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BIM-Praxiserfahrungen

TGA-Planer berichten aus der Praxis: Steinige Wege zu BIM

Bild 1 BIM bietet viele Vorteile – setzt in der Praxis aber auch viel Motivation und Engagement voraus.

KD-Plan

Bild 1 BIM bietet viele Vorteile – setzt in der Praxis aber auch viel Motivation und Engagement voraus.

Über BIM wird häufig eher theoretisch berichtet. Doch welche praktischen Erfahrungen haben TGA-Planer gemacht, die diese Planungsmethode bereits nutzen? Welche Herausforderungen bei der Einführung mussten sie meistern? Von welchen Vorteilen profitieren sie jetzt und wo läuft es noch nicht rund?

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ In der Theorie spricht vieles für Building Information Modeling (BIM): mehr Planungsqualität, mehr Termin- und Kostensicherheit und weniger Fehler sind nur einige Aspekte.
■ Bei der BIM-Einführung und -Anwendung stehen Anwender allerdings häufig vor Herausforderungen. Dazu gehören hohe Personal-, Schulungs- und Softwarekosten, ein größerer Abstimmungs- und Koordinationsaufwand, mangelndes BIM-Know-how der Partner oder praxisfremde Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP).
■ Diese und weitere Herausforderungen versuchen Fachplaner mit unterschiedlichen Lösungsstrategien zu meistern, zahlen teilweise viel „Lehrgeld“, erwerben dabei aber wertvolles BIM-Know-how und damit einen Wettbewerbsvorteil.
 

Die einen nutzen BIM bereits seit Jahren im Rahmen von Little-, Closed-, Big- oder Open-BIM-Projekten (siehe Info-Kasten). Die anderen sehen für die eigene Arbeit (noch) keine wesentlichen Vorteile. Vor allem kleine und mittlere Büros mit ein bis zehn Mitarbeitern, die einen Großteil aller TGA-Planungsbüros ausmachen, scheuen vor allem den hohen Schulungs- und Investitionsbedarf, den höheren Eingabeaufwand oder ungeklärte organisatorische und rechtliche Fragen.

Große Büros mit großen Projekten können dagegen alle BIM-Vorteile nutzen: Kollisionskontrollen, um die nächsten Planungsschritte, Bau- und Montageabläufe konfliktfreier zu gestalten, Berechnungen und Simulationen für anlagentechnische Optimierungen, Brandschutznachweise und so weiter. Welche Erfahrungen TGA-Planungsbüros mit der Einführung und dem Einsatz von BIM bisher gemacht haben, zeigen die folgenden Absätze.

KD-Plan: „Zeit nehmen für BIM“

Bild 2 Bei KD-Plan schätzt man vor allem die Kollisionserkennung und finale Kollisionsprüfung …

KD-Plan

Bild 2 Bei KD-Plan schätzt man vor allem die Kollisionserkennung und finale Kollisionsprüfung …
Bild 3 … Heiz- und Kühllast- sowie Luftmengenberechnungen anhand tatsächlicher Raumgrößen und Nutzungsprofilen …

KD-Plan

Bild 3 … Heiz- und Kühllast- sowie Luftmengenberechnungen anhand tatsächlicher Raumgrößen und Nutzungsprofilen …
Bild 4 … sowie eine engere Zusammenarbeit, beispielsweise bei der Durchbruchsplanung für alle TGA-Gewerke.

KD-Plan

Bild 4 … sowie eine engere Zusammenarbeit, beispielsweise bei der Durchbruchsplanung für alle TGA-Gewerke.

Für Lukas Orbke von KD-Plan GmbH & Co. KG aus Hiddenhausen hat BIM viele Vorteile: „Wir schätzen vor allem die Kollisionserkennung und finale Kollisionsprüfung, die Automatisierung repetitiver Arbeiten, Heiz- und Kühllast- sowie Luftmengenberechnungen anhand tatsächlicher Raumgrößen und Nutzungsprofilen sowie eine engere Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten. Außerdem sorgt die kooperative Arbeitsweise für angenehmere und reibungsfreiere Projektabläufe. Synergieeffekte ergeben sich in der gemeinsamen Durchbruchsplanung.

