Mit IFC-Viewern lassen sich BIM-Modelle nicht nur anzeigen, sondern auch analysieren, prüfen und kommentieren. Was IFC-Viewer sonst noch können, zeigt dieser Produktvergleich.
Kompakt zusammengefasst
■ IFC-Viewer sind in erster Linie Anzeigeprogramme für BIM-Projektdaten. Darüber hinaus dienen sie auch der Analyse, Prüfung und Kommentierung von IFC-Daten, dem Standard-Datenaustauschformat für BIM-Projekte.
■ Damit lassen sich Planungen und Änderungen einfacher und transparenter mit Projektbeteiligten austauschen.
■ Teilweise überschneiden sich die Funktionen von kostenlosen IFC-Viewern mit jenen von kostenpflichtigen BIM-Checkern für die Validierung und Fachmodell-Abstimmung.
■ Für bestimmte Anwendungen fehlen allerdings noch Funktionen, etwa um Pläne komplett und detailliert automatisch bemaßen oder Raum- und Bauteildaten in Listenform exportieren zu können.
Im Zentrum des BIM-Projektdatenaustauschs stehen 3D-Modelle. Um diese unabhängig vom BIM-Autorenprogramm, mit denen das Modell erstellt wurde, betrachten zu können, sind spezielle Anzeige-Programme, sogenannte Viewer erforderlich. Diese ermöglichen die Anzeige, Analyse und Prüfung, teilweise auch Auswertung und Kommentierung von IFC-Dateien.
IFC (Industry Foundation Classes) ist ein Standarddatenformat für BIM-Daten. Damit lassen sich BIM-Fachmodelle von Architekten, Tragwerks- oder TGA-Planern und anderen Fachingenieuren im Rahmen von OpenBIM-Projekten untereinander austauschen und zu einem Gesamtmodell zusammenführen (TGA 08-2019: Schnittstelle zur BIM-Welt).
Was können IFC-Viewer?
IFC-Viewer sind einfach zu bedienen und meist kostenfrei. Sie ermöglichen damit auch Projektbeteiligten, die (noch) nicht über eine BIM-fähige Software verfügen, beispielsweise Handwerkern, Bauherren oder Investoren, einen niedrigschwelligen Zugang zu Gebäudedatenmodellen und eine Teilnahme an BIM-Planungsprozessen. IFC-Viewer spielen deshalb vor allem im Zusammenhang mit OpenBIM-Projekten eine zentrale Rolle.
BIM-Modelle können alphanumerisch und geometrisch dargestellt und aus beliebiger Perspektive betrachtet, gezoomt, gedreht, verschoben, über Filter selektiv angezeigt, geprüft, miteinander verglichen oder alphanumerisch ausgewertet werden. Teilweise lassen sich BIM-Modelle als Explosionsgrafik darstellen oder virtuell am Display oder per VR-Brille „begehen“.
Wichtiger, beispielsweise für ausführende Gewerke, ist die Möglichkeit, aus dem 3D-Modell beliebige Grundrisse, Schnitte oder Ansichten erzeugen, Raum- oder Bauteildaten, Mengen, Längen, Flächen oder Volumen für Angebote oder Rechnungen abfragen zu können.
Dazu werden neben der Objektgeometrie auch Bauteileigenschaften (Properties), wie Bauteilnummer, Position, IFC-Klasse, Material, Abmessungen etc. angezeigt, Bauteildaten nach verschiedenen Kriterien gefiltert und selektiv angezeigt – beispielsweise alle Fenster und Türen oder alle Sanitärobjekte. Wählt der Anwender ein einzelnes Bauteil in der Bauteilliste, im Strukturbaum oder im BIM-Modell, wird es jeweils grafisch hervorgehoben.
Wie lassen sich BIM-Modelle prüfen?
Mit IFC-Viewern lassen sich BIM-Modelle und -Bauteile auch auf mögliche Fehler und Kollisionen, Plausibilität und Regelkonformität visuell oder regelbasiert prüfen: ob alle Bauteileigenschaften korrekt sind (z. B. IFC-Klasse, Geschoss, Folie, Material etc.), ob Bauteile fehlen oder redundant vorhanden sind, ob eine Leitungsführung mit anderen TGA-Gewerken oder Architekturbauteilen kollidiert, ob alle Schlitze und Durchbrüche stimmen und so weiter.
