Kompakt informieren
- Wird bei einem Absorberrohr in einem Energiepfahl im Betrieb eine Leckage festgestellt, erfolgt mangels einer Lösung in der Regel eine Stilllegung des betroffenen Strangs, da eine Reparatur einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
- Bei einem Erweiterungsbau des Instituts für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven wiesen die Absorberrohre aus PE in neun von 32 Energiepfählen Leckagen auf, sodass ihre Stilllegung das Heizkonzept infrage gestellt hätte.
- Schließlich wurden die Leckagen mit einem Verfahren zur Innenabdichtung auf der Basis von Flüssigglas abgedichtet.
Betrachtet man den Jahresgang der Untergrundtemperatur nahe der Erdoberfläche, so ergibt sich ab einer Tiefe von 10 bis 20 m im „ungestörten“ Erdreich eine nahezu konstante Temperatur von 10 bis 12 °C, die mit Zunahme der Tiefe um etwa 3 K pro 100 m ansteigt. Bis zu einer Tiefe von ca. 100 m ist die Temperatur des Erdreichs damit in der Heizperiode wärmer und im Sommer kälter als die eine Gebäude umgebende Temperatur – was für Heiz- und Kühlzwecke genutzt werden kann:
„Bei technisch guter Ausführung und richtiger Dimensionierung unter Beachtung wasserrechtlicher und geologischer Voraussetzungen ist die oberflächennahe Erdwärmenutzung eine zuverlässige und wirtschaftliche Option für die Bereitstellung von Niedertemperaturwärme“, so der Leitfaden für oberflächennahe Erdwärmeanlagen des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein.
Eine besondere Form der geothermischen Nutzung sind Energiepfähle. Die Hauptfunktion ist die Lastabtragung in den Baugrund, die Nebenfunktion ist die Nutzung als geothermischer Wärmeübertrager. Dazu werden im Pfahl vor der Betonierung PE-Rohre als Absorber angeordnet und anschließend mit Wasser oder Sole (Wasser-Ethylenglykol-Gemisch) durchströmt. Mithilfe einer Wärmepumpe wird die dem Erdreich entzogene Wärmeenergie für Heizzwecke nutzbar gemacht, für die Kühlung kann häufig das geothermische Kühlpotenzial direkt genutzt werden.
Wasserverlust in neun Energiepfählen
Das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven (IFF CUX) des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) ist ein speziell für Fische und Fischereierzeugnisse ausgerichtetes Untersuchungsinstitut mit Forschungsaufgaben. In den Laboren werden jährlich rund 10 000 Untersuchungen an Fischen und Fischereierzeugnissen durchgeführt.
Anfang 2012 wurde ein Erweiterungsbau feierlich eingeweiht. Mit dem Neubau (524 m2 Laborräume) – einem zweigeschossigen Laborgebäude mit drittem Dachgeschoss für die Unterbringung der technischen Versorgung in unmittelbarer Nachbarschaft zum bisher genutzten Gebäude – erhielt der größte Laborkomplex des Instituts, die Rückstandsanalytik, wesentlich mehr Raum. Die Investition zur Stärkung des Verbraucherschutzes betrug 6,25 Mio. Euro.
Wie bei allen Neubauten schreibt die EnEV die Nutzung regenerativer Energiequellen vor. Die Fachleute des Staatlichen Baumanagements (SB) Elbe-Weser entwickelten dafür diese Lösung: Nutzung der aus statischen Gründen erforderlichen 25 m tiefen Pfahlgründung als Energiepfähle. Die Entzugsleistung beträgt 40 W/m. Das macht bei 32 Pfählen à 25 m Tiefe rund 32 kW Kälteleistung und damit mindestens 43 kW Heizleistung für die Abdeckung der Grundlast für den Erweiterungsbau. Für Spitzenlast steht im Altbau ein Gas-Heizkessel zur Verfügung.
Das SB Elbe-Weser ist für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zuständig, also vom Projektanstoß über die Projektabwicklung, über die Nutzungsphase (Bauunterhalt zur Substanz- und Werterhaltung sowie Umbaumaßnahmen) bis zum Abriss des Gebäudes.
Neben den kontinuierlich anfallenden Bauunterhaltungsarbeiten gehört auch die regelmäßige Erfassung der Verbrauchsdaten und ein darauf aufgesetztes Verbrauchscontrolling im Rahmen der Betriebsüberwachung zum täglichen Aufgabenfeld des SB Elbe-Weser. Dies erfolgt rechnergestützt mit einem eigens entwickelten EDV-Programm. Ziel ist es, laufende betriebstechnische Anlagen zu analysieren und frühzeitig Schwachstellen zu erkennen.
