Kompakt informieren
- Die Saller Unternehmensgruppe temperiert ihr Verwaltungsgebäude fast ausschließlich mit einer Betonkerntemperierung.
- Um ein Überschwingen der trägen Betonkerntemperierung zu minimieren, wird sie unter anderem auf Basis einer regionalen, mehrtägigen Wetterprognose vorausschauend geregelt.
- Die Wetterdaten werden über eine Wetterprognose-Station von HKW via Langwelle empfangen und der GLT über eine Modbus-Schnittstelle zur Verfügung gestellt.
- Durch die Funkstrecke fallen keine Kommunikationskosten an, der Empfang der Daten ist für die gesamte Nutzungszeit der Station mit dem Kauf abgegolten.
Die Saller Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Weimar ist ein Investor mit Schwerpunkt auf gewerblichen Immobilien, der in Deutschland, Tschechien, Polen und der Slowakei aktiv ist. Im Gegensatz zu einem Bauträger plant, errichtet, vermietet, pflegt und modernisiert Saller die Immobilien. Die Firma befindet sich seit ihrer Gründung vor über 30 Jahren in Familienbesitz und verwaltet mittlerweile rund 1,2 Mio. m2 Gewerbefläche, vorrangig Einkaufszentren.
Ein Bürogebäude im Stil einer Shopping-Mall
Im Juni 2015 bezog die Verwaltung der Saller Unternehmensgruppe einen Neubau im Ortsteil Legefeld, das „House of Inspiration“. Inspirierend soll es sowohl auf die dort tätigen Mitarbeiter als auch auf Besucher wirken. Aus der Ferne wirkt seine Struktur mit dem gläsernen Entré wie aus einem Guss, bei näherer Betrachtung offenbart sich jedoch, dass Vielfalt das Objekt prägt.
Das reicht von den Geländern an den bodentiefen Fenstern, keines gleicht einem anderen, über die Verwendung diverser Bodenbeläge innerhalb eines Treppenhauses bis hin zur abwechslungsreichen Gestaltung der Flure und Innenwände.
Das House of Inspiration ist somit eine Mischung aus normalem Bürogebäude und Showroom (besser: Show-Gebäude) und verfügt daher über einen Grundriss, der für eine Shopping-Mall typisch ist: Offene Bauweise, großer Eingangsbereich, weite Flure und gläserne Wände zu den Fluren sind nur einige Merkmale, die den Saller-Firmensitz von Standard-Bürogebäuden unterscheiden.
Heizen und kühlen mit BHKW und Adsorbern
Inhaber Josef Saller ist bereit, nicht nur bei der Optik ungewöhnliche Wege zu gehen. Bei der Haustechnik machte sich sein Interesse an moderner und effizienter Technik bemerkbar. So verfügt Saller für das fast 6000 m2 große Betongebäude über ein Blockheizkraftwerk (BHKW); nur bei außerordentlichen Lastspitzen oder als Reserveanlagen kommen gelegentlich Gasthermen zum Einsatz. Im Sommer wird die Wärme des BHKW zwei Adsorptionskältemaschinen zugeführt, die Klimakälte bereitstellen. Für die Betriebssicherheit steht ein konventioneller Kaltwassererzeuger im Stand-by.
Die Übergabe der Wärme bzw. Klimakälte erfolgt größtenteils durch Betonkerntemperierung und Fußbodenheizung. Sowohl die Außenwände als auch der Boden des Erdgeschosses und die Decke zwischen Parterre und Obergeschoss sind von einem dichten Rohrnetz durchzogen, das mit Nordflügel und Eingangsbereich sowie Südflügel in zwei Gruppen gegliedert ist. Im vorderen Eingangsbereich gibt es zudem Konvektoren, die den gläsernen Eingang ganzjährig auf Temperatur halten.
Temperieren der Büros über Boden, Decke und Wände
Die Betonkerntemperierung wird auf Basis einer Prognose der Außentemperatur bedarfsgeführt betrieben, für den Heizbetrieb ist sie mit 33/26 °C und für den Kühlfall mit 16/19 °C ausgelegt. Lüftungsanlagen sind installiert, dienen aber nicht der Gebäudetemperierung – sie versorgen nur Teile des Objekts. Es gibt zum einen eine Lüftungszentrale, die beispielsweise die Kantine und einige innen liegende, fensterlose Räume bedient.
Zum anderen existiert eine Lüftung, die gefilterte Außenluft in den Kern des Gebäudes führen kann und so für einen Luftwechsel in Halle und Fluren sorgt. Diese Lüftung ermöglicht eine effiziente Nachtkühlung des Objektes, indem sie die kühle Luft im Erdgeschoss zuführt und warme Luft über Dachfenster oder Rauch-Wärme-Abzüge (mit Regensensor) abführt. In den Büros setzt Saller auf klassische Fensterlüftung.
Da das House of Inspiration somit in erster Linie über Betonflächen temperiert wird, reagiert das Objekt auf Außentemperatur-Schwankungen relativ träge, was durchaus ein Vorteil ist. Bei einem spontanen Anstieg oder Abfall der Außentemperatur oder bei wechselnder Sonneneinstrahlung könnte es jedoch dazu kommen, dass über die Betonkerntemperierung zu viel oder zu wenig Energie abgegeben bzw. aufgenommen wird und sich über längere Zeiträume „zwangsweise“ unbehagliche Raumtemperaturen einstellen.
