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Martin Bentele über Marktchancen für Holzpellets

Sonderkonjunktur für Großanlagen

TGA: Herr Bentele, war 2009 ein gutes Jahr für die Holzpellet-Branche?

Bentele: Es fing gut an, mit Rückenwind aus 2008, als Heizen mit Pellets sehr gute Wachstumsraten hatte. Ab dem Sommer reduzierte sich das Geschäft dann – übrigens bei allen erneuerbaren Wärmequellen. Insofern war 2009 keine Fortschreibung der Erfolgsgeschichte.

TGA: Worüber haben Sie sich 2009 am meisten geärgert?

Bentele: Darüber, dass den Menschen die ­Abwrackprämie für Autos als umweltrelevante Maßnahme verkauft wurde und Energiespar­lampen nun das Klima retten. Wie soll der Ver­braucher so ein Bewusstsein dafür erlangen, dass in seinem Keller eine alte Heizung steht, deren Austausch für seinen Geldbeutel und für das Klima wesentlich mehr bewirken würde? Fazit meines Ärgers: Der Wärmemarkt wird total unter Wert ­verkauft!

TGA: Und gefreut?

Bentele: Dass wir für die Pelletbranche in Berlin angekommen sind und mit dem DEPV sowie mit dem Deutschen Pelletinstitut (DEPI) zwei Einrichtungen haben, die sich in Sachen Lobby- und Facharbeit sowie Informationsvermittlung durch Öffentlichkeits­arbeit und Marketing erfolgreich ergänzen können.

TGA: Welche Erwartungen und ­Herausforderungen existieren für 2010?

Bentele: In erster Linie gilt für uns, den Markt wieder in Schwung zu bringen – so weit wir das als Branchenverband können. Der Verbraucher ist gegenüber erneuerbaren Energien weiter positiv eingestellt. Wenn die gesamte Wärmebranche zusammenhält, wird es wesentlich leichter, den „Schlafenden Riesen“ Heizungsmarkt zu wecken. Daher haben wir den Schulterschluss der wichtigen Verbände BEE und BDH1) mit Nachdruck gefördert und werden ihn auch weiter unterstützen.

TGA: Am 22. März ist die novellierte Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – 1. BImSchV in Kraft getreten. Die Verordnung führt mittel- und langfristig strengere Abgasgrenzwerte ein, auch für Holzpellet-Heizungsanlagen. Der DEPV hatte Berlin mehrfach angemahnt, die Novellierung der Verordnung schnell abzuschließen. Warum?

Bentele: Auslöser der BImSchV-Novelle ist die Reduzierung des Feinstaubausstoßes von kleinen Feststofffeuerungsanlagen. Ob in Regionen mit einem Feinstaubproblem die Holzenergie daran beteiligt ist oder nicht, darum geht es aber nicht. Feinstaub umfasst einen äußerst medienrelevanten Problembereich, der uns sehr schaden kann – wie man in der in der Vergangenheit gesehen hat, als Pelletheizungen regelmäßig mit alten stinkenden Öfen in Sippenhaft genommen wurden. Tatsächlich kann es bei diesem Thema also alleine darum gehen, der gesamten Holzenergie zu einem besseren, sprich sauberen Image zu verhelfen. Das geht am besten durch ein Regelwerk mit strengen Grenzwerten. Dazu eignet sich die 1. BImSchV, auch wenn sie bei der Altanlagenregelung als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet ist.

TGA: Hat man in Berlin ein offenes Ohr für die Belange der Holzpellet-Branche?

Bentele: Nun ja, beim Thema Energie stehen vor allem diejenigen Bereiche, die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Stromsektor einhergehen, für Politik und Medien in der ersten Reihe. Aber ich kann mich nicht beklagen. Wir versuchen in unserem überschaubaren Bereich präsent zu sein. Das geht am besten mit einem authentischen Image: klein, fein und innovativ.

TGA: Seit einiger Zeit gibt es deutliche Zuwächse bei Holzpellet-Heizungsanlagen größerer Leistung zur Beheizung von Gebäuden. Warum hinkt die Marktentwicklung bei größeren Anlagen der von Kleinanlagen hinterher?

Bentele: Im gewerblichen und kommunalen Einsatz, aber auch bei Wohnungsbaugesellschaften, fehlte zum Thema Heizen mit Pellets – das hier bei einer Leistung von 50 kW anfängt – in der Vergangenheit einfach das Bewusstsein. Da hat sich allerdings im letzten Jahr viel getan. Während die privaten Verkäufe hinter den Erwartungen zurückblieben, stieg die Nachfrage nach großen Anlagen deutlich an. Man kann sogar von einer Sonderkonjunktur sprechen.

