Krankenhäuser sind Großverbraucher von Wärme, Kälte und Strom. Die Rückgewinnung von Wärme aus der Abluft von raumlufttechnischen Anlagen hat deshalb bei Klinikbauten einen hohen Stellenwert. Schon immer wurden in Krankenhäusern bevorzugt Kreislaufverbundsysteme (KVS) eingebaut, da sie sich einfach in die üblichen Lüftungs- und Klimatisierungskonzepte integrieren lassen. Außerdem garantiert die Wärmeübertragung über ein Zwischenmedium eine klare stoffliche Trennung von Zuluft und Abluft, ein aus lufthygienischer Sicht wichtiger Vorteil von KVS-Anlagen in Krankenhäusern.
Nachteil vieler KVS-Wärmerückgewinnungssysteme (WRG) aus den 1970er- und 1980er-Jahren ist allerdings der oft geringe Austauschwirkungsgrad. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass KVS-Anlagen und deren Regelung bzw. Steuerung überwiegend individuell geplant wurden und an der Realisierung der Anlagen meist mehrere Gewerke beteiligt waren. Da die Anlagen zudem vorwiegend auf Standardkomponenten basieren und ihr Regelungskonzept eher rudimentär aufgebaut ist, sind die Rückgewinnungsgrade niedrig. Hinzu kommt, dass die Leistungsfähigkeit eines Standard-WRG-Systems im praktischen Betrieb ohne großen messtechnischen Aufwand kaum darstellbar ist.
Zentrale Zuluft – dezentrale Abluft
Beim Neubau des Klinikums München-Bogenhausen (Inbetriebnahme 1984) kam aufgrund des durchgängigen Klimatisierungskonzeptes (zentrale, im 2. Untergeschoss angeordnete Luftansaugung, Vorerwärmung, Filterung und anschließende dezentrale Luftnachbehandlung sowie dezentral auf dem Dach angeordnete Abluftzentralen) für die WRG nur ein Kreislaufverbundsystem infrage. Die Grundanforderungen lauteten, das Außenluftvolumen in der Größenordnung von damals rund 1,0 Mio. m3/h zentral über ein betoniertes Ansaugbauwerk der ebenfalls in Beton ausgebildeten Zuluftzentrale zuzuführen und mittels Wärmerückgewinnung aus zehn Abluftzentralen auf konstant 16 °C vorzuwärmen. Die eigentliche Luftkonditionierung und Nacherwärmung erfolgt dezentral in funktionsbezogenen Zuluftgeräten.
Bei der Dimensionierung des KVS-Systems gingen die Planer ursprünglich von einem Wirkungsgrad von 50 % aus. In den folgenden Betriebsjahren zeigte sich, dass die KVS-Anlage bei Weitem nicht den bei der Planung vorgegebenen Wirkungsgrad erreichte, weshalb deutlich mehr als vorausberechnet über Fernwärme zugeheizt werden musste. Auch die Regelung des KVS in Abhängigkeit des geförderten Außenluftvolumens erwies sich als eher ungenau und energieaufwendig bei vergleichsweise geringem Wirkungsgrad.
Studie über energetische Optimierung
Die steigenden Energiekosten sowie ohnehin notwendige Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen führten dazu, die unbefriedigende Performance der Wärmerückgewinnung genauer unter die Lupe zu nehmen. In der Diplomarbeit „Energetische Optimierung der Wärmerückgewinnung im Klinikum München-Bogenhausen1)“ wurde durch ein ausführliches Messprogramm der Nachweis erbracht, dass die vorhandene KVS-Anlage ihre Aufgabe nur (noch) unzureichend erfüllt und außerdem durch korrodierte Absperrventile ein hohes Ausfallrisiko besteht.
