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- 3D-Aufmaßsysteme erfassen bestehende Gebäude oder gebäudetechnische Anlagen digital und bilden damit eine wichtige Schnittstelle zwischen der realen Welt und CAD- oder BIM-Planungssystemen.
- Darüber hinaus ermöglichen sie eine baubegleitende Überprüfung von Soll- und Ist-Zuständen, die Kontrolle von Maßen und Ausführungsqualitäten oder die „As-Built-Dokumentation“.
- Welches der verschiedenen Aufmaßverfahren sich am besten eignet, hängt entscheidend vom Verwendungszweck der Messdaten ab.
- Während tachymetrische Systeme eine schnelle, präzise Raumplanerstellung ermöglichen, lassen sich mit 3D-Laserscannern erfasste Geometrie-, Foto- und inzwischen auch Wärmebilddaten sehr vielseitig einsetzen und etablieren sich deshalb im TGA-Bereich zunehmend.
Laserbasierte 3D-Messsysteme messen räumliche Koordinaten beliebiger Objekte über den Horizontal- und Vertikalwinkel sowie die gemessene Distanz auf. Zusätzlich erfassen einige Systeme die Messobjekte über 360°-Fotopanoramen visuell. Die Vor-Ort gewonnenen Daten lassen sich anschließend per USB-Stick, Datenkabel oder Funk auf mobile oder stationäre Rechner übertragen, auswerten und an CAD-Systeme zur Weiterbearbeitung übergeben.
Für jede Aufgabe bieten Hersteller passende Lösungen: Tachymetrische 3D-Aufmaßsysteme, 3D-Laserscanner sowie kombinierte Aufmaßverfahren. Was sich wann besser eignet, hängt davon ab, welche Ergebnisse man braucht und was man mit den Messdaten vorhat.
Punktuell messen …
Tachymetrische Aufmaßsysteme bestehen aus einem Stativ und einem darauf montierten, dreh- und schwenkbaren Tachymeter (Kombination aus Winkel- und Distanzmessgerät) oder speziellen 3D-Aufmaßgeräten, die teilweise auf Laser-Distanzmessgeräten mit Bluetooth-Datenschnittstelle basieren. Sie werden einfach im Raum aufgestellt und eingeschaltet, worauf sie sich in der Regel selbstständig orientieren und kalibrieren.
Anschließend können die Messpunkte durch manuelles Drehen und Schwenken des Messgeräts oder – motorisch betrieben und per Funkfernbedienung gesteuert – halbautomatisch anvisiert werden. Erfasst werden die Raumkoordinaten wichtiger Messpunkte eines Raumes über den Horizontal- und Vertikalwinkel sowie die gemessene Distanz.
Die 3D-Geometriedaten werden über ein Datenkabel, einen Stick oder kabellos per Bluetooth oder WLAN direkt in das zum System gehörende Aufmaßprogramm übertragen. Die dreidimensionalen Aufmaßskizzen lassen sich gegebenenfalls vor Ort korrigieren und ergänzen und per DXF-Schnittstelle in beliebige CAD-Programme einlesen, um daraus Grundrisse, Ansichten oder Schnitte zu generieren.
Einige Systeme können auch Punkte entlang einer zuvor definierten Linie oder innerhalb einer Fläche automatisch messen, um beispielsweise Oberflächenunebenheiten zu erfassen. Eine weitere Funktion ermöglicht die Projektion geometrischer Punkte aus einer CAD-Datei, um per Laserstrahl beispielsweise Ausschnitte oder Bohrbilder auf Wände, Decken oder Böden zu markieren.
… oder dreidimensional scannen?
Überall dort, wo frei geformte oder organische Geometrien, filigrane Stahl- oder Holzbaustrukturen sowie gebäudetechnische Anlagen schnell erfasst werden müssen, bieten 3D-Laserscanner Vorteile. Dabei tastet ein vertikal in hoher Geschwindigkeit rotierender Laserscanner, der sich zusätzlich horizontal um die eigene Achse dreht, während einer 360°-Umdrehung alle umgebenden Objekte vollständig ab und speichert die erfassten Geometriedaten als räumliche Koordinatenwerte.
