Kompakt informieren
- Hydraulisch nicht optimal eingestellte Heizungsanlagen haben Komforteinbußen und einen unnötigen Mehrverbrauch an Wärme und Hilfsenergie zur Folge.
- Programme unterstützen den Hydraulischen Abgleich bei Bestands- und Neuanlagen, allerdings – je nach Konzeption – sehr unterschiedlich.
- Das beginnt bereits mit den Einsatzbereichen, setzt sich fort mit der Unterstützung der verschiedenen Berechnungsverfahren, Regelwerken oder Förderanträgen, bis hin zur Vor-Ort-Erfassung von Raum-, Heizkörper- und Rohrnetzdaten im Bestand.
- In diesem Punkten, unterscheiden sich die Programme erheblich, wie dieser Beitrag und der dazugehörige tabellarische Produktvergleich zeigen.
In rund 80 % der deutschen Wohngebäude sind Heizanlagen hydraulisch nicht optimal eingestellt. Das geht aus einer Analyse der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online hervor, die Daten von über 60 000 Gebäuden ausgewertet hat.
Würde man diese nicht ganz einfache, aber sehr effiziente Maßnahme zur Heizungsoptimierung konsequent umsetzen, könnten hierzulande jährlich Millionen Tonnen an CO2-Emissionen vermieden werden. Mit abgeglichenen Heizungssystemen entstehen zudem Einsparpotenziale zwischen 15 und 20 % bei den Energiekosten. Ein Heizungsabgleich schont also das Klima und den Geldbeutel.
Keine Förderung ohne Abgleich
Verschiedene BAFA- und KfW-Förderprogramme setzen einen Hydraulischen Abgleich zwingend voraus. Für neue Heizungsanlagen oder Heizungsmodernisierungen ist ein Hydraulischer Abgleich gemäß VOB, Teil C DIN 18 380 [1] vorgeschrieben. Auch die Energieeinsparverordnung (EnEV) nennt ihn bei der Ausführung des Referenzgebäudes; bisher konnte sich der Gesetzgeber allerdings nicht durchringen, ihn im Verordnungstext zu hinterlegen und einen Nachweis einzufordern.
Da das Heizungswasser nach dem hydraulischen Prinzip des geringsten Widerstands durch das Heizsystem strömt, werden bei nicht einregulierten Heizungsanlagen die Heizkörper mit dem geringsten Widerstand im Fließweg überversorgt. Weiter entfernte Heizflächen werden verzögert und nicht ausreichend versorgt, in den entsprechenden Räumen wird die Solltemperatur nicht erreicht. Als Gegenmaßnahme werden oft leistungsstärkere Umwälzpumpen eingebaut, ihre Drehzahl oder die Vorlauftemperatur erhöht. Das bedingt allerdings einen höheren Energieverbrauch, Strömungsgeräusche und teilweise überhitzte Räume.
Die Ursache des Problems wird aber damit nicht behoben. Verteilprobleme innerhalb eines hydraulischen Systems lassen sich nur durch eine hydraulische Einregulierung abstellen. Dafür müssen für jeden Heizkörper, respektive jede Flächenheizung, und gegebenenfalls vorgelagerte Bereichsarmaturen die erforderlichen Widerstände beim Auslegungsvolumenstrom berechnet und dann an voreinstellbaren Thermostatventilen, Differenzdruckreglern oder Strangregulierventilen eingestellt werden. Zweirohr-Systeme lassen sich so sehr genau einregulieren, bei Einrohr-Systeme ist ein Abgleich nur beschränkt möglich, bzw. es sind spezielle Konzepte mit zusätzlichen Armaturen erforderlich.