Die Bilanzierung der Jahresenergiemengen für die Luftvorerwärmung ergab, dass von der benötigten Energie für die Vorerwärmung der Außenluft nur etwa 37 % von der WRG, dagegen 56 % von der Zusatzheizung „Fernwärme“ bereitgestellt wird. Etwa 7 % liefert die eingekoppelte Abwärme aus der Kältemaschinen-Rückkühlung. Auch die insgesamt acht in Reihe geschalteten Umwälzpumpen des Kreislaufverbundsystems wiesen aufgrund von Überdimensionierung und ungünstiger hydraulischer Schaltung einen massiv überhöhten Hilfsenergieaufwand auf. Diese Überdimensionierung hängt auch damit zusammen, dass zum Zeitpunkt der Realisierung wegen damals gültiger Normen und Richtlinien ein um 20 % höheres Außenluftvolumen gefordert war. Heute beträgt das Außenluftvolumen (nach DIN 1946-4) nur noch rund 800000 m3/h.
Drei Modernisierungsvarianten
Um bei der Neukonzeption der WRG-Anlagen die offensichtlichen Überdimensionierungen zu konkretisieren und die Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf eine möglichst realistische Grundlage zu stellen, wurden die thermischen Vorgänge im Klinikum mithilfe des Gebäudesimulationsprogramms „DOE-2“ nachgebildet, optimiert und mit den auf dem Markt verfügbaren Systemen verglichen. Für die Optimierung der Anlagen wurden drei Varianten erarbeitet:
(1) Vollausbau
(2) Teilausbau
(3) Vollausbau mit adiabater Kühlung
Beim Vollausbau werden die bestehenden Wärmeübertrager für die Außenluft durch ein Komplettsystem ersetzt. Als Bezugssystem für die Berechnungen wurde das Systemangebot von Konvekta gewählt. Im Einzelnen bedeutet das:
- Aufbau einer Wärmeübertragerwand in der Zuluftzentrale vor der Luftfilterwand (Filter-Vorwärmer gemäß VDI 6022) und einer zweiten Wärmeübertragerwand nach der Luftfilterwand. Dadurch wird ein trockener Betrieb der Luftfilter nach VDI 6022 gewährleistet. Bei Außenlufttemperaturen von über 16 °C werden oberhalb der Wärmeübertragerwände Klappen geöffnet und damit der Luftwiderstand abgesenkt
- Ersatz von acht Umwälzpumpen durch zwei neu dimensionierte FU-gesteuerte Pumpen
- Ersatz der Abluftwärmeübertrager in den dezentralen Abluftzentralen durch neu dimensionierte Wärmeübertrager
- Einbau eines WRG-Controllers mit einem „Master“ in der Kältezentrale und „Slaves“ in jeder Abluftzentrale.
- Austausch des Plattenwärmeübertragers, der freie Kühlung aus den Rückkühlern der Kältemaschinen in die WRG einkoppelt.
Der Teilausbau beschränkt sich auf die Erneuerung der Außenluft-Wärmeübertrager (wie bei Variante 1), jedoch unter Beibehaltung der bestehenden Abluft-Wärmeübertrager.
Der Vollausbau mit adiabater Kühlung entspricht Variante 1, jedoch mit zusätzlichen Abluftbefeuchtern zur adiabaten Kühlung der Abluft. Diese Zusatzfunktion sollte einen Teil des sommerlichen Kältebedarfs übernehmen und die vorhandenen Kälteerzeuger entlasten.
Eine dynamische Wirtschaftlichkeitsberechnung der drei Varianten ergab ein eindeutiges Votum für Variante 1 „Vollausbau“ für die sich dann auch die Geschäftsführung der Klinikum München GmbH entschied. Folgende Fakten sprachen für diese Systemlösung:
- niedrigste Amortisationszeit mit 4,6 Jahren (bezogen auf die Energiepreise von 2004)
- Kapitalüberschuss von 6,25 Mio. Euro (ohne Mehrwertsteuer) in 15 Jahren bei Investitionskosten von 1,73 Mio. Euro.
Für das Klinikum bedeutet dies:
- rund 78% Energiekosteneinsparung gegenüber bestehender Anlage (16 % an Strom, 87 % an Fernwärme)
- rund 12800 Euro Einsparung durch freie Kühlung, damit Reduzierung der Kosten für die Kälteerzeugung
Diese Werte waren die Ziele in der Planung des Ingenieurbüros Kulle & Hofstetter, TGA Consulting, München.
