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Thermografie statt „Eindrücktest“

Rohrbögen ge­däm­mter Lei­tun­gen rich­tig prü­fen

Bild 2 Kein Bauherr würde auf bei einer gemeinsamen Abnahme an mehr als einem Alu-Grobkornbogen die Ausstopfung mit einem dann bleibenden „Eindrücktest“ überprüfen. Auch bei einer Ummantelung mit Formteilen aus PVC-Folie ist er keine geeignete Methode, die Qualität der ausgeführten Dämmung zu überprüfen.

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Bild 2 Kein Bauherr würde auf bei einer gemeinsamen Abnahme an mehr als einem Alu-Grobkornbogen die Ausstopfung mit einem dann bleibenden „Eindrücktest“ überprüfen. Auch bei einer Ummantelung mit Formteilen aus PVC-Folie ist er keine geeignete Methode, die Qualität der ausgeführten Dämmung zu überprüfen.

Rohrbögen sind die Schwachstelle bei Dämmarbeiten von Heizungs- und Trinkwasserleitungen. Was ist also zu tun, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der vorgenommenen Arbeiten bestehen? TÜV SÜD empfiehlt, die Qualität der Dämmungen mittels Wärmebildverfahren nachweisen zu lassen.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Normative Vorgaben wie in DIN 4140 regeln die notwendige Dämmung warmgehender Leitungen. Im Vorfeld die gewünschte Qualität festzulegen, schützt alle Beteiligten vor unliebsamen Überraschungen.
■ Beim Nachweis, dass die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt wurden und die Dämmung den Anforderungen entspricht, empfehlen Experten, auf die objektive Messung, beispielsweise mit Wärmebildkameras, zurückzugreifen.
■ Die Ergebnisse sind eindeutig und belastbar, während das verbreitete händische „Eindrücken“ nicht nur unzureichend Aufschluss über die Dämmsituation gibt, sondern die Dämmeigenschaft sogar verschlechtern kann.
 

Fehlstellen mindern die Dämmwirkung genauso wie ungeeignete Materialien, die nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. An fachgerecht gedämmten Rohrbögen zeigen sich weder deutliche Temperaturunterschiede noch bildet sich Kondenswasser.

Die Wärmeverluste sind in solchen Fällen nicht unbedingt gravierend und bedürfen immer wieder Klärungen zwischen Bauherren oder Eigentümern und den ausführenden Handwerksbetrieben. Und nicht nur bei Rohrbögen ist es wichtig, dass die Dämmung lückenlos und dicht anliegt, um potenzielle Wärmeverluste zu vermeiden.

Anerkannte Regeln der Technik geben eine gute Orientierung

Bauherren und Betriebe, die sich absichern wollen, indem diese die gewünschte Ausführung der Dämmung festlegen, können sich an DIN 4140 oder speziellen Herstellervorgaben orientieren. Die Norm beschreibt Dämmarbeiten u. a. in der technischen Gebäudeausrüstung sowie die Ausführung von Wärme- und Kältedämmungen.

Für die Beurteilung der Dämmung von Rohrbögen betrachtet TÜV SÜD die DIN 4140 [1] in der aktuellen Fassung Mai 2023 als anerkannte Regel der Technik. Mit ihr lassen sich die Soll-Eigenschaften bestimmen. Folglich dienen die Vorgaben als Bauleistungssoll, wenn im Vorfeld keine anderslautenden vertraglichen Regelungen (z. B. explizite Ausführungsqualitäten) getroffen wurden.

Wie schon in der Vorgängerversion von 2014 empfiehlt DIN 4140, Rohrbögen vorzugsweise mit vorgefertigten Schalen zu dämmen. Solche Schalen bieten die einschlägigen Hersteller auch für Leitungen, T-Stücke und Armaturen an. Obwohl diese Dämmschalen einfach zu montieren sind, werden diese – gerade für Bögen – vergleichsweise selten genutzt. Alternativ lässt die Norm deshalb auch das Dämmen durch Ausstopfen mit Mineralwolle zu, was von Handwerksbetrieben vor allem aus Kostengründen gerne praktiziert wird. In der aktuellen Fassung ist hierfür eine Mindeststopfdichte von 80 kg/m3 vorgegeben.

