Hegner:

  • die Einstufung der Energiespeicher als Letztverbraucher, die mit doppelten Abgaben belastet werden,
  • die vom Gesetzgeber noch nicht klar definierte Rolle,
  • die nicht klar definierten Aufgaben und Befugnisse der Übertragungs-Netzbetreiber und
  • die Entscheidungsbefugnis der Übertragungs-Netzbetreiber, wer in ihren Netzen agieren darf; Speichern drohen durch neue Präqualifizierungs-Kriterien deshalb weitere Benachteiligungen

Wichtig sei, dass die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen rasch an die Netzentwicklung angepasst werden, denn nur so könnten Geschäftsmodelle rund um die bestehenden Speichertechnologien entwickelt werden, betont Hegner.

Fragen Sie Ihren Anwalt

Eher abschreckend auf potenzielle Käufer von Stromspeichern wirken die energierechtlichen Exkurse von Florian Brahms, Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Leipzig. Sein Credo: „Die größte Herausforderung der Energiewende ist deren Komplexität.“ Ohne Rechtsbeistand scheint man sich beim Thema Stromspeicherung in rechtlichen Grauzonen zu bewegen, so der Eindruck des Chronisten. Brahms Empfehlung: „Machen Sie zunächst, was der Netzbetreiber sagt, und klären Sie das Rechtliche im Nachgang.“

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 (EEG) mit seinen 104 Paragraphen, drei Anlagen sowie einer Verordnung sei für Nichtjuristen kaum zu verstehen, erst recht nicht im Bereich PV-Anlagen mit zwischengespeichertem Strom. „Passen Sie genau auf, wo sich Eigenstromanlage und Netz berühren“, mahnt Brahms: „Der Letztverbraucher betreibt die PV-Anlage und den PV-Stromspeicher als Eigenerzeuger und verbraucht den erzeugten Strom selbst im räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage.“ Sein Rat: „Bleiben Sie in der Kundenanlage, der Gesetzgeber will keine parallelen Netze.“

Der Begriff „räumlicher Zusammenhang“ sei nicht exakt definiert und deshalb – je nach Sichtweise – interpretierbar. „Wer seine Nachbarn mit Überschussstrom aus seiner PV-/Batteriespeicher-Anlage beliefert, muss EEG-Umlage bezahlen“, warnt Brahms. Die einzige Lösung, die EEG-Umlage zu umgehen, sei eine komplette Autonomie von PV-Anlage und Speicher, sprich die vollständige Trennung vom Netz. Viele Regeln rund um das EEG seien „schwachsinnig“, da Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert seien. Brahms: „Wir haben beim EEG keinen Vertrauensschutz. Der Gesetzgeber kann das Gesetz jederzeit ändern.“

PV-Retrofit: hohes Potenzial

Das Jahr 2011 gilt unter Marktforschern als Startpunkt für die Kombination von PV-Anlagen und Stromspeichern, da zu diesem Zeitpunkt die Netzparität erreicht wurde. Während vor diesem Stichjahr 100 % Netzeinspeisung von PV-Strom die Regel war, lohnt sich seit 2011 zunehmend der Eigenstromverbrauch. Heute sind bei PV-Neuanlagen Batteriespeicherlösungen meist schon integriert, auch wenn damit die Komplexität des Gesamtsystems erhöht und eine Wirtschaftlichkeit trotz vielversprechender Werbeaussagen meist noch nicht erreicht wird.

Immerhin wurden in Deutschland in 2014 über 8000 Neuinstallationen an kombinierten PV-/Speichersystemen im typischen Kleinanlagensegment zwischen 3 und 8 kW installiert, so die Angaben von Marktforscher Martin Ammon, EuPD Research, Bonn, (www.eupd-research.com). Grundsätzlich gelte: „Je höher der Eigenstromverbrauch, desto höher die Rendite“, so Ammon. Bei einem Eigenstromverbrauch von 30 % aus dem PV-System liege die Rendite bei etwa 5,5 %. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Anzahl der neu installierten PV-Systeme im Bereich 3 bis 8 kW in den nächsten Jahren auf monatlich 2000 bis 4000 Anlagen sinke. Rückblick: Im Jahr 2011 gingen in dieser Kategorie über 80.000 Anlagen ans Netz.

