Die Nachfrage nach alternativer Heiztechnik wächst kontinuierlich. Neben der Solartechnik zur teilweisen Trinkwassererwärmung und Raumheizung, konnte von diesem Trend bisher die Wärmepumpe am meisten profitieren. Die Technik, die neben dem geringsten Bedienungs- und Wartungsaufwand gleichzeitig die niedrigsten Betriebskosten (bezogen auf Öl- und Gasbrennwert- sowie Holzpellet-Heizkessel) aufweist, kam nach beachtlichen Zuwachsraten über mehrere Jahre 2008 bereits auf einen Wärmeerzeuger-Marktanteil von 10 %. Im Neubaubereich sind die Anteile in einigen Regionen noch erheblich höher. Beispielsweise wiesen in Thüringen in den ersten elf Monaten des Jahres 2008 rund 44 % der Baugenehmigungen die Heizungsart Wärmepumpe aus.
Doch die Auslegung und Planung einer Wärmepumpenanlage, insbesondere mit der Wärmequelle Erdreich ist keineswegs trivial und eine originäre Aufgabe von TGA-Fachingenieuren. Pauschal ermittelte Betriebsprognosen von Herstellern und ausführenden Unternehmen decken sich häufig nicht mit dem späteren Betrieb. Die vom Kunden gekaufte Kosteneinsparung wird dann verfehlt oder er hat, was selten bekannt wird, für die Erschließung der Wärmequelle entsprechend der Überdimensionierung zu viel bezahlt.
Das hängt damit zusammen, dass die Effizienz einer Wärmepumpen-Heizung von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Neben den Rahmenbedingungen (Gebäudekonzept, Nutzungs-profil, Geologie etc.) müssen auch alle Systemkomponenten stimmen und aufeinander abgestimmt sein. Allein die Wahl einer unpassenden Art der Trinkwassererwärmung kann den Energieverbrauch empfindlich erhöhen. Hinzu kommt, dass die Randbedingungen der Wärmequelle nicht konstant sind und sich während der Entnahmeperiode verändern. Da sich auf der anderen Seite auch der Energiebedarf von Wohn- oder Bürogebäuden im Jahresverlauf ändert, müssen Wärmepumpenanlagen so ausgelegt werden, dass sie diesen wechselnden Bedingungen sowie den Anforderungen an den Ertrag, die Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit und den Komfort genügen.
Was leistet Wärmepumpen-Software?
Zwar reichen für Standardfälle auch Erfahrungswerte oder die Berechnungsregeln der VDI 4650 zur überschlägigen Ermittlung der Jahresarbeitszahl. Insbesondere Anlagen mit hohem Anteil für die Trinkwassererwärmung und Systeme mit mehreren Wärmeerzeugern erfordern aber aufgrund zahlreicher Wechselwirkungen und der Temperaturabhängigkeiten zwischen Heizung und Wärmequelle einen hohen Rechenaufwand. Dazu wurden Planungs- und Simulationsprogramme entwickelt, die den Rechenvorgang übernehmen, Anlagen zu optimieren helfen sowie Planer und Fachbetriebe bei der Akquisition, Auslegung und Realisierung unterstützen.
Die Programme berechnen die für die BAFA-Förderung nachzuweisenden Jahresarbeitszahl nach VDI 4650 [1] und teilweise auch zusätzlich durch eine Simulation, bieten einen Betriebskostenvergleich mit anderen Heizungssystemen an, ermitteln die jährlichen Kosten unter Berücksichtigung der Lebensdauer der Komponenten, der Zinsen und jährlicher Energiepreissteigerungen sowie den voraussichtlichen Verbrauch elektrischer Energie und die tarifabhängigen Kosten für die Elektrizität.
Ferner wird – unterteilt nach Heizung und Trinkwassererwärmung – der Temperaturverlauf in der Wärmequelle berechnet, der durchschnittliche monatliche Wärmebedarf, die Vorlauftemperatur, die Heizleistung etc. Als Ergebnis erhält man eine technisch optimierte Wärmepumpen-Heizung mit aufeinander abgestimmten Komponenten. Darüber hinaus kann Wärmepumpen-Software auch die Investitionssicherheit steigern. Ab wann sich die Wärmepumpe „rechnet“, hängt nämlich von einigen Unwägbarkeiten ab, insbesondere von der Energiepreisentwicklung. Der Einsatz von Wärmepumpen-Software im frühen Projektstadium kann dazu beitragen, Investitionsrisiken zu minimieren, Bauherren oder Investoren zu überzeugen und so Projekte schneller zu realisieren.
