Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Neue Mikro-KWK-Konzepte

Mit Speichern und PV aus der Sackgasse

Kompakt informieren

  • Bei der Planung von kleinen KWK-Anlagen verschiebt sich der Fokus von der Energieeffizienz und der Laufzeitoptimierung zum energiewirtschaftlich optimalen Betrieb.
  • Unabhängig von einer Eigenstromabgabe ist die Zeit der beliebigen Stromeinspeisung ins Netz durch Mikro- und Mini-KWK-Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen vorbei.
  • Neue Mikro-KWK-Konzepte setzen auf Strom- und größere Wärmespeicher sowie die Kombination mit PV-Anlagen. Die Ziele sind eine höhere Eigenstromnutzung, die Nutzung von preisgünstigem Überschussstrom aus dem Netz und die Bereitstellung von Regelenergie.
  • Die ausufernde KWK-Bürokratie hemmt den Markt.

Bereits Anfang März 2014 zeichnete sich bei der 1. Mikro-KWK-Fachtagung „Innovative Mikro-KWK mit Strom- und Wärmespeicher“ im Rahmen der Kongressmesse Clean Energy Building (CEB) in Stuttgart ab, dass die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) grundlegende Veränderungen bei der Eigenstromerzeugung nach sich ziehen wird. Was von den geplanten Maßnahmen schlussendlich umgesetzt und wo die Bagatellgrenze für die installierte Leistung beziehungsweise die produzierte Jahresstrommenge gezogen wird, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Wesentlich ist: die Zeit der beliebigen Stromeinspeisung ins Netz ist vorbei. Künftig müssen bereits Mikro- und Mini-KWK-Anlagen netzdienlich geplant und betrieben werden. Dazu bedarf es gegenüber bisherigen Konzepten zusätzlicher Maßnahmen, um Strom und Wärme zu speichern, preisgünstige Überschüsse aus dem Netz wirtschaftlich zu verwerten und die Eigenstromnutzung zu optimieren.

Bislang eher verpönte Kombinationen werden geschäftsfähig, zum Beispiel KWK-Anlage mit Wärmepumpe, KWK- und Photovoltaik(PV)-Anlage, die Umwandlung von KWK- oder billigem Netzstrom über Elektroheizstäbe in Wärme beziehungsweise ihre Speicherung in Batterien. Vielfach steht bei der Planung nicht mehr die energieeffizienteste Lösung im Vordergrund, sondern der energiewirtschaftlich optimale Ansatz Abb. 1.

Zusätzliche Erlöse durch Regelenergie

Aus Sicht der Energieversorger und der Netzbetreiber ist der wärmegeführte Betrieb von Mikro-KWK-Anlagen künftig weder netzdienlich noch wirtschaftlich, zumal für den Bezug von Strom etwa 29 Ct/kWh in Rechnung gestellt wird, für die Einspeisung aber nur etwa 4 Ct/kWh vergütet werden, der KWK-Zuschlag von aktuell 5,41 Ct/kWh wird bis zu einer Anlagengröße von 50 kWel ohnehin für die gesamte Stromproduktion unabhängig von der Verwendung gewährt.

„Der wärmegeführte Betrieb ist überholt, da er für Betreiber und Energieversorger unwirtschaftlich ist“, erklärt Dr. Jens Matics, RWE Effizienz, Essen. Erfahrungen mit Contracting-KWK-Anlagen hätten gezeigt, dass mit einer Eigenstrom-optimierten Betriebsweise deutlich höhere Betriebskosteneinsparungen als mit wärmegeführten Anlagen zu erzielen sind. Matics: „Der Schlüssel zu mehr Wirtschaftlichkeit liegt in einem mehrstufigen Energiemanagementsystem, das mithilfe der von RWE entwickelten Easyoptimize-Box den Energiefluss nach den Bedürfnissen des Netzes und des Betreibers steuert.“ Die Dimensionierung von Pufferspeichern zur Überbrückung von Abschaltzeiten beziehungsweise zur Pufferung von Überschusswärme bei Anforderung von Spitzenstrom spiele dabei eine maßgebliche Rolle.