Wir haben Projekterfahrungen sowohl mit Closed als auch Open BIM, letzteres ist meist beschränkt auf eine IFC-Übernahme aus Archicad, allerdings mit stark schwankender Modell- und Übergabequalität. Verlorene Verbindungen zwischen Wänden, Geschossdecken und Dächern oder unzureichende Spezifikationen beim IFC-Export sind beispielsweise Gründe, weshalb wir für Berechnungen die Architektur nachmodellieren müssen.

Auch mangelnde Kenntnisse bei manchen Fachfirmen führen zu Problemen – beispielsweise in Bezug auf den Projektursprung und die Modelldrehung, was den Datenaustausch unnötig erschwert. Für den Austausch nutzen wir die IFC-Version 2x3, mit guten Erfahrungen, wenn sich ein Austausch-Workflow etabliert hat.

Für das nächste Jahr wollen wir für die Kommunikation und Besprechung mit anderen Projektbeteiligten das BCF-Nachrichtenaustauschformat einführen. Ein Probelauf hat schon mal sehr gut funktioniert. Das gilt auch für die Kooperation mit anderen Projektbeteiligten über CDE-Projekträume. Hier ist ein Austausch über Thinkproject geplant.

Eine Übergabe der Planungsdaten an die digitale Gebäudebewirtschaftung spielt bei uns derzeit keine Rolle. Auch die Nutzung der BIM-Daten für die Fertigung, Montage oder Ausführung steht noch am Anfang. Vereinzelt wird das BIM-Modell für die Anzeige auf der Baustelle angefragt. Meist fehlt dort dann aber die Hardware.

Für unseren BIM-Einstieg mussten wir in Schulungen und Hardware investieren. Begonnen haben wir 2017 mit drei Personen und einem Projekt. 2020 haben wir den kompletten BIM-Umstieg nach dem Prinzip ‚lerning by doing‘ geschafft. Unsere ersten Projekte wurden mit verringerter Plan-Informationstiefe realisiert, weil unsere Abläufe anfangs noch länger dauerten und uns später dann die Zeit fehlte. Unser Umstieg in 2020 war ein großer Schritt, letztendlich lernen wir aber noch immer täglich dazu.

Herausfordernd waren zunächst Unklarheiten hinsichtlich der Vertragsgestaltung, Projektabrechnung und der Urheberrechte sowie fehlende Erfahrungen im BIM-Ablauf – sowohl intern als auch extern. So fehlt bei Projektpartnern häufig das Wissen über die BIM-Methodik, die Abläufe, die 3D-Modellierung oder den IFC-Austausch.

Für den BIM-Einstieg empfehlen wir, interessierte Mitarbeiter quasi als ‚Keimzelle‘ auszubilden und sich für den Start Zeit zu nehmen, weil die BIM-Methodik Abläufe mit Projektpartnern grundlegend verändert. Das muss erlernt und geprobt werden, aber auch intern müssen Prozesse überdacht und neu gestaltet werden.“

Plan B: „Mangelndes Know-how hemmt BIM“

Bild 5 Plan B konnte insbesondere bei größeren Projekten dank BIM seine planerische Qualität steigern …

Plan B

Bild 5 Plan B konnte insbesondere bei größeren Projekten dank BIM seine planerische Qualität steigern …

Benjamin Rabe, zertifizierter „BIM Professional“ wurde vor 6 Jahren bei Plan B – Beratende Ingenieure GmbH mit Sitz in Berlin als BIM-Teamleiter eingestellt, um BIM einzuführen. Deshalb kennt er die Chancen und Herausforderungen im Einführungsprozess:

„Gerade bei größeren Projekten konnten wir dank BIM unsere planerische Qualität steigern, weil sowohl intern als auch mit anderen Projektbeteiligten die Kommunikation, Koordination und Transparenz verbessert wurden. Begonnen haben wir mit Open BIM: Wir hatten verschiedene Programme für HKLS und Elektro im Einsatz und die Daten zu Koordinationszwecken über IFC ausgetauscht. Aktuell planen wir intern unsere Projekte als Closed BIM. Dennoch verwenden wir auch offene Standards – etwa für die automatisierte Kollisionsprüfung über BCF.

Um Open BIM kommen wir allerdings selten herum, weil wir mit vielen Architekten zusammenarbeiten, die uns ihre Modelle nur im IFC-Format zur Verfügung stellen können. Allerdings ist der Großteil der Architekturmodelle an vielen Stellen nicht BIM-konform modelliert. Oder die IFC-Exporte werden nicht mit dem nötigen Fingerspitzengefühl ausgeführt, weil das Wissen über das IFC-Format oder die Export-Schnittstellen noch fehlt.

