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Forschungsprojekt zur Gebäudesanierung

Dezentrales Pumpen-system im Praxistest

Kompakt informieren

  • Das Immobilienunternehmen Volkswohnung testet in Pilot-Objekten zukunftsweisende Technologien. Das Ziel ist eine Primärenergieeinsparung von 80 % gegenüber dem Ausgangszustand.
  • Zwölf Wohnungen wurden mit dem dezentralen Pumpensystem Wilo-Geniax und zusätzlichen Wärmezählern pro Heizfläche zur Langzeitmessung über drei Heizperioden ausgerüstet.
  • Die unterschiedlichen, in den Pilot-Objekten um­gesetzten Maßnahmen werden über Vergleichsmessungen bezüglich ihres ökologischen Nutzens und ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet.

Das städtische Immobilienunternehmen Volkswohnung hat sich zum Ziel gesetzt, den Bürgern in Karlsruhe auch langfristig erschwinglichen und gleichzeitig hochwertigen Wohnraum anzubieten. Zum Bestand des Unternehmens, das seit über 85 Jahren das Karlsruher Immobiliengeschäft prägt, gehören mehr als 12700 eigene Mietwohnungen. Neben dem Gebäudemanagement im Bestand ist das Unternehmen in der Sanierung und in der Entwicklung von Neubauprojekten sehr aktiv.

Im Stadtteil Rintheim betreibt die Volkswohnung derzeit ein ambitioniertes Forschungsprojekt zur Quartiersentwicklung. Hier befinden sich rund 1000 Wohnungen, verteilt auf 30 Mehrfamilienhäuser mit Baujahren zwischen 1954 und 1974, im Besitz der Immobiliengesellschaft. Ein Drittel der Gebäude wurde bereits in den vergangenen Jahren umfassend modernisiert. Die übrigen 20 Gebäude befinden sich zurzeit im Umbau oder sollen in den kommenden Jahren saniert werden, um dabei ein Optimum an Energieeinsparung und Wohnqualität für die Mieter zu erzielen Abb. 1.

Pilot-Objekte mit innovativer Technik

Zwei der kürzlich modernisierten Mehrfamilienhäuser wurden als Pilot-Objekte mit neuen, zukunftsweisenden Technologien ausgestattet, um Erfahrungswerte mit technischen Innovationen zu sammeln. Ziel ist eine Primärenergieeinsparung von 80 % im Vergleich zum Ausgangszustand. Mit dem Konzept gehörte die Volkswohnung im Jahr 2009 zu den Goldmedaillen-Gewinnern beim Wettbewerb „Energetische Sanierung von Großwohnsiedlungen“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Im Rahmen der durch das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) geförderten Forschungsinitiative EnEff-Stadt werden die beiden Pilot-Objekte messtechnisch begleitet.

Vor diesem Hintergrund kommt in einem der beiden Mehrfamilienhäuser (Baujahr 1956) unter anderem das dezentrale Pumpensystem Wilo-Geniax Abb. 2 zum Einsatz. „Mit durchschnittlich 20 % Heizenergieeinsparung bietet es optimale Voraussetzungen dafür, zu den Energiesparzielen der Volkswohnung effizient beizutragen“, erklärt Fachplaner Thomas Häge Abb. 8 von dem mit der Sanierungsplanung beauftragten Ingenieurbüro KW2 Ingenieure, Ettlingen. „Zudem können unsere Anforderungen an eine kostenoptimierte Sanierung überprüft werden“, ergänzt Architekt Joachim Honsel Abb. 8, Teamleiter Planen/Bauen bei der Volkswohnung.

Dezentrales Pumpensystem

Das dezentrale Pumpensystem optimiert bei Warmwasserheizungen die Hydraulik der Wärmeverteilung und Raumtemperaturregelung und -steuerung. So kann es in erheblichem Umfang Energieeinsparpotenziale erschließen und gleichzeitig den Komfort verbessern. Die Regelungsintelligenz stellt der Geniax-Server Abb. 3 als zentrale Steuereinheit zur Verfügung. Vernetzt mit Bediengeräten und Raumtemperatursensoren erkennt er die Heizlast der einzelnen Räume und versorgt dann die Heizflächen individuell mithilfe von hocheffizienten Miniaturpumpen, die nicht größer als herkömmliche Thermostatventile sind.

