Am 4. September veranstaltete der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) in Berlin die „Deutsche Wärmekonferenz“. Im Dialog von Heizungsindustrie und Politik wurde das Tagungsmotto „Effizienz und erneuerbare Energien im Wärmemarkt“ im Kontext mit dem „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ des Bundeskabinetts diskutiert. Die Ende August in Meseberg verabschiedeten 29 Eckpunkte sollen den größten Teil des deutschen Klimaschutzziels – eine Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 % gegenüber 1990 – leisten. Bis Dezember sollen die Vereinbarungen als Gesetzespaket in den Bundestag eingebracht werden.
Mindestens zehn der Eckpunkte haben für die Heizungsbranche, vom Hersteller über den Planer bis zum ausführenden Handwerksunternehmen, direkte Konsequenzen; von weiteren sind indirekte Auswirkungen zu erwarten. Wenngleich die politischen Ziele von der Heizungsindustrie ausdrücklich unterstützt werden, ist man bei den Wegen nicht einer Meinung. Denn die Erfahrungen der letzten Jahre und auch des ersten Halbjahrs 2007 zeigen, dass der Endverbraucher der Amtsstuben-Theorie, insbesondere bei Ge- und Verboten, nicht folgt.
Modernisierungsstau wächst
Dies zeigt sich für die Heizungsindustrie besonders deutlich in der Absatzstatistik für Wärmeerzeuger, die zum überwiegenden Teil bei der Bestandsmodernisierung eingesetzt werden. Obwohl der Sanierungsbedarf in deutschen Heizkellern sehr hoch ist – nach BDH-Angaben entsprechen nur 10 % der 17 Mio. Zentralheizungen dem Stand der Technik – ist die Nachfrage nach energiesparenden Heizungen im ersten Halbjahr 2007 im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um fast ein Viertel eingebrochen. Wie schwer Sondereffekte des Jahres 2006 dabei wiegen, ist kaum zu bewerten, allerdings ist die Zurückhaltung bei der Heizkesselerneuerung kein Einzelphänomen, auch beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm ist die Nachfrage auf Basis der Bewilligungsbescheide im ersten Halbjahr 2007 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um über 50 % zurückgegangen.
Laut BDH-Statistik ist im ersten Halbjahr 2007 der Markt für fast alle Wärmeerzeuger sowie Solarthermieanlagen zweistellig geschrumpft, nur Öl-Brennwertkessel konnten sich auf niedrigem Niveau behaupten. Mit einem Minus von 67 % sind die mit Biomasse befeuerten Wärmeerzeuger am stärksten betroffen, aber auch bei Solarthermie weist die Auswertung von Januar bis Juli ein Minus von 24 % aus. Zugewinnen konnten lediglich Wärmepumpen, wobei hier die reinen Verkaufszahlen den Markt aufgrund von Überhängen Ende 2006 nicht realistisch repräsentieren, so dass der BDH in einer Gesamtprognose für Wärmepumpen im laufenden Jahr von einem Marktwachstum von etwa 30 % ausgeht.
