Anlagen zur Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) können aus einem großen Komponentenangebot in vielfältigen Varianten zusammengestellt werden. Die Auswahl der Komponenten erfolgt dabei auf der Grundlage bekannter oder berechneter Lastprofile. Die Komponenten prägen die Investitions- und Betriebskosten sowie die über die Betriebsdauer bereitgestellten Energieströme. Die Auswahl der Komponenten ist somit entscheidend für den Gesamterfolg eines Verbundsystems.
Im Folgenden werden die von aktuell verfügbaren Blockheizkraftwerken im Verbund mit einstufigen Absorptionskältemaschinen darstellbaren Energieströme aufgezeigt. Ihre unter Berücksichtigung realer Wirkungsgrade und Wärmeverhältnisse ermittelten Anteile zueinander werden anwendungsbezogen diskutiert. In einem Kennfeld („NutzenergieTriagramm“) wird dargestellt, unter welchen Randbedingungen technisch umsetzbare Einsatzmöglichkeiten vorliegen. Durch die Einordnung eines nutzerdefinierten Bedarfspunktes in unterschiedliche Bereiche des Kennfelds können grundlegende Entscheidungen frühzeitig getroffen werden.
Die Komponenten
Im Rahmen einer an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule erstellten Studie [1] wurde die Komponentenauswahl bewusst eingeschränkt, um zunächst die Struktur des Auswahlverfahrens anhand der in der Versorgungstechnik üblichen Technologien zu erarbeiten und darzulegen. Die Einzelbereiche Kraft, Wärme und Kälte werden durch verbrennungsmotorisch betriebene Blockheizkraftwerke sowie Absorptionskälteanlagen dargestellt, deren reales Leistungsverhalten recherchiert und analysiert wurde.
In den Fällen, in denen die Nutzeranforderungen nicht vollständig durch Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung mit den genannten Komponenten abgedeckt werden können, wird vorgeschlagen, Ergänzungsenergien in Form von Wärme mittels eines Heizkessels, Strom vom Elektroversorgungsunternehmen und Kälte mit Hilfe einer Kompressionskältemaschine bereitzustellen (Bild 1).
Verbrennungsmotorische Blockheizkraftwerke können mit vielfältigen fossilen und erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden. In der Studie wurden Erdgas, Holz-Hackschnitzel, Raps- oder Palmöl und Faulgase betrachtet. Die Auswahl erfolgte nach den Kriterien Verfügbarkeit der Brennstoffe und der Komponenten sowie der aktuellen Häufigkeit des Einsatzes.
Als Kälteanlage wurde eine Lithiumbromid/Wasser-Absorptionskälteanlage (AKA) vorgesehen, die im hier vorgestellten Verbundsystem in der einstufigen Variante enthalten ist. Aufbau und Arbeitsweise von BHKW, AKA sowie KWKK-Systemen sind in Lehrbüchern [2], Fachaufsätzen [3], Firmenschriften [4] oder im Internet [5] für Planer, Anlagenbauer oder Betreiber dokumentiert.
Über einen Bereich des Brennstoffenthalpiestroms von 100 bis 2000 kW wurden die Wirkungsgrade von Blockheizkraftwerken verschiedener Hersteller für die ausgewählten Brennstoffe recherchiert. Bild 2 zeigt beispielhaft für erdgasbefeuerte Blockheizkraftwerke die Verläufe von elektrischem und thermischem Wirkungsgrad. In der Studie [1] wurden die Wirkungsgradverläufe für alle anderen betrachteten Brennstoffe entsprechend ermittelt.
Leistungsverhalten der AKA
Eine LiBr/H20-Absorptionskälteanlage stellt Kaltwasser für Anwendungen in der Klimatechnik bereit. Die Erzeugung von Kälte für Gefrierzwecke wurde nicht betrachtet. Die Kaltwassertemperaturen wurden auf 6/12 °C festgesetzt, die Kühlwassereintrittstemperatur auf 26 °C. Das dritte Temperaturniveau einer AKA ist die Heizwassertemperatur. Je höher sie ist, umso mehr Kältemittel kann ausgetrieben werden, woraus eine höhere Kälteleistung bei derselben Anlagengröße resultiert. Bei vorgegebener Kälteleistung bedeuten höhere Austreibertemperaturen niedrigere Investitionskosten.
