Kompakt informieren
- Die vorhandene Erdgasinfrastruktur könnte künftig über Wasserstoffelektrolyse zur besseren Nutzung und Speicherung von erneuerbar erzeugter Elektrizität verwendet werden.
- Auf der Anwendungsseite soll die Rückumwandlung in Elektrizität über Kraft-Wärme-Kopplung als Bestandteil eines Smart Grid in stromgeführter Fahrweise erfolgen.
- (Erd-)Gas soll künftig als wichtiger Teil eines Energie-Gesamtkonzeptes verstanden werden und eine höhere Wertschöpfung erzielen, als nur Wärme zu produzieren.
„Für mich steht fest, dass erst über die Nutzung unserer Gasinfrastruktur und neuer Gastechnologien die regenerativen Energien nachhaltig in unsere Energiesysteme integriert werden können“, betonte Dr. Jürgen Lenz, DVGW-Vizepräsident Gas, auf der Gasfachlichen Aussprachetagung am 30. November 2010 in Stuttgart. Aus Sicht von Lenz bietet Gas dazu drei vielversprechende Ansatzpunkte:
1. Seine Flexibilität und hohe Energiedichte ergänzen ideal die hochvolatile Windenergie und Photovoltaik.
2. Die bestehende Gas-Technologievielfalt kann für die Verwendung erneuerbarer Energien fit gemacht werden (Gas-Plus-Technologie).
3. Gas kann im Rahmen einer hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung für die Stromproduktion genutzt werden.
Die sowohl von der EU als auch im Energiekonzept der Bundesregierung gewünschte Zunahme der regenerativen Stromerzeugung ändert die Versorgungsstrukturen grundlegend: Von einer verbrauchs- hin zu einer angebotsgesteuerten Struktur. Entscheidend ist dafür der Aufbau von Speichertechnologien für die erfolgreiche Integration der erneuerbaren Energien. Das deutsche Gasnetz transportiert mit ca. 1000 Mrd. kWh/a etwa die doppelte Energiemenge des Stromnetzes (rund 540 Mrd. kWh).
Erdgas aus Ökostrom
Lenz: „Unser Ansatz ist es, aus überschüssigem regenerativ erzeugtem Strom mittels Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren und diesen direkt in das Gasnetz einzuspeisen. Das ist nichts grundsätzlich Neues; im Stadtgas, immerhin bis in die 1990er-Jahre in Deutschland im Einsatz, lag der Wasserstoffgehalt bei rund 50 %. „Mit einem solchen Konzept kann aus meiner Sicht auch eine wirtschaftliche Lösung realisiert werden. Denn der Netz- und Speicherausbau auf der Stromseite dürfte bei Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur deutlich geringer ausfallen. Auf der Anwendungsseite erfolgt die Rückumwandlung in Strom dann idealerweise über eine hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung, aber in stromgeführter Fahrweise. Diese Anlagen sind Teil eines Smart Grid und wirken so stabilisierend auf das Stromnetz.“
Eine Erhöhung der Effizienz soll durch die Nutzung der Abwärme bei der Stromerzeugung realisiert werden. Dazu sollen Wärmesenken identifiziert und auch neue Ideen entwickelt werden, nach Ansicht von Lenz gegebenenfalls auch durch die Substitution von Stromwärme. Diese Wärmegutschriften könnten sich zusätzlich dämpfend auf den baulichen Dämmaufwand auswirken. Insofern ergebe sich hieraus eine echte Alternative bzw. sinnvolle Ergänzung für die energetische Sanierung des Gebäudebestands unter Klimagesichtspunkten auf Basis des Energieträgers Gas.
DVGW-Innovationsoffensive
Mit den „Gas-Plus-Technologien“ – Brennwert und Solar sowie Gaswärmepumpe – sieht Lenz die Branche aktuell und in der nahen Zukunft gut aufgestellt. Dezentrale KWK mit hohen Stromwirkungsgraden und in stromgeführter Form mit entkoppelter Wärmenutzung würden jedoch eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Auch Biogas ist in diesem Konzept fest verankert. Als mittlerweile elementarer Bestandteil des Gasversorgungssystems sorge es für eine weitere Reduktion der CO2-Emissionen. Zudem ist Bio-Erdgas in allen Erdgas-Technologien einsetzbar.
Mit der Innovationsoffensive setzt der DVGW auf die Erkenntnis, dass sich Gas nicht mehr nur auf den Wärmemarkt orientieren kann, sondern sich völlig neu positionieren muss. „Gas wird sich als wichtiger Teil eines Energie-Gesamtkonzepts verstehen müssen und damit eine höhere Wertschöpfung erzielen, als nur Wärme zu produzieren“, ist der DVGW-Vizepräsident Gas überzeugt, und nur so können die langfristigen politischen Ziele zu Klimaschutz und CO2-Reduzierung erreicht werden.“ •
2. und 3. Feb. 2011
Modelica
Die Informationsveranstaltung „Modelica“ zur DVGW-Innovationsoffensive Gastechnologie stellt am 2. und 3. Februar 2011 in Essen Szenarien zukünftiger Energieversorgungsstrukturen vor. Modelica ist ein Simulationswerkzeug, das unter Berücksichtigung sämtlicher systemrelevanter Parameter die Beurteilung von Energieversorgungskonzepten ermöglicht und für die DVGW-Innovationsoffensive verwendet wird. Auf der Tagung geht es neben diesen Ansätzen um die Konvergenz der Strom- und Gasnetze, Erdgas-Plus-Technologien in der Praxis und Erdgas als Brücke ins regenerative Zeitalter. https://www.gwi-essen.de/