Feuchte Decken, Wände und Böden im Gebäude sind immer wieder ein Grund für juristische Auseinandersetzungen, Regress- und Gewährleistungsansprüche, Forderungen auf Schadenersatz oder Verdienstausfall. Häufig werden die unabhängigen Bausachverständigen von TÜV SÜD von Bauherren, Versicherungen oder Gerichten beauftragt, die Ursache zu finden.
So haben die Experten in den vergangenen Jahren zahlreiche Fälle untersucht, die Eines gemeinsam hatten: Mit einer regelwerkskonformen Druckprüfung haben die ausführenden Firmen formal nachgewiesen, dass sie die vereinbarte Werksleistung erbracht hatten und diese offensichtlich mängelfrei war. Dennoch entwichen schon kurz danach größere Mengen Wasser aus dem Leitungssystem. Auf den ersten Blick war nicht ersichtlich, wie es zu der Leckage kommen konnte. Mehr oder weniger offensichtlich trat nur der Wasserschaden zu Tage.
Leckagen in diesen Neubauten führten zu Existenznot
Bei einem Hotelneubau beispielsweise war es eine einzelne undichte Druckrohrverbindung in einer der oberen Etagen, die zu umfangreichen Rückbau- und Sanierungsmaßnahmen führte. Große Teile der darunter liegenden Stockwerke wurden in den Rohbauzustand zurückversetzt. Das Wasser hatte unerkannt über längere Zeit die Bausubstanz durchfeuchtet und teilweise auch das Mobiliar in Mitleidenschaft gezogen.
Ein normaler, geregelter Betrieb des Hotels war so lange Zeit nicht möglich. Die finanziellen Schäden für die Hotelbetreiber und der Imageverlust waren enorm. Schließlich mussten sich die Gäste und das Personal mit lärmintensiven Bau- und Trocknungsmaßnahmen arrangieren, was für viele Beschwerden und kulante Preisnachlässe sorgte.
Auch in einer neu gebauten Villa war eine undichte Trinkwasserleitung der Grund dafür, dass über Monate unbemerkt Wasser in den Fußbodenaufbau gelangte. Allein die Sanierung kostete 1,5 Mio. Euro. Zudem sank der Verkehrswert um etwa 500 000 Euro, weil das prächtige Gebäude bald über die Stadtgrenzen hinaus als „Schimmelhaus“ bekannt war. In beiden Fällen hatten die Installationsbetriebe, welche die Werksleistungen erbracht hatten, jeweils ihre Rohrleitungssysteme vor Übergabe an den Bauherren geprüft und die Dichtigkeit regelwerkskonform bestätigt.
Undichte Leitungen trotz Prüfung
Das sind keine Einzelfälle: Mehrere Hundert Millionen Euro wenden Gebäudeversicherer in Deutschland jährlich auf, allein um Wasserschäden bei Neubauten zu regulieren. Wie es dazu kommt, ist auf den ersten Blick häufig nicht sofort erkennbar. Schließlich bilden die Normenwerke in der Regel auch die anerkannten Regeln der Technik ab und es ist per Definition davon auszugehen, dass eine diesen entsprechend durchgeführte Prüfung wirksam ist und Leckagen zuverlässig identifiziert.
Die Sachverständigen von TÜV-SÜD kommen jedoch in vielen Gutachten zu dem Schluss, dass unter Umständen mangelhaft verlegte Trinkwasserleitungen in Betrieb genommen wurden, obwohl außer Frage stand, dass diese den Regelwerken entsprechend geprüft wurden. Ermöglicht wird das durch eine Kombination unterschiedlicher Faktoren, die Fehler bei der Arbeit begünstigen:
· Während früher ausschließlich mit Wasser abgedrückt wurde, wird heute vermehrt mit Druckluft oder inerten Gasen geprüft, um einer vermeintlichen Verkeimung vorzubeugen.