Zur Beschreibung des Leistungsverhaltens der Absorptionskälteanlage wurden Daten realer Maschinen von Johnson Controls [4] verwendet. Für Kälteleistungen>200 kW wurde die Baureihe YIA, für kleinere Leistungen die Baureihe WFC gewählt. Es wurden die Temperaturspreizungen 90/70 °C („BHKW-Standard“), sowie 95/80 °C, 104/80 °C und 104/90 °C betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass das Wärmeverhältnis ξ relativ unabhängig von der Heizwassertemperatur für Kälteleistungen>200 kW bei etwa 0,72 und bei kleineren Leistungen bei etwa 0,58 liegt. Wie später gezeigt wird, legt das Wärmeverhältnis im Nutzenergie-Triagramm die Steigung einer Betriebslinie fest.
Nutzenergie-Triagramm
In einem System aus Blockheizkraftwerk und Absorptionskälteanlage wird die chemisch gebundene Brennstoffenergie zunächst in Wärme umgewandelt. Der Exergieanteil der Wärme dient zur Bereitstellung der Nutzenergien elektrischer Strom, Wärme und Kälte. Da diese drei Nutzenergien den Gesamtenergiebedarf eines Gebäudes oder einer Produktionsanlage prägen, wird eine KWKK-Anlage auch Total-Energie-Verbundsystem genannt [3].
Die drei Nutzenergien können im Verhältnis zueinander graphisch in einem gleichseitigen Dreiecksdiagramm dargestellt werden (Bild 3), welches im Weiteren als Nutzenergie-Triagramm bezeichnet wird.
Der Anteil einer Nutzenergie wird ausgehend von der Kennzeichnung an der jeweiligen Basisseite durch schiefwinklige Koordinaten festgelegt. Beispielsweise beträgt in der linken Skala an der Unterseite der Anteil der elektrischen Energie 0 %, auf halber Diagrammhöhe 50 %. Auf der waagerecht verlaufenden Linie ist die elektrische Leistung mit 50 % konstant. Die rechte Skala zeigt den Kälteanteil an der Summe der Nutzenergien. Die Linien mit konstantem Kälteanteil schneiden die Wärmeskala. Linien mit konstantem Wärmeanteil schneiden die Kraftskala.
Die Summe der drei Anteile beträgt in jedem Diagrammpunkt 100 %. In den Ecken sind die drei Nutzenergien in reiner Form zu finden: 100 % Wärme unten links, 100 % elektrische Energie oben und 100 % Kälte unten rechts. An der jeweiligen Basis beträgt der Anteil 0 %, sodass die untere Skala auch mit „Wärme-Kälte-Skala“ bezeichnet werden kann, da hier der Anteil des elektrischen Stroms 0 % beträgt. Auf der linken Skala ist keine Kälte enthalten, sodass die Bezeichnung „Kraft-Wärme-Skala“ angemessen ist.
Durch die Anforderungen, die sich aus der geplanten Gebäudenutzung oder dem Produktionsverfahren ergeben, lässt sich ein Bedarfspunkt ermitteln, der in das Nutzenergie-Triagramm aufgenommen werden kann. Der in Bild 3 eingezeichnete Bedarfspunkt beruht auf einem beispielhaften Bürogebäude. Der Gesamt-Nutzenergiestrom beträgt 1500 kW und teilt sich zu 750 kW (50 %) auf elektrische Energie, zu 225 kW (15 %) auf Kälte und zu 525 kW (35 %) auf Wärme auf. Diese Anteile legen den exemplarischen Bedarfspunkt fest.
Betriebslinien und Arbeitsbereiche
In das Nutzenergie-Triagramm können Betriebslinien eingezeichnet werden, auf denen die möglichen Anlagenbetriebspunkte liegen. Diese Betriebslinien haben ihren Startpunkt auf der linken Kraft-Wärme-Skala, der durch den elektrischen Wirkungsgrad ηel des Blockheizkraftwerks bestimmt wird. Das Wärmeverhältnis der Absorptionskälteanlage legt dann die Steigung fest. Bild 3 zeigt beispielhaft die Betriebslinie einer Kombination aus großem Pflanzenöl-BHKW mit ηel = 0,5 und einstufiger Absorptionskälteanlage (ξ = 0,72).
Die unterschiedlichen BHKW-Wirkungsgrade spiegeln sich in Bild 4 in der Auffächerung der Startpunkte auf der Kraft-Wärme-Skala wider. Die annähernd gleichen Wärmeverhältnisse der verschiedenen ergänzten Absorptionskälteanlagen drücken sich in ähnlichen Steigungen der Betriebslinien aus. In der zusammengefassten Darstellung aller betrachteten Varianten ist zu erkennen, dass sich im Nutzenergie-Triagramm ein Arbeitsbereich aufspannt. Dieser ergibt sich aus den Eigenschaften der kombinierten Komponenten.
