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Referenzprojekt Saia Burgess Controls

Wohlfühlklima für Kunstwerke

Kompakt informieren

  • Die Erweiterung des Städel Museums wurde auch dazu genutzt, die Gebäudeautomation auf den neuesten Stand zu bringen und für künftige Veränderungen offenzuhalten.
  • Die HLS-Technik wird nun über zwölf programmierbare Steuerungen geregelt. Die GLT mit 1624 Datenpunkten kommt ohne PC-Technik und ohne gesonderte Leitsystemsoftware aus und kann über das Internet bedient werden.
  • Über die GLT können die klimatischen Bedingungen in den Ausstellungsräumen an die jeweiligen Erfordernisse der Kunstwerke angepasst werden.

Das wichtigste an einem Kunstmuseum ist nicht die Alarmanlage. Es ist viel mehr die Klimatechnik. Auch wenn die hohen Werte der Kunstschätze den Adrenalinspiegel der Verantwortlichen auf hohem Niveau halten, stehen heute die klimatischen Bedingungen in einem Ausstellungsbau im Mittelpunkt. Besonders die Leihgeber von Kunstwerken für temporäre Ausstellungen verstehen keinen Spaß, wenn ihre Schätze mit oft siebenstelligen Versicherungswerten nicht adäquat untergebracht sind. Zu viel steht auf dem Spiel, wenn man ein Kunstwerk für Monate außer Haus und außer Landes geben soll.

Als das Städel Museum – der „Louvre von Frankfurt“ – vor fünf Jahren die größte Erweiterung in seiner fast 200-jährigen Geschichte plante, war den Verantwortlichen klar, dass neben den hohen Ansprüchen an die Architektur die einmalige Chance bestand, die Gebäudeleittechnik (GLT) auf den modernsten Stand zu bringen. Im Rahmen eines Wettbewerbs ging der spektakuläre Entwurf des Architekturbüros schneider+schumacher als Sieger hervor. Die in ihrer Bauform einmalige, unter dem Städel-Garten gelegene neue Ausstellungshalle schafft 3000 m2 zusätzliche Ausstellungsfläche. 195 Oberlichter versorgen den Raum mit natürlichem Licht und geben der Gartenfläche eine besondere Struktur Abb. 1 Abb. 3. Parallel zur Errichtung des Neubaus wurde auch der gesamte Altbau ertüchtigt.

An erster Stelle: Klimatechnik

Die klimatischen Bedingungen standen im Mittelpunkt der Planungen, außerdem sollte das Städel ein „green building“ werden. Darum mussten die klimatischen Bedingungen mit möglichst geringem Energiebedarf aus regenerativen Quellen erfüllt werden. Die unterirdische Platzierung des Erweiterungsbaus, die kompakte Bauweise sowie die Gebäudespeichermasse hielten die Wärmeverluste beziehungsweise die äußeren Einflussfaktoren im Vergleich zu oberirdischen Museumsbauten im Rahmen.

Für die noch erforderliche Bereitstellung von Wärme und Kälte wurde beim Städel-Erweiterungsbau ein Erdpendelspeicher mit 35 Erdsondenbohrungen errichtet. Über eine Wärmepumpe wird das für die Beheizung erforderliche Temperaturniveau bereitgestellt, die Wärmeübergabe erfolgt über eine Flächentemperierung des Fußbodens. Im Sommer wird überschüssige Wärme über den Fußboden und die Betondecke an das Erdreich abgeführt.

Homogene Leittechnik

Eine Vorgabe der Planer war, die Leittechnik des gesamten Baus nach Fertigstellung zentral und auch über das Internet bedien- und beobachtbar zu machen. Zudem sollte die neue Steuerung an die bestehende Infrastruktur auf der Basis von BACnet angebunden werden. Den Zuschlag erhielt Tec-Control aus Langen. Tec-Control bot die GLT auf der Basis von Komponenten von Saia Burgess Controls (SBC) an. Die Verantwortlichen schätzten besonders, dass Tec-Control im Angebot neben der Neuinstallation auch die Umrüstung der bestehenden Anlagen auf Saia-PCD-Technologie preislich berücksichtigt hatte. Auf diese Weise konnte man ohne Rücksichten auf veraltete Technik ein neues, homogenes System planen Abb. 4.

Die Steuerung von Heizung, Lüftung und Sanitär erfolgt heute über zwölf programmierbare Steuerungen vom Typ PCD3. Thomas Pietrzak Abb. 2, Leiter Technik beim Städelschen Kunstinstitut: „Unser Haus wird sich auch in Zukunft ständig weiterentwickeln. Aufgrund der flexiblen Systemeigenschaften der Steuerungen von SBC sehe ich zukünftigen Veränderungen gelassen ins Auge. Weder von der Speicherkapazität noch von der Offenheit für verschiedene Kommunikationsstandards her sind wir eingeschränkt. So konnten wir die bereits bestehende BACnet-Verkabelung weiter nutzen und sind jetzt auch offen für M-Bus, Modbus oder TCP/IP.“

Die GLT verarbeitet die Daten von 1062 Datenpunkten, welche über den S-Bus direkt an die Steuerungen angeschlossen sind und 562 Datenpunkte über andere Busverbindungen. Dazu gehören beispielsweise die elektrischen Heizbänder an den 195 Oberlichtern der Gartenhalle, die die Schwitzwasserbildung verhindern sollen, oder die Wandheizungen in den älteren Ausstellungsräumen, um den Taupunkt nach außen zu verschieben.

