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Fußbodenheizung

Von der Kollektiv- zur Einzelraumregelung

Kompakt informieren

  • Das Sehbehinderten- und Blindenzentrum Südbayern hat ohnehin notwendige Baumaßnahmen zum Anlass genommen, die als problematisch geltende, zentral nach der Außentemperatur geregelte Fußbodenheizung in zwölf Doppelhaushälften mit einer selbstlernenden Einzelraumregelung nachzurüsten.
  • Die typischen Beschwerden – zu warm, zu kalt – sind damit Vergangenheit. Wichtig für den Betreiber ist das zentrale, PC-basierende Monitoring der Ist- und Sollwerte in den 96 mit Fußbodenheizung temperierten Räumen.
  • Als ein sehr hilfreiches Werkzeug sieht der Betreiber die raumbezogene Dokumentation der Temperaturhistorie.

Warmwasser-Fußbodenheizungen entsprechen der Idealvorstellung vieler Architekten, Bauherren und Nutzer: Hohe Behaglichkeit, Barfußgeher fühlen sich durch den warmen Fußboden geschmeichelt, Architekten stellen die architektonische Freiheit in der Raumgestaltung heraus und Hygieniker loben die geringe Staubaufwirbelung und die trockene Wärme, die das Wachstum von Hausstaubmilben und Schimmel unterbindet.

Aufgrund höherer Investitionskosten gegenüber Radiatorenheizungen wurde in der Vergangenheit bei Warmwasser-Fußbodenheizungen oft an der Regelung gespart. Typisch für Fußbodenheizungen aus den 1970er- bis 1990er-Jahren ist die kollektive Regelung der Vorlauftemperatur für alle Räume nach der Außentemperatur. Einzelraumregelungen waren bis zur verpflichtenden Einführung im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) im Neubau eher die Ausnahme. Unbestätigten Meldungen zufolge wurden bis dahin rund 90 % aller Fußbodenheizungen zentral nach der Außentemperatur geregelt.

Auch beim Bau des Sehbehinderten- und Blindenzentrums Südbayern (SBZ) in Unterschleißheim im Jahr 1983 entschieden sich Architekt, Planer und Bauherr überwiegend für den Einsatz der Fußbodenheizung, insbesondere in den zwölf Häusern der Internats- und Tagesstättengruppen. Der Sollwert für die Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung errechnete sich aus dem 3-Tages-Mittelwert der Außentemperatur.

Damals setzten die Hersteller von Fußbodenheizungen auf den hohen Selbstregelungseffekt und die ausgleichende Speicherwirkung des Gebäudes. Regelbare Pumpen und der heute obligatorische Hydraulische Abgleich hatten – wenn überhaupt – eine eher untergeordnete Bedeutung. Im Falle der SBZ-Liegenschaft regelte ein einziger Außenfühler die Vorlauftemperaturen von acht Häusern … mit den bekannten Nachteilen: zu warm, zu kalt, Feinregulierung der Raumtemperatur über die Fenster.

Bestandsaufnahme per Thermografie

Hildegard Mayr, Direktorin des SBZ, nahm behördlich verordnete Brandschutzmaßnahmen und die damit verbundenen Baumaßnahmen zum Anlass, auch die Elektroinstallation zu modernisieren. Im Zuge dieser Arbeiten bot es sich an, auch Leitungen für die Einzelraumregelungen zu verlegen.

Parallel dazu kam auch eine Nachrüstung von Heizkörpern in thermisch besonders benachteiligten Räumen ins Spiel; diese wurde aber aus Kostengründen wieder verworfen. Stattdessen entschied sich die Leitung des SBZ für eine Bestandsaufnahme aller Räume mit einer Wärmebildkamera, um die Verlegung der Fußbodenheizungsrohre zu dokumentieren. Diese Bestandsaufnahme war notwendig, um eine exakte Zuordnung der Heizkreise am Verteiler zu den jeweiligen Räumen zu gewährleisten und die Drosselwerte für den Hydraulischen Abgleich festzulegen.

Eine Ausschreibung mit dem Fabrikat Thermozyklus als Leitfabrikat für die geforderten technischen Eigenschaften führte dazu, dass sich der wirtschaftlichste Bieter der Modernisierungsmaßnahme für den Hersteller Thermozyklus, Gauting, entschied.

