Die Geschäftsprozesse von Unternehmen setzen eine jederzeit funktionierende IT-Infrastruktur voraus. Fallen Netzwerke und Server aus, hat das je nach Industriezweig unterschiedliche, immer aber gravierende Folgen: So veranschlagt das Fachportal Data Center Journal1) bei Energieunternehmen Ausfallkosten von über 2 Mio. Euro/h, in der Telekommunikationsbranche schlägt ein Ausfall mit über 1,5 Mio. Euro/h zu Buche. Bei einem dauerhaften Verlust von Daten kann ein Unternehmen sogar in seiner Existenz bedroht sein.
Höchste Priorität für den Brandschutz
Herzstück einer jeden IT-Infrastruktur sind die Rechenzentren. Hardwareseitig sorgen je nach Konzept Standby-Server, Computercluster oder fehlertolerante Server für maximale Verfügbarkeit. Besonders wichtig für ein lückenloses, ganzheitliches Schutzkonzept ist, dass es neben der berechtigten Konzentration auf die Hardware auch weitere entscheidende Aspekte berücksichtigt. Oberste Priorität genießt dabei der Brandschutz.
Die Herausforderung: Leistungsfähige, im Dauerbetrieb stehende Technik in Rechenzentren birgt eine erhöhte Brandgefahr. Hier liegen gleich mehrere Risikofaktoren vor. So stellt die Elektrizität mit ihren komplexen Verkabelungen vor allem in Zwischenböden, Anschlüssen und Schaltstellen eine konstante Zündquelle dar. So können hohe Stromlasten, fehlerhafte Verkabelungen oder defekte Bauteile schnell zu Überhitzung oder Kurzschluss führen. Brennbares Material, wie etwa unterschiedliche Kunststoffe, sind zudem reichlich vorhanden.
Die Lösung kann hier nur in einer möglichst frühzeitigen Branderkennung und einer die empfindliche Hardware schonenden Löschtechnologie liegen. Folgenreiche Schäden – wie Datenverluste oder Serverausfälle gleich welcher Dauer – gilt es unbedingt zu verhindern.
Zusammenspiel vieler Komponenten
Damit ein solches Brandschutzkonzept bestmöglich funktioniert, ist das reibungslose Zusammenspiel vieler Komponenten notwendig: Die Systeme für Branderkennung, Alarmierung, Evakuierung und zielgerichtete Löschung müssen reibungslos miteinander kommunizieren. Das zeigt übrigens auch eine Untersuchung von Brandfällen in Rechenzentren durch den VdS2). Sie lokalisiert Anlagenversagen am häufigsten bei der Schnittstelle, an der das Brandmeldesystem die mechanische Löschanlage elektronisch ansteuert.
Gerade beim Schutz vor Betriebsausfall gilt die Zeitspanne zwischen beginnender Brandentstehung, sicherer Detektion und eingeleiteter Löschung als der kritische Faktor bei der Wirksamkeit eines Schutzkonzepts. Um eine reibungslose Kommunikation der einzelnen Anlagenkomponenten zu gewährleisten, sind daher Lösungen aus einer Hand unbedingt empfehlenswert.
Idealerweise werden Brandschutzlösungen bereits in der Planungsphase für ein neues Rechenzentrum berücksichtigt. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Brandschutz-Experten, Architekten, Errichtern und Gebäudebetreibern lassen sich Risiken schon im Vorfeld identifizieren und vermeiden. Doch auch bei bestehenden Rechenzentren können veraltete brandschutztechnische Anlagen auf den neusten Stand gebracht werden. Ein erfahrener Anbieter ist in der Lage, die notwendigen Arbeiten selbst im laufenden Betrieb durchzuführen. In jedem Fall ist eine kontinuierliche Wartung der Anlage durch den Anbieter zu empfehlen. Nur so ist es möglich, dauerhaft ein Höchstmaß an Sicherheit zu erhalten.
Sichere und schnelle Detektion
Ein spezifisch auf Rechenzentren ausgelegtes Brandschutzkonzept setzt immer zuerst bei der Detektion eines entstehenden Brandes an. Die Umgebungsbedingungen stellen dabei jedoch besonders hohe Anforderungen. Herkömmliche Brandmelder können diese Anforderungen oft nicht ausreichend erfüllen.
Ein charakteristisches Gefährdungsszenario für Rechenzentren sind Schwelbrände, die sich langsam entwickeln. Die dabei entstehenden Rauchgase stellen nicht nur für die Mitarbeiter eine Gefahr dar. Sie können auch mit Materialien in den Serverräumen reagieren. Die dabei entstehenden Reaktionsprodukte schädigen die empfindliche Technik dauerhaft. Die Konzentration leistungsstarker Server erfordert eine leistungsfähige Klimatisierung mit häufig hohen Luftwechselraten. Gefährlich wird dies, wenn dadurch die eventuell bei Schwelbränden auftretende Verrauchungen so stark verdünnt oder verwirbelt werden, dass sie vom Rauchmelder nicht zuverlässig detektiert werden.