BDH-Präsident Klaus Jesse auf der Wärmekonferenz zu den Gründen des Markteinbruchs: „Der Bürger wird immer stärker verunsichert. Einerseits werden ständig steigende Öl- und Gaspreise prognostiziert. Andererseits debattiert die Politik darüber, dass Energiesparen und Klimaschutz teuer seien. Dabei wird vergessen, dass Energiesparinvestitionen gerade im Eigenheim sich schnell bezahlt machen und die beste Versicherung gegen steigende Energiepreise sind.“ Der BDH fordert deswegen von der Politik eine technologieneutrale Vereinfachung und Verstetigung der Förderprogramme sowie eine klare Positionierung für mehr Energieeffizienz im Gebäudebereich. „Wenn die Politik klare Zeichen setzt, wird der Bürger sich überzeugen lassen. Nur dann können der Abwärtstrend beim energiesparenden Modernisieren gestoppt und die Klimaziele der Bundesregierung erreicht werden.“
EEWärmeG-Gestaltung umstritten
Auf dem falschen Weg sieht der BDH die Bundessregierung bei der Ausgestaltung des in Meseberg umrissenen Erneuerbare-Energien Wärmegesetzes (EEWärmeG). Mit ihm soll der Beitrag erneuerbarer Energien am Wärmeverbrauch von 6 % im letzten Jahr bis 2020 auf 14 % gesteigert werden. Das wesentliche und gleichzeitig kritisierte Element ist die Einführung einer Pflicht zur anteiligen Nutzung erneuerbarer Energien. Explizit nennt das Eckpunktepapier dazu solare Strahlungsenergie, Wärmepumpen und „andere erneuerbare Energien“ sowie – vermutlich als Alternative – Kraft-Wärme-Kopplung („Fernwärme und Brennstoffzellen“). Welche Anteile verpflichtend werden, hält das Eckpunktepapier offen, nur beim Einsatz solarer Strahlungsenergie wird eine Nutzungspflicht von 15 % im Neubau und von 10 % bei grundlegender Sanierung im Bestand genannt. Dazu ist eine enge Kopplung mit der EnEV vorgesehen – der Beitrag der erneuerbaren Energien soll auf die energetischen Anforderungen angerechnet werden. Ebenso ist geplant, die Pflicht auch durch eine entsprechende Unterschreitung des EnEV-Niveaus erfüllen zu können.
Konsequenzen wird das EEWärmeG dann auch für die Förderung über das Marktanreizprogramm (MAP) für Solarthermieanlagen und Biomassefeuerungen haben. Zwar soll das MAP auf bis zu 350 Mio. Euro aufgestockt werden, die Aufstockung aus Auktionserlösen von Emissionszertifikaten bleibt aber hinter dem von vielen Branchenverbänden geforderten Rechtsanspruch zurück. Ohnehin sieht das Eckpunktepapier vor, die Anreizförderung erneut umzustellen: Fördermittel sollen künftig insbesondere eingesetzt werden, „wenn der Eigentümer über die gesetzliche Nutzungspflicht hinausgeht oder innovative Technologien einsetzt“.
An eine Marktbelebung durch ein derartig ausgestaltetes EEWärmeG glaubt man beim BDH nicht. Während man bei Neubauten den vorgesehenen Anteil erneuerbarer Energien bereits als weitgehend erfüllt sieht, befürchtet man, dass der Verbraucher durch eine auferlegte Nutzungspflicht eine überfällige und/oder wirtschaftlich sinnvolle Heizungsmodernisierung weiter verzögert. Jesse: „Auf staatlich verordnete Investitionszwänge sollte zugunsten marktwirtschaftlicher Instrumente in Verbindung mit einer positiven Kommunikation über die wirtschaftlichen Vorteile der anlagentechnischen Modernisierung verzichtet werden.“
Dass Kommunikation und Beratung einiges bewegen können, zeigt ein tieferer Blick in die BDH-Zahlen. 2006 wurden 19 % aller rund 770000 Wärmeerzeuger zusammen mit einer Solaranlage verkauft. Berücksichtigt man, dass die Kombination nicht in allen Fällen technisch umsetzbar ist, ist das eine beeindruckende Quote: Offensichtlich lassen sich die Verbraucher auf freiwilliger Basis durchaus von energiesparender Technik überzeugen, auch ohne kurzfristige Amortisation. Die Frage des Endverbrauchers nach der Wirtschaftlichkeit sei zwar legitim und eine ehrliche, objektbezogene präzise Berechnung verpflichtend, so ein Referent auf der Wärmekonferenz, aber selten sei sie das entscheidende Argument: „Wäre Wirtschaftlichkeit die einzige Motivation, hätten wir letztes Jahr keine einzige Solarthermieanlage verkauft.“ Jochen Vorländer