Viel interessanter sei deshalb der Retrofit-Markt für PV-Stromspeicher bei Kleinanlagen. Dieser wird von EuPD-Research auf rund 500 000 Anlagen geschätzt. Ammon begründet diese These damit, dass ab 2009 ans Netz gegangenen PV-Kleinanlagen zu geringe Erträge aus der Einspeisevergütung erzielen, und damit eine Speichernachrüstung attraktiv ist. Besonders interessant für die Entwicklung des Batteriespeichermarktes sind laut Ammon Altanlagen, die nach 20 Jahren Betrieb keine EEG-Vergütung mehr erhalten.

Derzeit seien die Preise für PV-Stromspeicher jedoch noch zu hoch. Obwohl rund 95 % der PV-Anlagenbetreiber von den Möglichkeiten einer Speichernachrüstung wüssten, hätten erst 8 % einen Speicher installiert. Bemerkenswert ist, dass Eu-PD Research bei seinen Prognosen noch von einem Strompreisanstieg von jährlich 2,5 % ausgeht; andere Stellen sprechen bereits von mittel- bis langfristig sinkenden Netzstrompreisen. Unberücksichtigt bei der Einschätzung der Wirtschaftlichkeit bleiben auch mögliche Risikoaufschläge der Versicherer beim Einbau eines PV-Stromspeichers. Unbestritten ist, dass sich Endverbraucher bei der Option Notstromversorgung durch PV-Anlagen mit Batteriespeicher auch mit kleinen Renditen zufriedengeben.

Li-Ion-Batterien: noch in Entwicklung

„Lithium-Ionen-Batterien sind für PV-Anlagen langfristig die beste Wahl, mit dem Nach-teil, dass es sich um keine eigensichere Technologie handelt.“ Dr. Michael Danzer, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), Stuttgart, (www.zsw-bw.de) appellierte an die Zellen-, Batterie- und Systemhersteller, mehr Wert auf die Sicherheitsarchitektur zu legen und in den fünf definierten Ebenen (Aktivmaterial, Separator/Elektrolyt, Zellenkomponenten, Batteriemodul und Einbauort mit Batterieumgebung) jeweils separate Sicherungskomponenten einzubauen.

„Das Problem ist, dass die Hersteller von Zellen keinen Einblick in den Produktionsprozess gestatten“, bemängelt Danzer. Typisch und deshalb gefährlich für Li-Ion-Batterien sei der selbstbeschleunigende Druck- und Temperaturanstieg bei einem „thermischen Durchgehen“. Bei einer Fehlerinitiierung durch Überladung, Kurzschluss oder externem Wärmeeintrag komme es zu einer exothermen Reaktion, die durch die frei werdende Wärme die Zersetzung des Aktivmaterials durch die weitere Wärmeentwicklung nochmals beschleunige. Deshalb müsse die Fehlerfortsetzung auf den einzelnen Ebenen durch aktive Maßnahmen unterbunden werden, um ein „thermisches Durchgehen“ (englisch: thermal runaway) zu vermeiden.

Wichtig sei die Wahl des richtigen Aufstellungsortes, denn die Wohlfühltemperatur eines Li-Ionen-Speichers läge zwischen 10 und 30 °C und die Betriebsgrenzen bei 0 bis 50 °C. Tiefere Temperaturen, z.   B. bei Außenaufstellung, seien beim Laden wegen der Gefahr von Lithiumplating (Bildung von metallischem Lithium; führt zum Kurzschluss) kritisch. Auch höhere Temperaturen seien wegen beschleunigter Alterung und verminderter Eigensicherheit kritisch zu betrachten. Deshalb müsse man den Umgebungsbedingungen am Aufstellort insgesamt mehr Beachtung schenken. Wichtig sei es, dass nach einer Fehlermeldung das Abschaltmanagement eine Wiederinbetriebnahme des Speichers durch den Nutzer verhindert.