Im Arbeitsbereich liegen alle möglichen Kombinationen der drei Nutzenergien Kraft, Wärme und Kälte, die von einem Verbund aus BHKW und AKA ausschließlich durch äußere Zufuhr von Brennstoff abgedeckt werden können.
Bedarfspunkte im Arbeitsbereich
Liegt der Bedarfspunkt im Arbeitsbereich des Nutzenergie-Triagramms, so stellt er gleichzeitig den realen Betriebspunkt des KWKK-Systems dar. Auf der Basis des gewählten Brennstoffs kann nun eine geeignete Kombination aus BHKW und AKA gewählt werden. Verschiedene Aufteilungen zwischen Kraft/Wärme- und Kälteanteil auf einer Betriebslinie werden am folgenden Beispiel erläutert und in Bild 5 dargestellt.
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, steht bei Verwendung von Erdgas als Brennstoff bei gleichbleibender elektrischer Leistung von 1000 kW eine gesamte thermische Leistung von 1125 kW zur Verfügung. Im Bedarfspunkt 1 werden davon 400 kW als Austreiberwärmestrom verwendet, mit dem 288 kW Kälteleistung erzeugt wird (AKA-Baugröße YIA 1A1 [4]). Im Bedarfspunkt 2 wird 504 kW Kälteleistung aus 700 kW Austreiberleistung gewonnen (Baugröße YIA 2B1 [4]). Der anteilig von den gesamt 1125 kW thermisch zur Verfügung stehende Heizwärmestrom beträgt im Bedarfspunkt 1 725 kW, im Bedarfspunkt 2 nur noch 425 kW.
Im dritten Bedarfspunkt wird mit 1000 kW Austreiberleistung der überwiegende Anteil der thermischen Gesamtleistung durch Einsatz einer nochmals vergrößerten AKA (Baugröße YIA 3B3) zur Erzeugung von 720 kW Kälteleistung eingesetzt. Der Heizwärmestrom fällt auf 125 kW. Folgerichtig liegt Bedarfspunkt 3 weit rechts bei geringem Wärmeanteil.
Außerhalb liegende Bedarfspunkte
Liegt der Bedarfspunkt außerhalb des durch die verfügbaren KWKK-Komponenten definierten Arbeitsbereiches, so muss mindestens eine Art von Nutzenergie ergänzend bereitgestellt werden, in manchen Fällen auch zwei. Dies ist in Bild 6 durch Kennzeichnung von Ergänzungsbereichen veranschaulicht.
Durch Bereitstellung einer Ergänzungsenergie kann dem realen Bedarfspunkt ein korrespondierender Betriebspunkt des KWKK-Systems zugeordnet werden. Beide Punkte sind geometrisch durch eine Hilfslinie verbunden, die durch diejenige Spitze des Triagramms verläuft, in der 100 % der jeweiligen Ergänzungsenergie abgebildet sind. Dieser spezielle Verlauf einer Hilfslinie soll am Beispiel des Stromzukaufs erläutert werden (Bild 7).
Die Hilfslinie beruht hier beispielhaft auf drei Bedarfspunkten, bei denen das Verhältnis zwischen Wärme und Kälte konstant ist (1,5 : 1). Der Stromanteil verändert sich; er wird von oben nach unten geringer. Hilfslinien aus den beiden anderen Ecken lassen sich analog begründen. Mit ihrer Hilfe kann die externe Bereitstellung von Wärme oder Kälte verfolgt werden. Mit dieser Vorbetrachtung ist es möglich, die Ergänzung zweier außerhalb des Arbeitsbereichs liegender Bedarfspunkte mittels externer Nutzenergie zu betrachten. Der eine liegt in Bereich 2 aus Bild 6 (hoher anteiliger Strombedarf), der andere in Bereich 3 (hoher anteiliger Wärmebedarf).
Als Brennstoff soll Pflanzenöl verwendet werden. Um aus dem Nutzenergie-Triagramm ablesen zu können, inwieweit der aufgeführte Bedarf der drei Nutzenergien vom KWKK-System abgedeckt werden kann und wie viel elektrische Energie ergänzend vom EVU bezogen werden muss, wird eine Hilfslinie eingezeichnet, die aus der „100-%-Stromecke“ durch den Bedarfspunkt läuft. Am Schnittpunkt dieser Hilfslinie mit der Betriebslinie des hier gewählten Pflanzenöl-BHKW liegt der korrespondierende Betriebspunkt des KWKK-Systems (Bild 8, Betriebspunkt KWKK (1)). Der vorgegebene Strombedarf beträgt 75 % der Nutzenergie und absolut 2250 kW. Der Kältebedarf beträgt 300 kW (10 %), der Wärmebedarf 450 kW (15 %). Wärme- und der Kältebedarf können an dem Schnittpunkt vollständig vom KWKK-System abgedeckt werden. Das auf den Betriebspunkt ausgelegte KWKK-System liefert die geforderte Kälteleistung von 300 kW und den geforderten Wärmestrom von 450 kW. Die vom KWKK-System bereitgestellte elektrische Leistung von 860 kW muss durch den Zukauf von 1390 kW vom EVU ergänzt werden.
