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Zukunftsforum Gasheizung

Antworten und Lösungen bieten

Sauber, platzsparend, leise, geruchlos, kostengünstig, effizient, bedienungs-, wartungs- und störungsarm. An den Argumenten für eine Gasheizung hat sich in den letzten Jahren nichts geändert. „Eine Bank“ sind die Argumente aber heute nicht mehr, die Bedürfnisse potenzieller Kunden haben sich in kürzester Zeit gewandelt. Versorgung- und Kostensicherheit und der Wunsch möglichst weitgehend unabhängig von unkontrollierbaren Risiken in der Lieferkette zu sein, sind stark in den Fokus gerückt. Das wirft sogar Schatten auf das bisherige Zugpferd Brennwerttechnik. Kaum dass sie im Bestand einen Anteil von 10 % überschritten hat, gilt sie bei vielen Kunden schon nicht mehr als innovativ, klagen Gerätehersteller und Gaswirtschaft. Auch im aktuellen Erdgas-Imageprofil kann „innovativ“ nicht punkten. Nur „ungefährlich“ und „preiswert“ wurden noch schlechter benotet.

Und der Wettbewerb ist gewachsen. Wetteiferten bis vor kurzem hauptsächlich Erdgas und Heizöl um Neukunden und Wechselwillige, nagen seit etwa vier Jahren zunehmend auch Holz- und Pellet-Heizkessel sowie die Elektro-Wärmepumpe am Marktvolumen. Bei den Neubaugenehmigungen hatten sie im ersten Halbjahr 2007 zusammen im bundesweiten Durchschnitt schon einen Marktanteil von fast 18 %, in Thüringen und Sachsen eroberte die Elektro-Wärmepumpe sogar Marktanteile von über 35 %. Damit nicht genug: Die Energie- und Klimapolitik setzt aktuell ganz neue Schwerpunkte im Wärmemarkt, ebenso wirkt der starke Rohölpreisanstieg, an den der Erdgaspreis mit etwa einem halben Jahr Verzögerung angekoppelt ist.

Erdgasabsatz im Wärmemarkt sinkt

Mit den veränderten Rahmenbedingungen ist für Erdgas „die Zukunft nicht mehr das, was sie einmal war“, sagt Prof. Dr. Dieter Schmitt vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft an der Uni Duisburg-Essen. Die Erfolgsstory mit einem Automatismus bei den Zuwachsraten könne sich nicht fortsetzen. Schmitt prognostiziert sogar einen Verlust von Marktanteilen für Erdgas im Wärmemarkt. Geringe Neubautätigkeit, ausgeschöpftes Substitu­tionspotenzial, der Gefahr selbst substituiert zu werden, Effizienzsteigerung bei den Geräten, bessere Dämmung bei Gebäuden und deutlich gestiegene Beschaffungskosten würden keinen anderen Schluss zu lassen. Allerdings könne man dem Trend mit der Einführung neuer Technologien und mit Angeboten vertraglicher Art mit Erfolg begegnen.

Das Verbrauchervertrauen in die langfristige Sicherheit der Erdgaslieferungen ist durch „Machtdemonstrationen am Gashahn“ in den vergangenen Wintern auch ohne konkrete Auswirkungen in Deutschland stark erschüttert worden. Langfristige Lieferverträge, die Erschließung weiterer Quellen sowie der Ausbau der Infrastruktur für LNG (Liquefied Natural Gas) können die Sorgen um die Versorgungssicherheit allerdings stark relativieren, führte Prof. Dr. Klaus Homann, Vizepräsident des DVGW, aus. An Rußland komme man indes nicht vorbei. Neue Chancen würde aber die Produktion von Biogas eröffnen. Auch die Steigerung der Energieeffizienz mindere die Importabhängigkeit und erhöhe so die Versorgungssicherheit, so Manfred Greis, Vizepräsident des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). Insbesondere im Gebäudebereich sei das Einsparpotenzial enorm. Trotzdem wird zu wenig modernisiert. Greis: „Die Verbraucher sind u.a. durch politische Signale, wie ‚weg von Öl und Gas, die aber nicht pauschal für die Kaufentscheidung der nächsten Jahre gelten, massiv verunsichert.“