Diese Anlagenflexibilität ist aus Sicht von RWE der Schlüssel zur Bündelung von KWK-Anlagen über eine Aggregation (regelungstechnische Zusammenfassung) zur Vermarktung von Minutenreserven am Regelenergiemarkt. Bei einer entsprechenden Präqualifikation könnten die Betreiber von Mikro- und Mini-KWK-Anlagen dadurch zusätzliche Erlöse generieren. Die Anpassungsfähigkeit der Anlagen könne stufenweise ausgebaut werden, zum Beispiel durch die Nachrüstung elektrischer Speicher, die Integration von PV-Anlagen sowie die Aufschaltung von Power-to-Heat-Anlagen wie beispielsweise Wärmepumpen, elektrische Heizstäbe und andere schaltbare netzdienliche Lasten.

Ziel eines aktuell laufenden offenen Praxistests sei die Entwicklung des Labels „virtuelles Kraftwerk Stadtwerke Musterstadt“, um einfach aufzuschaltende Stromerzeuger und Stromverbraucher und deren Peripherie zu identifizieren. „Unser Ziel ist die Aggregation dezentraler, bedarfsgesteuerter Stromerzeuger und schaltbarer Lasten zur Generierung vermarktbarer Größeneinheiten am Regelenergiemarkt“, konstatiert Matics.

BHKW nur intelligent gesteuert rentabel

Intelligente Steuerungen für BHKW sind künftig unabdingbar. Diese Auffassung vertritt auch Thomas Röger, Solid Automation, Reutlingen-Mittelstadt. „Schon heute takten die BHKW viel zu oft, da sie fast ausschließlich wärmegeführt betrieben werden“, erklärt Röger. Seiner Auffassung nach werden die Anlagen in Zukunft nach dem Strompreis gesteuert. „Strom wird nur dann produziert beziehungsweise nur dann ins Netz eingespeist, wenn er am Markt einen guten Preis erzielt.“

Deshalb sei es wichtig, ausreichend große elektrische und thermische Speicher im Umfeld eines BHKW zu schaffen, auch durch die Ausnutzung thermischer Speichermassen von Gebäuden. Ideal seien Schwimmbäder als Puffer, um die Stromerzeugung unabhängig von der Wärmeabnahme zu optimieren. Da der Speichergröße wirtschaftliche und logistische Grenzen gesetzt seien, arbeitet Solid zusammen mit dem Reutlinger Research Institut an einem Hybridwärmespeicher, der auf latenten und sensiblen Speichermedien basiert Abb. 2.

Als schnell steuerbare und flexible Stromerzeuger seien virtuell zusammengeschaltete BHKW prädestiniert, einen Teil der Regelleistung im Netz zu übernehmen. Wer mit seinem BHKW am Strommarkt zusätzliche Einnahmen durch Stromverkauf erzielen wolle, müsse seinen Stromfahrplan über die nächsten 24 Stunden genau kennen und eine Prioritätenstrategie für die gebäudeinterne Strom- und Wärme-versorgung bereithalten. Zunächst gelte es jedoch, die noch hohen Einspar- und Energieeffizienzpotenziale in Industrie und Gewerbe zu realisieren und erst dann das BHKW zu dimensionieren.

Elektroheizer werden salonfähig

Auch künftig sollen Mikro- und Mini-KWK-Anlagen bis 20 kWel im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative zur Förderung und Verbreitung von Effizienztechnologien speziell gefördert werden. Dies sei bereits an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, beispielsweise eine flexible netzdienliche Betriebs-weise, um den steigenden Anteil der fluktuierenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu kompensieren, erklärt Dr. Heidrun Schaller vom Bundesumweltministerium. Die Förderung schließe außerdem einen Wartungsvertrag verpflichtend mit ein, ebenso die Installation von Energiezählern zur Erfassung der Strom- und Wärmeerzeu-gung im KWK-Prozess. Nicht gefördert werden Mini-KWK-Anlagen in Gebieten mit einem Anschluss- und Benutzungsgebot für Fernwärme. Weitere Fördervoraussetzungen sind:

  • obligatorischer Einbau eines Wärme- bzw. Pufferspeichers (70 l/kW<sub>th</sub>)
  • ab 3 kW<sub>el</sub>: Steuerung und Regelung für wärme- und stromgeführte Betriebsweisen inklusive Wärmespeichermanagement
  • definierte Schnittstellen zur externen Leistungsvorgabe (netzgeführte Betriebsweise)
  • Hydraulischer Abgleich des Heizungsnetzes bei Nachrüstung von Mikro-KWK-Geräten in bestehenden Heizungsanlagen
  • Einbau von Umwälzpumpen, die mindestens die Effizienzklasse A erfüllen (Anmerkung: überholt durch den Energieeffizienzindex EEI)

Durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien (Ziel 2020: mindestens 35 % EE-Strom und 100 GW EE-Leistung; 2025: 40 bis 45 % EE-Strom; 2035: 55 bis 60 % EE-Strom) verbunden mit einem Rückgang der Residuallast1) wachsen die Ansprüche an einen flexiblen Betrieb der Mikro-KWK-Anlagen. Aus Sicht von Dr. Schaller sind dann folgende Betriebsweisen denkbar:

  • hohe Residuallast: KWK-Gerät speist Strom ins Netz; Wärme wird unmittelbar genutzt oder gespeichert
  • niedrige Residuallast: KWK wird vom Netz genommen; Wärme wird während der Sperrzeiten durch Speicher und / oder Elektroheizer (!) bereitgestellt; dies gelte auch für kleine KWK-Anlagen

Ziel sei eine regelungstechnische Zusammenfassung kleiner KWK-Anlagen zur Unterstützung einer strommarktorientierten Betriebsweise mit der Option, am Regelenergiemarkt teilzunehmen. Weitere Ziele des KWK-Förderprogramms seien Anreize zur Einbindung zusätzlicher Wärmeerzeuger aus erneuerbaren Energien, wie Solarthermie und elektrische Wärmepumpen, in ein KWK-Konzept.

Mikro-KWK: optimales Dämmniveau

Mikro-KWK-Geräte eignen sich besonders für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden und weniger für hochwärmegedämmte Neubauten. Diese an sich plausible Schlussfolgerung ist nun auch im Rahmen einer von der FH Münster als „herausragend“ eingestuften Masterarbeit von Michael Buller wissenschaftlich belegt. Buller untersuchte die Wechselwirkung verschiedener Wärmedämmstandards mit der Wirtschaftlichkeit einer Mikro-KWK-Anlage am Beispiel eines Einfamilienhauses (qH = 200 kWh/(m2 a), 115 m2) und entwickelte daraus ein Simulationswerkzeug.

Das Optimum zwischen Gebäudedämmung und Mikro-KWK-Dimensionierung entstehe dann, wenn die Eigenstromnutzung und der Heizwärmebedarf im Gleichgewicht sind. Bei dieser Betrachtung müssten jedoch auch die spezifischen Investitionskosten der Geräte berücksichtigt werden. So kostete bei der Preiserhebung im Jahr 2011 ein Mikro-KWK-Gerät mit 1 kWel bis zu 14 000 Euro, ein Mini-KWK-Gerät mit 7,5 kWel dagegen nur 3600 Euro/kWel.

Insgesamt sei die Wirtschaftlichkeit von Mikro-KWK-Geräten durch die sich ändernden Förderkonditionen sehr fragil geworden. Entscheidungen im Rahmen der Novellierung des EEG zu Lasten der Eigenstromerzeugung könnten speziell für Kleinanlagen das Aus bedeuten, so Buller. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch den enormen bürokratischen Aufwand sowohl bei der BAFA als auch bei den Stromversorgern. Trotz der Hilfestellung durch die Gerätehersteller sei der Schreibkram rund um das Mikro-KWK-Gerät immer noch ein gravierendes Markthemmnis.

Belastbare Zahlen über die Wirtschaftlichkeit erhofft sich die Branche von der Installa-tion von bis zu 100 Mikro-KWK-Geräten in der Modellregion „Innovation City Bottrop“, ein vom Gas- und Wärme-Institut Essen (GWI) wissenschaftlich begleitetes Projekt ( http://www.100kwk.de ). Dabei kommen KWK-Leistungsgrößen von 1 bis 5 kWel sowie verschiedene Technologien zum Einsatz. Zusätzliche Erkenntnisse erwartet das GWI aus dem landesübergreifenden ene.field-Projekt mit bis zu 1000 Brennstoffzellen-Heizgeräten der Leistungsgrößen 0,8 bis 5 kWel.

