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Hocheffizienz-Fernwärmeübergabestation

Kaskade senkt die Rücklauftemperatur

Kompakt informieren

  • Mit einer kaskadierten Fernwärmeübergabe(station) lässt sich die Fernwärmerück­lauftemperatur kalkulierbar absenken.
  • Die anerkannten Regeln der Technik führen zu einer Überdimensionierung der Trinkwassererwärmung mit negativen Auswirkungen auf die Energieeffi­zienz, Trinkwasserhygiene und Kosten.
  • Eine weitere Absenkung der Fernwärmerücklauftemperatur ist durch sekundärseitige Maßnahmen möglich, dazu bedarf es einer genauen Analyse der bestehenden Anlage, ihrer Hydraulik und der Leistungsreserven.

Der Markt für Heizsysteme ist im Wandel, auch wenn die Veränderungen eher langsam verlaufen und momentan zusätzlich von einer Verschiebung des Genehmigungsvolumens in Richtung Mehrfamilienhäuser überlagert werden. Der Heizsystem-Marktanteil bei neuen Wohnungen stieg so für Fernwärme von 14,6 % im Jahr 2010 auf 16,6 % im Jahr 2012. Von Januar bis September 2013 wurde dieser Wert in jedem Monat deutlich übertroffen, im gewichteten Mittel betrug er 20 %. Wärmepumpen und Holz-/Pellet-Heizungen legten von 2010 bis 2012 jeweils nur um einen Prozentpunkt zu. Im Wohnungsbestand hatte Fernwärme im Jahr 2012 einen Anteil von 12,7 %, Tendenz leicht steigend.

Eines der wichtigsten Ziele der Fernwärmeunternehmen ist es, die Netze durch Druck- und Temperaturabsenkungen auf den sinkenden spezifischen Heizwärmebedarf von Bestandsgebäuden und Neubauten vorzubereiten. Damit kann Heizwärme und in noch höherem Maße Pumpenstrom eingespart werden.

Die Stadtwerke Rosenheim sind im Rahmen ihres Energiekonzepts 2025+ dabei, die Modernisierung ihres Fernwärmenetzes offensiv anzugehen – auch um damit die Fernwärme im Wettbewerb zu anderen Heizsystemen/Energieträgern neu zu positionieren. Die gezielte Rücklauftemperaturabsenkung hat folgende Vorteile:

  • Verringerung des Volumenstroms
  • Reduzierung der Leistung für die Umwälzpumpen im Fernwärmenetz
  • Erhöhung der Transportkapazität (Wärme) in bestehenden Leitungsnetzen
  • Optimierung des Kraftwerkswirkungsgrads
  • Steigerung des Anteils an der Strom­erzeugung in Heizkraftwerken, ebenso in Blockheizkraftwerken und Geothermiekraftwerken
  • Verbesserung des Brennstoffnutzungs­grades bei gleichzeitiger Senkung der CO<sub>2</sub>-Emissionen
  • Verminderung der thermischen Aus­dehnung des Rücklaufs, dadurch materialschonender Betrieb
  • Verminderung der Wärmeverluste des Rücklaufs
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Einkopplung von erneuerbaren Energien, zum Beispiel Abwärme aus industriellen und verfahrenstechnischen Prozessen, GroßSolaranlagen und Geothermieanlagen

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Wirkung hydraulischer Abgleichmaßnahmen im Fernwärmenetz zur Senkung der Rücklauftemperaturen – ohne Berücksichtigung der Fernwärmeübergabestationen und der sekundärseitigen Kundenanlagen – begrenzt ist. Entscheidenden Einfluss auf die Rücklauftemperatur hat die hydraulische Verschaltung der Fernwärmeübergabestation, der Hydraulische Abgleich des kundenseitigen Heizungsnetzes sowie die Art der Trinkwassererwärmungsanlage und des ­Zirkulationssystems.

Simulation der Rücklauftemperatur

Aufgrund der langjährigen Erfahrungen sowie der aktuellen Erkenntnisse über die Energieflüsse und Temperaturverläufe in Fernwärmeübergabestationen haben sich die Stadtwerke Rosenheim entschieden, die klassischen Stationen nach und nach durch eine Kaskadenlösung zu ersetzen.