Danzer nüchtern: „Lithium-Ionen-Batterien sind noch in der Entwicklung, aber ausreichend, um sie in Verkehr zu bringen. Bei der Materialauswahl ist der letzte Stand noch nicht erreicht.“ Seine Empfehlung: „Nutzen Sie die Kosten- und Sicherheitsvorteile von innovativen Blei-Säure-Hausspeichern. Da gibt es interessante Entwicklungen.“

Vorsicht vor billigen Zellen

Billigimporte von Lithium-Ionen-Zellen haben sich in Fachkreisen zu einem großen Thema entwickelt. Stephan Scheuer, TÜV Rheinland LGA Products GmbH, Köln, ist der Auffassung, dass die Sicherheit bei billigen Zellen unklarer Herkunft sehr zu wünschen übrig lässt. Typische Schwachstellen seien:

  • fehlende Systemsicherheit,
  • mangelhafte Sensorik bei der Temperaturüberwachung der Zellen,
  • spannungsführende Teile in den Speichern sind teilweise für Anwender leicht zugänglich,
  • Gehäusedesign ist oft nicht auf eine mögliche Brandentstehung im Innern ausgelegt; vereinzelt werde sogar Kunststoff eingesetzt.

Auch müsse das Speichermanagement Fehler in der PV-Anlage erkennen und reagieren. Ein weiterer Schwachpunkt sei die oft unterschiedliche Qualität der Batteriemodule innerhalb eines Speichers. Außerdem seien die Temperaturangaben der Hersteller von Zellen und Batterien oft sehr großzügig. Grundsätzlich sei die Anzahl der Temperatursensoren zu gering und die Sensorik zu langsam. „Wegen der Wettbewerbssituation sparen die Speicherhersteller an der Sicherheit“, mahnt Scheuer. Oft passe das Batteriesystem auch nicht zur PV-Anlage. Wichtig sei, dass bei einem externen Kurzschluss im System kein Feuer entsteht und die Batterie sich nach einem Vorfall nicht wieder von selbst einschaltet oder durch den Betreiber (Laien) wieder eingeschaltet werden kann.

Scheuer empfiehlt Herstellern und Anwendern von Batteriespeichern dringend, sich mit dem Sicherheitsleitfaden für Lithium-Ionen-Hausspeicher zu beschäftigen, da dieser die offensichtlich bestehenden Lücken in der Normung, Standardisierung und Sicherheitsprüfung schließt.

Hoher Preis für Energieautarkie

Auf Fachmessen werden immer häufiger Komplettlösungen von Wärmepumpen mit PV-Anlagen angeboten. Kritiker bemängeln, dass gerade dann, wenn die Solaranlage am wenigsten Strom liefert, der höchste Heizwärmebedarf vorliegt. Dass diese Lösung dennoch Zukunft haben könnte, hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden Württemberg (ZSW) in einer Simulation mehrerer Varianten dieses Anlagenverbunds nachgewiesen.

Dr.-Ing. Jann Binder, Leiter des Fachgebiets Photovoltaik: Module, Systeme, Anwendungen (MSA), gab in seinem Vortrag allerdings zu bedenken, dass der Weg zu einer hohen Energieautarkie in einem Einfamilienhaus nur mit einem vergleichsweise hohen apparativen und regelungstechnischen Aufwand erreichbar ist. Mehr noch: Mit dem weiteren Ausbau der PV-Leistung, fallenden spezifischen Kosten für PV-Systeme und Stromspeicher sowie der monetären Bewertung netzdienlicher Betriebsweisen verschieben sich Auslegungsparameter und Wirtschaftlichkeit solcher Komplettsysteme gleichermaßen. Im Grundsatz traf Binder folgende Aussagen:

  • Wärmepumpen mit Smart-Grid-Ready-Funktion reichen nicht aus, die Netzproblematik durch volatile Einspeiser zu lösen
  • Wärmepumpen müssen über einen großen Bereich regelbar sein
  • Wärmepumpen ohne Pufferspeicher (ideal 600 l im typischen Einfamilienhaus) eignen sich nicht für einen autarkieorientierten und netzdienlichen Betrieb
  • PV-Anlage und dezentraler Stromspeicher müssen aufeinander abgestimmt sein und zur Wärmepumpe bzw. zum Heizwärmebedarf des Hauses passen
  • der Stromverbrauch der Haushalts-geräte muss bei der Systemauslegung PV-Anlage/PV-Stromspeicher mitberücksichtigt werden