Erst berechnen, dann einstellen
Voraussetzung für einen exakten Hydraulischen Abgleich ist eine Heizlastberechnung, die je nach Gebäudetyp durch eine Rohrnetzberechnung ergänzt werden sollte: Während bei bestehenden Einfamilien- und kleinen Mehrfamilienhäusern eine überschlägige Heizlastberechnung und Rohrnetzerfassung meist ausreicht, ist bei größeren Gebäuden mit komplexeren Anlagen eine möglichst genaue Berücksichtigung des tatsächlichen Rohrleitungsnetzes und genau ermittelter Heizlasten unerlässlich. Je mehr Gebäude- und Heizsystemdaten berücksichtig werden, desto exakter sind die Ergebnisse.
Da im Altbaubestand aufgrund mangelnder Anlagendaten eine präzise Berechnung nicht praktikabel ist, muss man in der Regel auf Näherungsverfahren zurückgreifen. Dafür existieren neben Rechenschiebern auch Apps. Daneben gibt es Armaturen und Konzepte, die einen automatisierten Abgleich versprechen. All diese Lösungen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Funktionsweise und Effizienz, sondern auch im Aufwand, den Kosten und der Genauigkeit. Außerdem wird jede Maßnahme unterschiedlich gefördert.
Relativ schnell, aber ungenau sind analoge Daten- oder Rechenschieber, digitalisiert als App können sie aber auch nur die Bedienung vereinfachen. Dabei werden auf Grundlage des Gebäudealters, respektive des energetischen Zustands, der Raumgröße und weiterer Angaben die Einstellwerte für die Thermostatventile näherungsweise ermittelt.
Zu den hardwarebasierten Abgleichverfahren gehören selbstregulierende Ventile wie beispielsweise „Q-Tech“ von Oventrop oder rechnergesteuerte Lösungen, wie „MyWarm“. Bei diesem System ermittelt ein Softwareprogramm mit an den Heizkörpern angeschlossenen Messgeräten die Heizlast, die optimale Wassermenge und den passenden Volumenstrom. Auch Pumpen, wie die Alpha3 von Grundfos, bieten Unterstützung bei der Einstellung der Widerstände für den Hydraulischen Abgleich.
Diese und weitere Lösungen sind so unterschiedlich, dass sich ihre Effizienz kaum miteinander vergleichen lässt (siehe auch: www.co2online.de, Menü: Energie sparen, Heizenergie sparen, Hydraulischer Abgleich, Methoden für den Hydraulischen Abgleich). Außerdem sollte man beachten, dass ein korrekter Hydraulischer Abgleich stets eine exakte Berechnung der Volumenströme in Abhängigkeit der Heizlast und den installierten Heizflächen voraussetzt.
Hydraulischer Abgleich per Software
Software-Lösungen für den Hydraulischen Abgleich berücksichtigen eine Vielzahl von Parametern, wie Raum-/Gebäude- und Heizsystemdaten, inklusive Rohrnetz-, Heizkörper-, Ventil- und Pumpendaten etc. Die Berechnungsgenauigkeit wird damit erheblich gesteigert und die Ergebnisse sind reproduzierbar. Integrierte Herstellerdatenbanken für Anlagenkomponenten, wie Ventile oder Pumpen vereinfachen die Eingabe und sorgen ebenfalls für präzisere Ergebnisse.
Mit diesen Daten kann Software nach unterschiedlichen Methoden die niedrigste Vorlauftemperatur im Auslegungsfall sowie die Pumpen- und Thermostatventileinstellungen des Heizsystems berechnen. Darüber hinaus werden Formulare für KfW- oder BAFA-Fördergeldanträge oder die Dokumentation erstellt.
Neben speziell für den Hydraulischen Abgleich entwickelten Lösungen, wie DanBasic, Optimus Duo und Evebi Hydraulischer Abgleich, gibt es auch an CAD-Planungsprogramme für die Haustechnik gekoppelte Lösungen, beispielsweise für DDS-CAD, liNear Analyse Heating und Rukon-TGA. Diese erfassen sowohl Räume als auch das Heizungsrohrnetz grafisch und ermitteln über integrierte oder aufgesetzte Berechnungsprogramme alle erforderlichen Raum- und Heizungsnetzdaten.