Beim Erweiterungsbau des IFF CUX stellte es sich heraus, dass neun Energiepfähle einen unterschiedlich ausgeprägten Druckverlust aufwiesen – sie hatten offensichtlich Leckagen. Damit war guter Rat teuer – denn wie soll man undichte PE-Rohre nach Abschluss der Baumaßnahmen sanieren? Man kann schließlich nicht die Bodenplatte aufbrechen und die Energiepfähle freilegen.
Zerstörungsfreie Innenabdichtung
Die Nachfrage bei Bauunternehmen und Geothermie-Spezialisten verlief mehr oder weniger ergebnislos – offenbar steht für solche Leckagen keine herkömmliche Problemlösung zur Verfügung. In der Praxis wird ein Energiepfahl mit defektem PE-Rohr einfach stillgelegt. Keine überzeugende Lösung für die Fachleute des SB Elbe-Weser: „Wenn man einen Pkw-Reifen mit einem Tirefit-System abdichten kann, muss es doch auch eine Lösung für unser Problem geben.“
Nach einer Recherche im Internet fanden sie dieses Angebot des Dienstleistungs-Spezialisten Fritz Schelle Wassertechnik (fsw): Einsatz eines Flüssigdichtmittels zur Innenabdichtung von Wasser- und Heizungswasserrohren in Gebäuden.
Die verwendeten Dichtmittel von BaCoGa basieren auf Natriumsilicat (Flüssigglas) mit Zusätzen von Cellulosefasern und organischen Wirkstoffen. Das im einfachsten Fall über einen KFE-Hahn in die Installation eingeführte und unter Druck gesetzte Mittel tritt an den Leckagestellen aus und reagiert mit Kohlendioxid zu Siliciumdioxid (Verkieselung). Dieses harte und sehr alterungsbeständige Reaktionsprodukt verschließt die Undichtigkeit dauerhaft von innen nach außen. Der Prozess wird durch die Cellulosefasern, die sich an der Rohrinnenseite über der Bruchstelle dünn ablagern, begünstigt. Es erfolgt dabei keine flächige Innenbeschichtung, allein die Leckage wird mit dem Flüssigglas von innen punktgenau wie mit einem Pfropfen verschlossen.
Namhafte Institute wie das MPA, Staatliches Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen, Dortmund, das Hygiene-Institut des Ruhrgebietes, Gelsenkirchen, sowie das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, Kiel, haben die Flüssigdichtungsprodukte von BaCoGa getestet und beurteilt. Ergebnis der Untersuchungen: Die Flüssigdichtungsprodukte können zuverlässig und wirkungsvoll für das Abdichten von Leckagestellen eingesetzt werden. Wichtig: Die Inhaltsstoffe des Abdichtmittels sind in der Positivliste „Kunststoffe im Lebensmittelverkehr“ enthalten. Die Abdichtmittel dürfen also im Lebensmittelbereich (= Trinkwasser) eingesetzt werden.
Was für den Bauherren den Ausschlag gab: Es handelt sich um ein Zeit und Kosten sparendes, nachhaltiges Abdichtverfahren ohne Abbrucharbeiten bzw. das Aussteuern der betroffenen Energiepfähle. Im August 2015 erhielt fsw den Auftrag, die neun undichten Energiepfähle abzudichten.
Ergebnis: Die Innenabdichtung mit dem Flüssigdichtmittel hat bestens funktioniert – der Druck bleibt konstant, die Leckage ist bei allen neun Energiepfählen gestoppt. Nun hoffen alle Beteiligten auf den langfristigen Erfolg der Abdichtung. Wenn die Sanierung der PE-Rohre mit dem BCG-Flüssigdichtmittel sich als langfristig sicher erweise, sei das für die Energiepfahl-Technologie ein wichtiger Fortschritt, so der Bauherr. fsw-Chef Fritz Schelle ist da sehr zuversichtlich: „Das Siliciumdioxid ist hart und alterungsbeständig – nach unserer jahrelangen Erfahrung beim Innenabdichten von wasserführenden Rohren in Gebäuden passiert da nichts mehr. Das bleibt dicht!“
" class="chapter-heading">Hätten Sie das gewusst?
Obwohl man bei der oberflächennahen geothermischen Nutzung allgemein von Erdwärme spricht, ist das nicht korrekt: Denn in diesem Tiefenbereich wird die Wärme im Wesentlichen durch die Sonneneinstrahlung und versickerndes Niederschlagswasser geliefert; der Wärmefluss aus dem Erdinneren spielt nur eine untergeordnete Rolle – es handelt sich also genau genommen um Solarenergie.
Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Bittermann
Pressebüro bitpress, Lambsheim