Um die Wirkungsweise der kaskadierten Fernwärmeübergabestation zu verstehen, ein kurzer Rückblick: Die klassische indirekte Fernwärmeübergabestation besteht in der Regel aus einem Plattenwärmeübertrager zur Systemtrennung zwischen Fernwärmenetz (Primärnetz) und Kundenanlage (Sekundärnetz) mit einem parallelen Abgang für das Heizungssystem und einem Abgang für die Trinkwassererwärmung (TWE) Abb. 2 .

Simulationsberechnungen im Auftrag der Stadtwerke Rosenheim auf Basis des AGFW-Mustergebäudes – mit 27 Wohneinheiten, 160 kW Heizleistungsbedarf, Warmwasserspeicher mit innen liegenden Rohrschlangen – führen bei der parallelen Anordnung der Verbraucher im Jahresmittel zu einer volumenstromgewichteten Rücklauftemperatur von 57,5 °C.

Dabei tragen Heizsystem und TWE unterschiedlich zur Bildung der Rücklauftemperatur bei. Während sich im Heizsystem durch die witterungsgeführte Fahrweise des Sekundärsystems gleichmäßig niedrige Rücklauftemperaturen einstellen, führen das Speicherladesystem sowie die klassische Zirkulationsanbindung über den Speicher insbesondere bei geringem Warmwasserverbrauch (nachts, vor- und nachmittags) zu hohen Rücklauftemperaturen.

Durch das kältere Rücklaufwasser vom Heizsystem stellt sich bei Außentemperaturen zwischen 0 und 15 °C wegen der zeitweise hohen Rücklauftemperatur aus dem Speicherladesystem eine Mischrücklauftemperatur ein, die über der Rücklauftemperatur des Heizsystems liegt. Ab der Heizgrenze bei ca. 15 °C Außentemperatur bestimmt nur noch der Speicherbetrieb die Rücklauftemperatur, die bei abgesenkter Netztemperatur (Außentemperatur>8 °C) auf über 60 °C ansteigt. Bei Außentemperaturen < 8 bis –15 °C und gleitend ansteigender Fernwärmevorlauftemperatur (max. 120 °C bei –10 °C Außentemperatur) kann die Rücklauftemperatur im Fernwärmenetz bis knapp unter 80 °C steigen.

Eindeutige Ursache für die hohe Rücklauftemperatur ist einerseits die parallele Anordnung von Heizungs- und Trinkwassererwärmungsanlage, andererseits auch die Art der Trinkwassererwärmung mit großem Speichervorrat und permanenter Nachladung zur Sicherstellung der nach DVGW-Arbeitsblatt W 5511) vorgegebenen Mindesttemperatur von 60 °C. Ebenso trägt die hydraulische Einbindung des Zirkulationssystems in den Speicherbetrieb sowie die Vorgabe einer Mindesttemperatur im Zirkulationsrücklauf von 55 °C zur Rücklauftemperaturanhebung bei. Zu den hohen Speichertemperaturen sowie der Art des Speicherbetriebs gibt es aus hygienischen Gründen (siehe DVGW-Arbeitsblatt W 551) bei den klassischen Fernwärmeübergabestationen jedoch keine wirtschaftliche Alternative.

Kaskade statt Parallelanschlüsse

Ordnet man die Wärmeströme eines fernwärmeversorgten Gebäudes nach exergetischen Gesichtspunkten, so drängt sich die Kaskadierung der unterschiedlichen Wärmeabnehmer geradezu auf Abb. 2 . Wichtigster Ansatzpunkt ist, die hohe Fernwärmevorlauftemperatur am primärseitigen Übergabepunkt dem Wärmeverbraucher mit dem ganzjährig höchsten Temperaturanspruch zuzuweisen.

