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- Die Polarstation Bharati wurde in Deutschland geplant, vorgefertigt und 2012 von deutschen Unternehmen ausgeführt und aufgebaut.
- Um die Funktion der lebensnotwendigen Technischen Gebäudeausrüstung abzusichern, wurde der Ingenieursvertrag um die Wartung erweitert.
- Wartungsarbeiten können jedoch aus logistischen Gründen nur im kurzen arktischen Sommer durchgeführt werden, sodass eine akribische Vorbereitung und eine präventive Kontrolle der Bauteile für die Lebenserhaltung der überwinternden Besatzung enorm wichtig ist.
Nach der Auftragserteilung für die Gebäudetechnikplanung der indischen Polarstation Bharati (bedeutet „indisch“ oder „kleines Indien“) konnte die m+p gruppe ihr fundiertes Wissen aus der Planungserfahrung der deutschen Polarstation „Neumayer III“ sofort zum Einsatz bringen. Das Planungsteam begann mit der Vorplanung der Station. Diese sollte ca. 50 Personen im Sommer und 15 Personen im Winter fassen können und nach dem „State of the Art“ geplant und gebaut werden. Dabei sollten alle Annehmlichkeiten eines komfortablen Aufenthaltes während der wissenschaftlichen Untersuchung des Klimawandels, der Meeresbiologie und anderer Fachbereiche geboten werden.
Neben den technischen Versorgungseinrichtungen und Laborräumen, die der Forschung dienen, wurden auch großzügige Freizeit- und Gemeinschaftsräume, wie eine Lounge, Sauna und Fitnessräume, geschaffen. Nach mehreren Vorstellungen und Abstimmungen mit dem Kunden in Goa, Indien, stand das Grundgerüst, und die Entwurfsplanung wurde vervollständigt. Als die Ausführung freigegeben wurde, konnte die Vormontage der Containerbauweise 2011 in Duisburg beginnen und 2012, nach einer langen Seereise über den Atlantik in der Antarktis, am Larsemann Hills fertiggestellt werden.
Nachdem die Polarstation Bharati im Jahr 2012 durch einen Generalunternehmer fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde, stellte sich die Frage, wie die Station fortan optimal gewartet werden sollte, um einen möglichst langen Betrieb zu gewährleisten. Da die logistische Versorgung mit Nahrungsmitteln, Ersatzteilen sowie Betriebsstoffen der Station auf die kurzen antarktischen Sommermonate (November bis März) beschränkt ist, wurde die ganzjährige technische Wartung in denselben Zeitraum gelegt. Gemeinsam mit einem Wartungsteam von mehreren Technikern machte sich m+p 2013 wieder zurück auf den Weg in die Antarktis, um die technischen Anlagen vor Ort zu warten. Die Hauptaufgabe des Planungsbüros m+p bestand darin, die Wartungsarbeiten für den Auftraggeber National Centre of Antarctic and Ocean Research (NCAOR) zu begleiten sowie den technischen Zustand zu bewerten.
Gesamte Wartung in nur einem Monat
Bei der Bildung des Wartungsteams war es wichtig, eine Mannschaft zusammenzustellen, die die betriebstechnischen Anlagen vor Ort aus der Bauphase bereits genauestens kennt. Eine ausgeprägte Technikaffinität, eine hohe Einsatzbereitschaft sowie eine gute Teamfähigkeit sind entscheidend, um in einem so kurzen Zeitraum die notwendigen Maßnahmen erfolgreich durchführen zu können. Alle notwendigen Arbeiten konnten in nur einem Monat (Januar 2015) erfolgreich abgeschlossen werden.
Der technische Wartungsumfang umfasste drei redundante BHKW-Anlagen, die die Energieerzeugung der Station sicherstellen, die Wasser- und Abwasseraufbereitungsanlagen (Umkehrosmose, Membranbelebungsreaktor) sowie alle üblichen HLS und Elektro Gewerke (Sicherheitsbeleuchtung, Brandmeldeanlage).
Präzision und Verantwortung gefragt
Die Komplexität der betriebstechnischen Anlagen der Forschungsstation kann – soweit überhaupt möglich – mit der eines Schiffes verglichen werden. Ein Schiff kann bei einer Havarie jedoch noch durch den nächstgelegenen Hafen gerettet werden und es stehen für akute Fälle Rettungsboote zur Selbsthilfe zur Verfügung. Bei einer Antarktisstation, welche im Eis in über 5000 km Entfernung von jeglicher Zivilisation steht, funktioniert das nicht. Deshalb ist bei der Wartungsarbeit ein hohes Maß an Präzision und Verantwortung gefragt, da diese von essenzieller Bedeutung für die Funktion der Station ist.
Viele Dinge – wie Anlagenredundanz – wurden zwar bereits in der Planung berücksichtigt, können allerdings niemals eine vollständige Garantie für eine funktionierende Gesamtanlage bieten. Es ist daher von entscheidender Wichtigkeit, die Anlagen nicht nur zu warten, zu reparieren und instand zu halten, sondern vielmehr auch präventiv zu schauen, ob ein Bauteil die nächste Winterperiode überlebt. Eine anständige Werkstattausstattung sowie eine gute jähr-liche Ersatzteilversorgung sind ebenso erforderlich wie eine präzise Wartungsarbeit vor Ort.
Hätten Sie das gewusst?
Polarstationen werden üblicherweise aufgeständert. Mit Architektur hat das jedoch weniger zu tun: Würden die Gebäude auf dem Boden stehen, würden sie vom Schnee sehr schnell zugeweht werden. Auch die aerodynamische Form der Polarstation Bharati folgt den örtlichen Bedingungen – mit Windgeschwindigkeiten bis 230 km/h.
M.Eng. Anton Ens
m+p consulting Nord GmbH, Braunschweig, www.mp-gruppe.de