Das hat für uns Folgen: die IFC-Daten sind für TGA-Berechnungen – vor allem der Heiz- und Kühllast über das gbXML-Format – nicht verwendbar oder wir müssen das Modell im nativen Format nacharbeiten. Ferner können wir MEP-Räume nicht platzieren und relevante Informationen aus den Verknüpfungen nicht lesen. Auch die Abstimmung auf gemeinsame Modellkoordinaten funktioniert nicht, Projekte sind nicht korrekt ausgerichtet, Raster fehlen oder sind ungenau, Gebäudegeschosse sind nicht oder falsch definiert, Ebenen-Zuordnungen unklar oder unsauber – um nur ein paar typische Probleme zu nennen.

Bild 6  … und mithilfe von Kollisionskontrollen Fehlerquellen senken – etwa an kniffeligen Stellen wie engen Installationsschächten.

Plan B

Bild 6  … und mithilfe von Kollisionskontrollen Fehlerquellen senken – etwa an kniffeligen Stellen wie engen Installationsschächten.

Die Lösung ist dann häufig, dass wir parallel in anderen Programmen – quasi wie vor BIM-Zeiten – arbeiten müssen, um dort die gebäudetechnischen Berechnungen zu machen. Dabei entstehen dann Redundanzen: Gebäudemodelle für Energieberechnungen, die im Laufe der Fortschreibung des Projekts nicht mehr der Realität entsprechen und parallel von uns gepflegt werden müssen. Dabei können wieder Ungenauigkeiten oder Fehler entstehen, die vermeidbar wären.

Bei der Schlitz- und Durchbruchsplanung versuchen wir immer, das BCF-Format zu nutzen. In vielen Fällen fehlen bei den Projektpartnern jedoch die Erfahrungen und / oder die Werkzeuge dafür. Wir versuchen aber, gerade bei der Durchbruchsplanung möglichst auf den Austausch von DWGs und PDFs zu verzichten, da dann das Fehlerpotenzial hoch ist.

Virtuelle Projekträume für den Austausch von BIM-Modellen und die Kooperation und mit anderen Projektbeteiligten nutzen wir bisher nicht. Auch CAFM spielt bei uns bisher keine Rolle. Zwar wird manchmal zu Beginn der Projekte seitens der Auftraggeber oder Betreiber darüber gesprochen, aber das Wissen um den Nutzen und das ‚Wie‘ reicht noch nicht aus, um daraus Planungs- und Projektanforderungen zu formulieren. Auch für die Fertigung, Montage und Ausführung nutzen wir BIM-Daten bisher nicht.

Hemmnisse beim Einsatz von BIM sind unserer Meinung nach die Themen Schnittstellen, Normung, Standards, Fachkräfte und Qualifikation, sowie bei den Auftraggebern die Bereitschaft und das Verständnis für BIM und den Nutzen der BIM-Methode. BIM-Einsteigern können wir nur empfehlen, sich nicht entmutigen zu lassen, wenn die Einführung etwas länger dauert oder bestimmte Dinge zunächst nicht reibungslos funktionieren. Engagement, Motivation, ein starker Wille, Zeit und Investitionen in Fachkräfte, Technik, Software und Schulungen sind Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen BIM-Einstieg.“

Bild 7 Der Abgleich von Planung und Ausführung vereinfacht die Bauüberwachung und Qualitätskontrolle.

Plan B

Bild 7 Der Abgleich von Planung und Ausführung vereinfacht die Bauüberwachung und Qualitätskontrolle.

PLANplus: „BIM konsequent einführen und umsetzen“

Rudolf Steger, Gründer von PLANplus Technische Gebäudeplanung GmbH & Co. KG aus Kirchheim bei München, plant mit seinem 16-köpfigen Team seit 2015 alle TGA-Projekte sowohl bürointern als Closed BIM als auch in Kooperation mit anderen Projektpartnern als Open BIM:

Bild 8 Die BIM-Einführung bei PLANplus hatte zur Folge, dass Planungsstrukturen geändert und die komplette Software ausgetauscht werden musste.

PLANplus

Bild 8 Die BIM-Einführung bei PLANplus hatte zur Folge, dass Planungsstrukturen geändert und die komplette Software ausgetauscht werden musste.
Bild 9 Deshalb hat man sich bei PLANPlus für eine integrierte TGA-Planung und Berechnung entschieden.