Eine geeignete Lösung zur zuverlässigen Branddetektion in einer so komplexen Umgebung sind Rauchansaugsysteme in Verbindung mit algorithmenbasierten Brandmeldern: Permanent entnommene Luftproben werden vom Ansaugrauchmelder kontinuierlich überprüft. Erkennt der Melder Rauchpartikel, wird je nach Rauchkonzentration Voralarm bzw. Alarm ausgelöst. Dies bedeutet, dass zunächst automatisch die Lüftung ausgeschaltet wird, damit hochleistungsfähige Brandmelder den Alarm verifizieren können. Die eigentliche Verarbeitung aller Meldungen und Steuerungen aus der Peripherie erfolgt dann über die Brandmelderzentrale, dem „Gehirn“ einer jeden Brandschutzanlage.
Ein solches für Rechenzentren geeignetes Schutzsystem bietet Siemens an: Bei diesem System werden die Melder auf demselben Loop aufgeschaltet wie das Ansaugrauchmeldesystem. Erst nach der Bestätigung des Alarms wird das Löschsystem aktiviert. Die von Siemens eingesetzten Sinteso-Brandmelder sind mit der patentierten ASAtechnology (Advanced Signal Analysis) ausgestattet. Eine komplexe Auswertung der Meldersignale, basierend auf einer bestimmten Anzahl von Algorithmen, befähigen die Melder, zwischen Täuschungsgrößen und echten Gefahren zu unterscheiden. So erreichen die Sinteso-Melder eine nahezu 100%-ige Detektionssicherheit.
Evakuieren und löschen mit Löschgas
Nach der sicheren Detektion eines Brandes erfolgt die automatische Alarmierung und Evakuierung des Löschbereichs. Hierzu können neben den gängigen Alarmtongebern auch intelligente Sprachalarmierungssysteme (SAA) eingesetzt werden. Solche Systeme informieren durch unmissverständliche Sprachdurchsagen. Der Vorteil: Klare Ansagen verhindern zum einen, dass Panik entsteht. Zum anderen steuern sie aber auch der wachsenden „Immunisierung“ gegenüber Alarmtönen bei den unterschiedlichsten Personengruppen entgegen. Nach festgelegter Verzögerungszeit erfolgt die Löschung.
Um die empfindliche Technik in Rechenzentren zu schützen, setzt man heute bei der Löschung auf automatische Gas-Feuerlöschsysteme. Löschgase entziehen dem Feuer Sauerstoff und/oder Wärme, ohne dabei Wasserschäden zu verursachen. Sie löschen schnell und sind für Mensch und Umwelt unschädlich. Ob sich der Einsatz chemischer oder natürlicher Gase anbietet, ist von den Bedingungen vor Ort und der Größe des Rechenzentrums abhängig.
Aktiviert werden die Löschanlagen von der Brandmelder- und der Löschsteuerzentrale, welche darüber hinaus weitere Funktionen übernehmen kann – beispielsweise die Ansteuerung der Druckentlastungsklappen und der Lüftungsöffnungen der Klimaanlage. Auch die Einbruch- oder Störmeldetechnik können über die Zentrale laufen. Je nach Gebäude und Verwendungszweck sind Brandmelderzentralen für verschiedene Dimensionierungen erhältlich. Wichtig sind in jedem Fall übersichtliche Bedien- und Anzeigenoberflächen. So ist im Ereignisfall ein schneller Überblick über die Situation sichergestellt.
Noch bessere Ergebnisse bringt die Integration der Brandschutztechnik in ein übergeordnetes Gefahrenmanagementsystem. Der GMA-Manager von Siemens ist eine solche Software zur Steuerung und Verwaltung komplexer sicherheitstechnischer Anlagen. Die Lösung ist so konzipiert, dass Daten und Informationen aus angeschalteten Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch, Zutritt oder Video schnell und ohne Abstraktionsleistung verarbeitet werden können: Ein klar strukturiertes Mensch-Maschine-Interfacekonzept (MMI) liefert ereignisspezifisch die jeweils notwendige Informationstiefe in Form von Text, Grafik und Videobildern.
Chemische Löschgase
In kompakten bis mittleren Rechenzentren kommt das chemische Löschmittel Novec 1230 Fire Protection Fluid zum Einsatz. Das Löschmittel entzieht dem Brandherd bei Erreichen der notwendigen Löschkonzentration genügend Wärme, um das Feuer zu löschen. Es ist weder korrosiv noch elektrisch leitend und daher für den Einsatz in Rechenzentren besonders geeignet: Selbst empfindliche Bauteile und Oberflächen werden nicht angegriffen.