Warum simulieren?
Wer sich für eine Wärmepumpenheizung mit Erdwärmesonde interessiert und bereit ist, das 2- bis 3-fache gegenüber einer Öl- oder Gasheizung zu investieren, will möglichst präzise wissen, wie groß die Betriebskosteneinsparung ausfällt. Weil die Leistungsdaten von Wärmepumpenheizungen aber sehr temperaturabhängig sind und sich im Jahresverlauf die Temperaturen der Wärmequelle (Erdreich) und der Wärmesenke (Wärmeabgabesystem und eventuell Trinkwassererwärmungssystem) verändern, ist eine schrittweise Berechnung mit allen Wechselwirkungen erforderlich, um eine verlässliche Prognose bzw. eine wirtschaftliche Dimensionierung zu erhalten. Simulationsprogramme ermitteln dazu sämtliche Werte in zeitlicher Abhängigkeit.
Ausgehend von der Außentemperatur am Gebäudestandort, dem Wärmebedarf des Gebäudes, der erforderlichen Heizwassertemperatur und den technischen Parametern der Wärmepumpe wird mit Beginn der Heizperiode die Abkühlung der Wärmequelle durch den Wärmeentzug berechnet. Dabei wird der Wärmeübergang aufgrund der strömungstechnischen Eigenschaften, der Beschaffenheit etwaiger Frostschutzmittel, die Ausführung der Absorberrohre und die Eigenschaft des Erdreichs einbezogen. Abhängig von der Heizlast und den aktuellen Temperaturen der Wärmesenke und der -quelle ergibt sich schließlich der Verbrauch elektrischer Energie für den Betrieb der Wärmepumpeanlage. Die Werte der einzelnen Zeitschritte werden aufsummiert und zur Berechnung der Jahresarbeitszahl bzw. der Betriebskosten verwendet.
Außerdem kann man Bauherren mit einem Simulationsprogramm die Folgen eines anderen Nutzungsprofils ohne großen Aufwand aufzeigen, beispielsweise wie sich ein höherer Trinkwarmwasserverbrauch oder höhere Raumtemperaturen auswirken.
Zahlreiche Parameter fließen ein
Für eine korrekte Berechnung des Gesamtsystems „Wärmepumpen-Heizung“ müssen zahlreiche Parameter berücksichtigt werden: Die Art der Wärmequelle (Horizontalabsorber, Erdsonden, Wasser, Luft oder Kombinationen), die Absorberfläche und -länge, die Anzahl und Tiefe der Erdsonden, geologische Verhältnisse (Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, Dichte), der Feuchtegehalt des Erdreichs sowie die durch die Kälteleistung der Wärmepumpe bedingte Temperaturabsenkung, um eine mögliche Bodenvereisung im Vorfeld auszuschließen.
Einfluss haben auch die Trinkwassererwärmung, technische Wärmepumpendaten, die elektrische Leistungsaufnahme, die temperaturabhängige thermische Leistung und die Kälteleistung, die Betriebsweise (mono-/bivalent, mono-/bienergetisch) und die Temperaturdifferenz am Verdampfer und Verflüssiger. Auch die Gebäudedaten wie Heizlast bzw. Wärmebedarf inklusive solarer und interner Gewinne sowie die Raumtemperaturen sind zu berücksichtigen.
Relevant sind auch die klimatischen Verhältnisse, die Bedingungen der Stromversorgung (Sperrzeiten, Hoch- und Niedertarifzeiten, Tarife), die Wärmeverteilung im Gebäude (Flächenheizung, Heizkörper) usw. Sind einzelne Parameter nicht bekannt, können teilweise vorgeschlagene Pauschalwerte übernommen werden. Eine vom Nutzer erweiterbare Datenbank mit Klimadaten aus Deutschland und den europäischen Nachbarländern, Bodenarten, dem ungestörten Bodentemperatur-Jahresverlauf, aktuellen Wärmepumpendaten sorgt für sofortige Einsetzbarkeit und Flexibilität der Software.
Was bietet der Markt?