Hohe Energieeinsparpotenziale resultieren unter anderem aus der bedarfsgeführten Vorlauftemperaturregelung des Wärmeerzeugers, im Mittel geringeren Vor- und Rücklauftemperaturen, einer Reduzierung der Heizdauer, der größeren Regelgenauigkeit in den Räumen, den Einzelraum-Regelungsfunktionen, der besseren Ausnutzung von Fremdwärmegewinnen und dem Wegfall von Drosselverlusten.

Umfassende Modernisierung

Im Rahmen des Forschungsprojekts der Karlsruher Volkswohnung wurde ein Mehrfamilienhaus mit drei Eingängen und insgesamt 30 Wohneinheiten vollständig kernsaniert. Der neue Wärmedämmstandard entspricht der EnEV 2009. An der Außenseite erhielt das fünfstöckige Gebäude Fahrstuhlschächte. Innerhalb des dreiteiligen Gebäudes wurde eine vollständige Strangsanierung der haustechnischen Installationen vorgenommen und der Gebäudekomplex an ein Nahwärmenetz angeschlossen, das eigens für das Quartiersprojekt errichtet wurde und im Zuge der Sanierungsmaßnahmen kontinuierlich ausgebaut wird. Von der Übergabestation Abb. 4 in der Heizzentrale sorgen Hocheffizienzpumpen Wilo-Stratos für die Verteilung auf die Heizzentralen der anderen beiden Gebäudeteile. Dieser Hauptverteilkreis ist über Pufferspeicher hydraulisch von den Verteilkreisen der drei Gebäudeteile entkoppelt Abb. 5.

Die technische Ausrüstung der 30 Wohnungen innerhalb des Mehrfamilienhauskomplexes ­unterscheidet sich individuell. So wurden beispielsweise Fenster mit verschiedenen U-Werten eingesetzt sowie die Anlagen zur kontrollierten Lüftung teilweise mit oder ohne Wärmerückgewinnung konzipiert. Die Trinkwassererwärmung über Frischwasser­module erfolgt in einem der Häuser dezentral, in den beiden anderen erfolgt sie über eine zentrale Frischwasseranlage in der Heizzentrale. Auch zur Raumheizung wurden verschiedene Systeme realisiert. Die Wärmeübergabe in zwei der drei Häuser erfolgt über ­Niedertemperatur-Heizkörper, im dritten Gebäude über Fußbodenheizungen. Hier wird die Nahwärmeversorgung zudem durch eine Solarthermieanlage unterstützt.

Ziel dieser unterschiedlichen Ausstattungen ist es, durch Langzeitmessungen über drei ­Heizperioden Erfahrungswerte zu sammeln, welche Maßnahmen für eine energetische ­Optimierung baugleicher oder ähnlicher Gebäude am besten geeignet sind. Die Messdaten werden von der Hochschule Karlsruhe ge­sammelt und in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen ausgewertet. „Die Vergleichs­messungen ermöglichen es uns, präzise Erkenntnisse für die verschiedenen energetischen Maßnahmen und Technologien zu gewinnen, um ihren ökologischen Nutzen und ihre Wirtschaftlichkeit objektiv bewerten zu können“, erklärt Dieter Wagner Abb. 8, Planer der Abteilung Planen/Bauen bei der Volkswohnung. „Denn bei allen ökologischen Vorteilen müssen die umgesetzten Maßnahmen auch finanzierbar bleiben, damit wir unseren Mietern stabile Mietpreise garantieren können.“

Dezentrale Pumpen „Unterputz“

Vor diesem Hintergrund wird hier auch das Einsparpotenzial des dezentralen Pumpensystems auf den Prüfstand gestellt. So ist in einigen der wohnungseigenen Heizkreisverteiler für jede Pumpe ein separater Ultraschall-Wärmezähler installiert, um die Wärmeversorgung einzelner Heizkreise exakt kontrollieren zu können. Die Installation der Geniax-Technik mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 37000 Euro übernahm die Dietmar Hermann GmbH aus Karlsruhe. Zwei der Bauten mit je zehn Wohnungen wurden komplett mit Wilo-Geniax ausgerüstet. Im dritten Bau, dessen zehn Wohnungen mit Fußbodenheizungen ausgestattet sind, wurde in zwei Wohneinheiten das dezentrale Pumpensystem installiert. Insgesamt versorgt es 1800 m2 beheizte Fläche mit Wärme. Die Gesamtheizlast der Gebäude beträgt 145 kW.

Sowohl Flächenheizkreise als auch Heizkörper sind in jeder Wohnung über einen eigenen Unterputz-Heizkreisverteiler erschlossen. Optisch bietet diese Lösung eine Verbesserung, denn so sind nur noch die Heizkörper im Raum zu sehen. Die Pumpen und Zähler verschwinden mit Elektronik und Verbindungskabeln in den Verteilern. Die Heizkreise jeder Wohnung sind von der Hauptverteilleitung über eine hydraulische Weiche entkoppelt. Zu Beginn der Installation des dezentralen Pumpensystems, die sich in eine Roh- und eine Fertiginstallationsphase gliedert, wurden zur Anbindung der Pumpen an die Heizkreise 121 Pumpenadapter in die Heizkreisverteiler eingesetzt Abb. 6.

Darüber hinaus wurden während der Rohins­tallationsphase die Busleitungen zur Verbindung der verschiedenen Systemkomponenten mit dem jeweiligen Geniax-Server verlegt – pro Heizzentrale ist ein Server im Einsatz. Die Server wurden in Schaltschränken in den Heizungskellern montiert. Jede Wohneinheit, die mit dem dezentralen System ausgestattet ist, verfügt zudem über einen eigenen Buskoppler, um einen reibungslosen Datenaustausch und eine sichere Stromversorgung aller angeschlossenen Komponenten zu gewährleisten.

Bei der Fertiginstallation werden die Pumpenelektroniken in die Heizkreisverteiler eingesetzt. Die Minipumpen werden erst nach dem Befüllen der gesamten hydraulischen Anlage auf die Adapter aufgesetzt und mittels Bajonettverschluss arretiert Abb. 7. Die Raumbediengeräte werden erst in der letzten Installationsphase auf die vorinstallierten Unterputzdosen geschraubt. Die Regelung erfolgt über Raumbediengeräte in Verbindung mit jeweils einem Zentralbediengerät pro Wohnung. Dieses ermöglicht neben der Steuerung des zugehörigen Raumes auch die raumgruppenweise Defini­tion von Zeitprofilen. So können beispielsweise für einen möglichst energiesparenden Betrieb An- und Abwesenheitszeiten der Nutzer für alle Räume eingegeben werden.

Bedarfsgerechte Wärmeversorgung

Die gebäudespezifische Konfiguration erfolgte über eine Software. Hier wird die Objektbeschreibung mit den Gebäudedaten und der Anzahl der beheizten Räume hinterlegt und eine Zuordnung der Komponenten vorgenommen. Anschließend berechnete das Programm die grundlegenden Systemparameter und erstellt die Konfigurationsdateien für die Server.

Auf Basis der Soll-Temperaturen und der durch die Raumbediengeräte ermittelten Ist-Temperaturen können die Server eine bedarfsgerechte Versorgung aller Heizkörper und Flächenheizkreise vornehmen. Die Vorlauftemperaturregelung wird über 3-Wege-Mischer realisiert, die in dem Hauptverteilstrang eines jeden Gebäudes installiert sind und über eine Schnittstelle (0…10 V) von den Servern angesteuert werden.

Fazit

„Für unser Modernisierungsprojekt ist Wilo-Geniax gut geeignet. Durch die Daten, die das System von sich aus sammelt, wird es uns erleichtert, auswertbare Informationen zur tatsächlichen Einsparung und Regelgenauigkeit zu erhalten und auch das System selbst auf Herz und Nieren zu prüfen. Wenn es in der Praxis die prognostizierte Energieeinsparung erreicht, hat es sich als zukunftsweisendes Heizungskonzept bewährt“, zieht Honsel ein vorläufiges Fazit aus dem Modernisierungsprojekt. DR

https://wilo.com/de/de/

https://volkswohnung.de/

http://www.kw2ingenieure.com

https://www.eneff-stadt.info/

http://www.eneff-waerme.info

Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Einzelraumregelung: Webcode 917

Geniax vs. Thermostatventil

Die Energieeinsparung mithilfe des dezent­ralen Pumpensystems Wilo-Geniax wurde auch in einer Langzeit-Vergleichsmessung durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik IBP untersucht. Zentrale Aussage nach der ersten Auswertung ist, dass sich in einem Einfamilienhaus mit typischem Nutzungsprofil (Berufstätigkeit) durch Geniax der Heiz­energieverbrauch um rund 20 % und der ­Elektrizitätsverbrauch für den Pumpenbetrieb um 50 % senken lassen – im Vergleich zu ­Thermostatventilen in einem hydraulisch abgeglichenen System, aber ohne Sollwertveränderung in den zugrunde gelegten Abwesenheitszeiten. TGA 06-2010, WEBCODE 281144

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