Allerdings setzen CAD-Programme CAD-Kenntnisse voraus und eignen sich insbesondere für (neu geplante) große und komplexe Anlagen. Werden diese damit geplant, sind Daten für den Hydraulischer Abgleich und andere Berechnungen quasi inklusive. Berechnet werden neben Voreinstellwerten auch Pumpen-Volumenströme, Rohrdimensionen, Druckverluste, Strömungsgeschwindigkeiten und andere Daten.
Unterschiedliche Berechnungsverfahren
Welche Berechnungsverfahren zum Einsatz kommen, hängt jeweils vom Programm ab. Das Näherungsverfahren A gemäß VdZ-Fachregel [5] erlaubt eine Abschätzung der Gebäudeheizlast über das vereinfachte Hüllflächenverfahren gemäß DIN EN 12 831, Beiblatt 2 [4]. Dieses nutzt ausschließlich die thermische Hüllfläche und deren Wärmedurchgangskoeffizienten zur vereinfachten Bestimmung der Transmissionswärmeverluste, sowie das Nettogebäudevolumen zur Festlegung der Lüftungswärmeverluste. Gewinne durch solare oder interne Wärmequellen werden nicht berücksichtigt.
Das Berechnungsverfahren B ermittelt die Heizlast Raum für Raum nach DIN EN 12 831 [2]. Die Norm legt Verfahren zur Bestimmung der Wärmeverluste über die Gebäudehülle (Transmissionswärmeverluste) und Lüftungswärmeverluste zur Bestimmung der Norm-Heizlast fest. Die Auslegungsheizlast für die beheizten Räume ergibt sich aus der Summe der Norm-Wärmeverluste und der Aufheizleistung. Berechnet wird die Norm-Heizlast unter Berücksichtigung eines Korrekturfaktors für die Aufheizleistung. Bei der Berechnung können Vereinfachungen vorgenommen werden, etwa eine U-Wertbestimmung nach Typologie und Baualtersklasse. Einige Programme (z. B. Heizungspaket von Solar-Computer und Optimus Duo von Hottgenroth/ETU mit Zusatzmodul) ermöglichen auch Simulationsrechnungen für vorgegebene Zeitschritte.
Kriterien für die Auswahl
Konzeption, Einsatzbereiche, Berechnungsverfahren, Ausgaben und Preise der Programme sind sehr unterschiedlich, weshalb man insbesondere auf folgende Details achten sollte:
Welche Einsatzbereiche deckt die Software ab – den Abgleich von Heizkörpern, Flächenheizungen, Einrohr- und Zweirohr-Anlagen, 3-/4-Leiter-Anlagen, Bestands-/Neuanlagen und gegebenenfalls auch Warmwasser-Leitungsnetze? Ist die Projektgröße begrenzt und wenn ja, mit welcher Anzahl der Verbraucher, der Heizkreise, Räume, der Fläche oder Gesamtleistung?
Welche Berechnungsverfahren liegen dem Programm zugrunde – das VdZ-Verfahren A und/oder B, Optimus oder gar ein Simulationsverfahren? Werden die Regelwerke DIN EN 12831 Beiblatt 1 und Beiblatt 2 berücksichtigt? Wie werden Räume erfasst – tabellarisch oder grafisch? Muss der U-Wert eingegeben oder kann er berechnet werden? Verfügt das Programm dazu über eine Materialdatenbank oder einen Bauteilrechner? Werden Wärmebrücken berücksichtigt?
Können Daten aus der EnEV-, Heiz- oder Kühllastberechnung übernommen werden? Lassen sich Raumdaten vor Ort mobil per Smartphone- oder Tablett-App erfassen? Verfügt das Programm über einen DXF-, IFC- oder gbxML-Import? Wie wird das Rohrnetz erfasst – überschlägig gemäß Optimus, per tabellarischem oder grafischem Strangschema oder kann es per DXF- oder IFC-Schnittstelle importiert werden? Kann man dabei auf Herstellerkataloge für Ventile, Pumpen, Heizkörper etc. zurückgreifen?