Trotz aktuell hoher Wachstumsraten im Wärmepumpenmarkt lassen sich die Anbieter von Wärmepumpensoftware für Planer an den Fingern einer Hand abzählen, was wohl historisch bedingt ist. Bis vor wenigen Jahren war die Wärmepumpe zur Gebäudebeheizung ein Nischenprodukt. Zwar gab es nach der ersten Ölpreiskrise schon einen Wärmepumpenboom, der sich jedoch aufgrund wieder sinkender Ölpreise und technischer Probleme nicht fortsetzen ließ. So ist es zu erklären, dass sich hierzulande nur ein Anbieter (WPsoft) auf diesen Bereich spezialisiert hat: Das herstellerneutrale Programm WP-OPT wird aber zusätzlich als Firmen-versionen offeriert, die eine Auslegung mit den Komponenten des jeweiligen Herstellers ermöglichen (u.a. IDM, Junkers, Nibe, Vaillant, Viessmann). Angekündigt (lieferbar ab April 2009) hat zudem der Softwarehersteller Hottgenroth/ETU eine „Auslegungs- und Simulationssoftware zur Planung und Optimierung von Wärmepumpenheizungen.
Alle anderen Anbieter/Programme berücksichtigen entweder nur Anlagendetails wie die Sondenauslegung (z.B. EED) oder es handelt sich um Gebäudesimulations-Programme (z.B. DK-Integral, POLYSUN, TRNSPILE (siehe auch TGA 1-2007), welche Wärmepumpen als einen Baustein im Gesamtsystem Gebäude betrachten. Diese deutlich komplexeren Lösungen setzen meist einen höheren Eingabeaufwand voraus und haben vor allem bei Sonderprojekten ihre Berechtigung – etwa bei Büro- oder Industriegebäuden mit hohen solaren bzw. internen Gewinnen aus Beleuchtungs- und/oder PC-/Maschinen-Abwärme.
Neben Planer-Versionen werden auch (Online-) Auslegungshilfen von Wärmepumpenherstellern angeboten. Sie leiten den Anwender Schritt für Schritt durch die Anlagendefinition und Parameterauswahl, erläutern Abfragen in Wort und Bild, machen den Vorgang damit auch für Bauherren verständlich und nachvollziehbar. Nach der Eingabe der Haus-, Warmwasser-, Tarif-, und Wärmequellendaten schlägt das Programm die geeigneten Wärmepumpen aus dem Herstellerprogramm vor und gibt den dazu passenden Speicher gleich mit an. Stehen mehrere Varianten zur Auswahl, können diese schnell durchgerechnet werden, um die unter energetischen oder ökonomischen Gesichtspunkten beste Lösung zu bestimmen.
Für eine Grobauslegung und -kalkulation der Betriebswerte genügen auch diese einfachen Werkzeuge. Weichen Anlagen jedoch vom Standard ab und will man bei seiner Auswahl auch andere Wärmepumpenhersteller berücksichtigen, sind herstellerneutrale Planerlösungen sinnvoller. Die Preise dafür liegen zwischen 400 und 1000 Euro, Auslegungshilfen von Wärmepumpen-Herstellern sind in der Regel kostenlos.
Fazit: Kontrolle ist besser
Einfache Standard-Wärmepumpenanlagen für Ein- oder Mehrfamilienhäuser lassen sich auch auf der Basis von Erfahrungswerten planen. Naturgemäß werden so aber Abstriche bei der Minimierung von Investitions- oder Betriebskosten akzeptiert (vgl. TGA 04-2009). Schneller, sicherer und genauer in der Aussage ist Simulationssoftware. Bei bivalenten Systemen, komplexen Rahmenbedingungen oder Sonderprojekten ist sie unerlässlich. Ob das Ergebnis später der Realität entspricht, hängt auch davon ab, wie präzise Anlage und Rahmenbedingungen erfasst wurden. Ist der Input falsch oder ungenau (Energiebedarf, Nutzungsprofil, Anlagendaten etc.), liefern auch Simulationsprogramme Fehlprognosen. Deshalb müssen die Vorgaben und Ergebnisse kritisch hinterfragt und möglichst anhand vergleichbarer Anlagen überprüft werden. Wichtig ist auch eine frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geologe, Architekt, Fachingenieur und den ausführenden Unternehmen. Marian Behaneck, Jockgrim