TGA: Was kennzeichnet das Marktsegment der größeren Holzpellet-Heizungsanlagen?

Bentele: Der Brennstoffkostenvorteil macht sich aufgrund des hohen Durchsatzes deutlicher bemerkbar. Darum amortisieren sich größere Anlagen für den Betreiber sehr schnell. Eine Herausforderung ist es, die Planer mit kompetenten Informationen hierüber auszustatten und auch die Logistik zufriedenstellend zu lösen. Daneben müssen für den Umgang mit großen Anlagen und für Lagerbehälter noch besondere Sicherheitsregeln entwickelt werden, ich nenne hier nur das Thema Explosionsschutz.

TGA: Welche Akteure sind heute bei größeren Holzpellet-Heizungsanlagen die Wegbereiter?

Bentele: Hier sind Fachplaner, Energieberater und Architekten gefragt, den Kommunen und Unternehmen beratend zur Seite zu stehen. Schon heute ist Contracting mit Holzpellets ein probates Mittel, um die Energieversorgung kostengünstig zu gestalten. Die TGA-Planungsbüros sind dabei ein sehr wichtiger Partner.

TGA: Wie sieht es mit dem zweiten Trend zu wohnungsnahen Kleinstanlagen aus? Ist vielleicht sogar bald mit einer Ablösung der zurzeit führenden Heizungsraumvariante zu rechnen? Ein Hersteller bietet bereits ein wandhängendes Gerät an…

Bentele: Die Zunahme von Passiv- und Niedrigenergiehäusern, vor allem im Neubaubereich, spricht durchaus dafür. Mit Einzelraumfeuerstätten wird hier schon häufig auf diese Weise geheizt. Im Mehrfamilienhaus wird auch in Zukunft kein Weg an einem Pelletheizkessel im Keller vorbeiführen, der in der Regel modulierend auch den Teillast­bereich effizient abdecken kann.

TGA: Aus der Sicht der Betreiber avancieren Versorgungssicherheit und Preisstabilität ­immer stärker zu den wichtigsten Eigen­schaften eines Energieträgers. Welche Perspektiven haben Holzpellets?

Bentele: Der Markt für Holzpellets unterscheidet sich maßgeblich von anderen Energiemärkten, denn die Preisbildung funktioniert bei 60 Produzenten und rund 300 Händlern ohne Spekulationsmomente und transparent auf der Basis von Angebot und Nachfrage. Hieran wird sich nichts Grundsätzliches ändern, weshalb mir eine stabile Preisentwicklung logisch erscheint. Zum Thema Versorgungssicherheit konnte man in diesem Winter die Lernfähigkeit der Branche erkennen. Im Herbst wurden erstmals große Mengen an Pellets eingelagert, um die Verfügbarkeit im Winter zu sichern. Auch die ungewöhnlich lange Frostperiode hatte keine negativen Auswirkungen.

TGA: Es gibt Diskussionen, den primärener­getischen Vorteil von nachwachsenden Brennstoffen – und damit auch von Holzpellets – in der nächsten EnEV-Novelle (politisch) abzumindern, um auch den Endenergiebedarf zu limitieren. Wird der DEPV dies unterstützen?

Bentele: Klar ist, dass der primärenergetische Vorteil keinen Einfluss auf die Endenergie hat. Ihn mit Blick auf den Endenergiebedarf zu limitieren, bringt aber nichts. Hier spielt ausschließlich das gewählte Heizsystem und dessen Auslegung eine Rolle. Den Primärenergiefaktor bei Pellets zu ändern, würde nur Sinn machen, wenn es zu einer fairen Beurteilung aller Energieformen kommen würde. In Zeiten, da neue Kohlekraftwerke mit vergleichsweise geringen Wirkungsgraden gebaut werden, stellt sich mir eher die Frage, ob der Primärenergiefaktor von Strom statt einer Absenkung von 3,0 auf 2,2 nicht deutlich angehoben werden müsste.

TGA: Eine zeitlang existierte in der Branchenkommunikation eine Wettbewerbssituation zwischen Holzpellets bzw. Erdgas und Heizöl. Spätestens seit 2009 ist nun die Wärmepumpe die Messlatte der konventionellen Technik. ­Ärgert Sie das – oder kann die Holzpellet-Branche nun sogar ungestörter agieren?

Bentele: Dass es neue Technologien gibt, ärgert mich keineswegs. Konkurrenz belebt das Geschäft und führt tatsächlich dazu, dass das „Inte­resse“ anderer Branchen an uns ein wenig reduziert wird.