Überzeugend für den Bauherrn war nicht nur die verbriefte Regelungsgenauigkeit von ± 0,15 K nach der europäischen Zertifizierung „Eu-Cert“, sondern auch der geringe bauliche und hydraulische Eingriff in das Heizsystem und der zentrale Zugriff autorisierter Personen über die PCi-Software auf alle relevanten Werte, inklusive Nutzerhistorie des jeweiligen Raums.

Insgesamt wurden zwölf Doppelhaushälften mit je acht Räumen mit Einzelraumregelungen nachgerüstet. Dabei sind immer 18 Einzelraumregler auf eine Zentraleinheit geschaltet, die über Ethernet mit dem zentralen Netzwerk des SBZ verbunden ist. Der Einbau der elektrothermischen Ein-/Aus-Stellantriebe erfolgte in die bestehenden Heizkreisverteiler, die sich im Erd- und Obergeschoss einer jeden Doppelhaushälfte befinden. Dort wird auch der statische Hydraulische Abgleich der einzelnen Regelzonen auf der Basis der nachträglichen hydraulischen Berechnung vorgenommen. In den jeweiligen Räumen ist ein Temperatursensor ohne Eingriffsmöglichkeit für den Nutzer installiert.

Regelung komfortabler als erwartet

Mit der stufenweisen Inbetriebnahme der Thermozyklus-Einzelraumregler hat für Michael Setzer, stellvertretender Direktor des SBZ, eine neue (Heiz-)Zeit begonnen: „Nach der Einregulierungsphase müssen wir uns kaum noch um die Heizung kümmern; es gibt so gut wie keine Klagen mehr, die Räume sind weder zu warm noch zu kalt. Alle Sonderwünsche der verschiedenen Wohngruppen sind auf der zentralen Bedienebene hinterlegt.“

Besonders beeindruckt ist Setzer von der Regelungs-Charakteristik der Ventile, die entweder „Auf“ oder „Zu“ sind. Setzer: „Damit kann man offensichtlich die typische Trägheit einer Fußbodenheizung, aber auch Störgrößen wie offene Fenster, viel schneller und genauer ausregulieren als mit stetig regelnden Ventilen.“

Auch die Dokumentation jedes einzelnen Regelkreises sowie die Darstellung am PC sieht Setzer als sehr hilfreich an: „Wir können anhand der Historie der Raumtemperaturkurve und der Regelstellung der Ventile nachvollziehen, wann Fenster geöffnet bzw. geschlossen wurden und wann plötzlich innere Lasten, zum Beispiel durch Kochen, aufgetreten sind.“

Wenn überhaupt noch Beschwerden kommen, sind die Gründe dafür leicht über das PC-basierende Gebäude-Monitoringprogramm herauszufinden. Auch die Umprogrammierung von Heizzeiten bzw. Raumtemperaturen erfolgt zentral über die autorisierten PC; vor Ort in den Räumen ist nur ein Fühler installiert. „Diese zentrale Verwaltung der Raumtemperaturen hat sich bewährt“, berichtet Setzer. „Das System kann sogar unterscheiden, ob in einem Raum nur die Luft durch ein geöffnetes Fenster oder auch die Wände abgekühlt sind.“

Und wie sieht es mit der Energieeinspa-rung durch die Einzelraumregelung aus? Für Michael Setzer als Vertreter des SBZ stand die Verbesserung des Raumkomforts und das Monitoring über den PC im Vordergrund. Die von Thermozyklus prognostizierte Energieeinsparung von rund 20 % werde man jedoch im Auge behalten.

Das THZ-Prinzip

Herkömmliche Einzelraumregelungen sind träge. Sie übertragen die Raumtemperatur in zu großen Zeitintervallen und schalten zu spät ein und aus. Dadurch ist es im Raum entweder zu warm oder zu kalt. Der Grund: Sie berücksichtigen zu wenig die im Raum und im Heizsystem gespeicherte Energie, z. B. um nach einem kurzen Fensterlüften den Raum – auch ohne Heizen – wieder auf die gewünschte Temperatur zu bringen. Vor allem die Nutzer von Fußbodenheizungen bekommen diese mangelhafte Temperatursteuerung wegen der durch die Bauart bedingten Trägheit zu spüren.