Klinikum Neuperlach als Vorbild
Die Wahl fiel auf das KVS-Systemangebot von Konvekta, zumal im Städtischen Klinikum München-Neuperlach bereits sehr gute Erfahrungen mit diesem System vorlagen. Damals war Konvekta der erste und einzige Hersteller, der eine Online-Überwachung seiner Anlagen per Internet und damit auch einen Leistungsnachweis anbot. Überraschend für das tech-nische Personal waren die geringen Eingriffsmöglichkeiten in das WRG-System durch den eigens von Konvekta entwickelten WRG-Controller.
Doch rasch zeigten sich die Vorteile dieser „Black Box“-Strategie, denn der permanent mitgeschriebene Nutzungsgrad des WRG-Systems lag bei über 90 % und damit über dem garantierten Wert von 74 %. Der WRG-Controller arbeitet autark von der Gebäudeautomation und gibt nur Störmeldungen weiter. Zum dauerhaft hohen Wirkungsgrad des WRG-Systems tragen aus Sicht des Planers und Betreibers folgende Faktoren bei:
- die Abstimmung des Systems auf den tatsächlichen Bedarf
- der Systemgedanke des Herstellers inklusive Computer-Simulation
- die Regelung mittels WRG-Controller mit Auto-Reporting, das heißt, automatischer Fehlererkennung und Fehleranalyse
- die Betriebsverantwortung des Herstellers für ein Jahr zur Feinabstimmung und Optimierung des Systems.
Fazit
Kreislaufverbund-Wärmerückgewinnungssysteme aus den 1970er- und 1980er-Jahren entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Unter Beibehaltung einzelner Komponenten, z.B. Verbindungsleitungen, lassen sich vorhandene RLT-Anlagen mit Hocheffizienz-KVS-Anlagen aufrüsten, deren Wärmerückgewinnungsgrad dann – wie das Beispiel Klinikum Bogenhausen zeigt – bei 90 % liegen kann. Ausschlaggebend für die hohe Energierückgewinnung ist die Lösung aus einer Hand inklusive Simulation von Heiz-/Kühllast zur Optimierung der Wärmeübertragerleistung nach dem tatsächlichen Bedarf. Ziel ist, die Anlage so zu betreiben, dass der vertraglich festgelegte Wirkungsgrad dauerhaft gehalten werden kann. Eine besondere Rolle kommt dabei dem WRG-Controller zu, der neben der Regelung auch die Betriebsüberwachung der WRG und die Störungsanalyse übernimmt.
1)Christian Stürzer, Betreuer Prof. Dr. Ing. Hartmut Pietsch, Fachhochschule München
Klinikum Bogenhausen
Errichtung des Klinikums: 1977 bis 1982
Inbetriebnahme: 1984
Betten: 951
Tagesklinikplätze: 55
Mitarbeiter: 2110
Fachkliniken: 19
Intensivstationen: 7
OP-Säle: 15
Gebäudelänge: 200 m
Gebäudebreite: max. 100 m
Stockwerke: 10, davon 3 UG
Beheizte Nettogeschossfläche: 147764 m2
Planung
kulle & hofstetter partnerschaft tga consulting ingenieure
80636 München
Ansprechpartner: Christian Voit
Lieferant des WRG-Systems
Konvekta AG
CH-9015 St. Gallen
Ansprechpartner: Martin Niederer
info@konvekta.ch
Ausführung
Ing. Carl Friedmann GmbH + Co. KG
92637 Weiden i. d. OPf.
Ansprechpartner: Roland Östreicher
info@friedmann-gmbh.de
Christian Voit
ist Projektleiter bei Kulle & Hofstetter, TGA Consulting, München, http://www.tga-consulting.de
Martin Niederer
ist Verkaufsleiter der Konvekta AG, St. Gallen, https://konvekta.energy/