Viel Geld für PV-Anlage und Stromspeicher könne man einsparen, wenn das PV-Feld nicht nach Süden, sondern in Ost/West-Richtung installiert werde. Wichtig sei, dass durch eine modellprädiktive Steuerung (MPC für Modell Predicted Control) von Wärmepumpe, Heizwasser-Pufferspeicher und PV-Stromspeicher die Spitzeneinspeisung von PV-Strom ins Netz reduziert werde. Dabei gelte es, die Betriebsgrenzen des PV-Stromspeichers einzuhalten (Batteriekapazität, Ladezustand, Entladetiefe, Batterie-Zyklisierung).

Bei den vorherrschenden Preisen für Batteriespeicher sei es derzeit sehr ambitioniert, eine Wirtschaftlichkeit für den PV-Stromspeicher nachzuweisen. Zu berücksichtigen seien beispielsweise eine vorzeitige Alterung der Zellen, die Kosten für Wartung und die Kosten für die Wiederbeschaffung eines PV-Speichers nach etwa 20 Jahren Laufzeit.

Die Amortisation könne um rund drei Jahre verbessert werden, wenn PV-Anlage und PV-Batteriespeicher ausbaufähig sind: Aktuell sei eine genaue Auslegung der PV-Anlage mit einer kleinen Batterie wirtschaftlich sinnvoll. Mit fallenden Kosten für PV-Anlage und PV-Stromspeicher könnten sich ab 2020 Anlagen mit größerer PV-Fläche und größeren PV-Stromspeichern schneller amortisieren. Offen bleibt die Frage, inwieweit der Netzbetreiber die netzentlastende, modellprädiktive Betriebsführung einer Komplettlösung durch monetäre Anreize unterstützt und in wieweit die Mehrkosten für die rechenintensive MPC-Steuerungsmethode vom Kunden akzeptiert werden.

„Unhaltbare Werbeaussagen“

So mancher Referent äußerte sich in der Vergangenheit auf Fachtagungen kritisch zu Marktentwicklungen, offensichtlichen Qualitätsmängeln oder Preisen, die dann im Nachhinein von den Unternehmen wieder dementiert wurden. Nicht so das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zum aktuellen Stand der PV-Speichersysteme: Pünktlich zur Intersolar bestätigte deren Pressestelle die teilweise sehr kritischen Anmerkungen von Thomas Timke, Experte für elektrische Energiespeicher und Batterienormung am KIT. Sein Fazit zur aktuellen Marktsituation vorweg:

  • es gibt ungenügende bis exzellente Systeme am Markt
  • die Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien ist mit knappen Ressourcen – gemeint sind kleine Budgets – kaum machbar
  • die von den Speicheranbietern vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind überwiegend Einzelbetrachtungen
  • Normenentwürfe, Anwendungsregeln und Schutzzielkatalog sind aktuell in Arbeit und bei guten Endversionen künftig eine klare Orientierung
  • Produktperformance und -lebenszeit sind als nächstes Thema erkannt, will heißen, hier gibt es noch viel zu tun

Zum letzten Punkt machte Timke nochmals deutlich: „Versprechungen, wie 20 Jahre Lebenszeit, ist Marketing, ist unseriös.“ Und weiter: „Die Zellqualität ist ein absolut unterschätztes Thema. Oft muss man sich fragen, sind die Zellen überhaupt richtig gebaut?“ Die rein kalendarische Lebenszeit einer Zelle sieht Timke derzeit bei allenfalls zehn bis zwölf Jahren, sofern sie professionell betrie-ben wird. Jede Abweichung vom Betriebsfenster der Zelle mindere die Lebensdauer, da sich die Zelle bei Missachtung der Grenzwerte elektrochemisch verändere. Timke rät Speicherherstellern, besser fertige Batterien zu kaufen, anstatt aus einzelnen Zellen selbst Batterien zu konfektionieren. „Kaufen Sie möglichst komplette Baugruppen, da sind Sie auf der sicheren Seite. Und bevorzugen Sie robuste Systeme von Unternehmen mit langjähriger Erfahrung.“ Grundsätzlich gebe es zu wenig Praxistests, an denen sich der Kunde orien-tieren könne.