Im Unterschied zu konventionellen Reglern von Fußbodenheizungen berechnet die patentierte thermozyklische Heizungsregelung (THZ) im Voraus, wann das Stellglied bzw. das Heizgerät ein- bzw. ausgeschaltet werden muss. Ermöglicht wird dies durch ein einzigartiges Regelungsverfahren, das die Eigenheiten jedes Heizungssystems selbstständig – autoadaptiv – erlernt und vorausschauend berücksichtigt.

Typisch für konventionelle Einzelraumregelungen sind ständige Temperaturschwankungen, oft um mehrere K, die zu einem unkomfortablen Raumklima führen. Andererseits lassen sich aus Temperaturschwankungen wichtige Informationen über Systemkonstanten und Umgebungsbedingungen generieren. Genau hier setzt die THZ-Regelung an. Sie extrahiert diese Informationen und kontrolliert die Schwingungen auf sehr kleine Werte herunter. Diese kontrollierten Mikro-Schwingungen werden laufend ausgewertet und führen die Regelung stetig nach. Die Mikro-Schwingungen gaben der THZ-Regelung ihren Namen: Thermozyklische Regelung = Wärmeschwingungs-Regelung. Der thermozyklische Algorithmus regelt alle Heizungsinstallationen auf ± 0,15 K genau.

Alle Komponenten der THZ-Regelung sind um einen Mikroprozessor herum aufgebaut. Mit den Raumgeräten RG oder RS wird die Raumtemperatur gemessen und verarbeitet. Hier kann die gewünschte Temperatur (Solltemperatur) eingestellt werden. Die Schaltstufen ST schalten die Heizflächen (ihren Massenstrom) ein oder aus. Sie werden in der Nähe des Ventils (z. B. am Heizkreisverteiler) montiert und können alle Ventile ansteuern, die sich elektrisch schalten lassen (Motor- und Magnetventile, thermoelektrische Stellantriebe, etc.)

Die Zentraleinheit ZE steuert bis zu 30 Raumgeräte. Bis zu 30 Räume können also gleichzeitig, aber unabhängig voneinander geregelt werden. Der optionale Vorlaufregler VR regelt den kompletten Wärmeerzeuger und stellt die optimale Vorlauftemperatur ein. Alle Komponenten sind über eine einfache Doppelleitung (Bus-Leitung) miteinander verbunden. Über diesen Bus erfolgt auch die Stromversorgung mit Niederspannung. www.thermozyklus-inside.de

Das SBZ

Eine lange Tradition in der Begleitung und Betreuung von Sehgeschädigten bildet die Grundlage für das Sehbehinderten- und Blindenzentrum Südbayern (SBZ). 1889 eröffnete der Verein für Sehgeschädigtenerziehung die Blindenanstalt in Augsburg. Aus dieser ging das heutige SBZ hervor, welches seit 1983 in Unterschleißheim beheimatet ist. Mit unserer auf Erfahrung und Kompetenz gegründeten Angebotspalette verstehen wir es als unsere Aufgabe, blinden sowie sehbehinderten Kindern und Jugendlichen optimale Entwicklungschancen für ihr späteres selbstbestimmtes Leben zu eröffnen.

Unser Ziel ist es, die in jedem Einzelnen vorhandenen Fähigkeiten zu aktivieren und zu fördern. Zu diesem Zweck entwickeln wir jeweils ein spezielles, individuelles Förderkonzept und arbeiten mit Kliniken, niedergelassenen Ärzten, Therapeuten, Arbeitsämtern, dem Blindenbund und anderen Institutionen zusammen. So werden die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen auf ein eigenständiges und eigenverantwortliches Leben vorbereitet.

Zu unserem Zentrum gehören eine Grund-, Mittel- sowie eine Realschule für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche. Angeschlossen sind die Frühförderung, eine schulvorbereitende Einrichtung, eine heilpädagogische Tagesstätte, ein heilpädagogisches Heim, der Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD) sowie ein integrativer Hort und eine Kinderkrippe. Unsere Arbeit in der Einrichtung ist geprägt von vernetztem Handeln, das durch eine enge Kooperation der drei pädagogischen Bereiche Schule, Heim und Fachdienst erreicht wird. Wir gestalten ein harmonisches Zusammenleben mit Kindern, Jugendlichen und Mitarbeitern, das sich durch gegenseitige Achtung auszeichnet. Hildegard Mayr, Direktorin SBZ, www.sbz.de

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de