Was dämmt, ist die Luft

Das Grundprinzip von Dämmstoffen ist die physikalische Tatsache, dass ruhende Luft ein schlechter Wärmeleiter ist. Luft, die nicht zirkuliert, dämmt entsprechend stark. Deshalb hat ein hochwertiger Dämmstoff viele kleine Lufteinschlüsse, die die Bewegung der eingeschlossenen Luft fast vollständig verhindern. Das unter dem Handelsnamen Styropor bekannte expandierte Polystyrol (EPS) ist ein weit verbreitetes Beispiel für einen sehr leichten Stoff mit vielen Lufteinschlüssen und deshalb hervorragender Dämmeigenschaft.

Je stärker der Dämmstoff beim Einbau komprimiert wird, desto geringer sind die Lufteinschlüsse. Damit sinkt die Dämmwirkung im selben Maße wie die Wärmeverluste ansteigen. PVC-Mäntel von Bögen sollten aus diesem Grund eher locker ausgestopft werden, solange die Mindeststopfdichte der Norm eingehalten wird. Gerade bei der Dämmung von Bögen kann es hier Probleme geben, da eine Sichtprüfung nicht mehr ausreicht, um zu beurteilen, ob genug, zu wenig oder schon zu viel Material eingebracht wurde.

Bild 2 Ein eigentlich fachgerecht gedämmter Rohrbogen wurde für eine Überprüfung eingedrückt. Die negativen Auswirkungen sind auf dem Thermogramm zu erkennen.

TÜV SÜD

Bild 2 Ein eigentlich fachgerecht gedämmter Rohrbogen wurde für eine Überprüfung eingedrückt. Die negativen Auswirkungen sind auf dem Thermogramm zu erkennen.

Die Praxis zeigt: Lieber nicht drücken

Kurz auf den PVC-Mantel drücken und danach beurteilen, ob die Dämmung im Rohrbogen ausreicht? Was so verlockend einfach klingt, ist in Wahrheit nicht nur wenig aussagefähig, sondern kann die Dämmung sogar beeinträchtigen. Das sogenannte Isogenopak, also die Ummantelung, hat eine gewisse Steifigkeit. Das heißt, die eingedrückte Stelle bleibt eingedrückt, und dadurch verschiebt sich die bereits vorhandene Dämmung oder wird noch mehr komprimiert, was die Wirkung einer richtig ausgeführten Dämmung wieder verringern kann.

Eine exemplarische Prüfung durch Sachverständige von TÜV SÜD in einer größeren Wohnanlage zeigte deutlich die Schwächen des gleichermaßen weit verbreiteten wie ungenauen „Eindrücktests“. Hier wurden die Rohrbögen sowohl visuell als auch thermografisch mit einer Wärmebildkamera und letztlich zerstörend überprüft.

In einem Fall war der Rohrbogen bei der Begehung intakt und vorher offensichtlich nicht eingedrückt worden. Die Wärmebildkamera erfasste allerdings eine erhöhte Temperatur am Bogen, die auf unzureichende Dämmung hinweisen kann. Dies bestätigte sich in der zerstörenden Prüfung: ein teilweises Entfernen des PVC-Mantels zeigte, dass der Bogen nicht ausreichend mit Dämmstoff gefüllt war. Zwar hätte das auch ein „Eindrücktest“ gezeigt, aber nur unter Inkaufnahme einer möglichen Beschädigung einer vorhanden richtig ausgeführten Dämmung.

Ein anderer Bogen hatte eine homogene Oberflächentemperatur – bis auf eine Stelle, die zum Begehungszeitpunkt eingedrückt war. Hier ergab das Thermogramm eine leicht erhöhte Temperatur. Das Zerschneiden ergab, dass der Bogen grundsätzlich korrekt mit loser Mineralwolle gedämmt worden war: nach dem Zerschneiden quoll das Material geringfügig heraus. Hier hatte der vorher erfolgte „Eindrücktest“ die grundsätzlich normenkonforme Dämmeigenschaft an der betreffenden Stelle punktuell verschlechtert.

