Die einen nennen sie „EU-Gebäuderichtlinie“, andere benutzen die Abkürzung „EPBD“ der englischen Version1). Heute feiert sie jedenfalls Geburtstag, die Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (die Mitgliedstaaten mussten die entsprechenden nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis spätestens zum 4. Januar 2006 in Kraft setzen.).
Aus deutscher Perspektive entstand die Richtlinie parallel zur Energieeinsparverordnung (EnEV 2002, vom 16. November 2001, gültig ab 1. Februar 2002 bis 7. Dezember 2004), seitdem basiert ein großer Teil der EnEV-Fortentwicklung auf den Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie. Vor zehn Jahren wurde sie von Deutschland an einigen Stellen dazu genutzt, um sich national schwer durchsetzbare Punkte, über Europa verordnen zu lassen.
Umsetzung ist in Verzug
Im Rahmen der Neufassung vom 19. Mai 2010 hat Deutschland allerdings eher gebremst, der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP der 17. Legislaturperiode sah bereits vor: „Bei den europäischen Verhandlungen zur ‚Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden‘ werden wir auf Ausgewogenheit achten.“ Was dann dazu geführt hat, dass zukunftsweisende Ansätze aus dem EU-Parlament vom EU-Ministerrat abgeschwächt worden sind (Bericht von TGA Fachplaner). Eigentlich müssten einige Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie 2010 bereits umgesetzt sein, Deutschland ist mit der EnEV 2012, die wohl eine EnEV 2014 wird, aber in Verzug (Bericht von TGA Fachplaner).
Möglichst kleine Gesamtenergieeffizienz
Ein Kuriosum der EU-Gebäuderichtlinie ist die Verwendung des Begriffs Gesamtenergieeffizienz. Allgemein gilt in Deutschlands Fachkreisen und in vielen Publikationen die Erhöhung der Gesamtenergieeffizienz als erstrebenswertes Ziel. Tatsächlich ist jedoch eine möglichst kleine Gesamtenergieeffizienz das Ziel, denn die Richtlinie definiert: „Im Sinne der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck ‚Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes‘ die berechnete oder gemessene Energiemenge, die benötigt wird, um den Energiebedarf im Rahmen der üblichen Nutzung des Gebäudes (u.a. Heizung, Kühlung, Lüftung, Warmwasser und Beleuchtung) zu decken“.
Die Gesamtenergieeffizienz kennzeichnet also eine (spezifische) Energiemenge. Innerhalb der Richtlinie und ihrer Erwägungsgründe fällt das kaum auf, weil stets von einer „Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz“ die Rede ist. Damit sind die „Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz“ Maximalwerte. Nur zwei „Entgleisungen“ gibt es in der deutschen Übersetzung, beispielsweise in Artikel 10 Absatz (4): „Die Kommission unterstützt gegebenenfalls auf Anfrage die Mitgliedstaaten bei der Aufstellung nationaler oder regionaler Finanzhilfeprogramme zur Erhöhung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, insbesondere von bestehenden Gebäuden...“. Aber zugegeben: Wenn dort „Senkung der Gesamtenergieeffizienz“ stehen würde, hätte es sicherlich Protest gegeben. Nur mit „Verbesserung“ sind Sprache und Ziel im Einklang.
TGAdirektlinks zu den amtlichen Dokumenten der EU-Gebäuderichtlinie ■
1) Energy Performance of Buildings Directive (eigentlich: Directive [...] on the energy performance of buildings)