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- Realisierte Mehrfamilienhäuser belegen, dass der Passivhaus-Standard im Vergleich zum EnEV-2016- und KfW-Effizienzhaus-Standard zu fast gleichen Kosten realisiert werden kann. Von der Wohnungswirtschaft werden jedoch wichtige Kostenblöcke zur Einsparung von Bau- und Unterhaltskosten häufig noch ignoriert.
- Schlüsselfaktoren zur Kostensenkung sind der Verzicht auf die Heizkostenabrechnung, einfach gehaltene Gebäudetechnik, die Passivhaus-Erfahrung der beteiligten Akteure, hocheffiziente Serien-bauteile sowie eine durchdachte Vorfertigung und Baustellenlogistik.
- Hochwertige Fenster und besonders energieeffiziente Lüftungstechnik ermöglichen es, die Dämmdicke zur Kostensenkung zu optimieren. Innovationspotenzial wird noch bei der Heizungstechnik gesehen.
Energieeffizientes Bauen muss nicht teuer sein. Bei sorgfältiger Planung und rationellen Baumethoden ist der Passivhaus-Standard sogar fast ohne Mehrkosten gegenüber der aktuell gültigen EnEV 2016 realisierbar. Herausragende Referenzen finden sich mittlerweile im gesamten deutschsprachigen Raum. Selbst im sozialen Wohnungsbau ist heute bei 5 Euro/m2 Bruttomiete der Passivhaus-Standard umsetzbar, wie die gemeinsame Initiative der Stadtgemeinde Schwaz, des Landes Tirol und der Neuen Heimat Tirol zeigt. Für die Anhänger des Passivhaus-Standards gelten dieses Projekt sowie Beispiele des Wohnungs- und Immobilienkonzerns ABG Frankfurt Holding als Durchbruch und Nachweis, dass mit einer exakten Detailplanung der energieeffizienten Maßnahmen und dem Einsatz von Serienbauteilen ein Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/(m2 a) erreicht werden kann.
„Leistbarer Wohnungsbau“ ist auch im Passivhaus-Standard möglich
Für Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts in Darmstadt und Universitätsprofessor an der Fakultät Hochbau, Bauphysik und Gebäudetechnik der Universität Innsbruck, eignet sich das Konzept des Passivhauses (PH) inzwischen auch für den „leistbaren Wohnungsbau“. Die bisherigen Hemmnisse in dieser Kategorie seien weniger technischer oder wirtschaftlicher Natur, sondern eher eine Frage der Fortbildung bei den Akteuren.
Insbesondere die Wohnungswirtschaft hätte hier noch Nachholbedarf. Vielfach orientiere sich diese Branche an ihren schwächsten Mitgliedern. Wichtige Kostenblöcke zur Einsparung von Bau- und Unterhaltskosten werden dort ignoriert, beispielsweise die Minimierung bzw. der Wegfall der konventionellen Heizungsanlage, das Entfallen der Gebühren für die Heizkostenabrechnung sowie die geringeren Wartungs- und Betriebskosten von Passivhäusern. Leider ließen sich die Anhänger konventionellen Bauens von Schlagzeilen wie „Dämmen bringt nichts“, „Volksverdämmung“ und „Sanierungslüge“ leiten und nicht von den aktuellen realen Gegebenheiten, so Feist.
Ein wichtiger Meilenstein: Auf die Heizkostenabrechnung verzichten
Hart ins Gericht mit der Wohnungswirtschaft ging auch Frank Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung der ABG Frankfurt Holding, (Eigentümerin: Stadt Frankfurt am Main). Das Unternehmen betreut einen Bestand von rund 51 000 Wohnungen für etwa ein Viertel der Frankfurter Bevölkerung und gilt als einer der Pioniere bei der breiten Umsetzung des Passivhaus-Standards im Geschosswohnbau. „Nach unseren Erfahrungen sind die Wohnungsbauunternehmen die Bremser der verschärften EnEV. Seit über 15 Jahren sind wir mit Passivhäusern auch kommerziell erfolgreich.“
Wichtig seien ein intelligentes, gewerkeübergreifendes Planungssystem und die Einhaltung der Passivhausregeln von der Vorplanung bis zur Bewirtschaftung der Immobilie. Junker ist überzeugt, dass bei einer sorgfältigen Planung ein höherer Gebäudeenergie-Standard nicht baukostensteigernd ist. „Wir stellen fest, dass sich das Passivhaus mehr und mehr durchsetzt und damit den Stand der Technik im Neubaubereich vorgibt.“
Allein in Frankfurt hat die ABG über 3000 Wohnungen im Passivhaus-Standard realisiert. Inzwischen seien konventionell erstellte Gebäude nach EnEV- oder KfW-Effizienzhaus-Standard in Frankfurt oft teurer als die von der ABG errichteten Passivhäuser, berichtet Junker. Ein wichtiger Meilenstein zu mehr Kosteneffizienz sei die Ausnahmeregelung für Passivhäuser von der Heizkostenverordnung, wenn der Heizwärmebedarf unter 15 kW/(m2 a) liegt.