Nicht praxisgerechte Prospektangaben

Die Wirkungsgrade von Mikro- und Mini-KWK-Geräten in den Prospekten der Hersteller bezogen sich bisher ausschließlich auf einen stationären Betrieb bei Volllast ohne die Berücksichtigung der Peripherie. Prof. Dr.-Ing. Bernd Thomas vom Reutlinger Research Institut (RRI) empfiehlt, anstatt der bisher üb-lichen Gerätemessung nach der EU-Richtlinie 2004/8/EG2) DIN 4709 „Bestimmung des Normnutzungsgrades für Mikro-KWK-Geräte bis 70 kW Nennwärmebelastung“ anzuwenden. Diese orientiere sich an der Praxis, da sie eine komplette Anlage mit Speicher und Regelung umfasse und für die Leistungsmessung einen typischen Übergangstag mit variabler Last über einen Zeitraum von 24 h zugrunde lege.

Vergleichsmessungen des RRI nach DIN 4709 und EU 2004/8/EG an den Mini-KWK-Geräten von EC Power ergaben eine Korrektur bei der Primärenergieeinsparung beim Typ XRGI 15 von 27,9 auf 20,2 % und beim Typ XRGI 20 von 27,9 auf 23,5 %. Beim Whispergen EU1 (Stirlingmotor) betrug die Primärenergieeinsparung nach EU 2004/8/EG und Prospekt 18,6 % und auf Basis der DIN-4709-Messung nur 15,5 %.

Thomas führt die niedrigeren Normnutzungsgrade nach DIN 4709 im Vergleich zu den stationären Messungen nach EU 2004/8EG auf motorische An- und Abfahrverluste sowie auf Speicherverluste zurück. Hinzu komme eine Reduktion bei der Primärenergieeinsparung – bezogen auf die der Gesamtanlage – durch den Betrieb eines Zusatzheizkessels.

Möglichst wenig Strom aus dem Netz

Langfristig lassen sich Mikro-KWK-Anlagen nur noch wirtschaftlich darstellen, wenn sie netzdienliche Aufgaben übernehmen. Diese Aussage zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Lukas Wagner, Enerquinn Energiesystemtechnik, Weingarten, empfiehlt beispielsweise, das EC-Power-BHKW wärmegeführt und stromoptimiert zu betreiben. Das sei mit den EC-Power-BHKW gut möglich, da ihre Leistung um bis zu 50 % moduliert werden kann. Wichtig sei es, einen Start-Stopp-Betrieb im Winter zu vermeiden und immer nur so viel Strom zu produzieren, wie im Gebäude tatsächlich gebraucht werde.

Mit einer intelligenten Speicherladung und einem modulierenden Betrieb könne beispielsweise der Eigenstromverbrauch von 69 auf 92 % erhöht werden, so Wagner. Wichtig sei es, den elektrischen Lastgang des Gebäudes zu messen und zusammen mit den Zählerwerten in der Reglereinheit des BHKW zu verarbeiten. Allerdings müsse bei modulierendem Betrieb von geringeren elektrischen Wirkungsgraden ausgegangen werden. Auch Wagner plädiert dafür, das BHKW künftig stärker in Gesamtkonzepte mit PV-Anlagen sowie Strom- und Wärmespeichern einzubinden, um im Markt bestehen zu können Abb. 3.

Stromgeführter Betrieb mit Speicher

Netzdienliche, stromoptimierte Betriebsweisen von BHKW sind ohne die Speicherung der Wärme kaum möglich. Dabei spiele Wasser als Speichermedium weiterhin eine tragende Rolle, auch wenn intensiv nach Alternativen geforscht werde. Dr.-Ing. Harald Drück, Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Uni Stuttgart, sieht die weitere Entwicklung bei Warmwasserspeichern so: Kostenreduktion, Verbesserung der Temperaturschichtung, Kunststoff als Behältermaterial und Reduk-tion der Wärmeverluste. Zentrales Ziel der Speicherforschung sei die Erhöhung der Energiedichte, um das Speichervolumen zu verkleinern respektive die Kapazität bei gleichem Volumen zu erhöhen.

Derzeit werde intensiv an der Entwicklung von Latent- und Adsorptionsspeichern und auch an chemischen Speicherlösungen gearbeitet. Ihr Nachteil gegenüber Wasser sei der höhere apparative Aufwand und damit eine geringere Wirtschaftlichkeit. Eine interessante Alternative zu den zylinderförmigen Druckspeichern sieht Drück in modular aufgebauten kubischen Bauformen (drucklos), die eine maximale Raumausnutzung auch in Bestandsgebäuden ermöglichen. Als Faustformel für die Speicherauslegung bei stromgeführtem BHKW-Betrieb unter Nennbedingungen empfiehlt Drück, eine Wärmeaufnahme über einen Zeitraum von bis zu zwei Stunden zugrunde zu legen Abb. 4.