Es ist also naheliegend, das hohe Temperaturniveau zunächst für den Nacherhitzer der Trinkwassererwärmungsanlage zu nutzen und das niedrigere Temperaturniveau – also das Wärmeniveau des Rücklaufs aus der Trinkwasser­erwärmung – der Heizungsanlage als Vorlauf zur Verfügung zu stellen. Die Energieexperten der Stadtwerke Rosenheim gingen noch einen Schritt weiter und kamen zu folgender Lösung:

  • Die sekundärseitige Warmwasser-Vorratsspeicherung mit großen Warmwasser­speichern wird durch eine primärseitig angeschlossene bedarfsgeführte zweistufige Trinkwassererwärmung im Durchflussprinzip abgelöst. Hierfür wird eine Strahlpumpe als Antrieb und Regelung präferiert <b> Abb. 3 </b>. Vorteile: Regelungsbereich von 0 bis 100 %, schnelle Lastwechsel bei hoher Regelgüte auch bei sehr kleinen Abnahmemengen und keine zusätzliche elektrische Umwälzpumpe auf der Primärseite erforderlich.
  • Die Nachheizung der Zirkulation erfolgt nicht mehr über das Speicherwasser (Wasseraustausch), sondern über einen ­separaten Plattenwärmeübertrager auf der Primärseite, der in der Kaskade als erster durchströmt wird.
  • Die für Speicher typische Verkalkung der Rohrschlangen durch hohe Vorlauftemperaturen des Heizmediums wird bei den ­Plattenwärmeübertragern durch eine ­spezielle Kalkvermeidungsstrategie ­(Abregelung bei 65 °C) mithilfe der Strahlpumpe minimiert <b> Abb. 4 </b>.
  • Eine thermische Desinfektion des Warm­wassers nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 ist nur noch notwendig, wenn Gefahr in Verzug ist. Die Vorkehrungen dazu müssen jedoch auch bei Anlagen mit Plattenwärmeüber­tragern vorhanden sein <b>Abb. 5</b>.

Die Stadtwerke Rosenheim beließen es nicht bei den theoretischen Überlegungen und setzten die Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Weinmann Planung & Beratung, München und Wielenbach, und der Herstellerfirma Amarc DHS, Besana in Brianza/Italien, auch praktisch um.

Kaskade auf dem „Prüfstand“

Um sicherzugehen, dass alle Betriebsbedingungen berücksichtigt sind, wurde die Hocheffizienz-Fernwärmeübergabestation im Vorfeld der Umsetzung bei drei jahreszeitlich typischen Betriebsbedingungen für das oben beschriebene AGFW-Mustergebäude simuliert Abb. 6. Annahme dabei: Auf der Primärseite variiert die Vorlauftemperatur zwischen 125 und 80 °C, die Auslegungstemperatur für den Rücklauf liegt bei maximal 60 °C.

Betriebsbedingung 1, sehr niedrige Außentemperatur: Bei Außentemperaturen zwischen –7 und –18 °C sind die FW-Vor- und -Rücklauftemperaturen sehr hoch (120/60 °C bei Auslegungsbedingungen). Sobald die Rücklauftemperatur des Heizkreises 55 °C übersteigt, erfolgt die Abkühlung des Fernwärmerücklaufs auf unter 60 °C ausschließlich durch den Betrieb des Trinkwassererwärmers. Allgemein gilt: Je höher die Warmwasserentnahme, desto stärker wird der Fernwärmerücklauf abgekühlt. Im Tagesdurchschnitt wird eine FW-Rücklauftemperatur von 57,5 °C erreicht. Bei Spitzenzapfung im Warmwassernetz kann die FW-Rücklauftemperatur auf 40 °C absinken Abb. 6.

Betriebsbedingung 2, Übergangszeit: Bei Außentemperaturen zwischen 1 und 11 °C (FW-Vorlauftemperatur ca. 95 °C) sinkt die Heizungsrücklauftemperatur auf unter 55 °C ab. In diesem Fall trägt der Heizungsrücklauf zur Abkühlung des Fernwärmerücklaufs bei. Durch die Spitzenzapfung bei der Trinkwassererwärmung am Abend kann es zeitweise zu einer FW-Rücklauftemperatur von unter 30 °C kommen. Im Tagesdurchschnitt liegt die Rücklauftemperatur stabil bei 35,8 °C Abb. 6.

