Immer mehr Betreiber und Bauherren von Objekten wie Hotels, Kliniken, Verwaltungsgebäuden oder Freizeitbauten setzen auf elektronische Schließ- und Zutrittslösungen. So wuchs der deutsche Markt für elektronische Zutrittsmanagementsysteme nach Beobachtung des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) 2006/07 überproportional um 7 % (gegenüber 3,9 % im gesamten Sicherheitstechnik-Markt). Diese Entwicklung ist die Konsequenz daraus, dass elektronische Schließsysteme gegenüber mechanischen entscheidende Vorteile bieten:
Sicherheit: Wo viele Menschen arbeiten oder leben, sind naturgemäß viele Schlüssel im Einsatz: Hier gewährleisten elektronische Systeme ein viel höheres Sicherheitsniveau als mechanische, denn jeder elektronische Schlüssel lässt sich im System bei Bedarf schnell sperren.
Folgekosten: Auch finanziell lohnt sich in einem solchen Fall der Einsatz der zunächst teureren Elektronik, denn bei einer mechanischen Schließanlage müssen bei Verlust eines Schlüssels die Schlösser ausgewechselt werden. Schon der Austausch eines einzigen mechanischen Schließzylinders kostet zum Beispiel rund 150 Euro.
Zutrittsmanagement: Nur durch den Einsatz von Elektronik ist es möglich, den Zutritt auch zeitlich zu begrenzen, zum Beispiel für Lieferanten, Reinigungspersonal oder externe Besucher. Ebenfalls nur elektronisch realisierbar ist eine Protokollierungsfunktion.
Organisationsmanagement: Sich verändernde Gebäudesituationen bestimmen bei Objektbauten heute das Bild. Bei einem Bürogebäude zum Beispiel steht zu Baubeginn häufig noch gar nicht fest, wer es später einmal nutzen wird. Mieterwechsel sind auch bei begehrten Immobilien nie auszuschließen. Die Umorganisation bestehender Abteilungen oder projektbezogene Arbeitsgruppen mit temporären Büroräumen gehören zur modernen Arbeitswelt dazu. Ein elektronisches Schließsystem reagiert flexibel auf all diese Veränderungen.
Bedienkomfort: Ein hoher Bedienkomfort, wie ihn etwa berührungslose Schließsysteme bieten, nutzt nicht nur dem Anwender, sondern auch dem Betreiber. Gerade in der Hotellerie oder in der Zukunftsbranche Seniorenwohnen sind Faktoren wie Komfort entscheidende Wettbewerbsvorteile.
Durchgängige Systeme und Multiapplikation: Zeitgemäße elektronische Schließtechnik ermöglicht es heute, dass ein einziges durchgängiges System das gesamte Gebäude von der Parkplatz- und Außenhautsicherung über die Innentüren bis hin zu Möbelschlössern abdeckt. Weiteren Zusatznutzen bieten Schließsysteme, wenn sie mit anderen Funktionen wie Kantinenabrechnung oder Zeiterfassung zu einheitlichen Lösungen, sogenannten Multiapplikationen, kombiniert werden.
Elektronische Schließlösungen gewährleisten also den wirtschaftlichen Nutzen eines Gebäudes. Angesichts dieser Vorteile werden sie künftig – und damit auch für die Arbeit des Fachplaners – noch größere Bedeutung gewinnen. Besonders die normenkonforme Integration von Sondertüren in das Schließsystem stellt dabei hohe Anforderungen.
Sondertüren im Objektbau
Sondertüren sind Innen- oder Außentüren, die in Objektbauten eine besondere, genau definierte Funktion erfüllen. Flucht- oder Brandschutztüren sind die häufigsten Beispiele. Die Planung von Sondertüren erfordert zunächst eine genaue Analyse der objektspezifischen Anforderungen. Im intensiven Gespräch mit den künftigen Nutzern werden die jeweiligen Besonderheiten des Gebäudes, der Abläufe und Personenbewegungen festgestellt.
Oft wird dabei deutlich, dass eine Tür ganz gegenteilige Funktionen abdecken muss: In einem Kindergarten oder einem Pflegeheim beispielsweise sollen sich die Betreuten nur in einem bestimmten Bereich bewegen, um sich nicht selbst zu gefährden. Andererseits sollen im Falle eines Feuers alle Personen schnell das Gebäude verlassen können. Deshalb muss eine ganzheitliche Planung der Türen sowie der Schließtechnik über die Organisation der Personenströme hinaus auch alle sicherheitsrelevanten und lebensrettenden Aspekte wie Brandschutz, Fluchtwege etc. unterstützen. Viele Lösungen sind in diesem Zusammenhang mit elektronisch gesicherten Türen leichter zu realisieren als mit mechanischen.
Brandschutz- und FH-Türen
Abteilungs- bzw. Flurabschlüsse übernehmen häufig auch die Funktion von Brandschutztüren. Solche Feuerabschlüsse sind selbstschließende Türen und andere Abschlüsse, die die Ausbreitung der Flammen durch Wände und Decken verhindern. Die Feuerwiderstandsdauer und weitere Anforderungen regeln verschiedene DIN-Normen sowie Richtlinien des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt). Oft werden hier Stahl-Glastüren eingesetzt.
