Elektrizität in Form von Wasserstoff zwischenspeichern
Reversible Brennstoffzellen, englische Bezeichnung „reversible Solid Oxide Cell“, kurz rSOC, verbinden praktisch zwei Geräte in einem. Der Zelltyp ist daher in besonderer Weise für den Bau von Anlagen geeignet, die Elektrizität in Form von Wasserstoff zwischenspeichern und diesen zu einem späteren Zeitpunkt wieder rückverstromen können. Eine derartige Speichertechnologie könnte eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen. Sie wird benötigt, um Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen und dem Auseinanderlaufen von Angebot und Nachfrage entgegenzuwirken. Zusätzlich bietet sich der Einsatz für abgelegene Stationen auf Inseln und Bergen an, um dort eine autarke Energieversorgung sicherzustellen.
Die außergewöhnliche Eigenschaft der Reversibilität weisen nur Hochtemperatur-Brennstoffzellen, kurz SOFC, englisch „Solid Oxide Fuel Cell“, auf, die bei etwa 800 °C betrieben werden. Aufgrund der hohen Temperatur können für diesen Brennstoffzellentyp unedlere und kostengünstigere Materialien als für Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen verwendet werden. Gleichzeitig arbeiten Hochtemperatur-Brennstoffzellen höchst effizient. Anders als Niedertemperatursysteme, deren Wirkungsgrad im Betrieb mit Wasserstoff auf etwa 50 % begrenzt ist, können Hochtemperatur-Brennstoffzellen auch einen deutlich höheren Wirkungsgrad erzielen.
Elektrischer Wirkungsgrad von 62 % im Testbetrieb
Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich ist es nun gelungen, den Wirkungsgrad noch weiter zu steigern und erstmals einen Wert von über 60 % zu realisieren. Für ihre Anlage ermittelten die Forscher im Testbetrieb einen elektrischen Wirkungsgrad von 62 %. „Möglich wurde dies durch ein verbessertes Stackdesign in Verbindung mit einer optimierten und hochintegrierten Anlagentechnik, die mehr als 97 % des zugeführten Wasserstoffs elektrochemisch umsetzt“, erklärt Prof. Ludger Blum vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3).
Eine dieser Verbesserungen liegt in der Dimensionierung der Wandlereinheit. Blum: „Unser Stack kommt auf eine Leistung von 5 kW. Bislang musste man immer mehrere Einheiten im kW-Maßstab kombinieren, um eine vergleichbare Leistung zu erreichen. Der Forscher hofft, dass sich so auch die Herstellungskosten senken lassen, da insgesamt weniger Einheiten für den Bau leistungsstarker Anlagen benötigt werden.
Systemwirkungsgrad von 70 % im Elektrolysemodus
Im Elektrolysemodus, wenn das System Wasserstoff produziert, lässt sich die Jülicher Anlage sogar noch mit einer deutlich höheren Leistung fahren. Bei einer Stromaufnahme des Stacks von 14,9 kW erzeugt sie dann pro Stunde 4,75 Nm3 Wasserstoff, was einem Systemwirkungsgrad von 70 % entspricht. Damit arbeitet die Versuchsanlage bereits jetzt effizienter als alkalische und Polymerelektrolyt-Elektrolyseure, die auf 60 bis 65 % kommen und heute Standard sind.
„Die Elektrolyse funktioniert für den Anfang schon recht gut, hier sehen wir aber auf jeden Fall noch ein Verbesserungspotenzial“, berichtet Blum. Hochtemperatur-Systeme von anderen Entwicklern, die speziell für die Elektrolyse optimiert wurden, erreichen heute Wirkungsgrade von über 80 %. Im Brennstoffzellenmodus arbeiten diese dann allerdings nicht so effizient, wie das neue Jülicher System.
Die Jülicher Forscher haben bereits weitere Optimierungen angedacht, mit denen sie den sogenannten „Round-trip“-Wirkungsgrad weiter steigern wollen. Die Kennzahl beschreibt, welcher Wirkungsgrad bei der Wiederverstromung, also nach Herstellung von Wasserstoff und Rückverstromung, übrig bleibt. Die Wissenschaftler wollen den Wert von aktuell 43 % auf über 50 % verbessern.
Für einen Wasserstoffspeicher wäre dieser Wert sensationell, auch wenn die Technologie in dieser Hinsicht nicht mit Batteriespeichern mithalten kann, die teilweise auf über 90 % kommen. Dafür bieten Brennstoffzellen-Systeme andere Vorteile. Da der Energiewandler, die Brennstoffzelle, und der Energieträger Wasserstoff klar voneinander getrennt sind, kann immer wieder neu Wasserstoff zugeführt oder auch abgeleitet werden. Der Größe der speicherbaren Energiemenge sind so kaum Grenzen gesetzt. ■