Literatur und Infohinweise
[1]Christina Hönig: Jahresarbeitszahlen garantieren?. Stuttgart: TGA 10-2008
[2]Volker Quaschning: Renaissance der Wärmepumpe. Bielefeld: Sonne Wind & Wärme 9-2006
[3]Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt, Download auf http://www.bafa.de
[4]Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EEWärmeG), Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I, Nr. 36
[5]VDI 4650-1 Berechnung von Wärmepumpen – Kurzverfahren zur Berechnung der Jahresaufwandszahlen von Wärmepumpenanlagen. Berlin: Beuth Verlag, März 2009
http://www.fws.ch Fördergemeinschaft Wärmepumpen
http://www.geothermie.de Bundesverband Geothermie
http://www.waermepumpe.de Bundesverband Wärmepumpe (BWP)
Programme / Anbieter (Auswahl, Stand: 03/2009)
DK-Integral / Delzer Kybernetik https://www.delzer.de/
EED / Blocon Sweden http://www.blocon.se
Logasoft WP online / Buderus http://www.buderus.de
NIBE-DIM* / Nibe Systemtechnik http://www.nibe.de
Online-Planer / Dimplex https://www.dimplex.eu/de-de
POLYSUN / Vela Solaris http://www.velasolaris.com
TERRA-OPT* / IDM-Energiesysteme http://www.idm-energie.com
TRNSPILE / Transsolar Energietechnik http://www.transsolar.de
WP-OPT / WPsoft https://wp-opt.de/
WP-Pro* / Junkers https://www.bosch-homecomfort.com/de/de/wohngebaeude/unternehmen/einfach-vernetzt-mit-bosch/
Vito-WP* / Viessmann https://www.viessmann.de/
*WP-OPT-Firmenversion
Praxisstimme
Im sächsischen Hartha betreibt Dipl.-Ing. Gangolf Frost VDI ein Ingenieurbüro für Erdwärmesystemtechnik ( http://www.erdwaermesystemtechnik.eu ). Zum Leistungsumfang gehören u.a. die Planung von Wärmepumpen-Komplettsystemen, von Groß-Wärmepumpenanlagen, die Dimensionierung wärmepumpentauglicher Fußboden- und Wandheizungen sowie kombinierter Heiz- und Kühldecken. Zu den Spezialgebieten des Büros zählen die Dimensionierung thermisch aktiver Bauteile, die Fachplanung von Systemen zur Nutzung von Prozessabwärme sowie die Planung von Wärmepumpensystemen in der Tierzucht. Eingesetzt werden die Systeme WP-OPT und der Earth Energie Designer (EED) zur Optimierung von Erdwärmesonden. TGAFachplaner befragte Dipl.-Ing. Frost nach seinen Erfahrungen.
TGA: Weshalb setzen Sie Wärmepumpen-Planungssoftware ein?
Frost: Jedes Wärmepumpensystem im Leistungsbereich 2 bis 100 kW sollte meiner Ansicht nach grundsätzlich mit einer geeigneten Software geplant und simuliert werden. Die Alternative ist eine nicht fundierte Abschätzung von Wärmepumpen-Betriebskenngrößen mit den entsprechenden Ungenauigkeiten. WP-OPT ist aus meiner Sicht gegenwärtig die umfangreichste und komfortabelste Simulationssoftware für Wärmepumpen-Komplettsysteme.
TGA: Welche Vorteile bietet der Software-Einsatz?
Frost: Die Vorteile gegenüber konventioneller Planung liegen in einer Simulation mit hoher Übereinstimmung der in der Praxis zu erreichenden Parameter. Wichtig ist auch, dass die Jahresarbeitszahl nicht nur nach VDI 4650 berechnet wird, sondern zusätzlich per Simulation. Gerade bei der Trinkwassererwärmung und nicht-monovalentem Betrieb gibt es regelmäßig große Ergebnisunterschiede. Hocheffiziente Wärmepumpen-Komplettsysteme sind ohne den Einsatz von Software meiner Meinung nach nicht planbar.
TGA: Wo sehen Sie noch Nachholbedarf?
Frost: In die Software WP-OPT sollte die Simulation von Wärmepumpen-Kaskaden, also der Einsatz verschiedener Wärmepumpen in einem Projekt, eingearbeitet werden. Bisher können nur mehrere gleichartige Wärmepumpen für die Heizung und eine andere für die Trinkwassererwärmung in einem Projekt berechnet werden. Nach meinen Informationen ist diese Funktion aber in Vorbereitung.