Weil in den Fluren naturgemäß mehr Betrieb herrscht als in anderen Räumen, sollten Abschlusstüren mit einem Drehtürantrieb ausgestattet sein, der beispielsweise über einen Handtaster oder einen Bewegungsmelder aktiviert wird. Ist die Tür Bestandteil eines elektronischen Schließsystems, erfolgt die Aktivierung über einen Wandleser. Eine Sensorleiste stellt sicher, dass der Türbereich frei ist, ehe sich die Tür wieder schließt.
Alternativ können solche Türen auch im Normalbetrieb offen stehen. In diesem Fall müssen sie jedoch mit einer elektromagnetischen Türfeststellanlage gesichert sein, die mit einem Brandmelder gekoppelt ist. Im Brandfall löst das System dann automatisch die magnetische Halterung. Die Tür fällt zu und verhindert so die Ausbreitung von Rauch und Flammen. Die elektronische Türsteuerung lässt sich auch mit einer Brandmeldeanlage koppeln. Detektiert die Anlage entstehenden Rauch oder erste Flammen, löst die Brandmelderzentrale automatisch die Schließung der Tür aus. Bei ausschließlich mechanisch gesicherten Türen besteht diese Möglichkeit nicht.
Spezielle FH-Türterminals für Feuerschutzabschlüsse ermöglichen den Einsatz elektronischer Schließkomponenten auch direkt am Blatt feuerhemmender Türen (FH-Türen). Die Beschaffenheit der Beschläge und Drücker an FH-Türen ist in den Normen DIN 18273 und 18250 Teil1, festgelegt. Im Fall des elektronischen Schließsystems Dialock unterscheidet sich die FH-Version äußerlich nicht von den jeweiligen Standard-Komponenten des Systems. Im Innern jedoch sind die Module für Außen- und Innenseite der Tür mit je einer massiven Edelstahlplatte ausgestattet. Diese verhindern wirkungsvoll und in beide Richtungen ein Durchdringen des Feuers im Bereich des Türbeschlags.
Fluchttüren
Fluchttürverschlüsse sind alle Typen von Baubeschlägen, die entlang von Rettungswegen verwendet werden können. Mit den Normen DIN EN 179 bzw. 1125 sind die Anforderungen an mechanische Fluchttürverschlüsse, wie sie auch bei elektronisch gesicherten Türen zum Einsatz kommen, europaweit einheitlich geregelt worden. Fluchttüren unterteilen sich danach in Notausgangs- und Paniktüren. Der Unterschied zwischen beiden ergibt sich aus dem jeweiligen Anwendungsgebiet:
Paniktüren kommen in öffentlichen Gebäuden zum Einsatz, wo die Besucher die Funktion der Fluchttüren im Notfall intuitiv erfassen müssen. In Supermärkten oder Messehallen zum Beispiel. Notausgänge hingegen sind bestimmt für Gebäude, die keinem öffentlichen Publikumsverkehr unterliegen und deren Besucher die Funktion der Fluchttüren kennen.
Ein Fluchttürverschluss muss also vor allem gewährleisten, dass sich die Tür – im Unterschied zu „normal“ verschlossenen Türen – im Notfall besonders schnell und leicht öffnen lässt. Deshalb verfügt der entsprechende mechanisch betätigte und verriegelnde Beschlag über eine Paniktür- bzw. Notausgangsfunktion.
Die Realisierung dieser Funktion kann bei elektronischen Schließsystemen auf zwei Arten erfolgen: Entweder türseitig durch ein elektrisch kuppelbares Einsteckschloss mit Selbstverriegelung und Panikfunktion. Oder bauseitig durch einen elektrischen Türöffner mit Fluchttüröffner. Beide Schließelemente werden im Normalbetrieb über ein Wandterminal mit dem elektronischen Schlüssel angesteuert. Im Notfall lässt sich die Tür durch ein RWS-Terminal (RWS: Rettungswegsystem) öffnen. Es besteht aus einem auffälligen roten Notknopf, der sich mit einer einzigen Handbewegung auslösen lässt: Die Tür öffnet sich, gleichzeitig wird ein Alarm ausgelöst. Auch hier ist die Anbindung einer Brandmeldeanlage möglich: Die Türsteuerungen entriegeln sich dann bei einem eventuellen Feuer selbstständig und geben den Weg nach außen frei.
Praxisbeispiele
Das neu erbaute Seniorenzentrum „Martha-Maria“ in Nagold setzt an Außen- und Innentüren ein elektronisches Schließsystem ein. Für die Sondertüren in dem Gebäude bedeutet das: besondere Lösungen, die verschiedene elektronische und mechanische Beschlagskomponenten sinnvoll kombinieren.