Bild 3 Per Thermografie wurde ein Wärmeverlust bei einem Rohrbogen festgestellt. Der Bogen ist mangelhaft gedämmt – das wäre bei einem „Eindrücktest“ allein kaum aufgefallen.

TÜV SÜD

Bild 3 Per Thermografie wurde ein Wärmeverlust bei einem Rohrbogen festgestellt. Der Bogen ist mangelhaft gedämmt – das wäre bei einem „Eindrücktest“ allein kaum aufgefallen.

Im Zweifel messen

Ob eingedrückt oder nicht: Von außen lässt sich nicht zuverlässig feststellen, ob in einem ummantelten Rohrbogen ausreichend Dämmmaterial vorhanden ist. Bei Zweifeln an der Ausführung sollte immer eine objektive Messung vorgenommen werden. Vermeintlich einfache Maßnahmen können dazu führen, dass sich die Dämmeigenschaften sogar verschlechtern. TÜV SÜD empfiehlt hier die Wärmebildverfahren (Thermografie).

Temperaturunterschiede innerhalb des Rohrbogens (ebenso wie an anderen Stellen) geben klare Hinweise auf unzureichende Dämmung. Besonders sinnvoll ist die Messung an Stellen, an denen der Wärmeverlust deutliche Auswirkungen hat, etwa im Außenbereich oder in natürlich gelüfteten Tiefgaragen. In einem beheizten Keller trägt die Wärme aus dem Rohr beispielsweise zur Raumtemperatur bei und geht nicht „verloren“. Allerdings erhöht sich durch den Wärmeverlust in jedem Fall der Energiebedarf für die Wärmeerzeugung durch Transportverluste.

Die Erfahrung zeigt: Insgesamt kommt es – je nach Ausführung der Dämmung – bei der Dämmqualität regelmäßig zu Beanstandungen. TÜV SÜD unterstützt beteiligte Unternehmen dabei, die ordnungsgemäße Ausführung aller Dämmarbeiten entweder zu planen oder nachzuweisen. Dazu gehört auch die sorgfältige Dokumentation aller verwendeten Materialien und Verfahren.

Parameter für richtiges Dämmen von warmgehenden Leitungen

Dämmstärke

● In der Regel: 100%ige Dämmung (Dämmstärke ungefähr gleich dem Rohrdurchmesser)
● Außenbereich: 200%ige Dämmung
● Ausnahmen: 50%ige Dämmung (z. B. Technikzentralen)

Dämmwirkung

Rohrleitungen benötigen für eine 1:1-Anwendung der Dämmanforderungen nach GEG und EnEV die Wärmeleitgruppe (WLG 035). Das entspricht einer Wärmeleitfähigkeit (λ) von 0,035 W/(m ∙ K). Je niedriger dieser Wert ist, je geringer also die Wärmeleitfähigkeit ist, desto besser ist die Dämmleistung des Materials. Dämmstoffe mit höheren λ-Werten erfordern andere Dämmstärken, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Ein Beispiel: ein Rohr mit 22 mm Durchmesser und einer 20 mm starken Dämmung der WLG 035 hat einen Gesamtdurchmesser von 62 mm. Ein Dämmstoff der WLG 040 würde für dieselbe Dämmleistung den Gesamtdurchmesser auf 74 mm erhöhen. Wenn die Dämmstärke nicht angepasst werden würde, verschlechterte sich die Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/(m ∙ K) auf 0,040 W/(m K). Das käme einem um etwa 10 % höheren Wärmeverlust gleich.

Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Thermografie

Literatur

[1] DIN 4140 Dämmarbeiten an betriebstechnischen Anlagen in der Industrie und in der technischen Gebäudeausrüstung – Ausführung von Wärme- und Kältedämmungen. Berlin: DIN Media, Mai 2023

Dr.-Ing. Markus Weißenberger
ist Fachgruppenleiter Gebäudetechnik bei TÜV SÜD Industrie Service in 90431 Nürnberg und ö. b. u. v. Sachverständiger für Heizungs- und Sanitärtechnik (NBG) markus.weissenberger@tuvsud.com www.tuvsud.com/bautechnik

TÜV SÜD Industrie Service

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