Betriebsbedingung 3, heizfreie Zeit: Bei ausgeschalteter Raumheizung wird die Temperatur des Fernwärmerücklaufs ausschließlich durch die Trinkwassererwärmung bestimmt. Je nach Zapfmenge variiert die Rücklauftemperatur zwischen 55 °C (geringe/keine Abnahme) und unter 20 °C (maximale Zapfmenge). Im Tagesdurchschnitt stellt sich eine FW-Rücklauftemperatur von 34,1 °C ein Abb. 6.

Vergleicht man die Ergebnisse aus der Simulation der konventionellen Fernwärmeübergabestation mit den Simulationsergebnissen der Kaskadenlösung, sinkt durch die Kaskade der Jahresmittelwert der Fernwärmerücklauftemperatur theoretisch von 57,5 auf 42,9 °C. Durch die höhere Spreizung im Fernwärmenetz wird gleichzeitig der Volumendurchsatz der Musteranlage von 6716 auf 4842 m3/a verringert. Umgerechnet auf die Pumpenleistung ergibt sich aus der Temperaturabsenkung von 15 K eine Stromeinsparung von 27 %.

Mut zum Downsizing bei der TWE

Die wichtigste Erkenntnis aus der Analyse bestehender Anlagen und den Ergebnissen der Simulationsberechnungen ist zweifellos, dass konventionelle Trinkwassererwärmungsanlagen (Speicher) maßgeblich zu den ansteigenden Rücklauftemperaturen in Fernwärmenetzen beitragen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Trinkwassererwärmer durchweg überdimensioniert sind. Meist wurden Leistungseinbußen durch Verkalkung der Rohrschlangen beziehungsweise der Wärmeübertrager schon bei der Planung durch großzügige Zuschläge einkalkuliert. Solche Systeme sind zusätzlich anfällig für die Vermehrung von Legionellen.

Beim Einsatz von Frischwasserstationen mit Plattenwärmeübertragern muss der Planer radikal umdenken. Wer hier normgerecht auslegt, riskiert eine schnelle Verkalkung der Wärmeübertrageroberflächen. Selbst die Empfehlungen des „Gleichzeitigkeitskatalogs“ nach den Messungen der TU-Dresden gelten nach den Erfahrungen der Stadtwerke Rosenheim noch als zu großzügig bemessen. Um den Kalkansatz in den Plattenwärmeübertragern zu verhindern, werden im Rosenheimer Fernwärmenetz die Frischwasserstationen rund 30 % unter der Empfehlung der TU-Dresden dimensioniert. Dies führt zu höheren Fließgeschwindigkeiten im Plattenwärmeübertrager – mit dem Effekt, dass eine Kalkablagerung an den Wärmeübertragerflächen wirksam verhindert wird.

Auch bei der Auslegung des primärseitigen Regelventils auf der Heizungsseite tendieren die Energieexperten der Stadtwerke zu eher kleineren kvs-Werten, um das Regelverhalten zu optimieren. Hier setzen allerdings Strömungsgeräusche sowie die Gefahr der Kavitation Grenzen beim Downsizing.

Die Ergebnisse der Simulationsberechnungen decken sich weitgehend mit den praktischen Erfahrungen mit der ersten dreistufigen Fernwärmeübergabestation der Stadtwerke ­ Rosenheim im Pilotprojekt Pfaffenhofener Straße Abb. 8. Gegenüber dem AGFW-Musterhaus mit 160 kW Anschlussleistung für 27 Wohneinheiten hat das Bestandsgebäude aus den 1980er-Jahren 40 Wohneinheiten und 160 kW Anschlussleistung.

Leistungsreserven nutzen

Bei der nachträglichen Berechnung der Heizlast in bestehenden Wohngebäuden stellt man in der Regel „stille Reserven“ fest. Der Grund sind Sicherheitszuschläge und Aufrundungen bei der Festlegung der Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert, früher k-Wert) von Außenwänden, Fenstern, Decken und Dächern. Hinzu kommen nachträgliche energetische Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle und eine Verminderung der Lüftungswärmever­luste, beispielsweise durch neue Fenster oder Fugenabdichtungen.

