Kompakt informieren
- Durch die bedarfsabhängige Steuerung von Heizung, Lüftung, Klimaanlage und Beleuchtung lässt sich bei typischer Nutzung der Energieverbrauch mit relativ geringem Aufwand deutlich senken.
- Eine wichtige Rolle können dabei Funksysteme spielen: Sie ermöglichen es, im Bestand Konzepte unabhängig von anderen Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. Batterielose Funktechnologie reduziert zudem die Wartungskosten.
- Die batterielose EnOcean-Funktechnologie bezieht den benötigten Strom für Sensoren, Aktoren und für die Datenkommunikation über miniaturisierte Energiewandler, z.B. Bewegungs- und Thermowandler oder kleine Solarzellen.
Die Energieeinsparziele in Deutschland sind hoch gesteckt: Bis zum Jahr 2050 soll der Primärenergieverbrauch halbiert werden. Eine große Herausforderung für dieses Ziel liegt bei den rund 18 Mio. Gebäuden, die mit 40 % den höchsten Anteil am gesamten Endenergieverbrauch haben. Um hier die Energieeinsparziele zu erreichen, muss praktisch jede einzelne Immobilie modernisiert werden. Realistisch ist dies nur, wenn sich die zusätzlichen Aufwendungen für Energiesparmaßnahmen in einem für die Eigentümer akzeptablen Zeitraum aus den Einsparungen finanzieren lassen. Insbesondere eine vorgezogene nachträgliche Gebäudedämmung amortisiert sich bei den heutigen Energiepreisen jedoch häufig erst nach mehreren Jahrzehnten.
Im Gegensatz dazu lassen sich erste schnelle Energieeinsparungen zu deutlich geringeren Kosten mit der Innensanierung erzielen. Einen wichtigen Anteil daran hat die Gebäudeautomation: Allein durch die gezielte Steuerung der Heizung, Lüftung, Klimaanlage oder Beleuchtung lassen sich bis zu 30 % Energie einsparen. Funksysteme können dabei eine wichtige Rolle spielen und für zusätzliche Einspareffekte sorgen. Denn die Installation der Geräte ist sehr viel einfacher als die von kabelgebundenen Lösungen. Darüber hinaus lässt sich ein einmal implementiertes System bei späteren Renovierungen oder Umbaumaßnahmen leicht an die veränderte Innenarchitektur anpassen. Eine noch weitaus flexiblere Planung und Umsetzung von Gebäudeautomationssystemen, besonders bei Bestandsgebäuden, ermöglicht batterielose Funktechnologie.
In Energie verwandelt
In der Gebäudeautomation lassen sich bereits mit kleinen Datenmengen die Heizung oder das Licht effizient überwachen und steuern. Der Energieaufwand für das Senden der Daten per Funk ist dabei sehr gering. Diese Voraussetzung macht sich die batterielose Funktechnologie von EnOcean zunutze. Sie bezieht den benötigten Strom zur Sendung eines Datentelegramms über miniaturisierte Energiewandler, beispielsweise Bewegungs- und Thermowandler oder winzige Solarzellen.
Mithilfe ihrer sogenannten Energy-Harvesting-Technologie Abb. 1 können die Module aus der Umgebung, also aus einem Tastendruck, aus Licht oder auch aus Wärme, kleinste Energiemengen gewinnen und nutzen. So reicht zum Beispiel der Temperaturunterschied zwischen Raumluft und Heizkörper als Energiequelle für einen Sensor aus, um die aktuelle Raumtemperatur an eine Steuerzentrale zu funken. Zusammen mit besonders effizient arbeitender Elektronik und einem Funksignal mit kurzen Datentelegrammen entstehen so Gebäudeautomations-Lösungen Abb. 2, die allein mit Umgebungsenergie arbeiten.
Ein besonderer Vorteil: Die energieautarken Sensoren oder Aktoren lassen sich unabhängig vom Untergrundmaterial flexibel direkt an den Messpunkten anbringen, an denen sie die zuverlässigsten Werte erfassen. So können selbst Glaswände Abb. 3, Möbel oder Jalousien flexibel in die Automationsplanung eingebunden werden. Soll das System erweitert werden oder ändert sich die Raumarchitektur, lassen sich alle Geräte einfach nach Bedarf versetzen. Gebäudeeigner profitieren somit von einer quasi uneingeschränkten Planungsfreiheit.