Ein Monitoring durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik in einer ABG-Liegenschaft habe bestätigt, dass durch die Warmmiete keine zusätzliche Belastung für den Vermieter entsteht. Eigenen Erfahrungen zufolge seien Passivhausgebäude bei der Errichtung heute nur noch etwa 3 bis 5 % teurer als solche nach EnEV 2016. Allerdings hätten Gebäude im Passivhaus-Standard längerfristig ein höheres Mietsteigerungspotenzial, sodass sich für die Wohnungswirtschaft die zusätzlichen Investitionen in jedem Fall rechnen.
Weniger Dämmdicke durch effizientere Fenster und Lüftungsanlagen mit WRG
Die Planung von Passivhäusern ist ein Spiel mit vielen Variablen, das sehr viele Kenntnisse der realen Baukosten, der einzubauenden Komponenten, der Klimazone sowie der Lage des Bauwerks und dessen Verschattung durch andere Gebäude voraussetzt. Für Feist ist die Planung eines Passivhauses ein dynamischer Prozess, der je nach Erfahrung und Kenntnisstand des Architekten bzw. Planers kostentreibend oder kostensenkend sein kann.
Eine wichtige Rolle komme dabei den Komponenten „Fenster“ und „Lüftung“ zu, die in den letzten Jahren bei stabilen bis sinkenden Preisen bedeutend effizienter geworden sind. Feist empfiehlt, die am höchsten verfügbare Qualität einzusetzen, denn dann könne eine geringere Dämmstärke gewählt werden, was sich insbesondere im Geschosswohnbau auszahle.
Gute Passivhaus-Fenster bestehen, so Feist, aus schmalen, hochwärmegedämmten Rahmen, einer Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung (kostengünstig mit Argon-Füllung) und einem thermisch getrennten Abstandshalter. Damit könnten Fenster-U-Werte von unter 0,7 W/(m2 a) bei einem g-Wert von 0,52 erreicht werden. Die Differenzkosten zu einem konventionellen Fenster mit einem U-Wert von 1,2 W/(m2 a) und g = 0,64 betragen inzwischen nur noch etwa 50 Euro/m2 (± 20 %).
Deshalb sei es möglich, Passivhäuser zu geringeren Mehrkosten zu realisieren, da durch die höherwertigen Fenster die Dämmstoffstärke verringert werden kann. Bei Passivhaus-Fenstern sei vor allem die Qualitätskontrolle wichtig. Oft würden zwar Fenster mit „warmer Kante“ bestellt, jedoch ein kalter Rahmenverbund geliefert. Für Feist geht die Entwicklung von Passivhaus-Fenstern noch weiter: Ug-Werte von 0,35 W/(m2 K) seien bereits auf dem Markt. Er empfiehlt auch, der Fenster-Wand-Schnittstelle mehr Beachtung einzuräumen. Dabei spiele die rationelle Montage und die Luftdichtheit zur Wand eine tragende Rolle bei der Wirtschaftlichkeit.
Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung sind unverzichtbar
Einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern leistet auch die neue Generation an Wohnungslüftungssystemen mit Wärmerückgewinnung. Während reine Abluftanlagen als Minimalausstattung mit rund 1250 Euro je Wohneinheit im Passivhausbereich eher als Notlösung ohne Einsparbeitrag gelten, bieten die neuen Wohnungslüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung in Passivhausqualität nicht nur mehr Komfort, sondern auch einen höheren Einsparbeitrag für die Passivhauszertifizierung.