Diese „Überdimensionierungen“ bieten das Potenzial, die ursprünglichen Auslegungstemperaturen in den Heizkreisen abzusenken oder die Spreizung zu erhöhen und nur die Rücklauftemperatur zu verringern.

Nach dem erfolgreichen Einsatz der kaskadierten Fernwärmeübergabestation im Pilotprojekt Pfaffenhofener Straße wird jetzt untersucht, in wieweit die Rücklauftemperatur im Sekundärheizsystem aufgrund von Leistungsreserven abgesenkt und damit auch die Rücklauftemperatur der primärseitigen Fernwärmeübergabestation ganzjährig auf möglichst niedrigem Niveau gehalten werden kann. Die Begutachtung wurde im Auftrag der Stadtwerke Rosenheim durch Duschl Ingenieure, Beratende Ingenieure für Technische Aus­rüstung und Energietechnik, Rosenheim, durchgeführt.

Eingebaut ist eine 90/70-°C-Zweirohrheizung mit Wohnungsverteilern, an welche die einzelnen Heizkörper der jeweiligen Wohnung mit jeweils separater Vor- und Rücklaufleitung angeschlossen sind („Spaghetti-Heizung“). Eine exemplarische Nachrechnung einer Erdgeschosswohnung führte zu folgenden Ergebnissen:

  • Berechnung der Heizlast nach DIN 12831: 4kW
  • Wärmeleistung der installierten Heizkörper unter Normbedingungen: 8,4 kW

Ergo: Die Wärmeleistung der Heizkörper unter Normbedingungen nach DIN EN 4422) (75/60/20 °C) übersteigt die Summenheizlast der Referenzwohnung um den Faktor 2. Ein Abgleich der rechnerischen Heizlast von 4 kW mit den tatsächlichen Heizkörperleistungen bei unterschiedlichen Vor- bzw. Rücklauftemperaturen ergab folgende Ergebnisse:

  • Bei einer Vorlauftemperatur von 90 °C und einer Rücklauftemperatur von 30 °C kann die Wohnung ausreichend auf 20 °C gehalten werden
  • Bei einer Vorlauftemperatur von 80 °C und einer Rücklauftemperatur von 35 °C ist eine ausreichende Beheizung der Wohnung gewährleistet.

Allerdings ergeben sich durch die hohe Tem­peraturspreizung sehr kleine Massenströme, sodass eine raumweise Betrachtung der Heizkörperleistungen beziehungsweise des Massenstromes im jeweiligen Heizkörper not­wendig ist.

Feinregulierventil bei großer Spreizung

Die einfachste und sicherste Art der Rücklauftemperaturbegrenzung ist aus Sicht von Duschl Ingenieure die Nachrüstung von Rücklauftemperaturbegrenzungsventilen an jedem Heizkörper. In diesem Fall könnte die Raumtemperaturregelung wie bisher über die vorhandenen Thermostatventile erfolgen. Diese theoretisch optimale Lösung ist jedoch bei bestehenden Anlagen oft nur mit viel Aufwand realisierbar.

Eine weitaus wirtschaftlichere Lösung ist die Drosselung der Massenströme in den Heizkörpern durch den Austausch der Ventileinsätze in den Kompakt-Heizkörpern (hier: Kermi). Da vom untersuchten Gebäude weder Installationspläne noch eine Rohrnetzberechnung vorliegen, wurde von einem pauschalen Differenzdruck am Heizkörper von 0,2 bar ausgegangen. Mit den aktuell eingebauten Ventileinsätzen in den Plattenheizkörpern würde der kleinste realisierbare Massenstrom 40 kg/h betragen. Für die Auslegung auf Heizkreistemperaturen von 80/35 °C sind jedoch Massenströme zwischen 10 und 23 kg/h erforderlich.