Wie werden Heizkörper oder Heizflächen erfasst – nach Bauart oder Typ, den Abmessungen, der Anzahl der Glieder und wird ein Heizkörperexponent berücksichtigt? Lassen sich auch mehrere Heizkörper oder Heizflächen pro Raum erfassen?
Was wird berechnet – werden neben den Voreinstellwerten für die Thermostatventile, Differenzdruckregler oder Strangregulierventile auch der Pumpen-Volumenstrom, die Förderhöhe, die Raum-Heizlast, die Vorlauftemperatur, die Rücklauftemperatur, Rohrdimensionen, Druckverluste, Strömungsgeschwindigkeiten und gegebenenfalls weitere Parameter ermittelt?
Welche Dokumente werden in welchen Datenformaten ausgegeben – VdZ-Formulare, KfW- und BAFA-Fördergeldanträge, Dokumentationen, Strangschemen oder Materiallisten als TXT-, RTF-, DOC-, XLS- oder PDF-Datei?
Bei den Softwarepreisen, die zwischen 300 und 4500 Euro liegen, sollten auch jährliche Folgekosten für Updates/Upgrades berücksichtigt werden. Kostenfrei sind DanBasic von Danfoss sowie zwei Excel-Tools der Ostfalia-Hochschule (Download auf: www.delta-q.de).
Bestand erfordert praxisnahe Lösungen
Während bei CAD-Neuplanungen der Hydraulische Abgleich quasi integriert ist, unterbleibt er im Bestand häufig, weil die Heizkörper- und Rohrnetzerfassung sowie Heizlastberechnung nach DIN EN 12 831 aufwendig sind. Häufig fehlen Angaben und Unterlagen, aus denen Raumheizlasten, Massenströme, Rohrreibungs- und Armaturenwiderstände, Rohrdimensionen oder Rohrleitungsverläufe hervorgehen.
Praxisorientierte Lösungen, die eine geschätzte oder exakte Heizlastberechnung pro Raum, mit oder ohne Berücksichtigung des Rohrnetzes ermöglichen und eine mobile Raumdaten-, Heizkörper- und Rohrnetzerfassung auch per Smartphone- oder Tablet-App ermöglichen, sind hier gefragt. In diesem Punkt, aber auch in der Berechnung und Ausgabe unterscheiden sich die Programme erheblich.Marian Behaneck
Weitere Anbieter (Auswahl)
AX 3000 www.ax3000-group.de
EasyPlan www.imi-hydronic.de
HT 2000 CAE www.willms.de
OVplan www.oventrop.de
pit-CAD www.pit.de
SSS-Rohrnetzberechnung www.sss2000.de
Taconova www.taconova.com
Verfahren zur Anlagenoptimierung von Ein- und Zweifamilienhäusern www.delta-q.de
Literatur und Links
[1] DIN 18 380 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen. Berlin: Beuth Verlag, September 2016
[2] DIN EN 12 831 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast. Berlin: Beuth Verlag, August 2003; ersetzt durch DIN EN 12 831-1:2017-09, aber noch nicht vollständig anwendbar, Webcode 792258
[3] DIN EN 12 831 Beiblatt 1 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Nationaler Anhang NA. Berlin: Beuth Verlag, Juli 2008, berichtigt im November 2010
[4] DIN EN 12 831 Beiblatt 2 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Beiblatt 2: Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung der Gebäude-Heizlast und der Wärmeerzeugerleistung. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2012
[5] VdZ-Fachregel Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand. Berlin: VdZ – Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik, März 2016, Download auf: www.vdzev.de
[6] www.bafa.de Suchwort: Heizungsoptimierung
[7] www.co2online.de www.meine-heizung.de
[8] www.delta-q.de Optimus-Studie: Projekte, DBU Optimus
[9] www.hydraulischer-abgleich.de Infos zum Hydraulischen Abgleich
[10] www.kfw.de Suchwort: Hydraulischer Abgleich
[11] www.vdzev.de