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- Die in DIN V 4701-10 hinterlegten Standard-Kennwerte für Pellet-Heizkessel sind hinsichtlich Energieeffizienz und Hilfsenergiebedarf überholt.
- Die Verwendung deutlich günstigerer Hersteller-Kennwerte ist für EnEV- oder KfW-Nachweise ausdrücklich zulässig.
- Bei energetischen Primärenergienachweisen fällt die Verwendung der veralteten DIN-Standard-Kennwerte wegen des niedrigen Primärenergiefaktors für Holzpellets kaum auf. Die Prognose von Energiekosten wird jedoch stark verzerrt.
- Werden die Energiekosten für eine Pelletheizung mit DIN-Standard-Kennwerten und ohne Pufferspeicher berechnet, fallen sie rund 50 % zu hoch aus.
Während die Randbedingungen für EnEV- oder KfW-Nachweise nicht verändert werden dürfen, sind die Standard-Kennwerte in den zugehörigen Normen eigentlich nur Lückenfüller für den Fall, dass der Planer oder Energieberater keine Kennwerte des konkreten Produkts zur Hand hat. In den Normen DIN V 4701-10 und DIN V 18599 werden unterschiedliche Standard-Kennwerte angegeben, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Weil die energetische Bewertung von Wohngebäuden noch immer fast ausschließlich auf Grundlage von DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 durchgeführt wird, setzt sich der vorliegende Beitrag mit dieser „alten“ Norm auseinander. DIN V 4701-10 ist bereits im August 2003 erschienen, entsprechend alt sind die Rechenvorschriften und die Kennwerte der jeweiligen Anlagentechniken. Der Markt für Pellet-Heizkessel hat aber heute viel mehr zu bieten als den „Standardwert-Kessel“.
Mit Standard-Kennwerten rechnen?
Dass Energieberechnungen richtig durchzuführen sind, versteht sich von selbst. Unter „richtig“ missverstehen aber viele EnEV-Softwareanwender das Übernehmen der Vorgaben, die in den Programmen hinterlegt sind. Auch wenn die Randbedingungen für EnEV- und KfW-Nachweise nicht verändert werden dürfen (siehe Info-Kasten), stellt sich die Frage, warum etliche Nachweise auch mit unveränderten Standard-Kennwerten für die Anlagentechnik geführt werden. Hierfür gibt es vorrangig drei Gründe:
- Nicht jeder Planer/Energieberater weiß, dass die Standard-Kennwerte verändert werden dürfen.
- Die Energieberechnungen sollen aus wirtschaftlichen Gründen möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmen, eine umfangreiche Recherche nach Hersteller-Kennwerten wird als zeitaufwendig angesehen. Zudem scheiterte in der Vergangenheit so mancher Versuch, von Herstellern die Daten zu bekommen, die für die Eingabe in die EnEV-Software notwendig und tauglich sind. Die Kesselhersteller haben meist nicht verstanden, was erforderlich ist.
- Den meisten Erstellern von EnEV- oder KfW-Nachweisen ist nicht bewusst, wie falsch sie mit ihren Berechnungen liegen können und dass sie damit Empfehlungen auf Grundlage einer verzerrten Basis aussprechen.
Ermittlung des Energiebedarfs
Bei der Berechnung des Energiebedarfs für die Gebäudeheizung werden Verluste für Wärmeübergabe, -verteilung und -speicherung (sofern ein Speicher vorhanden ist) zum Heizwärmebedarf addiert, Gutschriften aus der Wärmerückgewinnung und Trinkwassererwärmung werden abgezogen. Damit kann die Erzeugernutzwärmeabgabe bestimmt werden Abb. 1.
Die Erzeugernutzwärmeabgabe mit der Erzeugeraufwandszahl eg multipliziert ergibt den Endenergiebedarf. Dieser wiederum multipliziert mit dem Primärenergiefaktor fp ergibt den Primärenergiebedarf. Abb. 2 zeigt am Beispiel einer Doppelhaushälfte mit Pelletheizung und ohne Pufferspeicher eine Berechnung mit Standard-Kennwerten. Um zu überprüfen, ob die EnEV- oder KfW-Anforderungen erfüllt sind, wird der Primärenergiebedarf betrachtet. Dieser ist bei Pelletheizungen – wie auch hier im Beispiel – typischerweise sehr niedrig, da der Endenergiebedarf mit dem Primärenergiefaktor 0,2 multipliziert wird.
Dabei wird leicht der (zu) hohe Endenergiebedarf übersehen, weil er ja kein Anforderungswert ist. Aus dem Endenergiebedarf werden jedoch die Energiekosten ermittelt. Eine Erzeugeraufwandszahl eg von 1,577 Abb. 2 bedeutet, dass dem Pellet-Heizkessel rechnerisch 57,7 % mehr Brennstoff (Endenergie) zugeführt werden muss, als dieser an Wärme abgibt. So schlechte Heizkessel gibt es am Markt nicht. Auf dieser Grundlage erstellte Wirtschaftlichkeitsrechnungen führen zu einer massiven Verzerrung der prognostizierten Energiekosten.
Rechnen mit Hersteller-Kennwerten
Um zu klären, ob eigene Kennwerte verwendet werden dürfen, lohnt sich ein Blick in die DIN V 4701-10, Seite 93: „Wenn die Kenngrößen eines konkreten Produktes nicht bekannt sind (vollständig oder teilweise), kann vereinfachend mit den in Tabelle 5.3-13 angegebenen Standard-Kennwerten die Erzeuger-Aufwandszahl und der Hilfsenergiebedarf eines Biomasse-Wärmeerzeugers berechnet werden.“ [1].