PLANplus

Bild 9 Deshalb hat man sich bei PLANPlus für eine integrierte TGA-Planung und Berechnung entschieden.
Bild 10 Sämtliche Ableitungen aus dem 3D-Modell werden für Ausschreibungen, Kostenermittlungen und Berechnungen genutzt.

PLANplus

Bild 10 Sämtliche Ableitungen aus dem 3D-Modell werden für Ausschreibungen, Kostenermittlungen und Berechnungen genutzt.

„Wir beschäftigen uns bereits seit 2013 intensiv mit BIM und haben 2015 beschlossen, stufenweise die Planungsmethode einzuführen. Das hatte zur Folge, dass wir unsere Planungsstrukturen ändern und die komplette Software austauschen mussten. Die Übergabe der Daten vom BIM-Modell an die TGA-Berechnung hat nämlich nicht funktioniert, war fehlerhaft und zeitaufwendig. Deshalb haben wir uns für die integrierte Berechnung mit Revit MEP und ProjectBox sowie Solar-Computer entschieden. Inzwischen nutzen wir auch die BIM-Software LiNear und Nova Building.

Sämtliche Ableitungen aus dem Modell, wie Massen, Mengen, Kosten, Raum-, Bauteil- und Anlagendaten etc. werden für Ausschreibungen, Kostenermittlungen und Berechnungen genutzt. Zusätzlich setzen wir auch VR-Präsentationstechnik ein und vereinfachen dadurch die Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern weltweit. Die Übernahme des Architektenmodells und der Abgleich mit anderen Fachmodellen klappt recht gut, wenn die Grundeinstellungen beim IFC-Austausch richtig abgestimmt sind.

Für die Kommunikation und Besprechung nutzen wir das BCF-Format aktuell zwar noch nicht, dafür aber virtuelle Projekträume für die Kooperation mit anderen Projektbeteiligten, die uns der Auftraggeber vorgibt. Wenn wir den Auftrag erhalten, bereiten wir die Daten innerhalb unseres BIM-Modells für das digitale Gebäudemanagement auf und nutzen dabei Schnittstellen zu den gängigen FM-Programmen. Dabei werden auch Umbaumaßnahmen von uns nachgepflegt und angepasst. Anlagen- und Gebäudeautomationsdaten sind so stets aktuell über das CAFM-System aus dem Modell abrufbar.

Bei der Einführung von BIM haben wir auf eine radikale und konsequente Umstellung gesetzt, was unter anderem auch einen Austausch der kompletten TGA-CAD- und Berechnungssoftware und einen entsprechenden Schulungsaufwand zur Folge hatte. Dass diese konsequente Umstellung auf die BIM-Planungsmethode letztlich der richtige Weg war, hat sich rückblickend bestätigt. Inzwischen gehört zu unseren Referenzprojekten beispielsweise die TGA-BIM-Planung des Erweiterungsbaus der TÜV-Konzernzentrale in München. Das ist ein sehr anspruchsvolles Open-BIM-Projekt, bei dem auch der Gebäudebestand per 3D-Laserscanning in das BIM-Modell übernommen wurde und aus dem BIM-Modell Daten für den Gebäudebetrieb aufbereitet werden.

Zu den größten Herausforderungen beim Einsatz von BIM zählen unserer Auffassung nach die fehlende Unterstützung seitens der Architekten, denn wir bekommen praktisch überhaupt kein verwertbares BIM-Gebäudemodell. BIM-Einsteigern empfehlen wir, nicht zu wissenschaftlich vorzugehen, sondern mit einem soliden Basiswissen anzufangen und das Erlernte dann konsequent umzusetzen.“

rhm: „BIM ist nur ein Werkzeug“

Matthias Haas von rhm, Ingenieurbüro für technische Gebäudeausrüstung GmbH mit Sitz im österreichischen Thomasberg hat eine affine, aber pragmatische Grundhaltung zur BIM-Planung:

„Grundsätzlich sehen wir die höhere Planungsqualität als größten Gewinn für das Projekt. Wir freuen uns, wenn wir in dieser hohen Detailgenauigkeit planen können, woraus eine ruhigere Baustellenabwicklung resultiert. Geld verdienen können wir mit BIM aber (noch) nicht. Aktuell arbeiten wir sowohl an Closed-BIM- als auch Open-BIM-Projekten. Zusätzlich verwenden wir BIM auch hybrid zusammen mit konventionellen Planungswerkzeugen, wenn wir damit die Planungsaufgabe einfacher lösen können.