TGA: Ab 2011 wird ein deutliches Wachstum bei der Strom erzeugenden Heizung erwartet. Im Einfamilienhausbestand wird es zu einer ausgemachten Zielgruppenüberschneidung kommen…

Bentele: Es freut mich, wenn andere Branchen im Wärmesektor den Silberstreif am Horizont erkennen. Mit der Pelletheizung als hervorragende Option im Gebäudebestand werden wir davon ebenfalls profitieren.

TGA: Welche Bedeutung können MiniKWK-Systeme auf der Basis von Holzpellets im Ein- und Zweifamilienhausbereich ­erreichen und welche Entwicklungen sind dafür noch erforderlich?

Bentele: Mir sind leider keine Erkenntnisse bekannt, dass bei dieser Technik in den nächsten Jahren eine besonders dynamische Entwicklung bevorstünde. Generell finde ich das schade, denn dort wo ein hoher Wärmebedarf besteht, wie z.B. in Hotels, ist die eigene Stromproduktion eine interessante Option. Wie öffentlichkeitswirksam das Thema ist, weiß man ohnehin.

TGA: Die Holzpellet-Technik verdankt ihre Marktstellung auch dem Marktanreizprogramm (MAP). Das Programm fördert allerdings mittlerweile direkt oder indirekt alle am Markt zukunftsfähigen Heiztechniken. Die Idee des MAP – die Kostendifferenz zum Standard abzumildern und so einer Technik durch ­stimulierte Nachfrage und Skalierungseffekte zur Wettbewerbsfähigkeit zu verhelfen – wird dadurch abgemindert. Dämpft diese Förderpraxis den Absatz von Holzpellet-Heizkesseln?

Bentele: Die Erweiterung der Fördertatbestände im Marktanreizprogramm wurde auch von uns kritisiert. Aber letztlich wurden in der Vergangenheit meistens nicht alle Mittel abgerufen. Da hätte es wenig Sinn gemacht, gegen bestimmte Boni zu opponieren. Heute liegt das Problem darin, dass das MAP wegen ausbleibender Erlöse aus der Versteigerung von CO2-Zertifikaten schlecht ausgestattet ist. Da muss jetzt die gesamte Wärmebranche dagegenhalten und die Politik daran erinnern, dass eine stetige Ausstattung dieses Programms vor Kurzem mit guten Gründen noch fraktionsübergreifend Konsens war.

TGA: Ab und zu greifen große Magazine wie der Spiegel das Thema Holzpellets aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Wird die Holzpellet-Wertschöpfungskette nach den früheren Negativberichten mittlerweile objektiv beurteilt?

Bentele: Wir haben einiges dafür getan, dass sich hier die Einstellung gewandelt hat. Ansonsten hätte ich nicht auf der DEPV-Homepage eine offi­zielle Verlinkung zu Spiegel-Online. Aber je wichtiger erneuerbare Energien werden und je mehr von ihnen gesprochen wird, desto mehr Widerstand wird es geben, auch weil Personen sich damit profilieren wollen. Da gilt es, sich zu wappnen. Ich pflege daher Allianzen zu Kompetenzträgern, die für Glaubwürdigkeit in Umweltfragen stehen, wie z.B. der Naturschutzbund Deutschland NABU, mit dem wir ein Positionspapier erstellt haben. Dennoch leben wir in einer Mediengesellschaft, und das bedeutet, man muss immer damit rechnen, dass aus aufgebauschten Bagatellen oder auch aus Unwahrheiten über Nacht eine Negativkampagne beginnen kann.

TGA: Die Wärmepumpenbranche stand in den letzten Monaten wegen unlauterer Werbeaussagen einiger Marktakteure am Pranger, insbesondere bei den Verbraucherzentralen. Halten Holzpellet-Heizungsanlagen, was die Branche verspricht?

Bentele: Wir bemühen uns um ein authentisches Bild und sind nicht auf ein Strahlemann-Image aus. Wir könnten es aber auch nicht, wenn wir wollten. Denn hinter der Pelletbranche stehen nicht mächtige Stromkonzerne. Insofern müssen wir den Endverwender allein mit Argumenten und Fakten überzeugen. Das ist schwerer als mit bunter Werbung. Als Diplom-Forstwirt stehe ich bei der Pelletbranche aber konsequent für einen nachhaltigen Ansatz. Andere Wege führen zu nichts: Es holt einen irgendwann ein, wenn man mehr verspricht, als man halten kann.