Die Löschanlage Sinorix 1230 von Siemens nutzt das Löschmittel Novec 1230 Fire Protection Fluid. Unter Normalbedingungen ist es flüssig. Bei der von Siemens angebotenen Lösung wird es in der Gaslöschanlage unter 42 bar Druck ausgebracht. Dadurch verdampft es und gelangt im gasförmigen Zustand zur Flamme. An der Flamme „zerfällt“ das relativ große Löschmittelmolekül in eine Vielzahl kleiner Reaktionsmoleküle. Der Flamme werden Wärme und Sauerstoff entzogen, der Brand wird „schonend“ gelöscht. Die geringe Flutungszeit von zehn Sekunden sorgt dafür, dass bei einem aufkeimenden Brand keine ernsten Schäden entstehen.
Neben den hervorragenden Löscheigenschaften zeichnet sich Novec 1230 Fire Protection Fluid durch seine Umweltverträglichkeit aus. Es zerfällt geruchlos und unsichtbar. Bereits nach ca. fünf Tagen hat sich das Gas klimaneutral und ohne Rückstände in der Atmosphäre abgebaut. Der ODP–Wert (Ozone Depletion Potential), der das Schädigungspotenzial eines Gases in der stratosphärischen Ozonschicht beschreibt, liegt bei Null. Der erreichte GWP–Wert von Eins (Global Warming Potential) bedeutet, dass das Gas nicht zum Treibhauseffekt beiträgt. Für den Menschen ist das Löschmittel zudem ungefährlich. Ein weiterer Vorteil: Durch die geringe Auslegungskonzentration wird nur wenig Speicherplatz zur Aufbewahrung benötigt.
Natürliche Löschgase
Natürlich vorkommende Inertgase wie Stickstoff und Argon sind als Löschmittel besonders für komplexe bis große Rechenzentren geeignet. Ihre Löschwirkung wird durch die Verdrängung des Luftsauerstoffes erreicht. Da sie schwerer sind als die Umgebungsluft, durchsetzen sie den Flutungsbereich besonders schnell und gründlich.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil von Naturgasen, gerade bei großen Anlagen, ist die kostengünstige Wiederbefüllung der Löschmittelbehälter. Da sowohl Stickstoff als auch Argon natürliche Bestandteile der Luft sind, wirken sie absolut umweltneutral und sind für den Menschen ungiftig.
Sinorix H2O Gas für USV
Besondere Anforderungen bei der Löschung in Rechenzentren stellt die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) dar, denn USV-Systeme können rasch überhitzen. Eine Lösung bietet Siemens mit dem neu entwickelten und VdS zugelassenen Löschsystem Sinorix H2O Gas. Es kombiniert die natürlichen Löschmittel Stickstoff und Wasser so, dass ein Doppeleffekt entsteht: Während der Stickstoff die Sauerstoffkonzentration im Raum reduziert und den Brand sofort löscht, bewirkt der Wassernebel ein Absinken der Umgebungstemperatur unter den Flammpunkt des Brandgutes.
Bei Auslösung gelangen beide Löschmittel über dasselbe Rohrleitungsnetz und dieselben Düsen in den Löschbereich. Der Stickstoff dient dabei als Treibmittel für das Wasser und sorgt für ein gleichmäßiges Ausströmverhalten. Bereits beim Einsatz von geringen Wassermengen kühlt so die Wassernebel-Mischung aufgeheizte Geräte oder die Oberflächen von Gegenständen und erzeugt einen zusätzlichen Schutzeffekt. Der Wassernebel verringert zudem die Gefahr von Rückzündungen. Trotz des Einsatzes von Wasser entstehen keine Löschmittelschäden. Der dünne Wasserfilm, der bei der Löschung entsteht, verdunstet innerhalb weniger Minuten. Damit ist er selbst für elektronische Geräte in der Regel unbedenklich.
Fazit
Aus brandschutztechnischer Sicht stellen Rechenzentren besonders komplexe Anforderungen: Zum einen ziehen Ausfälle der IT-Infrastruktur hohe Folgekosten nach sich. Zum anderen besteht durch die gebündelte Technik eine erhöhte Brandgefahr. Effiziente Brandschutzkonzepte kombinieren deshalb Brandfrüherkennung, Alarmierung, Evakuierung und zielgerichtete Gas-Löschung. Die Voraussetzung dafür bilden technisch einheitliche Lösungen.
1) Data Center Journal, Juli 2007
2) Schlosser, Ingeborg: Zuverlässigkeit und Wirksamkeit von Gaslöschanlagen unter Berücksichtigung systemanalytischer Methoden, VdS Kongress Feuerlöschanlagen, Köln, Dezember 1998
NEU
Mehr Infos zum Thema im
TGA-Online-Dossier
Auf https://www.tga-fachplaner.de/
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Stefan Schwab
ist Referent Business Development Fire Safety & Security Products, Siemens AG, Building Technologies Division