Für den BIM-Modelldatenaustausch nutzen wir IFC in der Version 2x3, da dies einigermaßen funktioniert. Allerdings sehen wir bei der Übernahme von Architektenmodellen und dem Abgleich mit anderen Fachmodellen noch viel Luft nach oben, zumal die Qualität des Modells auch vom BIM-Setup abhängig ist. Bei der Schlitz-und Durchbruchsplanung mit anderen Projektbeteiligten stockt der Workflow noch, weil die eingesetzten Werkzeuge unterschiedlich sind. Einen Workflow, der alle Beteiligten zufrieden stellt, kennen wir leider noch nicht.

Bild 11 Das Team von rhm sieht in der höheren Planungsqualität und Detailgenauigkeit den größten Gewinn und Vorteil von BIM.

rhm

Bild 11 Das Team von rhm sieht in der höheren Planungsqualität und Detailgenauigkeit den größten Gewinn und Vorteil von BIM.

Im Rahmen der Kooperation mit anderen Projektbeteiligten haben wir schon einige virtuelle Projekträume kennengelernt, begeistert sind wir bisher nur von der Autodesk Construction Cloud, von ihrer Preisgestaltung allerdings weniger. Als Planer würden wir uns freuen, wenn wir uns nicht bei jedem Projektstart in eine uns vorgegebene neue Plattform einarbeiten müssten.

Die Übergabe der Planungsdaten an das CAFM, die digitale Gebäudebewirtschaftung, ist unserer Ansicht nach eher ein Nebenprodukt. Wir kennen nur wenige Auftraggeber, die ein echtes Interesse an einer aktuellen Dokumentation des Gebäudebestandes haben und diese auch am aktuellen Stand halten wollen. Um BIM-Daten auch für die Fertigung, Montage und Ausführung nutzen zu können, müssten die Vorlaufzeiten für Projekte länger werden. Das Gegenteil ist der Fall und das wirkt sich nachteilig auf den Einsatz von BIM aus.

Bild 12 Bei der Übernahme, dem Modellabgleich und der Übergabe an Berechnungs- und Simulationsprogramme sieht man aber noch viel Luft nach oben.

rhm

Bild 12 Bei der Übernahme, dem Modellabgleich und der Übergabe an Berechnungs- und Simulationsprogramme sieht man aber noch viel Luft nach oben.

Was den Kostenaspekt des BIM-Einstiegs betrifft, unterscheiden wir in externe und interne Schulungskosten sowie Softwarekosten. Bei Letzteren haben wir einen deutlich höheren Fixkostenlevel als zuvor. Externe Schulungskosten haben wir reduziert. Anstelle ganztägiger Schulungen bevorzugen wir praxisorientierte Videoplattformen, die immer verfügbar sind, durchsucht und wiederholt werden können.

Als aktuell größte Herausforderungen beim BIM-Einsatz sehen wir überbordende Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP), die sich nicht daran orientieren, was auf der Baustelle benötigt wird – sondern eher, was maximal gefordert werden kann. Hier sollten sich die Auftraggeber klar darüber werden, dass eine höhere Planungsqualität mehr Zeit und damit auch mehr Honorar erfordert.

Unser aktuelles Fazit ist, dass wir den BIM-Einsatz nur ab einer bestimmten Projektgröße und -komplexität einsetzen und sinnvoll finden. BIM ist kein Plug-and-play und für den Einstieg bedarf es einer Neuerfindung der eigenen Arbeitsweise und Struktur. Bei der Auswahl von Schulungen, Softwarepartnern oder der Zusammenarbeit mit selbsternannten Experten sollte man sehr kritisch sein und sich nicht von weltfremd formulierten AIAs und BAPs in die Ecke drängen lassen, sondern mutig alles herausstreichen, was aus planerischer Sicht dem Projekt nicht dienlich ist. Darüber hinaus sollte man stets die eigentliche Planungsaufgabe im Blick behalten und berücksichtigen, dass BIM nur ein Werkzeug ist.“

ZWP: „BIM und CAFM haben noch viel Potenzial“

Mirjam Borowietz, seit 2013 im Vorstand der ZWP Ingenieur-AG mit zahlreichen Niederlassungen, unter anderem in Köln, Berlin und München, begleitet den BIM-Einsatz in ihrem Unternehmen schon seit vielen Jahren, sieht aber immer noch Entwicklungspotenziale:

Bild 13 ZWP-Mitarbeiter profitieren besonders in der 3D-Koordination, bei der Ableitung von Berechnungen und von rationelleren Workflows.

