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Empfehlungen für die Umsetzung des Hydraulischen Abgleichs

Optimierung statt Konfusion

Kompakt informieren

  • Aus der Sicht des Kunden / Betreibers stellen die (Mindest-)Vorgaben zum Hydraulischen Abgleich in den Förderprogrammen von KFW und BAFA nicht die optimale Lösung dar.
  • Bei Zweirohrheizungen sollte stets ein Hydraulischer Abgleich auf der Basis einer raumweisen Heizlastberechnung unter Berücksichtigung der vorhandenen / geplanten Heizkörper vorgenommen werden.
  • Bei Flächenheizungen und Einrohrheizungen im Bestand ist ein Hydraulischer Abgleich im Einklang mit den Fördervoraussetzungen oft nicht wirtschaftlich, sodass die Umrüstung auf Heizkörper bzw. eine Zweirohrheizung geprüft werden sollte.
  • Den Fördermittelgebern wird empfohlen, die Fördervoraussetzungen bei vorhandenen Flächen- und Einrohrheizungen anzupassen und Anreize für eine zukunftsfähige Umrüstung zu geben.

Wie im Beitrag „Anforderungen von KfW und BAFA zum Hydraulischen Abgleich“ (TGA 10-2016  Webcode  737317) beschrieben, sind die Vorgaben des BAFA und der KfW nicht immer sinnvoll. Teilweise führen sie sogar zu Fehlinvestitionen. Um die im Optimus-Projekt nachgewiesene Wirtschaftlichkeit zu erreichen, müssen verschiedene Randbedingungen berücksichtigt werden. Ob und mit welchem Aufwand der Hydraulische Abgleich im Bestand durchgeführt werden sollte, hängt vom Heizsystem, vom Dämmstandard des Gebäudes sowie vom Investitionsvolumen der Sanierungsmaßnahme ab.

Wärmeabgabesystem

Die Kosten für den Hydraulischen Abgleich und das Energieeinsparpotenzial der Maßnahme unterscheiden sich je nach Wärmeabgabesystem erheblich.

Zweirohrheizung mit Heizkörpern

Bei Zweirohrheizungen mit Heizkörpern ist der Hydraulische Abgleich in der Regel ohne technische Probleme möglich. Für diesen Anlagentyp ist es sinnvoll, einen Hydraulischen Abgleich zu fordern und durchzuführen.

Flächenheizungen

Die größten ungelösten Probleme ergeben sich beim Hydraulischen Abgleich von Fußbodenheizungen. Hier gibt es momentan aus Sicht der Autoren kein akzeptables Regelwerk, das einen Lösungsweg beschreibt. Die Leistungsabgabe einer Fußbodenheizung hängt von folgenden Parametern ab:

  • Verlegeabstand der Rohrleitungen
  • Aufbau des Fußbodens
  • Fußbodenbelag
  • Wärmedämmung nach unten
  • Heizmitteltemperaturniveau

Bei Bestandsanlagen liegen zu diesen Parametern in der Regel keine belastbaren Werte vor. Ohne eine sehr zeitaufwendige Aufnahme der Daten (z. B. mit Thermografieaufnahmen) kann ein Hydraulischer Abgleich nur sehr ungenau durchgeführt werden. Für proKlima, Klimaschutz-Fonds für die Region Hannover, zählen deshalb Planunterlagen zu den Voraussetzungen für die Förderung.

In der Fachregel der VdZ wird ein vereinfachter Berechnungsansatz (Verfahren A) beschrieben, bei dem auf Grundlage einer überall gleichen spezifischen Heizlast für alle Räume und einer angenommenen Temperaturspreizung (5…8…10 K) der Volumenstrom je Heizkreis berechnet wird. Diese grobe und damit falsche Annahme widerspricht den Auslegungsregeln für Fußbodenheizungen nach DIN EN 1264-3.

Aus dieser falschen Abschätzung ergeben sich Volumenströme, die dann am Heizkreisverteiler eingestellt werden müssen. Dafür muss aber meistens ein neuer Heizkreisverteiler mit Durchflussmengenmessern, Abgleicharmaturen oder Durchflussregler eingebaut werden. Die Nachrüstung dieser Armaturen, die einen erheblichen Installationsaufwand darstellt, wird in der Leistungsbeschreibung der VdZ-Formulare für Fußbodenheizungen vorgeschrieben.