· Der Prüfdruck bei Prüfmedium Wasser liegt bei 11 bar, bei Druckluft / inertem Gas beträgt er maximal 3 bar.
· Die Prüfung mit Druckluft im Zuge der Ausführung erfolgt in vielen kleinen Abschnitten und stellt enorme Anforderungen an die Koordination, um alle Schnittstellen zwischen den Abschnitten dennoch sicher zu erfassen.
· Diverse neue Verbindungstechniken und Werkstoffe haben sich etabliert.
· Bei der Vielfalt an Werkstoffen, Verbindungstechniken und Prüfmöglichkeiten, fällt es auch qualifizierten Fachkräften häufig nicht leicht, den Überblick zu behalten über die jeweils korrekt zutreffende Prüfmethodik.
Insbesondere die Dichtheitsprüfung mit Druckluft / inerten Gasen birgt das Risiko, dass bereits vorhandene Leckagen „übersehen“ werden oder erst nachträglich zu Tage treten. Die Gründe für diesen Mangel sind vielfältig und wurden ausführlich bereits an anderer Stelle erörtert. Doch wie die obigen Beispiele zeigen, bietet auch das regelwerkskonforme Abdrücken mit Wasser unter Umständen keine Garantie dafür, dass das Leitungssystem dauerhaft dicht bleibt.
Verbindungen lockern sich mit der Zeit
Sind Rohrverbindungen verkantet, beschädigt oder nicht sorgfältig verarbeitet, halten sie zunächst einem statischen Druck in vielen Fällen stand, lockern sich dann allerdings in Folge der im laufenden Betrieb unvermeidbaren (dynamischen) Druckstöße. Die mangelhaft ausgeführte Verbindung bleibt damit bei der bisherigen Dichtheitsprüfung unauffällig und wird nicht entdeckt. Doch im Betrieb sorgen die regelmäßigen Druckstöße dafür, dass sich zum Beispiel die Pressfittings lockern, undicht werden und Wasser ausläuft.
Oft vergehen Monate, bis sich der Verdacht auf einen Wasserschaden erhärtet. Die Suche nach der Leckage gestaltet sich dann mitunter schwierig und langwierig, weil nicht klar ist, in welchem Leitungsabschnitt das Wasser austritt. TÜV SÜD empfiehlt Fachplanern deshalb, schon beim Design des Leitungssystems und bei der Auswahl der Komponenten darauf zu achten, dass sich die Rohre zuverlässig verbinden lassen. Denn Bauteile von minderwertiger Qualität erhöhen das Risiko für einen Wasserschaden.
Das Impulsspülverfahren nutzen
Zudem sollten Installateure und Bauherren eine vom Standard abweichende Druckprüfung vereinbaren: Unmittelbar vor der Inbetriebnahme es Neubaus, wenn die Leitungen erstmals befüllt und das gesamte System gespült wird, erfolgt die Druckprüfung mit Wasser nach DIN EN 806.
Zusätzlich zu den Arbeitsschritten des Regelwerks wird die Prüfung um moderate Druckstöße ergänzt (= Impulsspülverfahren; siehe Info-Kasten). Auf diese Weise werden die späteren Druckstöße näherungsweise simuliert, die sich durch das Öffnen und Schließen der Armaturen im Regelbetrieb sowieso ergeben.
Optional kann es insbesondere bei größeren Zweckbauten sinnvoll sein, die Leitungen wie üblich schon während der laufenden Montage abschnittsweise mit Druckluft oder inerten Gasen zu prüfen. Dann können offensichtliche Verarbeitungsdefizite (z. B. schlecht verpresste Fittings) schon in der Rohbauphase erkannt und behoben werden.
Gleichzeitig dienen diese baubegleitenden Prüfungen jedoch nicht mehr dazu, die Dichtheit des Leitungssystems endgültig und abschließend zu belegen. Vielmehr sind sie als hilfreicher Zwischenschritt zu betrachten, der im Falle einer Undichtigkeit größeren Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten bei der abschließenden Druckprüfung vorbeugt.