Solche Anlagen wurden in der Vergangenheit mit etwa 4500 Euro je Wohneinheit (ca. 80 m2, montiert) kalkuliert; heute gibt es bereits Systeme in der Größenordnung von 3000 Euro je Wohneinheit inklusive Montage. Diese Preise sind allerdings nur durch eine ausgefeilte Baustellenlogistik zu erreichen. Generell scheinen in den Bereichen Systemtechnik, Vorfertigung und Baustellenlogistik noch hohe Kostensenkungspotenziale zu liegen.
Weitere Einsparungen seien beim Stromverbrauch der Lüftungssysteme zu erwarten, so Feist. Die kostensenkenden Innovationen rund um Wohnungslüftungssysteme würden dem Passivhaus-Standard vollends zum Durchbruch verhelfen, auch wegen der zu erwartenden weiteren Einsparungen bei den Heizkosten.
Zu bedenken sei, dass viele Kosten beim Bau von Passivhäusern nichts mit den eigentlichen Investitionen zu tun haben, sondern mit der Lernkurve der beteiligten Planer und ausführenden Unternehmen, konstatiert Feist. Fehlendes Passivhauswissen führe zu kostensteigernden Lösungen mit unnötigen Sicherheitszuschlägen. Seine Erfahrung: „Mit jedem ausgeführten Passivhaus-Projekt reduzieren sich die spezifischen Mehrinvestitionen von Passivhäusern.“ Betrugen diese beim ersten Passivhaus in Kranichstein im Jahr 1991 noch rund 320 Euro/m2 so lagen sie im Jahr 2016 nur noch zwischen 50 und 80 Euro/m2. Bis 2020 seien auch Werte deutlich unter 50 Euro/m2 erreichbar, so Feist.
Höhere Kosten und mehr Fehler durch komplexe Ausführungsdetails
Wie stark die Komplexität technischer Ausführungsdetails die Kosten beeinflussen kann, zeigte Rainer Pflüger von der Universität Innsbruck in seinem Vortrag „Reproduzierbare kostengünstige Lösungen für den Passivhaus-Geschossbau“ am Beispiel des Campagne-Areals in Innsbruck auf. Dabei handelt es sich um rund 1100 Wohnungen auf einer Grundstücksfläche von ca. 84 000 m2.
Grundsätzlich sei der Bau von Passivhäusern heute keine technologische Herausforderung, wenn man sich auf Regelbauteile konzentriere. Auch hohe Dämmstärken könnten heute kostengünstig und verarbeitungssicher erstellt werden, so Pflüger. Wichtig seien möglichst einfach auszuführende, reproduzierbare Standarddetails und ein hoher Vorfertigungsgrad. Bei Fenstern habe sich die Vorwandinstallation gegenüber dem Rahmeneinbau in der Tragstruktur durchgesetzt. Der Grund sind Wärmebrückenverluste beim Einbau in die Tragstruktur sowie geringere solare Gewinne durch die zurückgesetzten Fenster. Um höhere solare Gewinne zu erzielen, seien Abschrägungen der Laibung wichtig.
Unter statischen Gesichtspunkten seien beim Fenstereinbau nur Lastabtragungen im Eckbereich notwendig. Baupraktisch sei ein durchgehender Balken aus Holz oder anderen Werkstoffen mit geringer Wärmeleitfähigkeit ausreichend. Für schalltechnisch anspruchsvolle Situationen gibt es für den rationellen Fenstereinbau inzwischen fertige Vorwandmontagesysteme. Weiteres Rationalisierungspotenzial bieten Einbaurahmensysteme, da damit Fehler vermieden und der Bauablauf beschleunigt werden könne.
Auch Pflüger ist überzeugt, dass durch Vorfertigung und eine bessere Baustellenlogistik weitere Kostensenkungspotenziale beim Bau von Passivhäusern bestehen. Erfahrungen aus den Niederlanden haben gezeigt, dass damit bis zu 50 % Kosteneinsparungen am Bau möglich seien.