Im Gegensatz zu tachymetrischen Systemen werden nicht einzelne, markante Objektpunkte gemessen, sondern die gesamte Umgebung rasterförmig abgetastet und dreidimensional als eine mehrere Millionen 3D-Messpunkte umfassende „Punktwolke“ erfasst. Eine integrierte Digitalkamera erfasst zusätzlich Bildinformationen für 3D-Fotopanoramen.
Mithilfe einer integrierten Infrarotkamera können einige Systeme auch die thermische Situation der Umgebung als Panorama-Wärmebild dokumentieren (z. B. Leica BLK360 Imaging Laser Scanner). Da der Scanner nicht durch massive Bauteile hindurch messen kann, machen komplexe Objektgeometrien, respektive durch Objektvorsprünge, -einschnitte oder Installationen entstehende „Mess-Schatten“ eine mehrfache Aufstellung an unterschiedlichen Standpunkten erforderlich. Der gesamte Messvorgang läuft so schnell ab, dass auch schwierige Messaufgaben in wenigen Minuten dreidimensional erfasst werden.
Kombiniertes Verfahren
Mit HottScan wurde auf der BAU 2017 erst-mals ein neuartiges Aufmaßsystem vorgestellt, das auf mehreren Messprinzipien basiert: Ein spezielles 3D-Aufmaßsystem tastet die Umgebung wie ein Laserscanner automatisch rasterförmig ab, allerdings mit einer erheblich geringeren Geschwindigkeit und Punktedichte. Etwa 40 Messpunkte werden für ein Raumaufmaß innerhalb von zwei Minuten nach dem tachymetrischen Messprinzip erfasst. Ergänzend können bei Bedarf manuell oder per Fernsteuerung weitere Messpunkte aufgenommen werden.
HottScan erfasst auch schiefwinklige Räume, Durchbrüche, Nischen etc. Aus den parallel erstellten Einzelbildern wird, wie bei den Laserscannern, zusätzlich ein hochauflösendes räumliches 3D-Panoramabild erstellt. Damit kann man jederzeit Vor-Ort-Details klären, die aktuelle bauliche Situation, Bauschäden oder den Zustand haustechnischer Anlagen dokumentieren.
Nach der Übergabe der Mess- und Fotodaten per USB-Stick oder WLAN lassen sich mit der dazugehörigen Fotoaufmaß-Software am PC Räume dreidimensional modellieren. Sobald Boden- oder Deckenflächen konstruiert sind, kann die Software auf Knopfdruck fehlende Bauteile ergänzen. Flächen oder Öffnungen können mit Bauteilattributen ergänzt werden. Aus dem Modell erzeugte Aufmaßskizzen und Mengenauswertungen können per Schnittstelle an CAD-, respektive Angebots- oder Abrechnungsprogramme übergeben werden.
Unterschiede beim Vor-Ort-Aufmaß …
Während die Präzision und Genauigkeit bei allen genannten Aufmaßsystemen im Millimeterbereich liegt und in etwa identisch ist, gibt es erhebliche Unterschiede bei der Vor-Ort-Erfassung und der anschließenden Auswertung im Büro. So kann ein tachymetrisches Aufmaß einige Minuten bis Stunden dauern, während ein Laserscan in wenigen Minuten erledigt ist, sodass etwa der laufende Betrieb, Unfallgefahren oder die Wetterexposition etc. vernachlässigt werden können. Zudem ist beim Laserscanning keine Ausleuchtung erforderlich, was Aufmaße von Installations-Zwischengeschossen, Schächten, Behältern, Tunnels etc. tageszeit- und lichtunabhängig macht.
Die Zeitunterschiede beim Vor-Ort-Aufmaß sind durch das jeweilige Prinzip bedingt. So muss beim tachymetrischen Aufmaß jeder Messpunkt (Objektecke oder -kante) manuell oder motorisch anvisiert und erfasst werden. Je komplexer, schiefwinkliger und kleinteiliger das Objekt ist und je präziser das Ergebnis sein muss, desto mehr Punkte müssen erfasst werden und desto arbeits- und zeitaufwendiger ist die Vor-Ort-Erfassung.
Beeinträchtigt starke Sonneneinstrahlung die Sichtbarkeit des Laserstrahls, können viele und weit entfernte Messpunkte zu einer Herausforderung werden. Je komplexer die Geometrie, je filigraner und kleinteiliger das Objekt ist, desto aufwendiger ist eine geometrische Einzelpunkt-Erfassung und desto mehr eignet sich der rasterförmige, maschinelle Laserscan. Gebäudetechnische Anlagen werden deshalb meist per 3D-Laserscanner erfasst.