Sorge vor hohen Heizkosten wächst

Weitere Erklärungen für das Verhalten der Verbraucher lieferte Hans-Jochen Brückner von E.ON Ruhrgas auf der Basis von Marktforschungsergebnissen. So hat beispielsweise das Thema Heizkosten in den letzten Jahren für die privaten Haushalte eine zunehmende Bedeutung. 2004 hatten noch 41 % der Befragten angegeben, sich selten oder nie mit dem Thema Heizkosten zu beschäftigen, im Juni 2007 waren es nur noch 30 %. Für 32 (2004: 27) % sind Heizkosten sogar ein äußerst wichtiges Thema. Gleichzeitig hat Erdgas als Wunsch­energie an Boden verloren. Im Juni war Erdgas nur noch für 28 % die erste Wahl, 2004 hatten dies noch 37 % angegeben. In der Verbrauchergunst zugelegt haben vor allem Alternative Energien/Wärmepumpe/Holzpellets von 24 % im Jahr 2004 auf 45 % im Jahr 2007. Bei Eigentümern einer Erdgasheizung ist Erdgas immerhin noch bei 51 (2004 67) % die Wunsch­energie, aber auch in dieser Gruppe punkten Alternative Energien/Wärmepumpe/Holzpellets mit 43 (2004: 21) %. Das spiegelt sich auch beim Wechselwunsch von Erdgasheizern wieder, die seit 2005 signifikant gestiegen ist und seit zwei Jahren knapp über 20 % liegt. Von den Abwanderungsbereiten Eigentümern mit einer Gasheizung würden 93 % zu Alternativen Energien wechseln.

Alles läuft darauf hinaus, dass für einen künftigen Markterfolg von Erdgas eine Neupositionierung erforderlich ist. Neben der Verbindung mit Solartechnik sind Bioerdgas und neue Technologien wie die Gas-Wärmepumpe Optionen. Primärenergetisch betriebene Wärmepumpen weisen sogar deutliche Vorteile gegenüber Elektro-Wärmepumpen auf, so Dr. Stefan Hoffmann, Viessmann. Die Umgebungswärmequelle kann um bis zu zwei Drittel kleiner gestaltet werden, die Systemkosten sind geringer und Solarkollektoren lassen sich optimal einbinden. Das Problem: Gas-Wär­me­pumpen sind für Ein- und Zwei­familienhäuser noch nicht verfügbar. Mit einer Markteinführung ist nicht vor 2009/10 zu rechnen. Ähnlich sieht es bei der Mikro-KWK aus. Bislang sind nur Geräte der 5-kWel-Klasse und lediglich ein Gerät der 1-kWel-Klasse mit geringer Fertigungskapazität marktverfügbar. Mit weiteren Markteinführungen ist erst ab 2008/09 zu rechnen.

Kühllast stieg in den letzten Jahren

Markt durch neue Technologien zu sichern, ist auch das Ziel der „Strategischen Innovationsoffensive der Gaswirtschaft“, wie Professor Dr. Christian Beckervordersandforth von E.ON Ruhrgas erläuterte. Hier seien die Brennstoffzelle, Mikro-KWK, die Gaswärmepumpe und Biogas, aber auch Erdgasfahrzeuge zu nennen. Als erste Schritte kündig­te Beckervordersandforth die Gründung einer „Initiative Gas-Wärmepumpe“ mit den Geräteherstellern sowie Förderprogramme zur Einführung der neuen Technologien an. Neue Geräte allein reichen aber nicht aus. Wenn sich die Geräte im Markt über Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit behaupten wollen, sind ein intelligentes Systemmanagement und eine vorausschauende Anpassung der Geräte an den Energiebedarf der Gebäude erforderlich, so Guido Dubielzig vom Gaswärme-Institut Essen.