Stromoptimierte Wärmespeichergröße

Die alleinige Konzentration auf die Energieeffizienz scheint bei künftigen KWK-Konzepten nicht mehr zielführend zu sein. Übergeordnete Dienlichkeiten, beispielsweise der Eigenstrom-optimierte beziehungsweise Netz-optimierte Betrieb rücken die Dimensionierung und Bewirtschaftung von Speichern mehr in den Fokus. Diese werden dann nicht allein zur Bereitstellung von Wärme für das Heizsystem gebraucht, sondern auch zur Entkoppelung von Strom- und Wärmeerzeugung nach stromwirtschaftlichen Gegebenheiten.

Die Modellierung solcher Wärmespeicher wird derzeit am Reutlinger Research Institut (RRI) auf der Basis vorgegebener Lastprofile und Jahressimulationen ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass eine rein energetische Modellierung für die Entwicklung eines intelligenten Wärmespeichermanagements eher ungeeignet ist. Aktuell wird das Temperaturmodell favori-siert, bei dem Regelentscheidungen aufgrund von Speichertemperaturen getroffen werden können. Allerdings seien die aktuellen Ergebnisse noch nicht befriedigend, da das Modell keine exakten Vorhersagen erlaube. Ziel weiterer Untersuchungen seien Simulationsrechnungen mit verschiedenen BHKW-Speicher-Kombinationen, aus denen sich eine Regelung für einen stromoptimierten KWK-Betrieb ableiten lässt, so die RRI-Mitarbeiterin Christine Widmann.

Anlagenverluste gefährden die Effizienz

Durch die Abkehr von einem rein wärmegeführten BHKW-Betrieb gelten Wärmespeicher inzwischen als essentielle Bauteile zur Entkoppelung von Strom- und Wärmebedarf in BHKW-versorgten Gebäuden. Mehr noch: Durch den Einbau von Elektroheizstäben in die Speicher könnten preisgünstig angebotene Stromüberschüsse aus dem Netz zur Überbrückung von Abschaltzeiten genutzt werden. Ob sich das lohnt, hängt unter anderem von den Speicherverlusten ab. Die wesentlichen Schwachstellen bei Wärmespeichern scheinen die Verluste durch nicht mehr zeitgemäße Installationsanschlüsse sowie durch Zirkulations- und Mischungsverluste zu sein.

Dr. Bernd Hafner, Viessmann Deutschland, Allendorf, bemängelt die unterschiedliche Bewertung der Speicherverluste durch vier verschiedene Normen (EN 12 897:2006, EN 12 977-3:2012, EN 15 332:2008 und EN 60 379:2004). Messungen an vierzehn 80-l-Elektro-Warmwasserspeichern (65 °C) hätten – je nach Norm und Bauart – Speicherverluste zwischen 0,55 und 1,6 kWh/24 h ergeben. Bei Messungen an Speichern nach DIN 4753 (Speichertrinkwassererwärmer) liegen die Bereitschaftsverluste im Bereich der 100- bis 1000-l-Speicher zwischen 0,6 kWh/24 h für den besten 100-l-Speicher und über 7,0 kWh/24 h für den schlechtesten 1000-l-Behälter, so die Untersuchungen von Viessmann.

Bei einem 300-l-Speicher können durch Wärmeverluste pro Tag rund 4 kWh verlorengehen, das sind 1460 kWh/a. Bei einer Solarthermieanlage entsprechen diese Verluste einem rechnerischen Mehrbedarf von 1 m2 Kollektorfläche oder äquivalent 50 l Heizöl, erläutert Hafner.

Messungen an einem 400-l-Speicher hätten ergeben, dass der Behälter ohne zusätzliche betriebliche Maßnahmen rund 9 kWh/d an Bereitschaftsverlusten aufweist. Wird die Zirkulationspumpe ausgeschaltet, reduziert sich der Wert auf 6 kWh/d. Bei abgesperrter Zirkulation und wärmegedämmten Anschlüssen sinkt der Wert auf 2,2 kWh/d, das sind gegenüber der gängigen Betriebsweise Einsparungen von 6,8 kWh/d oder rund 200 Euro/a.