Der thermischen Trägheit von Betonmassen lässt sich nur durch einen vorausschauenden Betrieb begegnen. Daher stand früh fest, dass die Wetterdaten der kommenden Tage Einfluss auf die Regelungstechnik der Heiz- und Kältezentrale haben soll. Bei der Auswahl der passenden Wetterprognose-Lösung fiel die Wahl auf die Wetterprognose-Station Kompakt, kurz WS-K, von HKW-Elektronik. „Für das System sprach, dass es eine einmalige Anschaffung ohne Folgekosten ist“, argumentiert Thomas Leib, Servicetechniker MSR bei Bilfinger HSG FM Ost.
Regelungstechnik wertet regionale Wetterprognosen aus
Die Wetterprognose-Station von HKW empfängt die Wetterdaten auf dem Langwellenweg. Dies gestattet einen guten Empfang im Umkreis von Hunderten von Kilometern rund um den Sender. Dabei wirkt sich der Vorteil der Langwelle aus, selbst Gebäudestrukturen durchdringen zu können, wenn diese nicht gerade die Eigenschaft eines Faraday’schen Käfigs aufweisen. Damit kann das Signal oft sogar im Keller empfangen werden.
Dank der Funkstrecke ist keine Telefon- oder Internetanbindung erforderlich. Für den Bezug der Daten fallen keine Kosten an, denn beim HKW-Preismodell wird mit dem Kauf der Wetterprognose-Station das Recht auf einen lebenslangen (bezogen auf das Produkt) Empfang der Daten erworben. „Dieses Geschäftsmodell kommt Bauherren und Betreibern sehr entgegen“, sagt Frank Marthe von Saller. Er weiß aus Erfahrung, dass die Übergabe von Verträgen an einen Betreiber oder das Weiterberechnen von laufenden Kosten eine Hemmschwelle darstellt.
Lebenslang Wetterdaten via Langwelle beziehen
HKW liefert alle für den Betrieb der Gebäudetechnik erforderlichen Daten, und dies standortbezogen: Bei der Inbetriebnahme der WS-K wird eingerichtet, für welche Region die Wetterprognosen aus dem Datenstrom herausgefiltert und an der Schnittstelle bereitgestellt werden sollen. Die prognostizierte Außentemperatur für vier Tage wird durch 96 Werte in einer stündlichen Auflösung übermittelt, die solare Einstrahlung aktuell in Sechs-Stunden-Blöcken für zwei Tage.
Auch die zu erwartenden Niederschlagsmengen, die Niederschlagswahrscheinlichkeit, die Sonnenscheindauer, Luftdruck- und Windprognosen sowie Informationen zur generellen Wettersituation werden mit dem Langwellensignal gesendet. Außerdem empfängt die WS-K ein Zeitzeichen, das die Gebäudetechnik zur Uhrensynchronisation nutzen kann. Zudem misst das Gerät über einen eingebauten Temperatursensor die Umgebungstemperatur der WS-K, welche der Gebäudeleittechnik (GLT) über dieselbe Schnittstelle bereitsteht.
Bei Saller befindet sich die Wetterprognose-Station Kompakt der HKW auf dem Gebäudedach. Die Einbindung in die Gebäudeleittechnik ließ sich einfach realisieren; die Wetterprognosedaten werden der Saia-Burgess-Steuerung PCD3.M5560 über eine Modbus-RTU-Schnittstelle zur Verfügung gestellt.
Regelung gewichtet Wetterprognose nach den Nutzervorgaben
Um die Trägheit der Betonkerntemperierung zu kompensieren, müssen die Wetterdaten je nach Objekt und Nutzung unterschiedlich stark in das Regelverhalten einfließen. Deshalb erlaubt die Leittechnik dem Anwender, Einflussfaktoren zu bestimmen.
Am Bildschirm kann der Bediener in neun Schritten vorgeben, wie stark sich die Wetterprognose auswirkt. Dabei reicht die Spanne von 1 (geringer Einfluss) bis 9 (Regelung priorisiert die Wetterprognose). Diese Werte lassen sich für den laufenden Tag und die zwei folgenden mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung eintragen, um den Besonderheiten des jeweiligen Objekts Rechnung zu tragen.
Mit der Erfahrung wachsen Komfort und Effizienz
„Die richtigen Gewichtungsfaktoren zu finden, erfordert etwas Geduld, da der Anwender die Reaktion der Gebäudetechnik bei verschiedenen Wetter- und Lastsituationen kennenlernen muss“, sagt Leib. „Der volle Effizienz- und Komfortgewinn stellt sich daher erst nach gewisser Zeit ein.“ Saller hatte nun die Gelegenheit, das System über eine volle Heiz- und Kühlperiode zu nutzen.
Es liegt auf der Hand, dass der Vorteil der Wetterprognose am Anfang kaum zu bemerken war, zumal Saller bei dem Neubau keinen Vergleich zu einer Regelung ohne Einfluss der Wetterprognosewerte anstellen konnte. „Wir hatten deshalb immer mal wieder ein paar Tage, an denen es uns etwas zu warm oder zu kühl erschien, vor allem in den Übergangsjahreszeiten bei kühlen Nächten und warmen, sonnenreichen Tagen“, berichtet Marthe. „Nun haben wir Erfahrungen und können in Zukunft von der intelligenten Regelung profitieren.“
Später könnten HKW-Wetterprognose-Stationen auch bei anderen Objekten von Saller zum Einsatz kommen, denn neben dem Komfortgewinn führt die vorausschauende Regelung der Heiz- und Klimatechnik auch zu Energieeinsparungen, weil sich ein Überheizen bzw. zu starkes Kühlen oder gar ein Herauskühlen zuvor eingespeicherter Wärme vermeiden lässt.
Ralf Dunker, Fachjournalist, München
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HKW-Elektronik
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