Werden Fehler entdeckt, können bei funktional entsprechend erweiterten Viewern daraus resultierende Arbeitsaufträge, zum Beispiel über das BCF-Format an Planungspartner übergeben werden. Das vereinfacht die Fachmodellprüfung und Zusammenarbeit.
Die Prüfung von Fachmodellen ist ein wichtiger Teilprozess der BIM-Planungsmethode und dient der regelmäßigen Abstimmung zwischen den Projektbeteiligten. Dabei werden von unterschiedlichen Fachplanern oder Gewerken stammende BIM-Fachmodelle zu einem Koordinationsmodell zusammengeführt und auf Fehler und Unstimmigkeiten überprüft. Das spart gegenüber manuellen Vergleichen, herkömmlichen Koordinierungsabläufen und dem PDF-Planversand viel Zeit und minimiert Fehler.
IFC-Viewer können vor der Übernahme oder Übergabe von IFC-Daten auch für die Qualitätskontrolle und Validierung eingesetzt werden. Dabei werden BIM-Modelle auf semantische und syntaktische Korrektheit, das heißt auf eine korrekte Modellierung, Klassifizierung, Attributierung etc. geprüft, bevor sie in die eigene BIM-Software importiert oder an andere Planungsbeteiligte zur Weiterbearbeitung übergeben werden.
Damit kann auch geprüft werden, ob alle benötigten Bauteile für den IFC-Export korrekt ausgewählt wurden, ob alle Export-Einstellungen stimmig sind etc. Auf diese Weise lassen sich Übertragungsfehler beim IFC-Datenaustausch im Vorfeld schneller erkennen und beheben. Speziell für die IFC-Modellvalidierung ausgelegte Programme, wie das IFC Checking Tool vom KIT oder der usBIM.checker von Acca Software generieren auch detaillierte Validierungsberichte, was eine schnelle Überprüfung der IFC-Datenkonsistenz vereinfacht.
Noch Viewer oder schon Checker?
Teilweise überschneiden sich die Funktionen von kostenlosen BIM- oder IFC-Viewern mit jenen von kostenpflichtigen BIM-Checkern, zum Beispiel BIM Collab Zoom, Solibri Office oder usBIM.clash. Das sind speziell für die Validierung und regelbasierte Fachmodell-Abstimmung konzipierte Programme. Sie kontrollieren IFC-Modelle auf Unstimmigkeiten, Fach- bzw. Koordinationsmodelle auf Kollisionen, erstellen automatische Fehler- und Kollisionsberichte und ermöglichen einen komfortablen BCF-Nachrichtenaustausch mit Planungspartnern.
Regelbasiert geprüft werden können Bauteilparameter (Nomenklatur, Material, IFC-Klasse etc.), eine korrekte Modellkonstruktion (z. B. Höhenbezüge, Versatz von Wänden, Wandschichten, Bauteilverschneidungen, Vollständigkeit von Attributen etc.) oder Bauteilkollisionen. Geprüft werden kann beispielsweise, ob alle Bauteilparameter aus einer freigegebenen Liste stammen, ob Nummerierungen einem vorgegebenen Format entsprechen, ob die Syntax stimmt (Tippfehler), ob Ebenenbezüge korrekt sind und so weiter.
Bei TGA-Modellen kann geprüft werden, ob das Leitungsmaterial korrekt ist, die Leitungsdämmung oder das Mindestgefälle stimmt, ob Aussparungen und Durchbrüche korrekt sind, ob Leitungen kollidieren oder ob ausreichend Freiräume für die Wartung und Instandhaltung vorhanden sind.
Auch auf Normenkonformitäten können Modelle regelbasiert geprüft werden – etwa um elementare Vorgaben von Bauordnungen oder Brandschutzvorschriften zu überprüfen, beispielsweise Brüstungshöhen, die Rollstuhlzugänglichkeit oder Fluchtwege. Regelbasierte, automatische Fehler- und Kollisionsprüfungen sowie die automatische Priorisierung entdeckter Konflikte nach zuvor definierten Relevanzkriterien vereinfachen die Prüfung insbesondere größerer, komplexerer Modelle erheblich.