Das Impulsspülverfahren
Das Impulsspülverfahren ist bereits seit vielen Jahren etabliert, wird bislang jedoch ausschließlich dazu genutzt, um Verkrustungen in Bestandsanlagen oder mögliche Verunreinigungen in Neuanlagen zu beseitigen. Dem Wasserstrom wird beim Spülen kontrolliert und impulsartig Druckluft zugeführt. Daraus resultieren Scherkräfte und lokal hohe Fließgeschwindigkeiten, die nicht nur auf die Verkrustungen, Ablagerungen und Verunreinigungen wirken, sondern auch auf die Rohrverbindungen. Es ist darauf zu achten, den Impulsdruck stets unter dem zulässigen Betriebsüberdruck zu halten. So wird einerseits die Intensität der später im Betrieb auftretenden Druckstöße simuliert und nicht sorgfältig verpresste Verbindungen lockern sich. Andererseits sind die Impulse moderat, sodass unzulässig hohe Druckstöße vermieden werden, welche die Lebensdauer des Rohrsystems verkürzen könnten.
Schäden früh lokalisieren und sofort eingrenzen
Das beschriebene Verfahren ist zwar aufwendiger als die Druckprüfung nach DIN EN 806. Doch die Erfahrung der TÜV-SÜD-Sachverständigen zeigt, dass sich damit bereits nicht sorgfältig ausgeführte Rohrverbindungen zuverlässig identifizieren lassen, die sich erst im späteren Betrieb gelockert hätten.
Deshalb kennen sie die Vorteile, die aus diesem neuen Verfahren resultieren: Durch die Prüfung unmittelbar vor der Inbetriebnahme stagniert das Wasser nicht, was einer möglichen Verkeimung effektiv entgegenwirkt. Schäden infolge der Undichtigkeit können stark begrenzt werden, wenn die ausführenden Installateure die Leitung bei einem Druckabfall sofort absperren. Es treten dann lediglich wenige Liter Wasser aus, was keine größeren Schäden verursacht.
Den Mangel und den lokal begrenzten Wasserschaden können die auf der Baustelle Tätigen mit wenig Aufwand beheben. Lediglich der Bereich um das undichte Bauteil muss freigelegt und nach der Reparatur instand gesetzt werden. Das führt zu einem wesentlich geringeren Gewährleistungs- und Haftungsrisiko für die ausführenden Betriebe, die auf diese Weise kostenintensiven Sanierungen mit Rückbau von Innenausbauten und Fußböden vorbeugen.
Davon profitieren auch die Fachplaner. Denn bei einem Wasserschaden mit dokumentierter, erfolgreicher Druckprüfung werden immer auch Planungs- und vor allem Bauüberwachungsfehler als mögliche Ursache diskutiert. Häufig sind sie dann gefordert, gerichtsfest darzulegen, dass ihre Werksleistung keine planerischen Mängel aufwies.
Mit dem Hinweis auf die modifizierte Druckprüfung und der Forderung, dieses Verfahren vertraglich festzuschreiben, können Fachplaner künftigen Auseinandersetzungen um Haftung und Schadenersatz wirksam vorbeugen.
Bauherren bleiben mit dieser Vorgehensweise vermeidbare Schäden, insbesondere an Neubauten, erspart, die sonst sowohl hohe Sanierungskosten verursachen als auch den Verkehrswert des Gebäudes senken würden.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 08-2020 des TGA Fachplaner unter dem Titel „So bleiben Leitungen im Neubau dicht“ von Willibald Müller und Hermann Wagner.
Das könnte Sie interessieren:
Trinkwasser-Installation: Hygiene im Geschosswohnungsbau sichern
Stagnation = Legionellen? Das ist wohl zu einfach ...
TW-Installationen: 31 % seltener als alle 5 Jahre gewartet