Vertreter aus Politik und Wirtschaft haben auf dem „Innovationsforum Wasserstoff & Brennstoffzelle“ am 29. Oktober 2019 in Frankfurt diskutiert, welchen Beitrag die Brennstoffzellenheizung für eine schnellere Wärmewende leisten kann. Im kürzlich beschlossenen Klimaschutzprogramm 2030 hat das Bundeskabinett den Wärmemarkt wieder stärker ins Visier genommen und setzt auf hohe CO2-Einsparungen durch den Austausch veralteter Heizungen.
Modernisierungsquote muss verdoppelt werden
„Endlich rückt die Politik den größten Energieverbrauchssektor Deutschlands, den Wärmemarkt, in den Fokus. Für den Erfolg der Energiewende bedarf es auch zwingend einer Wärmewende, denn der Sektor bietet die höchsten CO2-Minderungspotenziale. Diese müssen dringend gehoben werden“, sagte Andreas Lücke, Sprecher der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), im Rahmen der Veranstaltung. Rund 6 von 10 Heizungen in Deutschland seien veraltet und somit ineffizient. Zugleich definiere die Bundesregierung anspruchsvolle Ziele für den Gebäudebereich. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß von 119 Mio. (Jahr 2014) auf mindestens 72 Mio. t/a gesenkt werden. „Will die Politik diese Zielsetzung erreichen, so muss die Modernisierungsquote verdoppelt werden“, so Lücke.
„Mit der Brennstoffzellenheizung ist bereits eine Technologie auf dem Markt, die sowohl im Neubau als auch im Bestand für hohen Klimaschutz sorgt“, erklärte Dr. Timm Kehler, Sprecher der IBZ und Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas. „Der Brennstoffzelle kommt als effizientester Art der Wärme- und Stromerzeugung eine tragende Rolle bei der Energiewende zu, die gleichzeitig das Klima schont: Denn gegenüber einer alten Gasheizung [und Netzstrom] werden knapp 70 % CO2 eingespart; zusätzlich sinken die Energiekosten um rund zwei Drittel. Im Bestand bietet sie einen weiteren entscheidenden Vorteil: Aufwendige Gebäudesanierungen sind mit ihr nicht nötig, es fallen lediglich die Anlagekosten an.“
„Einstieg in das Wasserstoffzeitalter für jedermann“
Seit Beginn des KfW-Förderprogramms 433 „Zuschuss Brennstoffzelle“ im Sommer 2016 wurden bis einschließlich September 2019 nach Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums 8933 Förderanträge bewilligt. Im laufenden Kalenderjahr gingen bereits 3405 Anträge mit einem Fördervolumen von knapp 47 Mio. Euro ein – und damit 30 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Anbieter rechnen deshalb mit weiter steigender Nachfrage.
Kehler: „Durch die zunehmende Produktvielfalt passt sich das Hightechgerät immer mehr den individuellen Verbraucherbedürfnissen an. Egal ob im Bestand oder im Neubau, egal ob Ein- oder Mehrfamilienhaus – die Zukunft passt in jeden Heizungskeller. Ein weiterer Vorteil: Während die Brennstoffzelle heute noch Wasserstoff aus Erdgas gewinnt, kann sie morgen schon direkt mit Wasserstoff aus dem Gasnetz betrieben werden. Die Brennstoffzellenheizung hat damit das Potenzial zum Game-changer der Wärmewende zu werden. Sie ermöglicht den Einstieg in das Wasserstoffzeitalter für jedermann.“
„Die Ergebnisse des Dialogprozesses ‚Gas 2030‘ heben die Bedeutung der Brennstoffzellen-Technologie für die Zukunft des Energiesystems bereits deutlich hervor. Dieser Faden muss nun bei der Entwicklung der von der Bundesregierung geplanten Wasserstoffstrategie aufgegriffen und weitergeführt werden. Die Branche bietet hierfür ihre konstruktive Mitarbeit an“, so Lücke.
Anmerkung der TGA-Redaktion
Die Zahlen zur CO2-Reduktion stammen aus dem Klimaschutzplan 2050. Er beinhaltet ein Minderungsziel für das „Handlungsfeld Gebäude“ auf 70 bis 72 Mio. t/a CO2-Äquivalent bis 2030 gegenüber 1990 mit 209 Mio. t CO2-Äquivalent. Das entspricht einer Minderungsquote von 67 bis 66 %. Für das Jahr 2014 gibt der vor drei Jahren beschlossene Plan für den Gebäudebereich Emissionen von 119 Mio. t CO2-Äquivalent an.
In Gebäuden installierte Brennstoffzellenheizungen können ihre Vorteile allerdings nicht im Sinne des Klimaschutzplans ausspielen oder sich sogar kontraproduktiv auf die Emissionen des Gebäudebereichs auswirken. Für die Minderungsziele werden nämlich nach dem Quellenprinzip nur die Emissionen aus Verbrennungsprozessen in Gebäuden (im Wesentlichen für Raumwärme, Trinkwassererwärmung und Kochen) bilanziert. Bei einer Brennstoffzellenheizung wird aber zusätzlich für die Stromerzeugung Erdgas „verbrannt“, die vermiedenen Emissionen im Kraftwerk werden jedoch nicht gutgeschrieben.
Das bedeutet auch, dass der Austausch einer Gas- oder Öl-Heizung durch eine mit Netzstrom angetriebene elektrische Wärmepumpe den Gebäudesektor zu 100 % von den bisherigen CO2-Emissionen entlastet. Die CO2-Emissionen im Kraftwerkspark „verbleiben“ in der Energiewirtschaft, die mit 62 bis 61 % das zweithöchste Minderungsziel erfüllen soll. Dabei hilft auch die Stromeinsparung in Gebäuden, beispielsweise durch den Austausch alter Umwälzpumpen.
Das „Quellenprinzip“ ist übrigens keine „Erfindung“ das Klimaschutzplans 2050, sondern entspricht der internationalen Treibhausgasberichterstattung (UNFCCC). ■