Für den unten links liegenden, stark wärmelastigen Bedarfspunkt in Bereich 3 lässt sich der zu ergänzende Wärmestrom analog bestimmen. Die entsprechende Hilfslinie verläuft durch die „Wärmeecke“ und den Betriebspunkt des KWKK-Systems (Bild 8, Betriebspunkt KWKK (2)) für ein Erdgas-BHKW mit einer elektrischen Leistung von 100 kW. Wie in Bild 1 dargestellt, sollte in diesem Fall ein Heizkessel für den zu ergänzenden Wärmestrom eingebunden werden. Für einen stark kältelastigen Bedarfspunkt im Bereich 4 würde man analog die KWKK-Kälteleistung durch den Einsatz einer Kompressionskältemaschine ergänzen.
Fazit
Auf der Grundlage realer Komponenteneigenschaften wurde für die Kombination eines Blockheizkraftwerks mit einer einstufigen Absorptionskälteanlage ein graphisches Verfahren zur Beurteilung der Einsetzbarkeit eines KWKK-Systems bei verschiedenen Nutzeranforderungen entwickelt. Grundlage ist die Darstellung eines Arbeitsbereichs in einem Nutzenergie-Triagramm, dessen Koordinaten die beteiligten Energiearten Kraft, Wärme und Kälte abbilden. Die Lage eines Bedarfspunktes im Nutzenergie-Triagramm bestimmt, ob mit einem KWKK-System allein der Bedarf aller drei Nutzenergien abgedeckt werden kann oder ob Ergänzungsenergie bereitgestellt werden muss. In beiden Fällen ist sichergestellt, dass aus dem KWKK-System im Auslegungspunkt keine Energieüberschüsse abgeführt werden müssen.
Das vorgestellte Verfahren [6] soll dazu dienen, Anforderungen an ein Total-Energie-Verbundsystem frühzeitig einordnen zu können, um im Gespräch zwischen Planer und Betreiber einen Ausblick auf mögliche Komponentenkombinationen und realistische Potenziale der Energienutzung geben zu können.
Literatur
[1] Stockinger, V.: Ein strukturiertes Auswahlverfahren für Komponenten zur Kraft-Wärme-Kopplung (Diplomarbeit). Nürnberg: Fakultät Maschinenbau und Versorgungstechnik, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, September 2007
[2] Weber, G. H.: Energietechnik – Eine thermodynamische Bewertung. C.F. Müller Verlag, 2005
[3] Jacobowsky, H.: Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, Ki Luft- und Kältetechnik 10-1996
[4] Firmenschriften Johnson Controls
[5]
[6] Stockinger, V., Hilligweg, A., Kuschka, M.: Ein Vorauswahlverfahren für Komponenten zur Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, Tagungsbericht zur Deutschen Kälte-Klima-Tagung 2007, Band II.2
Arbeitsvorlagen der Triagramme stehen als PDF-Datei in der Rubrik Infothek/Downloads auf https://www.tga-fachplaner.de/
Volker Stockinger
Dipl.-Ing. (FH), studierte Versorgungstechnik an der GSO-Hochschule Nürnberg. Zurzeit nimmt er am gemeinsamen Masterstudium Gebäudetechnik der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in München und Nürnberg teil.
Matthias Kuschka
Dipl.-Ing. (FH), studierte Versorgungstechnik an der GSO-Hochschule Nürnberg. Seit 2001 ist er bei Johnson Controls Systems & Service GmbH im Bereich Kaltwassersysteme tätig, wo er seit 2002 den Vertrieb für Nordbayern und seit 2006 für Bayern verantwortet.
Arnd Hilligweg
Prof. Dr.-Ing., vertritt in der Fakultät Maschinenbau und Versorgungstechnik der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg die Lehrgebiete Technische Thermodynamik, Kältetechnik und Energiewirtschaft. E-Mail: arnd.hilligweg@ohm-hochschule.de