Im Mai 2007 bezog die traditionsreiche Einrichtung mit 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich um 84 Bewohner kümmern, einen Neubau. Die hochwertige Ausstattung des Gebäudes drückt sich nicht zuletzt in der Wahl der eingesetzten Bau- und Möbelbeschläge aus. Funktionalität war hier das oberste Ziel. Das bedeutet: jedes Beschlagdetail wurde so ausgewählt, dass es den alltäglichen Anforderungen von Mitarbeitern und Bewohnern entspricht.
Die meisten Außen- und fast alle Innentüren sowie einzelne Möbelschlösser wurden mit Komponenten des elektronischen Schließsystems Dialock von Häfele ausgestattet. Insgesamt umfasst die Lösung rund 270 Schließpunkte. Das System arbeitet berührungslos mit Transpondertechnologie, wobei der Transponder auf einer Kunststoffkarte sitzt.
Spezielle Schleusen-Lösungen an den Lagerräumen für Schmutz- bzw. Frischwäsche gewährleisten, dass der Lieferant der externen Wäscherei jederzeit direkten Zugang zu den Ladebereichen erhält (Bild 1). Gleichzeitig muss die Tür als versicherungstechnischer Verschluss und als Fluchtweg dienen. Ein mechanisch selbstverriegelndes Motorschloss mit mehreren Verriegelungspunkten auf der Stulpseite wird dieser Doppelrolle gerecht.
Im Erdgeschoss des Seniorenzentrums werden demente Bewohner betreut. Ein Patientenschutzsystem sorgt dafür, dass sich auch desorientierte Personen frei bewegen können. Sie tragen ein Armband mit einem mobilen Sender. Er reagiert, sobald sich die Person der Abteilungstür nähert. Die durch das Patientenschutzsystem gesicherte Tür hat auch Fluchttür-Funktion. Deshalb realisierte Häfele hier eine Sonderlösung: Im Brandfall hebt die Brandmeldeanlage die automatische Verriegelungsfunktion auf.
Dialock-gesicherte Fluchttüren machten auch an anderen Stellen im Haus die intelligente Verknüpfung von mechanischen und elektronischen Elementen notwendig. So muss eine Abschluss-Tür zum Treppenhaus sowohl die Aufgabe einer Flucht- als auch die einer Brandschutztür übernehmen. Darüber hinaus sollte im Tagesbetrieb die Kurzzeitfreigabe durch Ansteuerung des vorgeschalteten Fluchttürterminals über Wandleser innen und außen eine mögliche Begehung der Tür regeln. Während eine Fluchttür im Alarmfall über die Brandmeldeanlage jedoch automatisch freigeschaltet wird, muss eine Brandschutztür entsprechend den EN-Normen im selben Fall geschlossen bleiben. So wird ein Ausbreiten des Feuers verhindert bzw. zeitlich verzögert.
Häfele löste diese scheinbar gegensätzlichen Anforderungen durch eine Hightech-Tür mit zwei unterschiedlichen, untereinander angeordneten Türverschlusssystemen (Bild 2): Eines davon arbeitet in Ruhestromfunktion, das zweite mit Arbeitsstrom. Wird nun der Fluchttüröffner durch Ansteuerung der Brandmeldeanlage über das Fluchttürterminal freigegeben, bleibt die Falle des zweiten Schlosses vorschriftsgemäß im Schließblech und hält die Tür geschlossen. Die Fluchttürfunktion erfüllt die Tür dennoch, denn das zweite Schloss lässt sich problemlos über eine normale Drückergarnitur betätigen. Im Normalbetrieb werden beide Schlösser parallel über Dialock-Wandterminals gesteuert.
Auch bei zwei Fluchttüren zum Außenbereich waren innovative Lösungen gefragt: Unverschließbares Panikschloss und versicherungstechnischer Verschluss waren hier die beiden widersprüchlichen Anforderungen. Sie werden erfüllt durch eine selbstschließende Dreifachverriegelung. Zusammen mit verdeckt liegenden Kabelübergängen für das Motorschloss und durch Verwendung von Obentürschließern entsprechen beide Türen damit der VdS-Klasse A (Bild 3). Ein weiterer Vorteil der Mehrfachverriegelung: Die zusätzlichen Schließpunkte stabilisieren die 2,5 m hohe Aluminiumtür.
Fazit
Elektronische Schließsysteme gewährleisten den wirtschaftlichen Nutzen eines Gebäudes. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf Organisationsmanagement und sich verändernde Nutzungssituationen. Auf den Fachplaner kommen damit neue Aufgaben zu. Bei der Realisierung solcher Schließlösungen stellen elektronisch gesicherte Sondertüren besondere Anforderungen. Sie bieten jedoch auch Möglichkeiten, die mit rein mechanischen Verschlüssen nicht denkbar wären. Nur ein Beispiel: Die Anbindung von Brandschutz- und Fluchttüren an die Brandmeldeanlage eines Gebäudes.
Frank Brandenburg
ist Leiter Verkauf Objekttechnik und elektronische Sicherheitssysteme bei der Häfele GmbH & Co. KG, Nagold. Telefon (0 74 52) 9 52 90, E-Mail: frank.brandenburg@haefele.de, https://www.hafele.com/us/en/