ZWP

Bild 13 ZWP-Mitarbeiter profitieren besonders in der 3D-Koordination, bei der Ableitung von Berechnungen und von rationelleren Workflows.

„Wir profitieren von BIM besonders in der 3D-Koordination mit dem Architekturmodell, bei der Ableitung von Berechnungen oder von rationelleren Workflows bei der Schlitz- und Durchbruchsplanung. Je nach Wunsch beteiligen wir uns an Closed- oder Open-BIM-Prozessen. Der Austausch mit der Architektur wird über Testmodelle geprobt und funktioniert für die Geometrie zwischenzeitlich gut.

Es gibt aber weiterhin Herausforderungen sowohl bei der Nutzung prozessübergreifender Softwareprodukte als auch bei der Performance. So kann es beispielsweise in Revit passieren, dass die Architektur-Bemaßung verschwindet, wenn der Architekt im Modell Bauteile löscht und neu erstellt. Das Architekturmodell ist zudem für unsere Berechnungen ohne weitere Bearbeitung als Grundlage meist nicht geeignet, sodass wir regelmäßig nachmodellieren müssen.

Für den BIM-Modelldatenaustausch nutzen wir die IFC-Schnittstelle, mit guten Erfahrungen beim Geometrieaustausch. Für die Kommunikation, Besprechung und Koordination mit externen Partnern nutzen wir BCF. Dagegen haben sich für den interdisziplinären Austausch der Schlitz- und Durchbruchsplanung aus dem Modell abgeleitete Listen bewährt. Virtuelle Projekträume, die meist von unseren Bauherren vorgegeben werden, nutzen wir für die Zusammenarbeit mit anderen Projektbeteiligten.

Im Zusammenhang mit der Übergabe von Planungsdaten an CAFM-Systeme sehen wir noch viel Potenzial. Aktuell sind die Übergabeanforderungen noch sehr allgemein gehalten und die Ergebnisse entsprechend begrenzt. Die Überführung von BIM-Modellen in einen digitalen Zwilling steckt noch in den Kinderschuhen.

Bild 14 Herausforderungen entstehen bei der Nutzung prozessübergreifender Softwareprodukte oder der Performance insbesondere bei Großprojekten.

ZWP

Bild 14 Herausforderungen entstehen bei der Nutzung prozessübergreifender Softwareprodukte oder der Performance insbesondere bei Großprojekten.

Hinsichtlich der Nutzung von BIM-Daten für die Fertigung, Montage und Fertigung sehen wir die Herausforderung, dass bedingt durch die Vergabeprozesse in der klassischen TGA-Planung eine durchgängige Softwarenutzung häufig nicht möglich ist, da der Ausführende im Planungsprozess noch nicht feststeht. Wir arbeiten aber derzeit in Projekten, bei der die integrierte Projektabwicklung, kurz IPA, zum Einsatz kommt. Das ist ein kollaboratives Verfahren für die erfolgreiche Umsetzung komplexer Bauprojekte, bei dem auch die Nutzung der BIM-Daten für die Montage und Ausführung eine wichtige Rolle spielt.

Rückblickend betrachtet, nutzen wir die 3D- und BIM-Arbeitsweise seit rund zehn Jahren mit positiven Ergebnissen, aber auch Rückschlägen. Deshalb entwickeln wir den BIM-Einsatz in unserem Unternehmen kontinuierlich weiter. Dazu haben wir Vollzeitmitarbeiter, die sich ausschließlich der Weiterentwicklung der Software, der digitalen Prozesse und dem BIM-Management widmen.

Bei der BIM-Einführung empfehlen wir in kleinen, aber kontinuierlichen Schritten vorzugehen. Um Rückschläge möglichst zu begrenzen, sollten neue Arbeitsweisen immer in einem kleinen Rahmen zunächst ausprobiert werden.