Heizen mit Pellets hält nach meiner Überzeugung sowohl rohstoffseitig wie auch technisch das, was versprochen wird. Unser Problem liegt bislang eher darin, dass wir Defizite hatten, ein übergreifendes Dachmarketing aufzubauen. Dazu haben wir mit dem DEPI eine Einrichtung geschaffen, die seit 2009 Informationen zielgruppenspezifisch aufbereitet.

TGA: Bisher sprechen wir immer von Holzpellets. Wird dies in Zukunft der richtige Begriff sein oder werden zunehmend Gemische auf erweiterter Rohstoffbasis hinzukommen?

Bentele: Für kleine Anlagen werden künftig die nach ENplus zertifizierten Holzpellets die ausschließliche Grundlage bleiben. Der technische Fortschritt, um Brenntechnik oder teure Filteranlagen für sonstige Biomassepellets zu installieren, würde den Brennstoffkostenvorteil auffressen. Inwieweit größere, industrielle Anlagen hier kompatibel für Pellets aus Trauben- oder Olivenkernen, aus Elefantengras, Schilf oder landwirtschaftlichen Abfallstoffen werden, mag ich heute nicht abschließend beurteilen. Wir sind in der Pelletbranche aber gut beraten, das Thema Qualitätssicherung von Rohstoff und Feuerung ernst zu nehmen. Das sind Argumente, die für Holz sprechen.

TGA: Das vom DEPI entwickelte ENplus-Siegel soll künftig die Qualität von Holzpellets regeln. Wie ist der aktuelle Stand bei der Einführung?

Bentele: Wir haben die Struktur des ENplus-Siegels gemeinsam mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum und dem österreichischen Verband Pro Pellets Austria abgeschlossen und die Nutzungsverträge im April an die Produzenten und den Handel übermittelt. In der nächsten Heizperiode soll ENplus auf breiter Fläche vertreten sein und im nächsten Jahr auch auf internationaler Ebene.

TGA: Im Januar hat RWE Innogy mitgeteilt, dass das Unternehmen in Georgia/USA das weltweit größte Pelletwerk baut, um ab 2011 bis zu 750000 t/a nach Europa zu verschiffen und hier in Großkraftwerken einzusetzen. Zur Begründung wird angeführt, dass in ­Europa nicht genug Biomasse für die poli­tischen Ausbauziele bei nachwachsenden Rohstoffen verfügbar ist. CO2-Minderung in Europa mit Holz aus den USA, einem der größten CO2-Emittenten der Welt: Können ­solche Widersprüche dem hiesigen Markt für Holzpellet-Heizungsanlagen schaden?

Bentele: Ausdrücklich ja, da sie dazu geeignet sind, den Verbraucher zu verunsichern: Die Argumente und auch die Denkweise entsprechen nicht dem, was in Deutschland für das Heizen mit Holzpellets vermittelt wird – nämlich ein qualitativ hochwertiger Energieträger, der auf der ­Basis eines breit verfügbaren, heimischen und nachwachsenden Rohstoffs erzeugt wird und in ­regionale Wirtschaftskreisläufe integriert ist.

TGA: Vielen Dank für das Gespräch.

http://www.depv.de https://depi.de/

1) BEE: Bundesverband Erneuerbare Energien

BDH: Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik

NEU

Mehr Infos zum Thema im

TGA-Online-Dossier

Auf https://www.tga-fachplaner.de/

einfach Webcode 720 eingeben.

Auf den Punkt: Holzpellet-Perspektiven

Herr Bentele, die Förderung von Holzpellet-Heizungsanlagen…
…ist weiterhin eine wichtige Maßnahme, um die Markteinführung von effizienten, öko­logischen Heizsystemen voranzubringen.

Kleine Holzpellet-Heizungsanlagen…
…sind eine der effizientesten Arten der Wärmegewinnung mit hervorragender CO2-Bilanz.

Größere Holzpellet-Heizungsanlagen…
…gewinnen im Bereich Gewerbe, Kommunen und Wohnungsbauwirtschaft immer mehr Anhänger.

Heizungsfachbetriebe…
…sind ein unerlässlicher Partner für unsere Branche, um den Verbraucher vom Heizen mit Holzpellets zu überzeugen.

TGA-Fachplaner…
…werden dringend benötigt, um den sehr wichtigen Zielgruppen Kommunen, Gewerbe und Wohnungsbaugesellschaften für die Wärmeerzeugung mit Holzpellets beratend zur Seite zu stehen.

Öffentliche Auftraggeber…
…kommen in ihrer Vorbildfunktion eigentlich nicht an der Nutzung erneuerbarer Wärme und an Holzpellets vorbei.

2020…
…haben wir in Deutschland eine Million Pelletheizungen.

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