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Berlin / NAPE

Steuerbonus: Droht erneut ein Scheitern?

Seit zehn Tagen schaut die TGA/SHK-Branche zu Sigmar Gabriel (SPD) auf: Der Bundesenergieminister will die steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen festschreiben. So steht es im NAPE-Entwurf vom 11. November 2014. NAPE ist die Kurzform für ein 56-seitiges Papier mit dem Titel „Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz“. Er soll zur Rettung der 2020-Klimaschutzziele der Bundesregierung beitragen. Ohne neue Impulse sind sie nicht mehr zu erreichen. NAPE-Untertitel: „Politik und Maßnahmen der Bundesregierung in der 18. Legislaturperiode für die Steigerung der Energieeffizienz im Verbrauch und zur Einsparung von Energie“.

Der NAPE-Entwurf zur steuerliche Förderung:


In der Entwurfsfassung vom 11.11.2014 heißt es auf Seite 3: „Zu den zentralen Sofortmaßnahmen des NAPE zählen [...] die Erhöhung des Fördervolumens für die Gebäudesanierung und die Einführung der steuerlichen Abschreibung von Effizienzmaßnahmen im Gebäudesektor [...]“ und auf Seite 25: „Zur Unterstützung der Effizienzinvestitionen wird mit den NAPE-Maßnahmen auch die öffentliche Förderung deutlich ausgebaut und auf hohem Niveau verstetigt. Dazu tragen vor allem [...] die Einführung der steuerlichen Förderung für energetische Gebäudesanierungen mit einem Fördervolumen von 1 Mrd. Euro jährlich für den Zeitraum 2015 bis 2019 [bei] [...]“.

Und so soll es laut NAPE-Entwurf umgesetzt werden:

„Gefördert werden Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Einsatz erneuerbarer Wärme in Wohngebäuden. Die Voraussetzungen für die steuerliche Abschreibung werden am CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm ausgerichtet. Eckpunkte für die steuerliche Abschreibung sind:
  • Fördervolumen von 1 Mrd. Euro p.a.
  • Steuerliche Abschreibung über 10 Jahre
  • Förderung von selbstgenutztem [Wohneigentum]
  • Förderung von vermietetem Wohneigentum, unter der Maßgabe, dass die steuerliche Förderung den Mieterinnen und Mietern z. B. durch Abzug von der Modernisierungsumlage zugute kommt
  • Förderung progressionsunabhängig durch Abzug von der Steuerschuld
  • Förderung von Einzelmaßnahmen und Gesamtmaßnahmen
Umsetzung: Einführung ab 2015 über einen Zeitraum von mind. 5 Jahren.“

Jubel schon auf Entwurfs-Basis


ZVSHK, BDH, FGK, BWP – die Branchenverbände signalisierten sofort Begeisterung. Mahnende Worte wurden an die Länder gerichtet, erst vor zwei Jahren war ein ähnliches Gesetzesvorhaben im Vermittlungsausschuss an der Blockade der Länder gescheitert (Bericht von TGA Fachplaner). Doch bevor die Länder überhaupt offiziell gefragt werden, muss der Steuerbonus zunächst den Segen vom Bundeskabinett bekommen, geplant ist dies am 3. Dezember 2014. Ein Aufschub ist aufgrund der vom 1. bis 12. Dezember 2014 in Lima stattfindenden UN-Klimakonferenz kaum möglich. Jedoch kann die laufende Ressortabstimmung Umfang und Inhalt des NAPE bis zum 3. Dezember auch noch grundlegend ändern - zumal an dem Tag auch das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ des Bundesumweltministerium mit zahlreichen weiteren Maßnahmen verabschiedet werden soll.

Gabriel kann immer gewinnen


Der von den TGA/SHK-Verbänden als „denkbar wirkungsvollste Maßnahme zur Wärmewende“ bejubelte und in allen Tageszeitungen verkündete Steuerbonus ist also noch lange nicht spruchreif – es ist noch nicht einmal klar, ob er in Berlin überhaupt auf die politische Agenda gesetzt wird.

Das wird auch Bundesenergieminister Sigmar Gabriel wissen, sodass es nicht verwunderlich ist, dass der NAPE-Entwurf ohne offizielle Veröffentlichung rasend schnell den Weg zur Presse gefunden hat. Denn Gabriel kann immer gewinnen: Kommt der Steuerbonus, ist sein Name damit verbunden und er der Held. Wird der Steuerbonus zu Fall gebracht, sind die Blockierer die Buhmänner.

Man darf also gespannt sein, ob sich die Bundeskanzlerin erneut für den Steuerbonus stark macht. 2012 hatte sie erst die Länder gerüffelt und dann an sie appelliert (Bericht von TGA Fachplaner). Geholfen hatte es nicht, die Länder mit SPD-Regierungsbeteiligung bewegten sich nicht (weit genug). Nun will die SPD mit dem Steuerbonus punkten. Ob Merkel dafür Widersacher in der eigenen Partei zurückpfeift, bleibt abzuwarten.

Der Steuerbonus ist kaum mehr als ein Vorschlag


Was bisher – angesichts der großen politischen Verantwortung für negative Auswirkungen auf die Nachfrage nach Energiesanierungen in einer langen Diskussions- und Realisierungsphase – abwegig erschien, scheint nun doch Wirklichkeit zu werden: Die im NAPE beschriebene Einführung einer steuerlichen Sanierungsförderung ist nicht – wie es für die Idee notwendig wäre – generalstabsmäßig vorbereitet, sondern kaum mehr als ein Vorschlag. Ein Punkt auf einer Wunschliste. Wofür haben wir eigentliche eine Große Koalition?

Offensichtlich gab es nicht einmal vom Bundesfinanzminister Rückendeckung für die zentrale NAPE-Sofortmaßnahme. Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) wolle die damit verbundenen Steuerausfälle nicht akzeptieren, schreibt das Handelsblatt am 21.11.2014 unter dem Titel „Gebäudesanierung: Es war einmal ein Steuerbonus...“ und beruft sich dabei auf Regierungskreise. Am gleichen Tag sollte eine „Staatssekretärsrunde“ nach Lösungen suchen. Lösungen verkündet wurden am Freitag allerdings nicht.

Übrigens: Vor genau einem Jahr fiel bei den Koalitionsverhandlungen die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung in letzter Minute dem Rotstift zum Opfer – obwohl im Unions-Wahlprogramm eine neue Initiative angekündigt worden war.

Attraktiver Anreiz könnte problematisch sein


Aufgrund der schlechten Vorbereitung ist ein erneutes Scheitern der „Steuerlichen Abschreibung von energetischen Sanierungen“ also nicht auszuschließen. Und es gibt noch ein weiteres Problem: Die geplante Umsetzung könnte auch aus der Feder eines Branchenverbands stammen, so attraktiv lesen sich die Eckpunkte. Dazu kommt, dass der Sanierungsstau groß ist und die steuerliche Förderung „zu gut“ wirken könnte. Doch ist die Nachfrage zu hoch und die Kosten (Steuerausfälle) überschreiten die Planung deutlich, dürfte das Gesetz überprüft werden und könnte durch eine Novelle schnell als lahmen Papiertiger enden. ■