Eine Versuchsmessung an einem Heizkörper im Wohnzimmer der Erdgeschosswohnung (ohne Thermostatkopf, Ventil voll geöffnet, maximale Voreinstellung) ergab auf Basis der gemessenen Vor- und Rücklauftemperaturen einen Massenstrom von ca. 240 kg/h. Notwendig wäre aber eine Drosselung des Durchflusses auf 28 kg/h, was nach den Unterlagen des Heizkörperherstellers zu einem Druckverlust von 0,08 bar im Ventileinsatz führen würde. Damit war klar, dass die für die hohe Temperaturspreizung ermittelten kleinen Massenströme mit dem installierten Ventil (Kermi K9) nicht realisiert werden können.

Um den Nachrüstungsaufwand niedrig zu halten, schlug Duschl Ingenieure den Austausch des Standardventils durch das Kermi-Thermostatventil V3K (Feinregulierventil) vor. Mit diesem Ventil sind – je nach Druckverlust am Heizkörper (0,08 bis 0,2 bar) bei niedrigster Voreinstellung – Massenströme zwischen 18 und 25 kg/h erreichbar.

Bei einem angenommenen Differenzdruck am Heizkörper von 0,08 bar ergibt sich unter Nennbedingungen eine Mischrücklauftemperatur für die Erdgeschosswohnung im Aus­legungsfall (VL = 80 °C) von 39 °C, bei einer Annahme von 0,2 bar Differenzdruck von 45,8 °C. Da bei Warmwasserheizungsanlagen der Teillastfall überwiegt und die Vorlauftemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur im Gebäude zentral abgesenkt wird, liegen im realen Betrieb niedrigere Rücklauftemperaturen vor.

Ein Nachteil der kleinen Ventilöffnung von Feinregulierventilen ist der länger andauernde Aufheizvorgang nach Abschaltzeiten. Auch sollte die Anlage vor dem Einbau der neuen Ventile intensiv gespült werden, da sich sonst Verschmutzungen an den kleinen Ventilöffnungen absetzen können. Überzeugend sind jedoch die Kosten für den Ventilaustausch, die bei etwa 50 Euro je Heizkörper (netto, inklusive Ventileinsatz) liegen. Gleichzeitig lassen sich durch die starke Absenkung des Heizkreisvolumenstroms erhebliche Kosten durch eine verringerte Leistungsaufnahme der Umwälzpumpe erzielen. •

1) DVGW-Arbeitsblatt W 551 Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen. Bonn: wvgw Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser, Herausgeber: DVGW, April 2004

2) DIN EN 442 Radiatoren und Konvektoren – Teil 2: ­Prüfverfahren und Leistungsangabe. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2003

Wichtig für TGA-Planer und Wohnungsunternehmen

TGA-Planer: Durch die Kaskadierung der unterschiedlichen sekundärseitigen Abnehmer lässt sich die primärseitige Fernwärmerücklauftemperatur minimieren, wenn die zentrale Trinkwassererwärmung auf ein speicherloses System nach dem Durchflussprinzip umgestellt wird. Mit einer zweistufigen Erwärmung wird der Einfluss der Zirkulation auf die Rücklauftemperatur verringert. Eine Überdimensionierung der Plattenwärmeübertrager ist dabei zu vermeiden.

Wohnungsunternehmen: Viele Fernwärmeübergabestationen im Bestand entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen an Energieeffizienz, gleichzeitig lässt sich mit einer Modernisierung die Trinkwasserhygiene verbessern. Durch eine Erneuerung lässt sich Energie (Wärme und Pumpenstrom) einsparen und meistens auch die Anschlussleistung mit einer entsprechenden Kostenersparnis deutlich absenken.

Dr.-Ing. Götz Brühl


ist Geschäftsführer der Stadtwerke Rosenheim, 83022 Rosenheim, https://www.swro.de/de


Reinhard Bielmeier

ist Bereichsleiter Versorgungs­technik der Stadtwerke Rosenheim, 83022 Rosenheim, https://www.swro.de/de


Horst Neugebauer

ist Abteilungsleiter Betrieb Fernwärme-Netz der Stadtwerke Rosenheim Netze GmbH, 83022 Rosenheim, https://www.swro-netze.de/


Dipl.-Ing. Edwin Weinmann

ist Inhaber des Ingenieurbüros Weinmann Planung & Beratung, 80687 München, http://www.wve-gmbh.com

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