Einige Modellchecker, aber auch IFC-Viewer, verfügen ferner über eine Änderungsverfolgung, womit sich Planungsänderungen am BIM-Modell nachverfolgen lassen. Das macht Änderungen transparenter und kann bei den Planungsbeteiligten für mehr Disziplin sorgen. Auf der Grundlage von 4D- und 5D-BIM-Daten lassen sich mit einigen Modell-Viewern und -Checkern auch modellbasierte Kosten- und Terminpläne oder Bauablaufsimulationen erstellen.
Wie unterscheiden sich IFC-Viewer?
Ein erstes Unterscheidungsmerkmal ist das Programm-Konzept: Handelt es sich um eine On Premises (auf dem PC installierte) Windows- oder Mac-OS-Software oder um eine cloudbasierte SaaS-Lösung (Software as a Service). Über ein Plugin beispielsweise in ein CAD-, AVA- oder Branchensoftware-Programm eingebetteter IFC-Viewer verbessert den Workflow.
Ist der IFC-Viewer in ein CDE (Common Data Environment), also eine gemeinsame Datenumgebung einer BIM-Projektplattform integriert, können Teilnehmer eingestellte BIM-Modelle komfortabel betrachten und analysieren. Ist der Viewer Mobilgeräte-tauglich, lassen sich IFC-Modelle auch auf Tablets anzeigen, was modellbasierte Soll-/Ist-Vergleiche oder Montagekontrollen ermöglicht. Lassen sich im IFC-Viewer parallel mehrere IFC-Modelle öffnen, können Fachmodelle gemeinsam betrachtet werden.
Teilweise lassen sich IFC-Modelle auch verschieben oder drehen, um etwa gegeneinander verschobene Fachmodelle deckungsgleich überlagern zu können. Auch Geometrien oder Objekteigenschaften können mit manchen IFC-Viewern geändert werden.
Anzeigen können IFC-Viewer sowohl die Bauteil- und Modell-Baumstruktur als auch die Modellgeometrie. Die Modelle können als Rendering, Draht- oder Verdeckte-Linien-Modell komplett oder ausschnittsweise dargestellt werden. Teilweise werden auch interaktive „Modellbegehungen“ (Walkthrough), Explosionsdarstellungen, oder über Zusatzmodule VR/AR-Präsentationen unterstützt.
Die Modellinformationen können über benutzerdefinierte Anzeige-Filter selektiv dargestellt werden, beispielsweise nur bestimmte Ebenen, Bauteile, Bauteileigenschaften oder -attribute. Einige IFC-Viewer verfügen auch über Bearbeitungs-Funktionen, mit denen Objekte hinzugefügt oder gelöscht, verschoben, gedreht, skaliert oder Attribute geändert werden können.
Teilweise können Modelle auch markiert oder mit Kommentaren, zum Beispiel über das BIM-Nachrichtenaustauschformat BCF, versehen werden. Visuelle Modell- oder Kollisionsprüfungen sind mit allen Viewern möglich, regelbasierte Prüfungen und -kontrollen bieten nur einige, ebenso wie 4D- oder 5D-Simulationen.
Unterschiedlich unterstützt wird auch die Ausgabe von Objektabmessungen, Flächen, der Kubatur, des Gewichts oder von Mengen. Zu den Schnittstellen gehören neben IFC in den Versionen 2x3 und 4 und BCF teilweise auch die Datenformate DXF, STEP, VRML, XLS, PDF oder STL für die 3D-Druckerausgabe.
In der Regel sind IFC-Viewer in der Grundversion kostenlos. Manchmal können sie auch durch kostenpflichtige Zusatzfunktionen modular ergänzt werden oder sind in der Vollversion kostenpflichtig.
BIM-Basiswerkzeug mit Ausbaupotenzial
Wer an BIM-Projekten teilhaben will, sollte sich mit IFC-Viewern vertraut machen. Allerdings entsprechen die Funktionen nicht immer den Anforderungen der Praxis. So fehlen beispielsweise für ausführende Gewerke wichtige Funktionen:
Raum- oder Bauteildaten, Mengen, Längen, Flächen oder Volumen lassen sich mit IFC-Viewern zwar selektiv anzeigen, jedoch nicht automatisch, komplett und detailliert bemaßen und nur mit zusätzlicher (kostenpflichtiger) Software in Listenform exportieren (z. B. PriMus IFC), was den praktischen Nutzwert von BIM-Modellen beispielsweise als Grundlage für Angebote oder die Ausführung und Montage etwas einschränkt. Marian Behaneck
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