Angesichts der neuen bzw. künftigen energetischen Gebäudestandards kommen auf die Entwickler und Gerätehersteller aber weitere Aufgaben zu. „Wer sie zuerst überzeugend löst, gewinnt den Markt“, ist sich Matthias Wagnitz vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) sicher. Spätestens mit der angekündigten EnEV-Novelle 2009 – vorgesehen ist, den Primärenergiekennwert um 30 % und den Transmissionswärmeverlust um 15 % abzusenken – stoße die „alte Technik“ an Grenzen. Trotz des geringen Energiebedarfs müsse das Entwicklungsziel „Energiekonzepte“ lauten, um die Einsparpotenziale tatsächlich zu heben. Beispielsweise dürfe ein Brennwertkessel im Anlagenverbund kein Warmwasser auf Vorrat erwärmen, wenn erfahrungsgemäß gleich Abwärme vom Kamin oder Solarwärme zur Verfügung stehen werden. Wagnitz: „Gestern sind bei einem Verbrauch von 25 l/m2 Verluste von etwa 3 l/m2 durch fehlende Abstimmung nicht aufgefallen, morgen soll der Verbrauch aber inkl. aller Verluste nur bei 3 l/m2 liegen.“

Seine Liste ist noch viel länger: Ein weiteres Entwicklungsziel müsse ein minimaler Endenergiebedarf sein. Ökologische Brennstoffe dürfen auf Dauer nicht schlechte Effizienz und mangelhafte Wärmedämmung alimentieren. Auch bei der Wärmeabgabe sind neue Konzepte gefragt. Systeme mit Heizleistungen von deutlich unter 20 W/m2 und minimale Heizwasserübertemperaturen seien regelungstechnisch kaum beherrschbar. Auch bei den Wärmeerzeugern besteht dringend Anpassungsbedarf. Im Neubau und im energetisch sanierten Altbau liegt die mittlere Heizlast oft weit unter der minimalen Regelleistung, das schmälert den Jahresnutzungsgrad.

Hoffnungsträger Biogas

Biogene Brennstoffe in der vorhandenen Infrastruktur bieten weitere Ansatzpunkte, um Kunden Perspektiven aufzuzeigen. Zu lösen ist allerdings der Flächenwettbewerb zwischen Nahrungs-, Futter- und Energiepflanzen. Neben integrierten Konzepten leisten dies neue Anbau­strategien, beispielsweise mit Zwischenfrüchten, so Ulrich Schmack, Vorstand der Schmack Biogas AG. Wichtig sei die dezentrale Erzeugung, um den Transport der Biomasse zu minimieren. Aufbereitet auf Erdgasqualität umfasst die Wertschöpfungskette dann die Stufen landwirtschaftliche Substraterzeugung, Erzeugung des Rohbiogases, Aufbereitung, Messung, Verdichtung sowie die Einspeisung, Abrechnung und Durchleitung des Gases. Für einen ökono­mischen Ausbau sei deswegen die Zu­sammenarbeit von Biogaserzeugern und Gaswirtschaft sinnvoll, ist Manfred Hochbein von der Gelsenwasser AG überzeugt. Eichrechtliche Vorschriften und technische Regeln legen dafür bereits heute den Rahmen. Allerdings sind die für die Brennwertmessung und -erfassung zugelassenen Geräte bei den derzeit geringen Gasmengen noch zu teuer, berichtete Dr. Michael Grexa von RMG Messtechnik. Für kostengünstigere Systeme werde gerade die eichrechtliche Zulassung angestrebt.

Fazit

Das vom Gaswärme-Institut Essen initiierte und in Zusammenarbeit mit ASUE, BDH, DVGW, figawa und ZVSHK durchgeführte Zukunftsforum Gasheizung hat Handlungsbedarf in vielen Bereich und auf allen Ebenen aufgezeigt, um den Energieträger Erdgas für die schon begonnene Zukunft mit breiterem Wettbewerb vorzubereiten. Keine Gruppe innerhalb der Branche wird die Herausforderungen alleine lösen oder gar bewältigen können, das hat die Veranstaltung sehr deutlich gemacht. Viele der benannten Hausaufgaben sind allerdings nicht „erdgasgemacht“, sondern treffen gleichermaßen auf alte und neue Wettbewerber zu. So dürfte Wagnitz in gewissen Grenzen Recht behalten: „Wer sie zuerst überzeugend löst, gewinnt den Markt.“ Man darf also schon auf das nächste Zukunftsforum Gasheizung gespannt sein.

Jochen Vorländer

Klaus Homann

“Langfristige Lieferverträge, neue Quellen, LNG und Biogas sichern die Versorgung.“
© GWI

Manfred Greis

“Falsche politische Signale, wie ‚weg von Öl, weg von Gas’, verzögern Modernisierungen.“
© GWI

Hans-Jochen Brückner

“Noch nie war der Wechselwunsch von Erdgasheizern so groß.“
© GWI

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