Diesem Aufwand steht eine nicht zu beziffernde Einsparung auf der Grundlage falscher Annahmen gegenüber. Damit ist die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme grundsätzlich infrage zu stellen. Kurzfristig wird den Fördermittelgebern empfohlen, auf eine verpflichtende Optimierung bestehender Flächenheizungen als Fördervoraussetzung beim Kesselaustausch zu verzichten.

Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob bei neuen und energetisch umfassend modernisierten Gebäuden (EnEV-Standard oder besser) ein Betrieb herkömmlicher Fußbodenheizungen mit hoher Speichermasse (Nassestrichsysteme) weiterhin sinnvoll ist, da die Regelbarkeit dieser Systeme oft nicht mehr gegeben ist. In der Praxis sollte bei Bestandsflächenheizungen nach einer umfassenden Modernisierung der Gebäudehülle geprüft werden, ob nicht eine Umrüstung von Fußbodenheizungen auf Heizkörper sinnvoller ist.

Grundsätzlich können Fußbodenheizungen in Gebäuden ab EnEV 2009 in vielen Fällen nicht sinnvoll (energiesparend und mit der erwarteten thermischen Behaglichkeit) betrieben werden.

Einrohrheizung

Bei Einrohrheizungen sind die Heizkörper entweder bei Etagen-heizungen über eine horizontale Ringleitung miteinander verbunden oder – in alten größeren Anlagen – als vertikale Stranganlagen mit oberer Verteilung. Eine Spezialarmatur leitet nur den für die Versorgung des Heizkörpers notwendigen Massenstrom durch den Heizkörper. Der Rest des Heizungswassers wird über einen Bypass daran vorbeigeführt und mischt sich mit dem Rücklauf aus dem Heizkörper, sodass sich die Vorlauftemperatur in Strömungsrichtung verringert und die Heizkörper größer ausgelegt werden / sein müssen.

Allerdings geben die oft kaum oder gar nicht gedämmten Leitungen so viel Wärme ungeregelt ab, dass ein beachtlicher Teil der Raumheizlast auf diesem Weg gedeckt wird. Als Folge sinkt die Wärmeabgabe des Heizkörpers.

Da sich im Teillastfall die Vorlauftemperaturen an den einzelnen Heizkörpern ständig ändern, ist ein raumweiser Hydraulischer Abgleich technisch schwierig und aufwendig. In den VdZ-Formularen wird deshalb ein ringweiser Abgleich von horizontalen Einrohranlagen gefordert. Dabei wird zwingend der Einbau einer Durchflussbegrenzung, einer Durchflussregelung oder einer Rücklauftemperaturbegrenzung vorgeschrieben, wodurch nicht unerhebliche Investitionskosten entstehen.

Es bleibt fraglich, ob es sinnvoll ist, alte Einrohrheizungen in Förderprogramme der energetischen Sanierung aufzunehmen, da mehrere Studien der Ostfalia nachgewiesen haben, dass ein energetisch optimaler Betrieb im Zusammenhang mit Brennwerttechnik in der Regel nicht möglich ist. Vielmehr sollten die Kunden durch Förderung Anreize zur Umrüstung auf ein zukunftsfähiges Zweirohrsystem erhalten.

Dämmstandard des Gebäudes

Als wesentliches Ergebnis hat die Optimus-Studie ergeben, dass durch den Hydraulischen Abgleich bei Gebäuden mit einem hohen Dämmstandard oder einem Baujahr nach 1977 eine besonders hohe Energieeinsparung erreicht wird. Bei Gebäuden mit hoher Heizlast bewirkt der Abgleich zwar eine Komfortsteigerung, aber nicht immer eine adäquate Energieeinsparung. Räume, die vorher nicht richtig warm wurden, werden nach dem Hydraulischen Abgleich erstmals richtig versorgt. Schlussfolgerung aus dem Optimus-Projekt: Der Hydraulische Abgleich ist immer dann zu fordern, wenn das Gebäude bereits einen definierten Dämmstandard hat oder durch die Sanierung erhält.

Pumpentausch

Seit August 2016 fördert das BAFA im Programm „Heizungsoptimierung“ den Austausch von Heizungsumwälzpumpen und die Durchführung des Hydraulischen Abgleichs mit 30 % der Nettoinvestitionssumme.