… und der Auswertung
Während 3D-Laserscanner beim Vor-Ort-Aufmaß punkten, haben tachymetrische Systeme bei der Auswertung Vorteile. Das Ergebnis des tachymetrischen Aufmaßes sind nämlich in CAD-Programmen sofort verwertbare 3D-Punkte, Linien oder Polygone. Diese können im CAD entweder direkt oder per Fangfunktion unmittelbar als Bezugselemente für die Konstruktion, respektive das Einfügen von Wänden, Fenstern, Türen, Ver- und Entsorgungsleitungen und anderen 3D-Objekten verwendet werden.
Auch eine parallele Erfassung von BIM-Daten ist möglich. So lassen sich beispielsweise mit Flexijet4BIMm Gebäude in einem Arbeitsschritt messen und mit BIM-Bauteilen, wie Wänden, Fenstern, Türen etc., direkt in der CAD-Software modellieren und daraus Grundrisse, Ansichten, Schnitte, Ausschreibungen und Kostenschätzungen ableiten.
Der Zeitvorteil der Laserscan-Methode relativiert sich bei der anschließenden Zusammenführung und Auswertung der Punktwolken, denn diese Arbeitsschritte kosten Zeit. Dabei müssen die Messdaten im Büro eingelesen, über Referenzpunkte passgenau zusammengeführt und gefiltert werden. Während horizontale/vertikale Schnitte oder Schnittansichten relativ schnell generiert werden können, indem durch die Punktwolke einfach eine Schnittebene gelegt wird, ist die CAD-gerechte Auswertung und Überführung in eine für die Planung verwertbare Datenstruktur etwas komplexer.
Das liegt vor allem daran, dass Objektecken und -kanten vom Laserstrahl nur zufällig, Objektflächen dagegen fast immer erfasst werden. Vor der Eingabe von CAD-Elementen, wie Linien, Bögen, Quadern, Zylindern oder BIM-Bauteilen, müssen deshalb zunächst Bezugspunkte für die CAD-Eingabe manuell, teilweise auch halbautomatisch generiert werden. Die eigentliche Umwandlung der Punktwolkendaten in eine von CAD-Programmen verwertbare Datenstruktur erfolgt meist im CAD-Programm.
Viele CAD-Programme verfügen inzwischen über entsprechende Datenschnittstellen (z. B. AutoCAD, Microstation, Revit etc.). Mittlerweile werden zwar auch Lösungen für eine komfortablere, halbautomatische Eingabe von Rohrleitungen oder Stahlbauteilen offeriert (z. B. EdgeWise), die teilweise auch mit deutschen Bauteilbibliotheken kompatibel sind, in der Regel werden CAD- oder BIM-Bauteile jedoch noch manuell eingefügt und positioniert.
Panorama, Plan oder BIM-Modell?
3D-Aufmaßsysteme werden nicht nur zur Erfassung des Bestands, sondern zunehmend auch planungsbegleitend eingesetzt, um etwa den Soll- und Ist-Zustand der Planung zu prüfen, Maße und Ausführungsqualitäten zu kontrollieren, respektive Mängel zu entdecken oder die bauliche Ausführung im Rahmen von „As-Built-Dokumentationen“ zu dokumentieren.
Wie viel Zeit und Arbeit man letztlich in die Aufbereitung der Aufmaßdaten investieren muss, hängt ganz entscheidend von der Frage ab, wie man sie nutzen will. So lassen sich beispielsweise mit Fotoinformationen überlagerte Punktwolkendaten sehr vielfältig einsetzen: für Grundriss- oder Schnittansichten, Visualisierungen, virtuelle Objektbegehungen, Messungen, Kollisionstests oder Machbarkeitsstudien. So kann man etwa auf den Zentimeter genau ausprobieren, ob ein bestehender Haustechnikraum genügend Kapazitäten für zusätzliche Technik, inklusive Montage- und Wartungsflächen bietet.
Ferner können Punktwolkendaten so aufbereitet werden, dass man sie als Online-Kommunikationswerkzeug für alle Projektbeteiligten nutzen kann: für Koordinatenabfragen, Messungen, Markierungen, Beschriftungen, Korrekturen etc. Im CAD-Programm als Bilddatei hinterlegt, lassen sich auf den Punktwolkendaten aufbauend auch CAD-Zeichnungen anfertigen oder CAD-/BIM-Objekte konstruieren.