Neben dieser Flexibilität zeichnet sich die EnOcean-Technologie durch besonders niedrige Betriebskosten aus. Denn im Gegensatz zu anderen Funksystemen entfallen bei den energieautarken Lösungen der Batteriewechsel und damit auch die Wartung. Dadurch können Sensoren auch an unzugänglichen Stellen eines Gebäudes für die optimale Erfassung von Informationen genutzt werden. Dies ermöglicht eine Optimierung des Automationssystems und damit letztendlich höhere Energieeinsparungen. Mit einer Reichweite von bis zu 30 m im Gebäudeinneren eignet sich die batterielose Funktechnologie auch für große Gebäudekomplexe wie Hotels oder Büros.
Unabhängig einsatzfähig
Eine Hürde bei vielen Funksystemen sind proprietäre Technologien, die eine Kombination von Produkten verschiedener Hersteller erschweren. Aus diesem Grund haben sich in der EnOcean Alliance verschiedene Unternehmen aus der Elektronik- und Gebäudeautomationsbranche zusammengeschlossen, um einen offenen Standard für die batterielose Funktechnologie zu etablieren. Aktuell gibt es bereits von über 100 Firmen EnOcean-basierte Produkte, die miteinander kompatibel sind.
Außerdem lässt sich die Technologie auch problemlos in verschiedene Kommunikationssysteme einbinden, die beispielsweise auf LON, KNX, BACnet, TCP/IP oder Ethernet basieren. Für die nötige Sicherheit der Datenübertragung sorgt eine für jedes Modul einmalige 32-Bit-Identifikationsnummer, die Überschneidungen mit anderen Funkschaltern ausschließt. Darüber hinaus werden die nur ca. 1 ms (Millisekunde) kurzen EnOcean-Datentelegramme innerhalb von 30 ms zufallsgesteuert zweimal wiederholt. Das schließt Sendefehler praktisch aus, selbst wenn mehrere Sensoren auf engem Raum zur selben Zeit arbeiten. Durch die verwendeten Frequenzbänder 868 MHz oder 315 MHz sind die Lösungen zudem weltweit einsatzfähig.
EnOcean-basierte Produkte decken inzwischen die gesamte Bandbreite der Gebäudeautomation ab – von Unterputzaktoren und Fensterkontakten über Anwesenheitsmelder bis hin zu Alarmsensoren und bidirektional arbeitenden Raumthermostaten mit Display. Aktuell gibt es zudem bereits erste Geräte, die auch den Verbrauch von Strom, Gas, Wasser sowie Wärme erfassen und an eine zentrale Schaltstelle übermitteln können. Sie lassen sich mit Smart-Metering- und Smart-Grid-Lösungen kombinieren. Dabei verbinden beispielsweise Multi-Utility-Controller als zentrale Einheit alle Endgeräte (Zähler, Sensoren, Aktoren) mit einer Weitverkehrsschnittstelle, die alle Daten an die Versorger übermittelt. Die erfassten Werte können damit auf PCs, Fernsehern oder auch Smartphones visuell dargestellt werden. Endkunden erkennen so zusätzliche Energieeinsparpotenziale auf einen Blick und können sie entsprechend schnell nutzen.
Alles unter Kontrolle bei Telecom Italia
Ein Beispiel für den Einsatz der innovativen Technologie ist die Unternehmenszentrale des größten italienischen Telekommunikationsanbieters Telecom Italia Abb. 4. Das Unternehmen mit Firmensitz in Mailand betreibt den größten Teil des italienischen Telefon-Festnetzes mit Internetdiensten und ist der wichtigste Mobilfunkanbieter in Italien. Um die achtstöckige Firmenzentrale im Betrieb wirtschaftlicher und in der Anwendung komfortabler zu machen, hat sich das Telekommunikationsunternehmen entschlossen, seine alte Anlage für Heizung, Klima und Lüftung zu modernisieren und an ein zentrales Steuerungssystem anzubinden.
