Seit mehreren Jahren bewohnt Familie Radetzky eine rund 180 m2 große Wohnung im ersten Obergeschoss eines Altbaus in Berlin-Kreuzberg. Das Gebäude wurde 1906 direkt neben einer Kirche errichtet. Sein Ziegelmauerwerk und die neugotische Fassade mit hohen Spitzbogenfenstern nehmen die sakrale Architektur im Stil der damaligen Zeit effektvoll auf. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz.
Nicht zuletzt wegen der daraus resultierenden Anforderungen an den Erhalt der Fassade verfügt das Gebäude über keine Außenwanddämmung. Trotz mehrerer Restaurierungen ist der Wärmedämmstandard entsprechend niedrig. In Eigeninitiative bemühte sich Thomas Radetzky deshalb um die Verbesserung der inneren Energieeffizienz seiner Wohnung: In mehreren Schritten installierte er das elektronische Home-Automationssystem Synco living von Siemens Building Technologies. Gleichzeitig protokollierte er akribisch die Verbrauchswerte von Erdgas und Strom vor und nach Einrichtung der verschiedenen Systemkomponenten.
Haustechnik und Synco living
Die Räume werden mit einer Warmwasser-Radiatoren-Heizung (Einrohrsystem, maximale Vorlauftemperatur auf 75 °C begrenzt) beheizt. Die Heizkurve wird außentemperaturabhängig gesteuert. Wärmeerzeuger ist eine ErdgasTherme, die 2003 installiert wurde. Sie sorgt als Gasdurchlauferhitzer auch für die Trinkwassererwärmung.
Im Dezember 2006 installierte die Familie in allen Räumen Synco-living-Heizkörperregler mit Funkschnittstelle (Bild 2). Die Solltemperaturen wurden raumweise den Nutzungszeiten angepasst. Die Zentrale wurde für den Komfortbetrieb auf 24 °C, die Absenktemperatur im Eco-Betrieb auf 18 °C voreingestellt. Diese Temperaturvorgaben können bei Bedarf individuell verändert werden. Die Einstellungen sind über die Wohnungszentrale (Bild 3) einfach vorzunehmen und können auch von unterwegs aus – z.B. über ein Mobiltelefon – verändert werden.
Energieverbrauch
Mit den Abrechnungen von fünf Heizperioden (Mai 2004 bis einschließlich April 2009) lagen Vergleichsdaten für zweieinhalb Jahre vor und zweieinhalb Jahre nach der Installation von Synco living vor. Zur Analyse wurden die Verbrauchswerte normiert und somit die unterschiedlichen klimatischen Gegebenheiten (Gradtagszahlen) in den Betrachtungszeiträumen berücksichtigt. Während der hier dargestellten Perioden traten keine signifikanten Änderungen der Wohn- und Nutzergewohnheiten ein. Für die Trinkwassererwärmung über den Wärmeerzeuger (Therme) liegen keine eigens erfassten Daten vor. Der Anteil wurde deshalb auf die typischen und konstanten 5 MWh/a für einen Vierpersonenhaushalt angesetzt.
Die erfassten Werte belegen – bei Annahme eines unveränderten Energieverbrauchs zur Trinkwasserwärmung – eine deutlich verringerte Elektrowärmeabgabe in der Heizperiode 2008/09. Bei der Raumheizung ergab sich ein Einsparerfolg von rund 28 %. In derselben Zeit verringerte sich der Bedarf an Erdgas und Strom für Heizung und Warmwasser gegenüber dem zweijährigen Mittelwert ohne Synco living um 21 respektive 10 %.
Wie die Daten außerdem zeigen, geht die große Hebelwirkung der zeitlich und örtlich bedarfsgeführten Heizungsregelung mit Synco living unmittelbar auf die schlechte Wärmedämmung und die daraus resultierenden hohen Transmissions- und Lüftungswärmeverluste der historischen Fassade zurück. Und nicht zuletzt trägt die seit 2007 lastabhängige (modulierende) Fahrweise des Wärmeerzeugers einen erheblichen Teil zur Einsparung bei. Fasst man Strom- und Gasverbrauch mit den entsprechenden Aufwandsfaktoren (2,7 bzw. 1,1) zum Primärenergieverbrauch zusammen, ergibt sich die in Bild 4 dargestellte Entwicklung.