Ein PH-Zertifizierer hilft, Fehler bei der Planung zu vermeiden
Es ist schon beeindruckend, wie viel Know-how das Passivhaus Institut seit seiner Gründung im Jahr 1996 akkumuliert hat. Damit wird auch den Newcomern der Einstieg in den Passivhaus-Standard erleichtert. Wer als Passivhaus-Neuling ganz sichergehen will, schaltet bereits bei Beginn einer Passivhaus-Planung einen Zertifizierer ein, denn dadurch lassen sich die typischen Anfangsfehler vermeiden. Doch auch bei eher routinierten Passivhaus-Planern können Zertifizierer noch zwischen 20 und 40 Hinweise auf eine Passivhaus-konforme Planung und Ausführung geben. Martin Sambale vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) nennt als typische Fehler:
- falsche Klimadatensätze
- falsche Flächenangabe
- Abweichung des realen Baugrundstücks von der geplanten Himmelsrichtung
- Fehleinschätzung von Verschattungen (führen zur Überhitzung im Sommer)
- Planungsfehler bei der Lüftung (sehr häufig) und bei den Fenstern (häufig)
Auch der Verbrauch von Hilfsstrom für Regelungs- und Steuerungsaufgaben werde unterschätzt. Neben dem Erkennen von Fehlern durch das Vier-Augen-Prinzip erhält der Planer im Rahmen der Passivhaus-Zertifizierung noch ganz grundsätzliche, aber auch konkrete objektbezogene Hinweise zum Passivhaus-gerechten Bauen. Von Vorteil ist, dass durch die begleitende Zertifizierung der gesamte Planungsprozess dokumentiert wird und damit alle Planungsschritte nachverfolgt werden können. Bezogen auf die Gesamtkosten eines Passivhauses, den Lebenszyklus des Gebäudes und die Betriebskosten sei das Honorar für den Zertifizierer vernachlässigbar.
Die Techniken und Komponenten zum Erreichen der Klimaziele sind verfügbar
Besondere Beachtung fand der Plenarvortrag von Burkhard Schulze Darup, Architekt und Städteplaner, Berlin/Nürnberg, zum Thema Passivhaus – Quo vadis? Er ist überzeugt, dass – im Gegensatz zu anderen Sektoren der Energiewende – im Gebäudebereich die Techniken und Komponenten zum Erreichen der Klimaziele mittlerweile vorhanden sind. Allerdings müssten die im Passivhausbau verwendeten Effizienzkomponenten einfacher und nachhaltiger werden, um die Mehrkosten gegenüber konventionellen Bauweisen weiter zu reduzieren. Dabei sollte die Nutzungsdauer der Bauteile mindestens 60 Jahren betragen.
Schon heute lägen die Mehrkosten einer Passivhaus-Wanddämmung gegenüber EnEV-Standard bei nur noch 12 bis 30 Euro/m2 Wohnfläche, je nach Geschossigkeit. Besonders deutlich seien die Kostensenkungen bei Passivhaus-Fenstern, die vor 20 Jahren noch um den Faktor 3 teurer als Standardfenster waren. Heute liegen die Mehrkosten bei nur noch 5 bis 15 Euro/m2 Wohnfläche. Allerdings könnte der Aufwand für die Qualitätssicherung bei Wärmebrücken und der Luftdichtheit der Gebäudehülle am Beginn der Lernkurve eines Passivhaus-Planers durchaus bei 30 Euro/m2 Wohnfläche liegen.
„15 bis 20 Teelichter“: Hohes Potenzial zur Vereinfachung der Heiztechnik
Eher disruptive Änderungen sind bei der breiten Einführung des Passivhaus-Standards bei den konventionellen Heizsystemen zu erwarten. „Wenn ein Einfamilienhaus im Passivhaus-Standard auch bei kaltem Winterwetter mit 15 bis 20 Teelichtern beheizt werden kann, so wird offenkundig, dass es ein hohes Potenzial zur Vereinfachung der Heiztechnik gibt“, meint Schulze Darup.
Da die Energiewende „elektrisch“ ist, müssten erneuerbare Wärme und regenerative Stromgewinnung zusammengeführt werden. Durch einfachere Systemlösungen für die Heizung und Trinkwassererwärmung könnten 15 bis 40 Euro/m2 Wohnfläche eingespart werden. Das gelte insbesondere für Wärmepumpenkonzepte, bei denen neben dem Aggregat sowohl primärseitig als auch auf der Heizseite jeweils deutlich kleinere Lösungen als für den EnEV-Standard gefordert sind, sagt Schulze Darup. Wichtig sei es, einen Wettbewerb in der Heizungsbranche zu initiieren, damit auf diesem wichtigen Feld zeitnah einfache, innovative Konzepte auf den Markt kommen.