„Es fackelt jede Woche!“

Den Trend zu Gleichspannungswandlern, sogenannten DC-DC-Stellern zur Erhöhung der Gleichstromspannung, hält Timke in Verbindung mit Lithium-Ionen-Batterien für kritisch, mit Bleibatterien aber für denkbar. „Ich würde mir so etwas nicht ins Haus holen“, sagte Timke knapp. Skepsis sei auch gegenüber Werbeaussagen angebracht, Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP-Zellen) wären nicht brennbar. „Hier wird viel Murks erzählt. Tatsache ist, dass die Zelle ihren eigenen Sauerstoff mitbringt. Es fackelt jede Woche!“ Die Werbeaussagen der Hersteller zu LFP-Zellen müsse man kritisch hinterfragen.

Warum das geballte Know-how der KIT-Wissenschaftler und die Detailkenntnisse über gute und schlechte Systeme nicht der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden? Es gebe leider keine Bestenliste, sagt Timke. Der Kunde werde derzeit vom Gesetzgeber alleine gelassen, denn die KIT-Ergebnisse dürften aus Wettbewerbsgründen nicht veröffentlicht werden. „Das Dilemma ist, dass sich kleine Speicherhersteller die teuren Tests nicht leisten können. Solche Tests sind sehr aufwendig und kosten zwischen 50 000 und 60 000 Euro.“

Eine Orientierung, um gute von schlechten PV-Batteriespeichern zu unterscheiden, sei die vom KIT herausgegebene Kurz-Checkliste für Lithium-Ionen-Heimspeicher. Auch sonst bietet die KIT-Homepage eine gute Orientierung über den Stand der Technik bei Hausstromspeichern.

Wirkungsgradbetrachtung reicht nicht

Wie häufig bei der Entwicklung neuer Märkte herrscht auf dem Speichermarkt ein gewisser Wildwuchs, der eine Vergleichbarkeit der Systeme und damit eine Transparenz für den Endverbraucher stark einschränkt. Nach Einschätzung von Fabian Niedermeyer, Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, IWES, Kassel, (www.energiesystemtechnik.iwes.fraunhofer.de), unterscheiden sich die angebotenen PV-Speichersysteme in der Systemtopologie, in der verwendeten Speichertechnologie, in der Dimensionierung des Speichers und des Wandlers, in den Funktionalitäten und im Preis.

Nimmt man die Aussagen der anderen Referenten der Tagung noch hinzu, dann unterscheiden sie sich in erster Linie in der Erfüllung von Sicherheitsstandards und den Angaben zur Lebenszeit. Nach dem ersten Hype mit rund 15 000 installierten PV-Speichersystemen (andere Stellen sprechen bereits von 20 000 Einheiten) und der zu erwartenden Beschleunigung des Zubaus scheint jetzt der richtige Zeitpunkt zur Einführung eines transparenten Testverfahrens für PV-Speicher gekommen zu sein. Niedermeyer nennt folgende Gründe:

  • die herkömmliche Wirkungsgrad-betrachtung ist nicht ausreichend zur Bestimmung der Performance von PV-Speichersystemen
  • neben den im System auftretenden Verlusten hat auch die Qualität der Systemregelung und des Energiemanagements einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Systems

Der von IWES entwickelte Performancetest besteht aus zwei Stufen:

  • Anwendungstest zur Bestimmung von Performance-Indikatoren in einem konkreten Anwendungsfall
  • Modulares Bewertungsverfahren zur Abschätzung der Performance in vom Anwendungstest deutlich abweichenden Umgebungsbedingungen und verschiedenen Systemkomponenten

Nach Aussage von Niedermeyer wurde das Verfahren bisher an vier Speichersystemen angewendet.