Dabei wird beim Austausch der Umwälzpumpe – anders als bei der KfW-Förderung für die Heizungsoptimierung – kein Hydraulischer Abgleich und auch keine Heizlastabschätzung gefordert. Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Autoren nicht nachzuvollziehen. Sicher kann durch den Austausch von Standardpumpen gegen Hocheffizienzpumpen aufgrund der kleineren elektrischen Leistungsaufnahme eine Stromeinsparung erreicht werden, das Potenzial einer Hydraulischen Optimierung wird jedoch verschenkt.

Bestandspumpen sind häufig weit überdimensioniert. Die Förderung des reinen Pumpentauschs ohne weitere Anforderungen wird in vielen Fällen dazu führen, dass dies nicht erkannt und die Pumpe durch eine ebenso leistungsstarke Nachfolgerin (z. B. durch die Benutzung von Austauschlisten) ersetzt wird.

Neben unnötig hohen Investitionskosten kann – wenn die Einstellung des Betriebspunkts nicht angepasst wird – ein erhöhter Elektroenergieverbrauch daraus folgen. Außerdem ist zu beachten, dass auch bei einer Betriebspunkteinstellung durch den Verlauf der Wirkungsgradkurven der energetische Vorteil von Hocheffizienzpumpen bei einer Überdimensionierung teilweise verloren geht. Deshalb sollte zumindest eine vereinfachte Berechnung des Anlagenvolumenstroms und der benötigten Förderhöhe für die Auswahl der Austauschpumpe vorgeschrieben werden.

Entscheidungshilfe für die Vorgehensweise

Aus den im Text beschriebenen Erläuterungen und Vorschlägen ergibt sich die in 2 beschriebene Vorgehensweise für den Hydraulischen Abgleich. Sie stellt einen ersten Kompromiss zwischen den Anforderungen aktueller Förderprogramme und den Erfahrungen der Ostfalia mit verschiedenen Optimierungsaufgaben dar. Diese Vorgehensweise ist sicherlich nicht optimal, erfüllt aber die Anforderungen der aktuellen Förderprogramme und gibt an einzelnen Stellen zusätzliche Hinweise für eine verbesserte Umsetzung.

Folgende Punkte sollten generell beachtet werden:

  • Im Neubau ist immer eine Anlagenauslegung auf Grundlage einer raumweisen Heizlastberechnung vorzunehmen.
  • Beim Pumpentausch sollte ein Austausch „1 zu 1“ vermieden werden. Eine überschlägige Ermittlung des Auslegungsbetriebspunkts (Förderhöhe und Volumenstrom) sollte mindestens erfolgen, auch wenn dies im Förderprogramm der BAFA derzeit nicht gefordert wird.
  • Bei Bestandsflächenheizungen ohne vorhandene Auslegungsunterlagen beruht das Berechnungsergebnis weitgehend auf Schätzungen unter falschen Annahmen entgegen den Auslegungsregeln nach DIN EN 1264-3. Eine aufwendige und teure Berechnung auf dieser Grundlage ist nicht sinnvoll. Die Anforderungen der Fördermittelgeber sind damit nicht erfüllbar. Es wird den Fördermittelgebern kurzfristig empfohlen, auf eine verpflichtende Optimierung bestehender Flächenheizungen als Fördervoraussetzung für den Kesseltausch zu verzichten.
  • Bei umfassender Sanierung der Gebäudehülle auf den Standard der EnEV 2009 oder besser muss geprüft werden, ob die vorhandene Flächenheizung an die kleineren Heizlasten angepasst werden kann. Dafür müssen die Verlegeabstände und Fußbodenaufbauten erfasst werden. In vielen Fällen ist eine Umrüstung auf Heizkörper zu empfehlen.
  • Bei Einrohrheizungen sollte der Umbau auf ein Zweirohrsystem immer empfohlen werden.
  • Der Hydraulische Abgleich ist besonders zu empfehlen, wenn das Gebäude umfassend energetisch saniert wurde.
  • Der Hydraulische Abgleich als Einzelmaßnahme ist in der Grafik nicht dargestellt. Hier sollte grundsätzlich eine Berechnung nach Verfahren B erfolgen.

Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff

Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fakultät Versorgungstechnik, Institut für energieoptimierte Systeme – EOS, 38302 Wolfenbüttel, d.wolff@ostfalia.de, www.ostfalia.de

Dipl.-Ing. (FH) Peter Teuber

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Versorgungstechnik der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, 38302 Wolfenbüttel. Außerdem ist er als Dozent am Trainings- und Weiterbildungszentrum Wolfenbüttel u. a. in der Energieberaterausbildung tätig. www.ostfalia.de

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