Außerdem sollte man sich nicht in Prozesse zwingen lassen, deren Nutzen und Mehrwert für das Projekt nicht einleuchten. Leider geraten bei den Ziel- und Prozessvorgaben externer BIM-Manager manchmal der Nutzen für das Projekt und den Auftraggeber aus dem Fokus. Dadurch werden Prozesse angestoßen und BIM-Modelle mit Daten angereichert, obwohl deren spätere Nutzung und der Mehrwert für die Beteiligten noch gar nicht ersichtlich sind.“

Bild 15 Auch hinsichtlich der Übergabe von Planungsdaten an CAFM-Systeme steckt noch viel Potenzial.

ZWP

Bild 15 Auch hinsichtlich der Übergabe von Planungsdaten an CAFM-Systeme steckt noch viel Potenzial.

Fazit: Ohne Engagement kein BIM

Dass BIM der richtige Weg in Richtung einer besseren Planung und Planungsqualität ist und sich über kurz oder lang auch hierzulande bei großen und mittleren Projekten etablieren wird, ist ein Faktum. In der Praxis hakt es allerdings noch: es braucht Zeit, bis man sich an neue Strukturen und Arbeitsweisen gewöhnt, die eigentlichen Gebäudeplaner liefern selten für die Gebäudetechnikplaner brauchbare BIM-Gebäudemodelle, die IFC-Übergabe klappt nicht immer reibungslos, BIM-Fachkräfte fehlen und so weiter.

Auch honorar-, haftungs- und urheberrechtliche Aspekte sind noch nicht ausreichend reguliert. Mittel- und langfristig wird sich BIM trotzdem durchsetzen. Fachplaner, die ihr BIM-Know-how praktisch und mitunter mühsam erworben haben, sind deshalb im Vorteil. Wer nicht mitmacht oder zumindest sein BIM-Wissen nicht auf dem Laufenden hält, gerät in Gefahr, technologisch abgehängt zu werden.  Marian Behaneck

Glossar

AIA / BAP: In den Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) werden die Ziele des BIM-Einsatzes festgelegt („Pflichtenheft“). Der aus den AIA abgeleitete BIM-Abwicklungsplan (BAP) definiert BIM-Ziele im Detail (Leistungen, Verantwortlichkeiten, Detaillierungsgrade des BIM-Modells, Softwareanforderungen, Übergabe-Formate etc.) und deren technische Umsetzung.

BCF: BIM Collaboration Format. Offenes Datenformat für den Austausch von Nachrichten zwischen BIM-Projektbeteiligten, beispielsweise um auf Kollisionen im BIM-Modell hinzuweisen.

Little BIM / Big BIM: Unter Little BIM versteht man den BIM-Einsatz als „Insellösung“ innerhalb eines Unternehmens, einer Planungsdisziplin und einer Softwarelösung. Big BIM umfasst dagegen die Zusammenarbeit aller an der Bauplanung, -ausführung und -nutzung beteiligten Partner und deren Softwarewerkzeuge.

Open BIM / Closed BIM: Parallel zum „Little BIM / Big BIM“-Begriff auf die Software bezogene Bezeichnung für eine offene (Open BIM) oder geschlossene Softwarelandschaft (Closed BIM).

IFC: Industry Foundation Classes. Offener, ISO-zertifizierter Datenstandard von BuildingSmart international zur digitalen Beschreibung und zum Austausch von BIM-Datenmodellen zwischen unterschiedlichen Bausoftwaresystemen.

Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Building Information Modeling

Literatur

[1] BIM-Monitor 2022/23: Trends und Entwicklungen, BauInfoConsult, Düsseldorf, 2022

[2] Günthner, W., Borrmann, A.: Digitale Baustelle – innovativer planen, effizienter ausführen. Werkzeuge und Methoden für das 21. Jahrhundert. Heidelberg: Springer, 2011

[3] Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2016

[4] Przybylo, J., DIN e.V (Hrsg.): BIM – Einstieg kompakt: Die wichtigsten BIM-Prinzipien in Projekt und Unternehmen. Berlin: Beuth, 2015

[5] Przybylo, J. (Hrsg.): BIM in der Anwendung. Beispiele und Referenzen. Berlin: Beuth, 2017

[6] Treeck, Ch. et al.: Gebäude.Technik.Digital. Building Information Modeling. Heidelberg: VDI-Buch, Springer, 2016

[7] Links
www.baunetzwissen.de
www.bim-events.de
www.bim-me-up.com
www.bimhelden.de
www.bimpedia.eu
www.buildingsmart.de

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