Die EnEV-Software greift auf diese Standard-Kennwerte zurück Abb. 6, die von einem sehr schlechten Wirkungsgrad ausgehen und zudem die Hilfsenergie sehr hoch ansetzen. Inzwischen können die Nutzer der Programme diese Werte mit geringem Aufwand durch Herstellerangaben ersetzen. Seit Kurzem liegen nämlich Kennwerte von über 130 Pellet-Heizkesseln frei zugänglich auf der Internetseite des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPV) vor [3] Abb. 3.
Berechnungsbeispiele
Am Beispiel einer Doppelhaushälfte und eines Mehrfamilienhauses zeigt sich, welchen Einfluss der Einsatz von Hersteller-Kennwerten auf die Berechnungsergebnisse hat. Betrachtet werden je fünf Varianten mit unterschiedlichen Heizungsanlagen. Der Variante mit einem Öl-Brennwertheizkessel werden vier Berechnungsvarianten mit einem Pellet-Heizkessel gegenübergestellt. Die Berechnungen wurden unter EnEV-Randbedingungen durchgeführt.
Die Berechnungsergebnisse sind zusammen mit den Gebäudesteckbriefen in Abb. 4 und Abb. 5 dargestellt. Im Vergleich zum Öl-Brennwertheizkessel sind die Erzeugeraufwandszahlen von Pellet-Heizkesseln in der Norm (aufgrund des Herausgabedatums) deutlich schlechter. Daraus ergibt sich rechnerisch – bei ansonsten gleicher Erzeugernutzwärmeabgabe – ein höherer Endenergiebedarf.
Zudem weichen die Berechnungsergebnisse sehr stark nach oben ab, wenn vergessen wird, den Pufferspeicher einzusetzen. Der Grund liegt im Rechenverfahren der DIN V 4701-10: Dort wird in Abhängigkeit des Puffervolumens die Anzahl der Grundzyklen ermittelt. Jedem Grundzyklus ist ein Hilfsenergiebedarf QHE,GZ als Absolutwert zugeordnet. Werden – nur aufgrund des fehlenden Pufferspeichers – häufige Taktungen des Kessels ermittelt, resultiert daraus ein rund doppelt so hoher Hilfsenergiebedarf (siehe Berechnungsergebnisse der Varianten B und C in Abb. 4 und Abb. 5). Die Anlagenverluste nehmen ebenfalls zu, weil der Kessel im Grundzyklus einen schlechteren Wirkungsgrad hat.
Fazit
Wird für Pellet-Heizkessel eine Energiekostenprognose mit DIN-Standard-Kennwerten berechnet, ergeben sich trotz eines Pelletpreises, der rund ein Drittel unter dem Heizölpreis liegt, höhere Energiekosten für die Pelletheizung. Setzt man hingegen aktuelle Hersteller-Kennwerte an, kehrt sich die Reihenfolge um. Statt der veralteten DIN-Standard-Kennwerte ist es daher dringend geboten, den Berechnungen aktuelle Hersteller-Kennwerte zugrunde zu legen, die seit Kurzem in einer gut aufbereiteten Form frei verfügbar sind [3]. •
Literatur/Quellen
[1] DIN V 4701 Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen – Teil 10: Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung. Berlin: Beuth Verlag, August 2003
[2] Jungmann, U.; Lambrecht, K: EnEV-Navigator. BKI, 2007
[3] Aufwandszahlen von Pelletkesseln. Berlin: DEPV, Stand Dezember 2013, Download auf https://depv.de/ im Menüpunkt Downloads
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGAdossier Pellets: Webcode 720
Randbedingungen für energetische Berechnungen
EnEV-Nachweis: Die Randbedingungen, die in der EnEV und den in Bezug genommenen Normen definiert sind, müssen zwingend angesetzt werden. Randbedingungen für Nachweise auf Grundlage der DIN V 4701-10 sind unter anderem die mittlere Gebäudeinnentemperatur (19 °C), der Trinkwasser-Wärmebedarf qtw von 12,5 kWh/(m2 a) und der Norm-Anlagenluftwechsel für mechanische Lüftungsanlagen nA,Norm = 0,4 h-1.
KfW-Nachweis: Für Nachweise von KfW-Effizienzhäusern hat die KfW weitere Randbedingungen festgelegt. In der EnEV-Software ist deshalb für KfW-Effizienzhausnachweise ein eigenes Auswahlmenü zu finden.
Energieberatung oder ingenieurtechnische Berechnungen: Hier dürfen auch geänderte Randbedingungen eingesetzt werden. Je nach Nutzung kann beispielsweise die Gebäudeinnentemperatur oder die Luftwechselrate gesenkt oder erhöht werden, was sich auf den ermittelten Energiebedarf entsprechend auswirkt. Bei einer nutzerbezogenen Energieberatung sind solche Änderungen durchaus sinnvoll, um die prognostizierten Energieeinsparungen – und damit die Aussagen zur Wirtschaftlichkeit – auf eine belastbarere Grundlage zu stellen.
Dipl.-Phys. Klaus Lambrecht
ist Partner von Econsult Lambrecht Jungmann Partner und seit über 15Jahren in der Energieplanung und energetischen Optimierung von Gebäuden mit Schwerpunkt regenerative Energien tätig. Er ist an aktuellen Forschungsprojekten zur EnEV und zum EWärmeG beteiligt und hält zahlreiche Fachvorträge. http://www.solaroffice.de