Auch bei der Lüftungstechnik müsse sich bei den Kosten (Investition und Wartung) noch etwas bewegen. Die bisherigen Investitionskosten lägen bei 50 bis 100 Euro/m2 Wohnfläche, innovative Lüftungslösungen könnten heute schon ab 35 Euro/m2 Wohnfläche bzw. 3000 Euro je Wohneinheit im Geschosswohnbau gebaut werden, so Schulze Darup.
Fazit
Die Anzahl und Kostenstruktur der realisierten Passivhaus-Projekte lassen vermuten, dass der Passivhaus-Standard beim Invest mit den konventionell erstellten Gebäuden nach EnEV- bzw. KfW-Effizienzhausstandard zeitnah gleichziehen wird. Das für jeden Planer nutzbare, umfassende Know-how des Passivhaus Instituts sowie die Hilfestellung durch Passivhaus-Zertifizierer erleichtern den Einstieg für Newcomer.
Weitere Effizienzverbesserungen sind bei Fenstern, Wohnungslüftungssystemen und Wärmepumpen zu erwarten. Im Geschosswohnbau spielen künftig die Vorfertigung, der rationelle Einbau und die Baustellenlogistik eine tragende Rolle zur Senkung der Baukosten.
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Je nach Erfahrung und Kenntnisstand des Architekten bzw. Planers kann der Passivhaus-Standard kostentreibend oder kostensenkend sein. Wer als Passivhaus-Neuling sichergehen will, schaltet bereits bei Beginn einer Passivhaus-Planung einen Zertifizierer ein, denn dadurch lassen sich die typischen Anfangsfehler vermeiden.
Anlagenbauer: Basiselement des Passivhaus-Standards ist eine hocheffiziente Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung. Allerdings besteht hier auch großer Preisdruck, der vorgefertigte Lösungen und eine ausgefeilte Baustellenlogistik erfordert.
Bauherren: Praxiserfahrungen zeigen, dass bei einer sorgfältigen Planung ein höherer Gebäude-energie-Standard nicht baukostensteigernd ist. Zudem haben im Passivhaus-Standard errichtete Gebäude längerfristig ein höheres Mietsteigerungspotenzial.
Nachhaltigkeitsbewertung mit PER
Aufgrund des zunehmenden Anteils erneuerbarer Energien in der Versorgung mit Strom ergeben sich aus Sicht von Burkhard Schulze Darup grundlegend neue Konstellationen für die Gebäude- und Versorgungstechnik. Zur Bewertung der energetischen Nachhaltigkeit eines Gebäudes hat das Passivhaus Institut 2014 erstmals den sogenannten PER-Faktor (Primary Energy Renewable) eingeführt. Mit der Version 9 des Passivhaus-Planungstools PHPP sind diese PER-Faktoren weltweit als Zertifizierungsgrundlage eingeführt.
Definiert ist PER als Quotient aus „Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen“ und „Endenergiebedarf Gebäude“. Direkt genutzter Wind- und PV-Strom weisen einen PER-Faktor von 1,0 auf; aus Windstrom mittels Elektrolyse generiertes Gas dagegen einen PER-Wert von 1,75. Bei der Rückverstromung von synthetischem Erdgas (Windgas) müsse dies künftig bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von Energiekonzepten beachtet werden, meint Schulze Darup.
Im Idealfall sollte Strom aus erneuerbaren Quellen mittels Wärmepumpe in Wärme umgewandelt werden. Dadurch sei eine sehr hohe erneuerbare Versorgungseffizienz zu sehr günstigen Kosten gegeben, die im Bereich zwischen 0,03 bis 0,05 Euro/kWh Wärmeenergie liege. Allerdings müsse die Versorgung in Zeiten ohne Sonne und Wind (Dunkelflaute) noch gelöst werden. Ein hoher Power-to-Gas-Anteil (Windgas) am Energiemarkt würde zu deutlichen Kostensteigerungen führen. Ein wesentliches Qualitätskriterium für alle Arten von Gebäuden werde die minimierbare Lastspitze zu Zeiten der Dunkelflaute sein, resümiert Schulze Darup. Der Passivhaus-Standard biete dazu die besten Voraussetzungen für kostengünstige regionale und nationale Versorgungsstrukturen.
Wolfgang Schmid
ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de