Fazit

Das Angebot an PV-Batteriespeichern wächst schneller als die Erarbeitung entsprechender Normen. Es sind ungenügende bis exzellente Systeme am Markt, aber niemand weiß so genau, welche Speicher ihr Geld wert sind und welche nicht. Auch fehlt es an verlässlichen Angaben zur Dimensionierung von PV-Anlage und PV-Stromspeicher, auch im Hinblick auf kommende Preisänderungen bei PV-Modulen, Batteriespeichern und letztendlich auch beim Netzstrom. Offen ist die Frage, inwieweit der „Letztverbraucher“, sprich Kunde, in der Lage und Willens ist, mit einem hochkomplexen System aus PV-Anlage und PV-Batteriespeicher, gegebenenfalls kombiniert mit Wärmepumpe und thermischem Speicher und letztendlich dem Stromnetz umzugehen.

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Die Integration eines Stromspeichers in die Gebäudetechnik bietet zahlreiche Optionen zur energetischen und künftig auch zur kostenseitigen Optimierung. Beim Erarbeiten von Planungskonzepten sollten Stromspeicher deshalb zumindest als Erweiterungsoption berücksichtigt werden.

Anlagenbauer: Beim Einsatz von billigen Stromspeichern und Stromspeichern ohne unabhängige Überprüfung der Qualität, Sicherheit und Performance ist Vorsicht geboten. Die Roll-out-Erfahrung aus anderen Bereichen mahnt, dass viele Hersteller durch Qualitätsprobleme schon vor dem Ablauf der Gewährleistung auf der Strecke bleiben.

Bauherren: Alles spricht dafür, dass Stromspeicher künftig ein fester Bestandteil der Gebäudeinfrastruktur sind. Welche Aufgaben sie dann im Stromnetz übernehmen werden und welche technischen Voraussetzungen sie dafür benötigen, ist aber noch unklar. Die Entscheidung für einen Stromspeicher sollte deshalb vor allem auf den aktuellen Randbedingungen basieren.

Brandrisiko minimieren

Normen als „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ entstehen in einem längeren Prozess, der mit der aktuellen Marktentwicklung häufig nicht Schritt halten kann. Oft geht es Unternehmen in der Pionierphase einer Entwicklung aber auch darum, am Markt „vollendete Tatsachen zu schaffen“, um die eigene Position im Normierungsprozess zu stärken. Bei der Normung von Batteriespeichern hinkt aktuell die Normung der Marktentwicklung offenbar weit hinterher … auf Kosten der Sicherheit. Welche Normen für Batteriespeicher vorhanden bzw. in Überarbeitung sind, lässt sich bei DKE bzw. VDE oder unter www.entwuerfe.normenbibliothek.de überprüfen. Wer sich schnell ein Bild über den Stand von Batterie-Speichersystemen auf Lithium-Ionen-Basis verschaffen will, dem sei der Sicherheitsleitfaden Lithium-Ionen Hausspeicher empfohlen: Bei der Diskussion um die Sicherheit von Stromspeichern im Rahmen des Vortrags „Normenüberblick für Batteriespeicher“ von Kerstin Sann, DKE, wurde unter anderem auch mit Vehemenz auf die Probleme der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung hingewiesen. In einzelnen Regionen fordere die Feuerwehr bereits einen gesicherten Zugang zu Batteriespeichern, so Meldungen aus dem Plenum. Wegen der wachsenden Bedeutung von Batteriespeichern und der Löschproblematik bei elektrischen Anlagen hat der Bundesverband Solarwirtschaft gemeinsam mit einer Expertenkommission aus sieben Organisationen den 16-seitigen Sicherheitsleitfaden aufgelegt. Er bietet einen Überblick über die verschiedenen Batteriesysteme und informiert unter anderem über Aufbau und Funktion von PV-/Batteriespeichersystemen, über deren Integration in das Hausnetz sowie über mögliche Brandbekämpfungsstrategien. Im Internet existieren mittlerweile zahlreiche Merkblätter und Empfehlungen der Feuerwehren über Sicherheitskonzepte zur Risikominimierung des Brandrisikos von PV-Anlagen, zum Beispiel unter www.pv-brandsicherheit.de. Wer es genauer wissen will, dem sei Youtube mit dem Stichwort „Feuerwehr und Photovoltaik“, empfohlen.

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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