Der gemeinsame Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hat am 8. November 2011 noch keinen Einigungsvorschlag für das am 8. Juli 2011 vom Bundesrat abgelehnte „Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden“ gefunden und sich auf den 22. November 2011 vertagt. Wie erste Statements aus Berlin bestätigen, ist weiterhin vor allem die Finanzierung strittig. Nach dem Gesetz würden Länder und Kommunen 57,5 % der direkten Minderausgaben tragen. Die Länder hatten vor der Zustimmungsverweigerung zu dem Gesetz eine vollständige Kompensation der Mindereinnahmen verlangt.
Der Knoten muss bald durchschlagen werden
Aus Sicht der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz ( DENEFF ) ist die Vertagung ein Zeugnis dafür, dass die von allen Beteiligten zur Schlüsselfrage ernannte Energieeffizienz in der Umsetzung von Energiekonzept und Energiewende in keinem der Vorhaben angemessen vorangetrieben wird. Die nächste Sitzung müsse ein positives Ergebnis bringen, um den Investitionsstau aufzulösen. DENEFF-Vorstand Christoph von Speßhardt: „Energieeffizienz ist der ‚Kostenairbag‘ für die Energiewende. Wir fragen uns, wie Bund und Länder die Gemeinschaftsaufgabe Energiewende schaffen wollen, wenn die grundsätzliche Frage des künftigen Energiebedarfs offen bleibt. Wie soll künftig entschieden werden, welche Netz-, Erzeugungs- und Speicherkapazitäten wirklich benötigt werden? Und wie erklären wir Bürgern und Unternehmen die unnötigen Kosten und Eingriffe, die ein verpasster Einstieg in die Energiewende verursacht? Dieser Knoten sollte nun bald durchschlagen werden!“
Ankündigung hat den Sanierungsstau verschärft
Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung wurde nach der Havarie im Kernkraftwerk Fukushima vom Bundeskabinett am 6. Juni 2011 in einem Eckpunktepapier vom vorher unverbindlichen Status „werden wir prüfen“ (im „Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung vom 28. September 2010“) auf die Umsetzungsliste zur Beschleunigung der Energiewende befördert. Die steuerliche Förderung gilt in der Branche als Schlüssel, um die Sanierungsrate zu erhöhen. Angesichts der neuen Förderoption hat die Ankündigung die Sanierungszurückhaltung verstärkt, da bei den Sanierungswilligen die Hoffnung auf eine bessere finanzielle Unterstützung geweckt worden ist.
Gesetz muss insgesamt überarbeitet werden
Der Finanzierungsstreit stößt übergreifend auf ein breites Unverständnis, da Mehreinnahmen durch Steuern, Sozialabgaben und Arbeitsplatzsicherung die Mindereinnahmen deutlich überkompensieren würden. Die Baubranche ist allerdings auch mit der fachlichen Ausgestaltung des Gesetzes nicht zufrieden und hat schon im Juni Korrekturen gefordert. Denn um in den Genuss des Steuerrabatts zu kommen, ist nach dem bisherigen Gesetzestext eine sehr aufwendige Vollsanierung erforderlich. Der nach EnEV zulässige Energiebedarf eines Neubaus muss um mindestens 15 % unterschritten werden (KfW-Standard Effizienzhaus 85). Inzwischen wird darum bezweifelt, ob das Gesetz durch diese hohe Anforderung überhaupt einen merklichen Beitrag zur Auflösung des Modernisierungsstaus leisten kann.
Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes ( ZDB ) hat jedenfalls den Vermittlungsausschuss aufgefordert, in seinem Einigungsvorschlag auch die steuerliche Absetzbarkeit von Einzelmaßnahmen, das Abrücken vom Effizienzhaus-85-Standard, die Einbeziehung des Ersatzneubaus sowie von Gebäuden bis zum Baujahr 2001 zu berücksichtigen.
Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie ( BEE ) moniert, dass das Gesetz in seiner gesamten Ausgestaltung zu kurz greift. Martin Bentele, Sprecher der AG Wärme im BEE: „Vorgesehen ist bislang nur, Vollsanierungen mit einer 100%igen Abschreibungsmöglichkeit zu fördern. Durch den dazu erforderlichen Investitionsaufwand von rund 50.000 bis 100.000 Euro für ein typisches Einfamilienhaus würden aber nur 3 bis 5 % der Bevölkerung erreicht und eine soziale Schieflage erzeugt. Deshalb muss eine Steuerabschreibung auch schon für den alleinigen Ersatz einer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizung durch erneuerbare Wärmequellen möglich sein.“ Der BEE schlägt ein Modell vor, das auch Teilsanierungen fördert. Diese würden bei einem Investitionsaufwand von 15.000 bis 30.000 Euro bereits CO 2 -Einsparungen von 30 % und mehr erreichen. Eine degressive Ausrichtung des Modells stellt zudem sicher, dass der Prozess der energetischen Modernisierung direkt nach Inkrafttreten beginnt und Innovationen sowie Kostensenkungen über die mehrjährige Laufzeit des Programms realisiert werden. ■