Damit übertrifft diese Synco-living-Installation deutlich das Einsparpotenzial, wie es für elektronische Einzelraumregelungssysteme im Wohnbereich auch schon bei anderen Felduntersuchungen mit 15 bis 20 % des Heizungsverbrauchs ermittelt wurde2). Ohne die außergewöhnlich kalten Monate Januar und Februar der Heizperiode 2008/2009 wäre der Einsparerfolg sicher noch höher ausgefallen. Außerdem fehlte der Raumheizung in der letzten beobachteten Heizperiode die Abwärme der sparsamer verwendeten elektrischen Verbraucher. Dieser Effekt dürfte einer Erhöhung des Gasverbrauchs um etwa 250 kWh/a entsprechen.
Kosteneinsparungen
Seit der Einführung des Systems Synco living vor zweieinhalb Jahren hat Familie Radetzky jährlich rund 400 Euro mehr in der Haushaltskasse. Zusätzlich schafft die Vermeidung von jährlich etwa 1,5 t CO2 ein gutes Umwelt-Gewissen. Da in Berlin die Tarife für Strom und Gas eher moderat sind (Strom 17,4 Ct/kWh, Erdgas 5,8 Ct/kWh), hätte Synco living an einem anderen Standort noch höhere finanzielle Einsparungen erwirtschaften können.
Angesichts dieser Vorteile amortisiert sich die Erstinvestition schnell: Bei den Energiepreisen von 2008/2009 macht sich die Anschaffung in etwa sechs Jahren bezahlt. Installiert von einer Fachfirma, kostet eine Lösung wie die der Radetzkys rund 2500 Euro. Dabei entfallen ca. 80 % auf die Heizungssteuerung und der Rest auf Funkschalter und -steckdosen. Durch die Plug&Play-Technik des Systems kann ein versierter Laie eine Standard-Anlage jedoch auch ohne größeren Aufwand selbst montieren. Der Preis für eine Grundausstattung der Heizung mit Synco living würde dann für eine Wohnung etwa 950 Euro betragen.
Fazit und Ausblick
Der schlechten Wärmedämmung ihrer Altbauwohnung setzt die Berliner Familie Radetzky erfolgreich das Home-Automatisierungssystem Synco living von Siemens entgegen. Das Ergebnis: Energieeinsparungen von rund 400 Euro pro Jahr. Jetzt plant Thomas Radetzky außerdem, sein Synco-living-System mit Rauchmeldern, Tür- und Fensteröffnungskontakten sowie einer videounterstützten Einbruchmeldeanlage zu erweitern.
1) Quelle: IWU (Darmstadt) und Deutscher Wetterdienst (Offenbach). Die Gradtagszahl 20/15 in Kd/a gibt an, wieviel „Temperaturerhöhung“ auf 20 °C Raumtemperatur an den Tagen im Jahr mit einer mittleren Außenlufttemperatur unter 15 °C nötig war. Hohe Gradtagszahlen bedeuten kalte Winter.
2) Vgl. z. B. Brendel, Th., Komfortable Knauserer, in cci.print 11/2000; Bennecke, J., Feldversuche mit elektronischen Einzelraumreglern, Teil 1, HLH 05-2002, Teil 2, HLH 06-2002, und Teil 3, HLH 07-2002.; Schneider, A., Batterielose Funksensorik schafft neue Energiesparpotentiale, HLH 9-2008.
NEU
Mehr Infos zum Thema im
TGA-Online-Dossier
Auf http://www.tga-fachplaner.de einfach Webcode 725 eingeben.
Thomas Brendel
Dr.-Ing., IDB Ingenieurbüro Dr. Brendel, Frankfurt/Main, https://idb-ffm.de/
Thomas Radetzky
Dipl.-Ing., Siemens Building Technologies GmbH & Co. oHG, Berlin, https://new.siemens.com/de/de/produkte/gebaeudetechnik.html