Besonders groß sei das Risiko der Effizienzminderung durch thermische Verluste bei großdimensionierten Speichern, beispielsweise bei einem 750-l-Speicher für ein Stirlingmotor-Mikro-KWK-Gerät. Durch die niedrige Leistung und die langen Laufzeiten des Geräts komme es zu bauartbedingten Verlusten zwischen 3,8 und 5,2 kWh/d. In diesem Fall seien Kompaktgeräte mit integrierten, vordimensionierten Kleinspeichern bedeutend wirtschaftlicher.

Bei KWK-Aggregaten mit thermischen Leistungen zwischen 50 kW und 1 MW fallen die Speicherverluste meist weniger ins Gewicht, so Hafner. Allerdings gelte es auch hier, einige Regeln zu beachten, beispielsweise das Schichtungsverhalten im Einströmbereich (Daumenregel: Einströmgeschwindigkeit etwa 0,1 m/s). Sind mehrere Speicher erforderlich, sollten diese aus hydraulischen Gründen in Kaskade und nicht parallel geschaltet werden. Bei Mehrfamilienhäusern stelle sich vermehrt die Frage, ob eine zentrale Trinkwassererwärmung noch zeitgemäß ist oder ob hier nicht dezentral angeordnete, durch Heizwasser erwärmte Kleinspeicher wirtschaftlicher sein können. Denn: „Die Anlagenverluste gefährden die Effizienz von Klein-BHKW!“, so das Resümee von Hafner.

Notstrom innerhalb von vier Sekunden

Ob Mikro-KWK-Anlagen im Einfamilienhaus überhaupt wirtschaftlich zu betreiben sind, darüber sind sich die Fachleute weiter uneins. Unstrittig ist jedoch, dass gerade im Einfamilienhaus Entscheidungen nicht immer nur nach Effizienzgesichtspunkten, sondern emotional und prestigeorientiert getroffen werden. Benjamin Michler, Vertriebsingenieur für Mikro-KWK-Geräte bei Vaillant, bringt das Energiebewusstsein der Verbraucher auf den Punkt: „Die Raindance-Duschen und Wellness-Badewannen können derzeit nicht groß genug sein.“

Mit den richtigen Argumenten sei der Markt leicht zu beeinflussen – im positiven wie im negativen Sinn. Es sei nicht schwer, jemand vom Einbau eines Mikro-KWK-Gerätes abzubringen. Eindeutig markthemmend sei jedoch die ausufernde Bürokratie rund um die KWK-Geräte: Zollamt, BAFA, Stromversorger. Dies alles seien zusätzliche Hürden, die den Markt lähmen, betont Michler. Als ideal sieht er das von Vaillant angebotene Mikro-KWK-Gerät Ecopower für bestehende, nicht sanierte Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser.

Wichtiger als die Lösung von Detail-fragen, wie die Höhe der Vor- und Rücklauftemperatur des Heizsystems, sei die Bereitschaft des Kunden, sich mit der KWK-Technik auseinanderzusetzen. Denn, „motivierte BHKW-Kunden erreichen eine hohe Eigenstromquote! Allerdings verbringen sie auch viel Zeit im Heizkeller und mit Excel-Dateien“, berichtet Michler. Er ist überzeugt, dass der jetzt einsetzende Trend zu hybriden Systemen, bestehend aus Mikro-KWK, Solarthermie, PV-Anlage, Wärmepumpe und Stromspeicher, richtig ist und auch funktionieren wird. „Vor ein paar Jahren waren solche Konstella-tionen schon aus wirtschaftlichen Gründen kaum denkbar. Heute spielt die Amortisa-tion solcher Anlagen für viele Leute eine eher untergeordnete Rolle.“

Die Kombination von Ecopower-BHKW und Batteriespeicher Abb. 5 sei die logische Konsequenz, den Eigenstromanteil zu erhöhen. Der Autarkiegrad für den Betreiber steige dadurch ganz erheblich, die ins Netz eingespeiste Energiemenge gehe zurück, ebenso der aus dem Netz bezogene Strom. „Mit solchen Anlagen gewinnen wir neue Kunden. Zur Netzersatzanlage ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Bei entsprechender Ausrüstung steht innerhalb von 4 s Notstrom aus den Batterien zur Verfügung.“

Laufzeitverlängerung mit Heizstab

Auch SenerTec, europäischer Marktführer bei Mikro- und Mini-BHKW mit über 30 000 installierten Anlagen, sieht nach der gegenwärtigen Situation am Strommarkt keine Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit eines wärmegeführten Mikro-/Mini-KWK-Geräts abzusichern. Ziel sei es deshalb, den Eigenstromanteil durch Maßnahmen wie Stromspeicher und Elektroheizstab im Puffer- oder Warmwasserspeicher zu erhöhen, erklärt Gabi Markert von SenerTec, Schweinfurt.