Des Weiteren erlaubt es die Anlage, auf die in den verschiedensten Bauteilen verteilte Feuchte- und Temperaturfühler in Depot- und Ausstellungsräumen zuzugreifen und somit historische Daten zu speichern. Die Steuerungen kommunizieren in einem eigenen Glasfasernetzwerk. Die großzügigen Speicherressourcen (4 GB) der neuen PCD3Power-CPU erlaubten es, die komplette GLT ohne PC-Technik und gesonderte Leitsystemsoftware zu erfassen, zu überwachen, zu archivieren und zu steuern Abb. 5. Beim Erstellen des Programms nutzten die Fachleute von Tec-Control das grafische PG5-Engineeringwerkzeug von SBC, wobei sie auf eine umfangreiche Bibliothek von Standard-Routinen (F-Boxen) zurückgreifen konnten.

Bauen im Bestand…

Das 52-Mio.-Euro-Projekt wurde im Februar 2012 der Öffentlichkeit übergeben. Pietrzak: „Bauen und erneuern im Bestand ist nicht einfach. Im Laufe der Umbauarbeiten gab es ständig Veränderungen und Ergänzungen. Das war auch für Tec-Control nicht immer ein Zuckerschlecken. Toll war die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten. Wir wollten beispielsweise die Bestandsverkabelung, so weit es ging, weiterverwenden. Das war nicht immer einfach, da die Dokumentation unvollständig war.“

Jörg Edelmann, Geschäftsführer von Tec-Control, ist zufrieden: „Die Genauigkeit der Regelung in einem Museum, Temperatur ± 0,5 K und Feuchte von ± 2 %, ist unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Energieeffizienz eine große Herausforderung. Aber erstens wurden wir bei unseren Planungen sehr gut von SBC unterstützt und auch die Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro gestaltete sich sehr entspannt. Die geniale Architektur der im Boden versenkten Ausstellungshalle kam uns beim Einhalten der engen Klimavorgaben ebenfalls entgegen.“

Die PCD-Steuerungen verfügen durch ihre schnellen Prozessoren und Systemressourcen über genügend Leistungsreserven für die Bearbeitung solch anspruchsvoller Steuerungs- und Kommunikationsaufgaben. Eine PCD bietet bis zu 1023 Ein-/Ausgänge, ist aber auch dezentral mit Remote I/Os erweiterbar. Eine USB- und Ethernet-Schnittstelle gehört zur Grundausstattung, darüber hinaus können bis zu 13 Kommunikationsschnittstellen und zwei Ethernet-Schnittstellen gesteckt werden.

Der große Onboard-Speicher bietet 2 MB Kapazität für Programme und Daten mit einem 128-MB-Dateisystem. Edelmann: „Die mögliche Speichererweiterung mit SD-Flashkarten haben wir im Städel nicht benötigt. Wichtiger war für uns der Automation-Server für die Integra­tion in Web-/IT-Systeme. So bieten wir beispielsweise den Restauratoren des Hauses per Internet die Möglichkeit, auf die Klimadaten, denen ihre Kunstwerke ausgesetzt sind, zu schauen.“

Die Raumtemperierung wird durch eine Lüftungsanlage ergänzt. Die Lüftungsanlage ist für die erforderliche Be- und Entfeuchtung der Halle konzipiert und mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgerüstet. Die modulare Energie- und Klimatechnik ist die Voraussetzung für ein optimales Raumklima mit minimalem Energieaufwand. Die architektonischen Bedingungen und die schnelle Regelung sorgen dafür, dass unzulässige Temperaturschwankungen erst gar nicht auftreten.

Individuelle Klimabedingungen

Jeder Mensch hat sein eigenes Wohlfühlklima – das gilt auch für die Objekte in Museen. Das Klima eines Raumes wird vor allem von Lufttemperatur und Luftfeuchte beeinflusst, aber auch vom Tageslichteinfall und der Kunstlichtleistung. Die baulichen Gegebenheiten, sowohl in der neu entstandenen Gartenhalle als auch in den „klassischen“ Räumen und auch die Museumsbesucher (Feuchtigkeitsabgabe, Körperwärme, nasse Kleidung) spielen dabei eine Rolle. Weil es keinen allgemein gültigen Klimawert gibt, ist ein Kompromiss zu finden. Dieser Kompromiss liegt nach allgemeinen Empfehlungen bei 45 bis 55 % relativer Luftfeuchte bei einer Temperatur von 18 bis 22 °C.

Pietrzak: „Bei Leihgaben interessieren wir uns für die bisherigen Klimabedingungen der Kunstwerke. Die GLT bietet uns die Möglichkeit, unsere Räume an diesen Bedingen auszurichten und Vorgaben der Leihgeber zu erfüllen.“

Unweit der Ausstellungsräume befinden sich die Depots Abb. 6. Hier sind über 100000 Gemälde, Graphiken, Zeichnungen, Fotoarbeiten und Skulpturen untergebracht. Auch hier gilt: das Umgebungsklima eines Museumsobjektes sollte möglichst konstant sein, besonders während und nach einem Ortswechsel. Pietr­zak: „Die Temperatur in den Depoträumen wird allein aus konservatorischer Sicht bestimmt, da sich dort weder Museumsmitarbeiter noch Besucher lange aufhalten. Eine um einige °C niedrigere Temperatur als in den Ausstellungsräumen ist wünschenswert, da sich die natürlichen Alterungsprozesse mit abnehmender Temperatur verlangsamen.“ Dies erfordert allerdings eine sorgfältige Regulierung und Kontrolle der Luftfeuchte, wozu zahlreiche Sensoren platziert wurden. •

https://www.staedelmuseum.de/de

http://www.saia-pcd.de

https://www.tec-control.de/

Weitere Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier ­Gebäudeautomation: Webcode 740