Sobald der Bestand allerdings in die CAD-Neuplanung und in Berechnungen integriert werden muss, kommt man nicht darum herum, aus den „dummen“ Punktwolken „intelligente“ CAD- oder BIM-Objekte, inklusive aller Topologiedaten und Objektattri-bute zu generieren. Das erfordert praktisch eine komplette CAD-Neueingabe, die zwar nach wie vor zeitaufwendig, aufgrund ver-besserter, in CAD- oder Modellierprogramme integrierter Punktwolkendaten-Schnittstellen allerdings inzwischen erheblich komfortabler geworden ist (z. B. ReCap für AutoCAD, Revit, Plant3D etc.).
Selber machen oder machen lassen?
Ganz gleich welches System man einsetzt: 3D-Aufmaße und BIM-Modelle gibt es nicht auf Knopfdruck und nicht umsonst. Wer den Bestand dreidimensional und BIM-gerecht aufmessen will, muss etwas mehr Geld ausgeben als für Zollstock, Bandmaß, Bleistift und Papier. Die Anschaffungskosten liegen zwischen 1500 und 14 000 Euro für tachymetrische Systeme und zwischen 15 000 und 60 000 Euro für Laserscanner.
Nicht jedes TGA-Ingenieurbüro kann und will in teure 3D-Aufmaßtechnik investieren – erst recht nicht, wenn man sie nur gelegentlich nutzt. Deshalb sollte man vorher genau überlegen, ob sich die Investition in ein eigenes Aufmaßsystem mittel- und langfristig rechnet oder ob eine Aufmaßdienstleistung nicht sinnvoller ist (Anbieter-Adressen siehe Seite 68).
Wie hoch die Kosten dafür ausfallen, lässt sich allerdings nur individuell veranschlagen, zumal der tatsächliche Aufwand vom Aufmaß bis zum fertigen Ergebnis sehr individuell und objektabhängig ist. Deshalb lassen sich Kostenvoranschläge für 3D-Aufmaßdienstleistungen nur nach einer detaillierten Beschreibung der zu liefernden Ergebnisse (2D-Pläne, 3D-Modell, Visualisierung etc.) und einer Objektbesichtigung seriös kalkulieren. Marian Behaneck
Anbieter (Auswahl)
Tachymetrische Systeme: www.flexijet.info , www.hottscan.de , www.leica-geosystems.de , www.sekon.de , www.sl-laser.com , www.prodim.eu , www.trimble.com , www.viz-all.fr
3D Laserscanner: www.faro.com , www.geo-konzept.de , www.leica-geosystems.de , www.maptek.com , www.riegl.co.at , www.surphaser.com , www.topconpositioning.de , www.trimble.com , www.zf-laser.com
Dienstleister: www.3dcad-gmbh.de , www.3d-laserscanning.com , www.bkr-laserscanning.de , www.christofori.de , www.farlo-projekt.de , www.ing-wenck.de , www.inobatec.de , www.laserscanning3d.de , www.laser-scanning-architecture.com , www.netzundplan.at , www.riemenschneider.net , www.survey-service.de , www.unison-engineering.de , www.vbmassong.de , siehe auch Mitgliederlisten auf www.vdv-online.de und www.bdvi.de
Literatur und Links
[1] Aust, A., Walter, J.: Vergleich zwischen Laserscanning und Tachymetrie bei einer Gebäudeaufnahme, Neubrandenburg: Hochschule Neubrandenburg, 2009, Download: www.bit.ly/tga1098
[2] Donath, D.: Bauaufnahme und Planung im Bestand: Grundlagen, Verfahren, Darstellung, Beispiele. Wiesbaden: Vieweg & Teubner, 2009
[3] Mettenleiter, M., Härtl, F.: Laserscanning, Die Bibliothek der Technik. München, Süddeutscher Verlag onpact, 2015
[4] www.bdvi.de Bund öffentlich bestellter Vermessungsingenieure
[5] www.vdv-online.de Verband deutscher Vermessungsingenieure
[6] www.wikipedia.de Suchworte: Aufmaß, Laserscanning etc.
[7] www.youtube.de Suchworte: Aufmaß, Laserscanning etc.