Im ersten Schritt wurden alle vorhandenen Ventilatorkonvektoren ausgetauscht und rund 1000 alte Geräte entfernt. Im Gegenzug wurden moderne elektrische Ventilatorkonvektoren installiert und an die Raumcontroller (Siemens) angebunden. Damit lassen sich nicht nur die Ventilatorkonvektoren, sondern auch Kühldecken und Heizkörper in Einzelräumen automatisch steuern. Anschließend folgte die Installation von 200 EnOcean-LON-Gateways (Thermokon), die an den LON-Bus angebunden wurden. Abschließend wurden 600 EnOcean-basierte Raumtemperaturfühler mit Sollwert und Lüfterstufe montiert.
Die batterielosen Raumfühler regeln Temperatur und Lüftung in den Einzelräumen. Dabei erfolgt die Informationsübertragung mittels EnOcean-Funk an den Empfänger. Ein solarbetriebener Energiespeicher sorgt dabei für einen wartungsfreien Betrieb. Alle Systemkomponenten sind in das Siemens-Gebäudeautomationssystem Desigo eingebunden Abb. 5. Aufgrund seiner offenen Systemplattform ist das System mit allen bestehenden und zukünftigen Systemen und Komponenten kompatibel. Dadurch können sowohl bereits bestehende Produkte weiterverwendet als auch neue integriert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die gesamte Anlage jederzeit auch über einen PC gesteuert werden kann.
Die Installation erwies sich als sehr einfach, sodass die Modernisierungsarbeiten insgesamt nur drei Monate dauerten. Gleichzeitig war der Umbau während des laufenden Betriebs möglich, ohne dabei den Geschäftsbetrieb zu stören. Lediglich die Ventilatorkonvektoren wurden nachts ausgewechselt. Dagegen ließen sich die Steuerungen in den einzelnen Büros tagsüber austauschen, da keine Kabelverlegung notwendig war. Durch den Einsatz innovativer Technologien in der Firmenzentrale kann Telecom Italia seinen Mitarbeitern mehr Komfort bieten und gleichzeitig den Energieverbrauch senken. Dieser lässt sich jetzt exakt an den tatsächlichen Bedarf anpassen.
Hoher Nutzen zu geringen Kosten
Moderne Automationssysteme ermöglichen es, in Gebäuden nur dann Energie zu nutzen, wenn sie tatsächlich benötigt wird. Mit Blick auf die Anschaffungs- und Betriebskosten lohnt sich dabei der Einsatz batterieloser Funktechnologie bereits bei der Erstinstallation. Allein durch die entfallende Verkabelung reduzieren sich die Kosten für das System um etwa 10 %. In Gebäuden, in denen bereits EnOcean-Technologie zum Einsatz kommt, sind die Einsparungen sogar deutlich höher – Gebäudebetreiber können bis zu 80 % bei den Umbaukosten sparen. Bereits nach zwei bis drei Jahren amortisiert sich der Einsatz der batterielosen Funktechnologie in einem Gebäudeautomationssystem. Damit profitieren Gebäudeinhaber und -betreiber sehr schnell von einer effizienteren Energienutzung in der eigenen Immobilie. •
Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Gebäudeautomation bzw. Einzelraumregelung: Webcode 740 bzw. 917
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Über 100 Firmen bieten EnOcean-basierte Produkte an, die miteinander kompatibel sind. Mit der batterielosen Funktechnologie lassen sich auch ausgefallene Lösungen realisieren, beispielsweise Aktoren auf Glasflächen oder die Positionierung von wartungsfreien Sensoren an schwer zugänglichen Stellen. Erste Geräte zur Erfassung von Strom-, Gas-, Wasser- sowie Wärmemengen sind verfügbar.
Anlagenbauer: Die EnOcean-Funktechnologie reduziert und vereinfacht Schnittstellen: Die Datenkommunikation zwischen Sensoren, Aktoren und Reglern gewährleistet der EnOcean-Standard; die Integration in die Gebäudeleittechnik erfolgt mit Standardprotokollen. In der Bauphase entfallen die Abstimmung für die Kabelverlegung mit anderen Gewerken sowie die Schlitzplanung und -erstellung.
Bauherren: Mit Funktechnologie kann die Gebäudeautomation unabhängig von einer Innensanierung und mit wenig Schmutz bei laufendem Gebäudebetrieb optimiert werden. Ändert sich die Raumaufteilung, können die Geräte einfach versetzt werden. Die batterielose EnOcean-Funktechnologie reduziert die Wartungskosten und ist durch den offenen Standard und die gute Verbreitung zukunftssicher.
Armin Anders
Leiter Produktmanagement und Mitgründer von EnOcean.