Erste Erfahrungen mit der Eigenstromoptimierung durch Batteriespeicher seien durchweg positiv. So konnte durch den Einbau einer Bleibatterie mit 8 kWh Kapazität die Verbrauchsdeckung eines Dachs-Geräts im Winter von 57,2 auf 98,2 % erhöht und der Anteil der Netzeinspeisung von 89,1 auf 52,8 % gesenkt werden. In einem von SenerTec genutzten Gewerbegebäude mit Wohnhaus wurde durch den Einbau eines Stromspeichers Abb. 6 die Wirtschaftlichkeit der Anlage sogar um 134 % verbessert, berichtet Markert.

Künftig sei es wichtig, KWK-Strom auch als Regelenergie zur Netzstabilisierung bereitzustellen sowie Stromüberschüsse aus dem Netz in Batteriespeichern zu puffern oder über Elektroheizstäbe in Wärme umzuwandeln. Markert geht davon aus, dass künftig die Netzersatzfunktionen von Mikro- und Mini-BHKW für den Endverbraucher wichtiger werden und auch die Option „Inselbetrieb“ mehr nachgefragt wird.

Neuauflage: Pellet-Stirling-Mikro-KWK

Photovoltaik, Solarthermie und KWK mit Biomasse-Feuerung schließen sich nicht aus, sie können bei richtiger Dimensionierung sogar zu einem fast autonomen System kombiniert werden. Allerdings haftet dem KWK-Gerät auf der Basis eines pelletgefeuerten Stirlingmotors seit der Insolvenz von Sunmachine ein eher schlechtes Image an.

Stephan Ortner, Geschäftsführer der ÖkoFEN Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft, Niederkappel / Österreich, räumt ein, dass auch ÖkoFEN schon seit 2005 an einem Pelletheizkessel mit einer Stirling-Maschine arbeitet, aber Größe, Gewicht und Wartungsprobleme bisher eine marktreife Lösung verhindert hätten. Den Durchbruch dieser Technologie sieht Ortner in der Entscheidung, den Stirlingmotor des Herstellers Microgen, der auch von Viessmann, SenerTec, Brötje, Remeha und Vaillant in ihren Mikro-KWK-Wandgeräten eingesetzt wird, auf die Bedingungen in einem Pellet-Heizkessel anzupassen Abb. 7.

Die Herausforderung eines Biomasse-angetriebenen Stirlingmotors liegen laut Ortner in der hohen Verbrennungstemperatur von über 1000 °C, der Abkühlung des Arbeitsgases auf eine System-Rücklauftemperatur von 40 °C, in der automatischen Reinigung des Wärmeübertragers auf der Feuerungsseite sowie in der hydraulischen Einbindung in das Gesamtkonzept. Um die Entwicklungskosten zu minimieren ist das Stirlingmodul so konzipiert, dass es in die ÖkoFEN-Komplettlösung „Pellematic Smart“ als Einschub integriert werden kann, auch als Nachrüstsatz für bestehende (neue) Kessel.

Erste Feldtests in (großen) Einfamilienhäusern haben gezeigt, dass sich mit einem auf 0,6 kWel abgeregelten Stirlingmotor ein höherer Anteil an Eigenstromverbrauch und damit auch an Ertrag als mit einem Stirlingmotor mit einer Nennleistung von 1 kWel erzielen lässt. Ein auf 1 kWel ausgelegter Pellet-Stirling/Heizkessel ist eher als Grundlastsystem für Mehrfamilienhäuser geeignet, so Ortner.

Ganz bewusst wählte ÖkoFEN für die Pilotphase Gebäude mit bereits bestehenden PV- und Solarthermieanlagen aus. „Diese Anlagen ergänzen sich ganz hervorragend mit dem Biomasse-Stirling“, sagt Ortner. Sie mache den Hausbesitzer nochmals ein Stück unabhängiger von der Stromversorgung.

Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb mit hoher Eigenstromerzeugung sei jedoch eine flexible Leistungsregelung nach dem tatsächlichen Wärmebedarf und dem Stromverbrauch des Haushalts. So könne der Pellematic Smart e 0.6 die Wärmeleistung des Brenners zwischen 9 und 13 kW und damit auch die Stromproduktion zwischen 0,6 und 0,8 kW variieren. Ortner: „Hier sehe ich noch Potenzial für regelungstechnische Optimierungen. Unser Ziel ist, nur so viel Strom zu produzieren, wie im Gebäude tatsächlich gebraucht wird.“

Fazit

Die Zeit der einfachen Lösungen bei Mikro- und Mini-KWK-Anlagen ist vorbei. Gefragt sind netzdienliche Verbundlösungen mit hoher Eigenstromquote, die bei Bedarf auch zur Vermarktung von Minutenreserven am Regelenergiemarkt genutzt werden können. Die Herausforderungen einer wirtschaftlichen Betriebsweise liegen darin, die Anlagenflexibilität durch Strom- und Wärmespeicher, aber auch durch die Einbindung von schaltbaren Lasten, wie Wärmepumpen und Elektroheizstäben, zu verbessern.

Auch die bisher undenkbare Kombination von Mikro-KWK- und PV-Anlage wird salonfähig, da sich die beiden Systeme – bei optimaler Dimensionierung – saisonal ergänzen. Unklar ist, welche Erlöse sich für die Be-treiber von KWK-Anlagen durch die Teilnahme am Regelenergiemarkt erzielen lassen, mit welchen zusätzlichen Jahresbetriebsstunden zu rechnen ist und welchen wirtschaftlichen Ansatz man angesichts der dynamischen Entwicklung der Randbedingungen für die Dimensionierung von Strom- und Wärmespeichern wählen sollte.

Fußnoten

1) Residuallast (lat. residuum „Rest“): Nachgefragte Leistung abzüglich der fluktuierenden Einspeiser aus

nicht steuerbaren Kraftwerken, zum Beispiel Windkraft- und PV-Anlagen.

2) Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 92/42/EWG. EU-Amtsblatt L 52/50 vom 21. Februar 2004

Statement

Die KWK-Potenziale fokussieren sich auf den TGA-Bereich

2013 betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung 23,4 %. Bis 2025 soll er auf 40 bis 45 % steigen. Bei einem linearen Ausbau würden 2020 rund 33 bis 36 % der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stammen. Vorgezeichnet ist, dass die Steigerung insbesondere über Windkraft und Photovoltaik erfolgt, der momentane Anteil von 7,6 % über KWK-Anlagen aus erneuerbaren Energien (Biomasse und regenerativer Anteil des Hausmülls) wird sich kaum verändern. Da die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bis 2020 einen Anteil von 25 % erreichen soll, momentan liegt er bei etwa 16 %, muss er im Wesentlichen aus den Brennstoffen Steinkohle, Braunkohle, Erd- und Flüssiggas sowie Heizöl generiert werden.

Dabei ist die Steigerung der Stromerzeugung über Kohle-befeuerte KWK-Anlagen (Fernwärme) wenig sinnvoll und aufgrund des Ausbaupfads der erneuerbaren Energien nicht mit einer Verminderung der CO2-Emissionen über die typische Nutzungsdauer solcher Anlagen verbunden, siehe auch:  Webcode  569181.

Damit bleiben nur die TGA-affinen Brennstoffe Erd- und Flüssiggas sowie Heizöl für einen nachhaltigen Ausbau übrig. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass für sehr große Anlagen (Fernwärme) keine Wirtschaftlichkeit existiert, bestehende Anlagen können schon nicht mehr kostendeckend betrieben werden. Wie sich der Zubau der Eigenstromerzeugung bei Industrieunternehmen entwickelt, bleibt abzuwarten, der EEG-Reformprozess war bisher sicherlich nicht vertrauensbildend.

Damit fokussiert sich das realisierbare Zubaupotenzial noch stärker auf den TGA-Bereich. Um es zu erschließen, müssen jedoch zahlreiche Rahmenbedingungen verbessert werden: Die Wirtschaftlichkeit muss erhöht und die Bürokratie deutlich verringert werden. Zudem ist es im Mikro-KWK-Bereich erforderlich, für die erfolgversprechenden Betriebsweisen und Anlagenkonzepte die optimale Geräteleistung zu ermitteln und entsprechende Lösungen anzubieten. Bisher existieren vornehmlich Geräte, für die man geeignete Objekte suchen muss.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ TGA+E-ePaper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus TGA: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen