Kompakt informieren
- Die Zieglerschen haben für 270 Liegenschaften ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50 001 mit der Erfassung und Auswertung der Energieverbräuche und zur Entwicklung von Energieeinsparkonzepten eingerichtet.
- Aus den Wärmeverteilungen der Gebäude liefern per M-Bus ausgelesene Wärmemengenzähler die Verbrauchs- und Spitzenwerte.
- Die Messdaten werden auch für die exakte Auslegung zu erneuernder Anlagentechnik verwendet.
Zum Gebäudebestand des diakonischen Sozialunternehmens Die Zieglerschen Abb. 1 gehören rund 270 Liegenschaften an 53 Standorten in Baden-Württemberg, wo derzeit rund 3200 Mitarbeiter soziale Dienstleistungen erbringen. Das Angebotsspektrum umfasst Behindertenhilfe, Altenhilfe, Suchtkrankenhilfe, Jugendhilfe sowie Hör- und Sprachzentren und ein Integrationsunternehmen.
Eine Grundbedingung für die langfristige Wirksamkeit dieser Hilfsangebote für Menschen ist im generell finanziell knapp ausgestatteten Non-Profit-Sektor die Wirtschaftlichkeit. Zugunsten des Angebotes an sozialen Hilfeleistungen gilt es deshalb die Kosten im Griff zu halten – insbesondere auch die Energiekosten. Bei einer Nutzfläche von insgesamt ca. 250 000 m2 in allen Gebäuden entfällt ein großer Teil der Unterhaltskosten auf die Beheizung.
Verlässliche Messdaten sind ein Muss
Verantwortlich für den Energieverbrauch und für die gesamte Technische Gebäudeausrüstung aller Objekte ist das Team Technisches Energie- und Anlagenmanagement. „Zu unseren Hauptaufgaben zählen die laufende Umsetzung des Energiemanagementsystems, die Projektsteuerung für Bauleistungen und Instandsetzungen, der Einkauf von Primärenergie, die Entwicklung von Prozess- und Betreiberstandards und Havariestrategien“, berichtet Karsten Jäkel Abb. 3, Teamleiter Energie- und Anlagenmanagement bei Die Zieglerschen. Das Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50 001 wird dort von der Erfassung Abb. 2 und Auswertung der Energieverbräuche bis zur Entwicklung von Energiekonzepten umgesetzt.
Im Rahmen dieses Verantwortungsbereichs gehört auch die Marktbeobachtung zu den Aufgaben, um über die laufenden Entwicklungen von gebäudetechnischen Produkten auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Beim Aufbau des Energiemanagementsystems rückte so auch die zur Verbrauchserfassung nötige Messtechnik in den Fokus. Durch die zahlreichen Gebäude an verschiedenen Standorten musste ein einheitliches System zur Verbrauchsdatenerfassung eingerichtet werden. Die Aufgabenstellung war hierbei, an den relevanten Verbrauchspunkten Messeinrichtungen zur Erfassung der Wärmemengen vorzusehen, die eine digitale Übermittlung der Daten an eine zentrale Stelle ermöglichen.
Jäkel: „Am Ende eines Geschäftsjahres benötigen wir einen aussagefähigen Energiemonitoring-Bericht. Das Energiemonitoring muss die Entwicklungen und Trends sowohl beim Wärme- als auch beim Stromverbrauch so abbilden, dass daraus ersichtlich ist, wie der Verbrauch zum Beispiel durch Änderungen in der Gebäude- und Raumnutzung oder durch witterungsbedingte Faktoren beeinflusst wird. Um die nötige Transparenz herstellen zu können, braucht es zunächst eine exakte Erfassung der Verbräuche an definierten Stellen.“
Fernauslesung über M-Bus-Datenlogger
Für die gesamte Technische Gebäudeausrüstung der Objekte der Zieglerschen hat das Team um Karsten Jäkel „Technische Allgemeine Bestimmungen“ erarbeitet, die als Leitlinie das Zusammenwirken von Anlagenbetreiber und Planungsbüros, ausführenden TGA-Fachunternehmen und Lieferanten regeln. Darin sind auch die zu erfüllenden Eigenschaften für Zähl- und Messeinrichtungen Abb. 4 festgelegt, die mit einer Datenfernübertragung ausgerüstet sein müssen.
Den passenden Lieferanten fand das Team Energie- und Anlagenmanagement mit dem Anbieter WDV-Molliné. Das Stuttgarter Unternehmen ist Spezialanbieter mit einer umfangreichen Auswahl an Verbrauchsmesstechnik für Gas, Strom, Wärme, Kälte und Wasser. Zusätzliche Dienstleistungen sind die Vermietung von Messeinrichtungen und die Auswertung erfasster Messdaten für den temporären Einsatz.
Die Verbrauchswerte werden von den Zählern über Datenlogger per M-Bus zum PC im Büro des Energie- und Anlagenmanagements übertragen. Die M-Bus-Datenlogger sind universell einsetzbare Telekommunikations-Gateways für die Fernauslesung von Energiezählern.
Basis für Optimierungen
Mit den ausgewerteten Messergebnissen fahndet das Team Energie- und Anlagenmanagement nach Einsparpotenzialen. Der erste Blick gilt hierbei dem Vergleich von Gebäuden mit ähnlicher Größe und Nutzung. Zeigt ein Gebäude beispielsweise trotz mäßiger Nutzung einen ungewöhnlich hohen Verbrauch, inspizieren die Fachkräfte die Anlage vor Ort und überprüfen zunächst die Wärmeverteilung. Bei anderen Objekten stellt sich hingegen mitunter heraus, dass das Nutzerverhalten oder Änderungen in der Belegung zu Änderungen im Verbrauch führen. Hierzu werden bei Bedarf mit einem mobilen Clamp-On-Ultraschallmessgerät Abb. 7 zusätzliche Verbrauchsdaten erfasst, um beispielsweise bestimmte Heizkreise gezielt optimieren zu können.
Zum Leitbild der Zieglerschen gehören Transparenz und Offenheit, was auch für wirtschaftliche Fakten und Energiekosten gilt: „Anhand der detaillierten Abbildung von Verbrauchsdaten und erkennbarer Einsparpotenziale erstellen wir Wirtschaftlichkeitsberechnungen und entwickeln Energiekonzepte. Die Ergebnisse sind auch die Grundlage für Investitionsentscheidungen über Modernisierungsmaßnahmen“, berichtet Markus Stecher, der im Team von Karsten Jäkel mit für das Energie- und Anlagenmanagement verantwortlich ist.
Nicht immer sind aufwendige Maßnahmen nötig, um den Energieverbrauch merklich einzudämmen: „In vielen Fällen genügt es zum Beispiel, die Regelungen richtig einzustellen oder einfach in einem Verbraucherkreis einen Rücklauftemperaturbegrenzer nachzurüsten“, betont Jäkel. So konnte allein durch die Beseitigung unnötiger Kurzschlussstrecken an einigen Nahwärme-Hausanschlüssen bereits eine Einsparung von 160 000 kWh/a erzielt werden, die ohne diese Auswertungen nicht aufgefallen wären.
Energiezähler bilden Lastspitzen ab
Am Standort im oberschwäbischen Wilhelmsdorf wacht das Team Energie- und Anlagenmanagement auch über die Wärmeerzeugung, die im Ort von einer zentralen Nahwärmeversorgung bereitgestellt wird. In einem zentralen Kesselhaus produzieren ein 3,6-MW-Blockheizkraftwerk und zwei Holzhackschnitzel-Heizkessel die Wärmeenergie für die umliegenden 43 Gebäude. Betrieben wird die mit einem Investitionsvolumen von 3,2 Mio. Euro errichtete Heizzentrale durch die Technischen Werke Schussental (TWS) im Rahmen eines Contracting-Vertrags. Zusätzlich sorgen in den einzelnen Gebäuden installierte Gas-Heizkessel für die Spitzenlastabdeckung und auch für die notwendige Redundanz.
Die installierten Wärmemengenzähler in den Heizungsverteilungen bieten für das Energiemanagement eine breite Auswahl von Abfragemöglichkeiten. Direkt am Wärmezähler sind Daten wie Monats-Spitzenwerte der benötigten Wärmeleistung abrufbar Abb. 5. So können im Sinne des Energiemanagementsystems Lastgänge und Lastspitzen erfasst und der Gesamtverbrauch in Relation zur Größe und Nutzung betrachtet werden.
Grundlage für Dimensionierung der TGA
„Unser Bestreben ist, für das gesamte Gebäudearsenal die größtmögliche Energieeffizienz zu erreichen. Mit der laufenden Kontrolle der Verbrauchswerte können wir auch sicherstellen, dass sich einmal umgesetzte Einsparmaßnahmen nicht wieder ins Gegenteil verkehren – denn aus diesen erzielten Einsparungen refinanzieren sich schließlich die Investitionen in energieeffiziente Anlagentechnik“, sagt Jäkel. Sollten sich also Rebound-Effekte einstellen, käme das Team Energie- und Anlagenmanagement diesen bald auf die Spur.
Darüber hinaus sind die Auswertungen der Energieverbrauchsmengen Abb. 6 auch eine äußerst wertvolle Grundlage für die Dimensionierung von neuen Heizkesseln und für die Auslegung von Pumpen, wenn ein Austausch dieser Anlagenteile ansteht. „Die tatsächlichen Verbrauchswerte zeigen zum einen den realen Leistungsbedarf der kältesten Tage im Jahr. Und in den meisten Fällen zeigen sich erhebliche Abweichungen von den ursprünglichen Planungsdaten“, bekräftigt Jäkel. So kann die Bemessung der benötigten Heiz- und Förderleistungen exakt nach dem tatsächlichen Bedarf erfolgen, wodurch Überdimensionierungen sicher vermieden werden.