Die Heizungsindustrie hat Zahlen zur Treibhausgasminderung durch modernisierte Heizungen im Jahr 2022 vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einbau neuer Öl- und Gas-Heizungen beschränkt werden muss.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Die Modernisierung alter Gas- und Öl-Heizungen mit Heizungs-Wärmepumpen und Biomasse-Heizungen hat 2022 im Heizungsbereich den größten Teil der nachhaltigen Emissionsminderung im Gebäudesektor nach der KSG-Bilanz getragen.
■ Die KSG-Emissionsminderung der 617 000 Heizungsmodernisierungen mit Öl- und Gas-Heizkesseln entspricht der Wirkung von rund 116 500 Heizungsmodernisierungen mit einer Heizungs-Wärmepumpe.
■ Die Schlussfolgerung ist, dass es bei der Heizungsmodernisierung keine weitgehende Technologiefreiheit geben darf, sondern eine Einschränkung auf – je nach Einzelfall umsetzbare – Systeme mit einem hohen Beitrag zur Emissionsminderung geben muss.
Laut einer vom BDH bzw. der 100%igen BDH-Tochter „Interessengemeinschaft Energie Umwelt Feuerungen“ beauftragen Kurzanalyse sind im Jahr 2022 in Deutschland rund 860 000 ineffiziente Wärmeerzeuger ausgetauscht worden (insgesamt wurden 980 000 Wärmeerzeuger neu installiert bzw. in den Verkehr gebracht). Die vom ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden durchgeführte Analyse errechnet für diese Heizungsmodernisierungen eine Verringerung der Treibhausgasemissionen mit der Bilanzierung nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG; Quellenprinzip) von 2,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent (tCO2e) pro Jahr.
Aus dem KSG-Reduktionspfad für den Gebäudesektor ergibt sich bis 2030 eine durchschnittliche Minderung von 5,1 Mio. tCO2e/a. Nach einer ersten Abschätzung des Umweltbundesamts betrugen die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor 111,7 Mio. tCO2e. Der Zielwert für das Jahr 2022 von 107,4 Mio. tCO2e wurde damit aufgrund der geringen Fortschritte in den Vorjahren deutlich verfehlt, der Rückstand beträgt nun rechnerisch rund 10 Monate. Für das Jahr 2030 beträgt der Zielwert für den Gebäudesektor 67 Mio. tCO2e. Im Kontext Fit for 55 wird sich dieser Zielwert voraussichtlich aber noch verringern.
Im Gebäudesektor kam es 2022 zu einer Emissionsminderung von knapp 6 Mio. tCO2e (− 5,3 %). Diese Emissionsreduzierung lag laut Umweltbundesamt wesentlich in den gestiegenen Energiepreisen begründet, welche zu einer Einsparung beim Energieeinsatz führte. Die milde Witterung unterstützte diese Einsparung. Lediglich der Absatz von leichtem Heizöl stieg 2022 um rund 9 % an, um die Lagerbestände nach den geringen Heizölkäufen 2021 wieder aufzufüllen – auch in Erwartung einer möglichen Energiekriese. Die Treibhausgasemissionen werden bei Heizöl nach dem Absatzprinzip verrechnet.
Der Gebäudesektor hatte 2022 im Rahmen der KSG-Bilanz (Quellenprinzip) einen Anteil von 15 % (2021: 15,5 %) an den gesamten Treibhausgasemissionen. Dem Segment „Gewerbe, Handel, Dienstleistung (ohne Militär und Landwirtschaft)“ sind rund 4,1 % zuzuordnen, dem Segment „Haushalte“ rund 10,8 % und dem Segment Militär rund 0,1 %.
Heizungsmodernisierung trägt die Minderung im Gebäudesektor
Im Jahr 2022 hat die Modernisierung von Heizungsanlagen mit den getroffenen Berechnungsannahmen und dann 2,2 Mio. tCO2e also einen beträchtlichen Teil der vorgegebenen Emissionsminderung im Gebäudesektor nach der KSG-Bilanzierung getragen. In der Vergangenheit war das allerdings nicht immer so. Erst die stark gestiegene Nachfrage nach Heizungs-Wärmepumpen und Biomasse-Heizungen für bestehende Gebäude hat den Beitrag signifikant erhöht.
Laut der ITG-Studie trugen mit 1,39 Mio. tCO2e/a Heizungs-Wärmepumpen (0,99 Mio. tCO2e/a) und Biomasse-Heizkessel (0,40 Mio. tCO2e/a) zwei Drittel zur Senkung der Emissionen bei. Ein Drittel der gesamten Einsparungen wurde durch den Austausch von Gas-Heizkesseln (0,645 Mio. tCO2e/a) und Öl-Heizkesseln (0,086 Mio. tCO2e/a) erreicht. Aus der Nachrüstung thermischer Solaranlagen ergibt sich laut der Kurzanalyse zusätzlich eine Einsparung von 0,058 Mio. tCO2e/a.
Der BDH bewertet die Kurzanalyse so:
„Ein entscheidender Treiber neben der wachsenden Einbindung an erneuerbaren Energien für die CO2-Einsparung ist die zunehmende Anzahl an Heizungsmodernisierungen. Der BDH weist seit vielen Jahren auf die Bedeutung des Austauschs veralteter Heizungen hin. Von den ca. 21 Mio. Heizsystemen, entspricht rund jede zweite Anlage nicht dem Stand der Technik.
Das Durchschnittsalter des gesamten Anlagenbestandes liegt nach Angaben des BDEW bei 17 Jahren. Vor diesem Hintergrund gilt es, die anstehende Novelle des Gebäudeenergiegesetzes so zu gestalten, dass die Modernisierungsdynamik erhalten bleibt. Dafür gelte es den Hausbesitzern einen breiten technologischen Lösungsraum zur Verfügung zu stellen und den Anteil an erneuerbaren und CO2-freien Energien im Wärmemarkt massiv auszubauen.“
…und liegt mit dieser Bewertung falsch
617 000 Erneuerungen von Gas-Heizungen (561 000) und Öl-Heizungen (56 000) ordnet die Kurzanalyse eine Treibhausgasminderung von 0,73 Mio. tCO2e/a zu. Das sind rund 1,18 tCO2e/a pro Modernisierungsfall. Dieser umfasst die „Einsparung durch Tausch Wärmeerzeuger sowie die Optimierung des Gesamtsystems“. Die Einsparung liegt je nach eingesetzter und ausgetauschter Technik zwischen 10 und 20 %, bezogen auf die KSG-Bilanzierung.
240 000 im Bestand neu installierte Heizungs-Wärmepumpen (157 000) und Biomasse-Heizkesseln (83 000), sie ersetzten fast ausschließlich Gas- und Öl-Heizkessel, ordnet die Kurzanalyse eine Treibhausgasminderung von 1,39 Mio. tCO2e/a zu. Das sind rund 5,79 tCO2e/a pro Modernisierungsfall. Die Einsparung liegt stets bei 100 %, bezogen auf die KSG-Bilanzierung.
Heizungsbesitzern darf also nicht ein „breiter technologischer Lösungsraum zur Verfügung stehen“ (BDH). Vielmehr muss der Lösungsraum auf Systeme fokussiert werden, die bereits die Anforderungen mindestens weitgehend an einen klimaneutralen Gebäudebestand erfüllen.
Die 617 000 Heizungsmodernisierungen mit Öl- und Gas-Heizkesseln im Jahr 2022 können diese Anforderungen nur erfüllen, wenn in wenigen Jahren die momentan eingesetzten fossilen Brennstoffe durch klimaneutrale Brennstoffe substituiert werden. Dies ist jedoch mangels Verfügbarkeit und den höheren Kosten eine unrealistische Annahme. Vielmehr blockieren Heizungsmodernisierungen mit Öl- und Gas-Heizkesseln über viele Jahre ihrer Nutzungsdauer die zusätzlich erforderlichen Einsparungen bzw. erfordern hohe Zusatzinvestitionen, beispielsweise zur Hybridisierung mit Systemen auf der Basis erneuerbarer Energien.
Hingegen würden rund 116 500 zusätzliche Heizungsmodernisierungen mit einer Heizungs-Wärmepumpe in dem ITG-Datensatz die KSG-Emissionsminderung der 617 000 Heizungsmodernisierungen mit Öl- und Gas-Heizkesseln bewirken. Es ist also angezeigt, die Kapazitäten in allen Teilen der Wertschöpfungskette auf Heizungs-Wärmepumpen (und Biomasse-Heizkessel) zu fokussieren – wo ihr Einsatz technisch und wirtschaftlich (inklusive Förderung) möglich und unter den örtlichen Voraussetzungen auch baubar ist.
In der realen Praxis wird nicht technologieoffen entschieden
Die logische Schlussfolgerung ist, dass es bei der Heizungsmodernisierung keine weitgehende Technologiefreiheit geben darf, sondern eine Einschränkung auf – je nach Einzelfall umsetzbare – Systeme mit einem hohen Beitrag zur Emissionsminderung geben muss. Genau hier setzt der GEG-Entwurf für 65 % erneuerbare Energie bei neuer Heizung an. Im Koalitionsausschuss wurde dies allerdings aufgeweicht, da laut Bundesfinanzminister Christian Lindner auch Gas-Heizungen eine Erfüllungsoption sein sollen, wenn sie mit Wasserstoff oder grünen Gasen betrieben werden können, sofern es einen Transformationsplan für das Gasnetz gibt. Dass ab 2024 eingebaute Gas-Heizungen auf Basis dieser Kriterien während ihrer Nutzungsdauer die gleiche Emissionsminderung wie eine elektrisch angetriebene Wärmepumpe innerhalb und außerhalb der KSG-Bilanz erreichen, ist jedoch nicht gewährleistet.
Das Konzept Technologieoffenheit ist zwar grundsätzlich richtig, kann unter den realen Bedingungen und in der zur Verfügung stehenden Zeit keine alleinige Leitplanke für die Wärmewende sein. Würde man im Bereich Raumwärmeerzeugung Technologieoffenheit mit allen Konsequenzen realisieren, würde dies ebenfalls das Aus für Öl- und Gas-Heizungen bewirken – aus ökonomischen Gründen; in vielen Gebäuden vermutlich sogar freiwillig ohne Austauschpflicht oder den nicht verschiebbaren Bedarf einer Heizungserneuerung. Denn technologieoffen würde im Kontext des GEG bedeuten, dass die Auswahl eines Heizsystems unverzerrt stattfindet, also alle privaten oder staatlichen Akteure ihre Entscheidungen u. a. in Kenntnis und unter Berücksichtigung aller volkswirtschaftlich relevanten Kosten treffen. Jochen Vorländer
Literatur
[1] Mailach, Bettina; Oschatz, Bert: Kurzanalyse: Einsparungen an THG-Emissionen durch Austausch von Wärmeerzeugern im Jahr 2022. Dresden: Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden ITG, Februar 2023