In den letzten Jahrzehnten erhielt die Kühlung bzw. Klimatisierung von Dienstleistungsgebäuden einen neuen Stellenwert. Aus einem in heißen Gegenden gebräuchlichen Luxusgut wurde ein Allgemeingut – auch in gemäßigten oder gar kühlen Lagen. Hierfür ist einerseits der steigende Anteil von Elektrogeräten verantwortlich, die sich als interne Wärmequelle nicht abstellen lassen. Zusätzlich wird der Effekt dieser auch im Sommer aktiven „Heizung“ durch immer großzügigere Verglasungen verstärkt. Will man die in diesen Gebäuden arbeitenden Menschen vor Überhitzung schützen, muss die überschüssige Wärme abgeführt werden.
Meist geschieht dies über elektrisch angetriebene konventionelle Klimaanlagen. Die Ergebnisse des Projekts Coolsan1) lieferten dazu allerdings ernüchternde Erkenntnisse: Die Temperatur in zehn von fünfzehn untersuchten Bürogebäuden lag im Sommer 2003 über der Behaglichkeitsgrenze von 26 °C, die anderen fünf verursachten aufgrund ihrer Klimatisierung überhöhte Stromkosten. Weiteren Handlungsbedarf zeigen zwei internationale Studien aus dem Jahre 1999 und 2003. Sie sagen eine Vervierfachung des Kühlenergiebedarfs in Europa zwischen 1990 und 2020 voraus2). Die Internationale Energieagentur hat die Kühlung und Klimatisierung 2004 sogar als eines der am schnellsten wachsenden Felder neuen Energiebedarfs eingestuft.
Sommerkomfort als Dienstleistung
Den Strombedarf zur Klimatisierung in Europa will das Projekt Keep Cool II senken. In dem Nachfolgeprojekt von Keep Cool I arbeiten zwölf Partner aus neun europäischen Staaten zusammen. Die Projektleitung liegt beim IZES (Institut für ZukunftsEnergieSysteme), Saarbrücken. Im Projekt werden die Ergebnisse aus Keep Cool I aktualisiert, einem noch weiteren Interessentenkreis zugänglich gemacht und um neue Schwerpunkte erweitert:
Mit der Modellierung von „base case“-Beispielen werden anhand ausgewählter typischer Zweckgebäude (Neubau und Bestand) Energieverbrauch, thermisches Verhalten im Sommer (Temperaturen, Überhitzungsstunden etc.) und mögliche Energieeinsparungen für den sommerlichen Komfort mittels passiver und nachhaltiger Technologien simuliert. Diese können dann ähnlich der Gebäudetypologien im Wohnbereich als Modellfälle für energetische Sanierungs- und Neubauplanungen herangezogen werden.
Für den Ausbau von Netzwerken auf unterschiedlichen Ebenen und für unterschiedliche Zielgruppen werden in jedem Land zentrale Zielgruppen angesprochen: Architekten, Planer und Ingenieure mit dem Ziel, ihre Honorarordnungen um Energieeffizienzanforderungen zu ergänzen; Politiker, um Anforderungen an den sommerlichen Komfort in Nichtwohngebäuden in Gesetzgebung und Richtlinien explizit zu verankern; Hersteller von Dämmstoffen und Klimatisierungsausstattung, Kälteanlagenbauer, Jalousienhersteller, Flachglashersteller usw. Darüber hinaus sollen auch Eigentümer und Mieter von Nicht-Wohngebäuden für die Thematik sensibilisiert werden.
Gekühlt wird überwiegend elektrisch
Die primärenergetische Analyse der Energieverbrauchsanteile unterschiedlicher Anwendungen in Dienstleistungsgebäuden zeigt, dass insbesondere stromgeführte Anwendungen einen Anteil von mehr als 50 % (Büro-Altbau) belegen. Dies verschiebt sich tendenziell auf mehr als 70 % bei besseren energetischen Gebäudestandards.
Eine Analyse von 14 Bestandsbürogebäuden des Energiereferates der Stadt Frankfurt zeigt sogar, dass die stromgeführten Anwendungen einen Anteil von mehr als 75 % des Primärenergieverbrauchs belegen. Der Anteil für Lüftung und Klima liegt je nach Gebäude und Anwendung bei bis zu 50 % des Gesamtprimärenergiebedarfs des Gebäudes. Allein aus diesen Zahlen lassen sich größere Einsparpotenziale ableiten. Das Projekt Keep Cool II läuft bis Mai 2010. Erste Projektergebnisse sind ab Frühjahr 2009 zu erwarten. Diese werden dann auf Fachveranstaltungen einem weiteren Interessentenkreis zugänglich gemacht. Bis dahin können die Ergebnisse des ersten Projekts in englischer Sprache auf http://www.keep-cool.net eingesehen und teilweise heruntergeladen werden.
1) Endbericht: https://www.aee-intec.at/0uploads/dateien294.pdf
2) Adnot et al, 1999; 2003
Barbara Dröschel
M.A., IZES, Saarbrücken, Telefon (06 81) 9 76 28 52, droeschel@izes.de, https://izes.eu/ (zum Projekt Keep Cool über das Menü Projekte, dort in „Projekte ab 2005“)